Protocol of the Session on September 6, 2012

Wichtig ist es, bei der Tarifgestaltung Maß zu halten und unverhältnismäßige Mehrbelastungen zu vermeiden. Vor allem darf bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement in der Folge nicht noch erstickt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

An dieser Stelle der neuen Tarifgestaltung wird das aktuelle Problem deutlich. Diskotheken und Klubs müssen aufgrund der Reform bei Abendveranstaltungen oder bei Veranstaltungen von mehr als fünf Stunden mit ganz erheblichen Zusatzkosten rechnen. Man spricht in manchen Fällen von bis zu 1.400 %.

Wir haben schon Rechenbeispiele gehört. Ich habe auch eines. Ein kleiner Klub von 120 m2 Größe mit drei Veranstaltungen pro Woche und jeweils 6 € Eintritt müsste statt bisher 7.200 € im Jahr ab dem nächsten Jahr jährlich 43.000 € an GEMA-Gebühren bezahlen. Bei einer mittelgroßen Diskothek mit vier Tanzbereichen würde es eine Preissteigerung von derzeit 28.000 € auf sogar 172.000 € im Jahr geben. Da sagen wir: Das ist definitiv existenzgefährdend.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die GEMA geht von ausgelasteten Veranstaltungen aus. Das ist natürlich nicht immer der Fall. Damit gefährdet die GEMA nicht nur die wirtschaftliche Existenz im Klub- und Diskothekenbereich. Vielmehr gefährdet sie auch zahlreiche Arbeitsplätze.

Nicht nur das ist der Fall. Eine derart hohe Kostensteigerung kann dazu führen, dass insbesondere bei Veranstaltungen im ländlichen Raum in Zukunft die Lichter ausbleiben werden. Kleinere Nutzer wie freiwillige Feuerwehren oder Vereine, die auf lokaler Ebene Dorffeste organisieren, werden aufgrund unverhältnismäßig hoher Belastungen in Schwierigkeiten geraten.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig!)

Ich denke hier z. B. auch an Sportveranstaltungen. Hier wird sich mein Fraktionskollege Dr. Müller freuen. Er ist der Präsident des Landessportbundes.

Ich denke auch an die Feste der Sozialverbände und Wohlfahrtsorganisationen, das Gospelkonzert in der Kirche, die Theater- und Kleinkunstbühnen, die Tanzveranstaltungen, die Stadtteilfeste, die Abiturbälle, aber auch Feste – das ist ganz besonders schlimm – in Schulen und Kindergärten.

Es geht nicht an, dass diese Feste, gerade auch im ländlichen Raum, die heute schon unter der demografischen Entwicklung leiden, jetzt auch noch wegen steigender GEMA-Gebühren nicht mehr stattfinden können.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Es ist jetzt schon ein unmöglicher Vorgang, dass z. B. eine Erzieherin jedes Notenblatt protokollieren muss, nur weil Kinder aus einem Kindergarten in einer Seniorenwohneinrichtung singen möchten. Was bei Veranstaltungen, bei denen kein Eintritt erhoben wird, passiert – da kann man nur ein Fragezeichen hinten anstellen. Wir sind der Auffassung, hier sind Rahmenvereinbarungen mit der GEMA zwingend notwendig, die dann auch für ein ganzes Jahr gelten. Damit würden die überwiegend ehrenamtlich Tätigen, z. B. in Vereinen, entlastet. Es gäbe auch die Möglichkeit – das ist schon angesprochen worden – von Rabattsystemen oder Freistellungsregelungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten. Man muss es nur wollen.

Für das gesellschaftliche Leben wäre der Verlust von traditionellen Events ein herber Rückschlag, und die Gebührenreform der GEMA könnte in ihrer jetzigen Form dafür sorgen, dass man es sich in Zukunft zweimal überlegt, ob man eine Veranstaltung überhaupt noch durchführen kann.

Ich möchte die GEMA nicht pauschal verurteilen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es scheint mir jedoch bei den Verantwortlichen der GEMA jegliches Fingerspitzengefühl verloren gegangen zu sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mit ihrer Vorgehensweise spielt die GEMA ihre übermächtige Stellung gegenüber den Musiknutzern in Deutschland aus. Da eine Einigung mit den Veranstaltern nicht erzielt werden konnte, soll nun ein Schlichtungsverfahren die Lösung herbeiführen – das ist jedenfalls zu hoffen. Wir von der CDU-Landtagsfraktion begrüßen, dass dieses Schiedsverfahren nunmehr eingeleitet worden ist.

Wir müssen in der Zukunft zwei Ziele erreichen. Mehr als 2 Millionen Urheber von Musik müssen und sollen eine angemessene Vergütung erhalten. Das ist unzweifelhaft, und das unterstützen wir als CDU-Fraktion uneingeschränkt. Aber auch das öffentliche musikalische Leben darf nicht bedroht werden.

Am 24. Juli dieses Jahres präsentierte die GEMA einen ersten Gesamtvertrag, der mit dem Bund Deutscher Karneval auf der Basis der neuen Vertragstarife ausgehandelt worden war. Der Bund Deutscher Karneval hat derzeit 5.000 Vereine mit ca. 2,5 Millionen Einzelmitgliedern. In diesem Vertragswerk, so die Verlautbarung, wurde sichergestellt, dass sich die von der Tarifreform betroffenen Veranstaltungen und Einführungsnachlässe den wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen können. Die Entlastung kleinerer Veranstaltungen sei weiterhin sichergestellt wie auch die Planungssicherheit für die nächste Karnevalszeit für die Mitgliedsvereine.

Dieser Abschluss wurde als ein guter Kompromiss für die Musikurheber und für die Veranstaltungsbranche dargestellt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Kompromisslösung ist ein erstes ermutigendes Zeichen für uns, dass die GEMA bereit ist, pragmatische Lösungen zu finden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Vizepräsident Heinrich Heidel übernimmt den Vorsitz.)

Dies ist aber bei Weitem nicht ausreichend. Nach unserer Auffassung steht die GEMA ganz einfach in der Pflicht, ein transparentes und gerechtes Tarifsystem für alle Vertragspartner zu entwickeln. Eine Vereinfachung der Tarif

struktur bei der GEMA könnte zwar mit einer moderateren Erhöhung der Gebühren einhergehen, darf aber auf der anderen Seite keinesfalls zu einer Existenzgefährdung von Musikveranstaltern und in diesem Bereich tätigen Gewerbetreibenden führen und in der Folge dann Arbeitsplätze gefährden. Dieser Gefahr müssen wir entgegenwirken.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In diesem Zusammenhang möchte ich noch ein weiteres Thema ansprechen, mit dem sich die GEMA immer wieder auseinandersetzen muss.

Vonseiten der Musikschaffenden wird immer wieder Kritik am Verteilungsschlüssel laut. Nach den wenigen Veröffentlichungen der GEMA kassieren z. B. weniger als 6 % der GEMA-Mitglieder mehr als 70 % der Einnahmen. Hierzu fordern wir in unserem Antrag als einen Beitrag zur Transparenz die Aufstellung eines Geschäftsberichts, der detailliert die Verteilung der Einnahmen zwischen registrierten Künstlern, Sozialkassen und der Verwaltung offenlegt. Das wäre ein echtes Zugeständnis der GEMA und würde ein Zeichen für ihre Kompromissbereitschaft setzen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

In einem weiteren offenzulegenden Konzept sollte die GEMA den Umgang mit nicht registrierten Künstlern und deren Nachfahren regeln. Auch hier besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Einflussmöglichkeiten auf die GEMA sind nicht allzu hoch. Das wissen wir, und das wurde schon angesprochen. Trotzdem wollen wir – CDU und FDP gemeinsam – mit unserem Antrag den Druck so erhöhen, dass es zumindest zu einer Aussetzung dieser Tarifreform kommt – oder eben zu einer Veränderung, mit der alle betroffenen Seiten leben können.

Frau Kollegin.

Vor allen Dingen darf keine wirtschaftliche Existenz bedroht werden.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Abschließend möchte ich sagen: Wir kündigen heute an, dass wir handeln werden. Sollte das Ergebnis des Schiedsverfahrens unverhältnismäßige Mehrbelastungen ergeben, dann werden wir unseren Wirtschaftsminister und vor allen Dingen die Hessische Landesregierung unterstützen, mit einer Bundesratsinitiative in Berlin tätig zu werden.

Ganz zum Schluss möchte ich noch sagen: Dort, wo CDU und FDP regieren, geht es den Menschen besser. Wir kümmern uns um die Belange unserer Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall und Zurufe von der CDU und FDP)

Schönen Dank, Frau Kollegin. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Feldmayer.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Lannert, das Beschwörungsritual eines Schamanen: Wenn man es hundertmal sagt, wirkt es!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, es gibt Themen, die taugen einfach nicht dazu, sich politisch zu profilieren. Dazu gehört beispielsweise das Thema GEMA-Tariferhöhungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Judith Lannert (CDU): Warum reden Sie dann?)

Meine Damen und Herren, wir alle haben die Diskussion um die Tariferhöhung der GEMA mitbekommen. Schon angesprochen wurde auch, dass es heute eine Tanz-Demo geben wird. Leider können wir alle nicht dabei sein. Der Grund für diese Tanz-Demo ist, dass es laut Berechnung des DEHOGA – das ist der Dachverband der betroffenen Unternehmen – durch diese Tarifreform zu massiven Gebührenerhöhungen kommt. Auch das haben wir schon gehört.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen, niemand zahlt gerne hohe Gebühren. Dort, wo höhere Gebühren gezahlt werden sollen, kann es auch einmal zu Protesten kommen. Das ist erst einmal nichts Besonderes. Aber bei diesen aktuellen Gebührenerhöhungen geht es um Steigerungen um bis zu 2.000 %. Meine Damen und Herren, das ist unverhältnismäßig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wäre gut, wenn wir im Landtag eine gemeinsame Position zu diesem Thema finden könnten. Herr Lenders, es ist wirklich bedauerlich, dass Sie anscheinend nicht in der Lage sind, auf die Opposition im Landtag zuzugehen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Denn den Betroffenen ist wirklich nur dann geholfen, wenn man im Landtag an einem Strang zieht und nicht versucht, dieses Thema politisch zu instrumentalisieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, eigentlich ist es nicht Aufgabe der Politik, in konkrete Tarifgestaltungen einzugreifen. Aber wenn eine solche Erhöhung eine Existenzbedrohung zur Folge hätte – in diesem Fall für die Klubszene in Hessen und für die Vereine –, dann dürfen wir nicht untätig bleiben.

Deshalb haben wir GRÜNE am 25. Juli dieses Jahres schon die drängenden Fragen zum Thema Tarifreform der GEMA und deren Auswirkungen auf Hessen gestellt. Das ist die Drucks. 18/5967. Darin haben wir unter anderem gefragt, welche Haltung die Landesregierung zu diesem Thema einnimmt. Bislang gibt es hierauf leider noch keine Antwort der Landesregierung.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ehrlich?)

Allerdings haben wir von Herrn Rentsch schon einiges zu diesem Thema gehört. Ich hätte mir gewünscht, die Landesregierung hätte bei diesem Thema etwas früher reagiert. In anderen Bundesländern ist das geschehen, beispielsweise in Niedersachsen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)