Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch in diesem Jahr sind schon wieder 600 rauschtrinkende Jugendliche in einem Zustand der Nichtansprechbarkeit auf Intensivstationen eingeliefert worden; das sind schon wieder mehr als im letzten Jahr.
Wenn Frau Klaff-Isselmann eben so richtig feststellt, man muss Verhältnisprävention und Verhaltensprävention betreiben, und anschließend erklärt, sie wolle Verhaltensprävention gegen Verhältnisprävention setzen, dann ist das doch wohl ein Irrtum; denn es kommt genau auf die Kombination von beiden an.
Übrigens hat die SPD-Fraktion schon letztes Jahr stark darauf gedrungen – Frau Kollegin, wenn ich daran erinnern darf –, die Vorschläge der Suchthilfe für die Änderung des Ladenöffnungsgesetzes und die Begrenzung des Alkoholverkaufs auf 20 Uhr in den Gesetzentwurf zu übernehmen.
Meine Damen und Herren, es geht nicht um Verbot gegen Selbstverantwortung. Es geht um ein zunehmend wachsendes Problem, nämlich den Alkoholmissbrauch und die Alkoholintoxikationen. Hören Sie nicht auf mich, hören Sie auf das, was alle Experten in der Anhörung gesagt haben:
[Der Gesetzentwurf]...wird deutlich dazu beitragen, dass der Alkoholkonsum und die damit verbundenen Probleme (Schlägereien, Alkoholisie- rung von Jugendlichen... sowie Ausübung von Straftaten) eingedämmt werden.
Aus Befragungen wissen wir, dass Alkoholkonsum und insbesondere exzessiver Alkoholkonsum bei Jugendlichen oft ungeplant und spontan stattfindet. Wenn die ständige Verfügbarkeit von Alkohol eingeschränkt wird, kann dadurch unmittelbar Einfluss genommen werden und das jugendliche, spontane Trinkverhalten in den Nachtzeiten erschweren.... Wir wissen, dass solche verhältnispräventiven Maßnahmen eine große Wirksamkeit zeigen.... Aus Sicht der Suchtprävention ist deshalb eine solche Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes begrüßenswert, sinnvoll und erfolgversprechend,...
Je höher der Verkaufspreis, je eingeschränkter die Verkaufszeiten und je niedriger die Verkaufsstellendichte, desto niedriger ist der Suchtmittelkonsum und die daraus entstehenden Belastungen und Schäden. Das immense persönliche Leid, die massiven sozialen Folgen und die horrenden ökonomi
Meine Damen und Herren, eben dieser Gesetzentwurf „findet die volle Unterstützung des Hessischen Städtetages“.
Bei allem Respekt, die überaus verehrte ehemalige Kollegin Frau Zeimetz, CDU, Stadträtin der Landeshauptstadt Wiesbaden, erklärt:
Die Erfahrungen haben... gezeigt, dass durch die ständige Verfügbarkeit von Alkohol mit der Möglichkeit, nahezu rund um die Uhr Nachschub über die Verkaufsstellen zu erhalten, die bereits bestehenden Probleme erheblich verschärft werden. [Deshalb]... befürworte ich
Meine Damen und Herren, die Einzigen, die Ihre Position teilen, diesen Gesetzentwurf abzulehnen, sind die Tankstellenbesitzer – nicht einmal die Handwerkskammern. Die Handwerkskammern erklären:
Dass die Tankstellenbesitzer nachts weiter verkaufen möchten, können wir voll und ganz nachvollziehen. Aber das ist eine Spezialität.
Da gab es nämlich eine Stellungnahme aus dem hessischen Innenministerium vom 10. Mai 2012, in der heißt es:
Fazit: Im Ergebnis wird ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot an Verkaufsstellen aus polizeilicher Sicht als Ergänzung der bisherigen Maßnahmen der Landesregierung zur Reduzierung des Alkoholmissbrauchs und zur Intensivierung des Jugendschutzes und der Kriminalprävention unter den genannten Voraussetzungen befürwortet.
Meine Damen und Herren, „befürwortet“. Als auffiel, dass das Innenministerium einen SPD-Gesetzentwurf befürwortete, wurde prompt eine neue Stellungnahme produziert, in der diese Befürwortung auf einmal verschwand.
Frau Klaff-Isselmann, HaLT ist ein gutes Projekt. Es bedarf der Ergänzung durch Maßnahmen, die die Verfügbarkeit von Alkohol einschränken. Dabei geht es keineswegs nur um Jugendschutz. Dabei geht es keineswegs um die Verhinderung von Genusstrinken; denn wer abends ein Glas Wein trinken möchte, ist in der Regel in der Lage, das am Tag einzukaufen.
Damit wird es leider nicht gelingen, Fälle von schwerem Alkoholismus zu verhindern; denn auch die sind in der Lage, tagsüber Alkohol einzukaufen. Aber gerade wenn wir über die Frage des Übergangs vom einen zum anderen reden – das zeigen alle Studien bei uns und international, das zeigt der Stand der Wissenschaft –, ist die Beschränkung der Verfügbarkeit ein wesentliches Mittel, um das Ausmaß des Alkoholkonsums einzuschränken.
davon die Hälfte fast keinen, 10 % allein aber 50 % des Alkoholkonsums auf sich konzentrieren – das sind dann 50 l reiner Alkohol oder 1,5 Flaschen Wein pro Tag oder 1.250 l Bier pro Jahr –, dann ist die Einschränkung der Verfügbarkeit das gebotene Mittel, und zwar auch dann, wenn wir nicht über Abhängigkeit reden, wenn wir noch nicht über Alkoholismus reden, sondern nur über die Schäden, die ein übermäßiger Konsum für die Gesundheit, für das persönliche Wohl, für das Zusammenleben von Familien, in Fragen familiärer Gewalt usw. zur Folge hat.
Wir wissen doch, dass gerade Gewaltdelikte wie Sexualdelikte zu einem ganz erheblichen Anteil unter Alkoholeinfluss stattfinden. Genau deshalb hat die Polizei unseren Gesetzentwurf begrüßt.
Volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von 40 Milliarden € im Jahr und all das Leid, das sich dahinter bei 10 Millionen Menschen tagtäglich verbirgt, die mehr Alkohol trinken, als ihnen guttut, sollten uns darin bestärken, dass mit den Maßnahmen der Aufklärung, der Stärkung von Persönlichkeiten, der Prävention durch Verhaltensbeeinflussung, insbesondere bei jungen Menschen, bis hin zum restriktiveren Zugang – nicht Verbot – und der damit verbundenen Verhinderung immensen Leids, ein Spektrum gespannt ist, mit dem man weiterarbeiten kann.
Fast alle vergleichbaren Länder dieser Welt sind da deutlich weiter. Sie alle stellen fest, dass die Schäden von übermäßigem Alkoholkonsum gerade durch Verkaufsbeschränkungen eingeschränkt werden können. Nur in Hessen weiß man das leider noch nicht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, wir alle kennen die extremen Fälle von Komasaufen unter Jugendlichen. Wir wissen auch alle, dass übermäßiger Alkoholkonsum ein ernst zu nehmendes Problem bei Kindern und bei Erwachsenen ist. Ich denke, es ist auch klar, dass nicht toleriert werden kann, dass in öffentlichen Einrichtungen mutwillig etwas kaputt gemacht wird von Menschen, die unter Alkoholeinfluss stehen oder manchmal auch nicht unter Alkoholeinfluss stehen. Aber Kaputtmachen ist erst einmal ein No go.
Aus dieser Sicht erscheint es plausibel, dass ein Alkoholverkaufsverbot die Antwort auf dieses Problem sein könnte. Ich will das an dieser Stelle auch nicht gänzlich in Abrede stellen. Dieses Gesetz kann tatsächlich genau die
Antwort auf das Problem sein. Aber das wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Da verstehe ich die SPD tatsächlich nicht. Denn mit Baden-Württemberg hat sich 2010 ein Land auf den Weg gemacht, mit diesem Alkoholverkaufsverbot von 22 bis 5 Uhr diesem Problem entgegenzutreten. Es hat sogar gesagt, dass wir nächstes Jahr eine Evaluation von ihnen vorgelegt bekommen. Aus dieser Perspektive heraus macht es für mich keinen Sinn, an dieser Stelle über diesen Gesetzentwurf zu diskutieren. Denn selbst wenn wir es jetzt beschließen und sagen: „Wir machen in drei Jahren auch eine Evaluation“, dann kommen wir erst 2015 zu Ergebnissen, die wir 2013 bereits haben könnten.
Deswegen werden wir uns bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf heute enthalten und darauf warten, was die Evaluationsergebnisse sagen. Städte-, Landkreistag, Drogensuchthilfe und Kinderschutzbund: Alle sind sich in der Anhörung einig gewesen, dass dieses Gesetz nur ein Baustein in einem Gesamtkonzept sein kann. Alle sind der Auffassung, dass die Prävention das wichtigste Element ist, wenn es um eine Strategie bei der Problematik von Alkoholsucht, Alkoholkonsum oder Komasaufen geht.
Das heißt, Prävention ist die Antwort, und alle anderen Maßnahmen müssen ergänzend stattfinden. Prävention muss im Vordergrund einer jeden Strategie stehen und kann nicht hinterher schlussendlich Beiwerk werden, nur weil man sagt: Wir werden jetzt ein Gesetz verabschieden, das alle Probleme löst.
Mir ist bei dem Durchlesen der Anhörungsunterlagen aufgefallen, dass keine Jugendlichen befragt wurden. Das finde ich bemerkenswert. Im Grunde ist es nicht nur bemerkenswert, sondern es ist bedauerlich. Denn die Jugendlichen werden bei der Begründung der Gesetzesinitiative als eine Ursache angeführt, warum ein Gesetz notwendig ist. Das heißt, momentan sagt die SPD: „Wir entscheiden, was dazu beitragen könnte, dass Jugendliche weniger Alkohol trinken“, ohne sie zu fragen, was Jugendliche selbst sagen würden, was sie schützen würde, damit sie kein Interesse mehr haben, mehr Alkohol zu saufen.
Das heißt, wir kommen im Grunde nicht darum herum, Jugendliche einzubeziehen, wenn wir ein solches Gesetz verabschieden.