Nach Ansicht des Finanzministers sind automatische Börsengeschäfte gefährlich. Um Risiko-Geschäfte einzudämmen, hat Wolfgang Schäuble noch für diesen Herbst energische Schritte bei der Regulierung des Finanzsektors angekündigt. Noch im September werde ein Gesetzentwurf zur Eindämmung des automatischen Hochfrequenzhandels vorgelegt,... „Die Handelsstrategien müssen dann offengelegt werden“,...
„Bestimmte Derivatgeschäfte außerhalb von Börsen sollen künftig nicht mehr direkt von Geschäftspartnern abgeschlossen werden, sondern müssen über zentrale Clearingstellen geleitet werden“,... Damit erhalte die Aufsicht einen Überblick über Preise und Risikopositionen der Institute. Zudem müssten Finanzinstitute Geschäfte mit Schattenbanken nicht nur offenlegen, sondern auch mit Eigenkapital unterlegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich lese das genau wie in der vergangenen Aktuellen Stunde so vor, weil ich Sie mit meinen Sät
Aber wenn die Hälfte aller Vorstände der Realwirtschaft, die Hälfte aller Fachkompetenz im Bereich der Finanzwirtschaft und sogar weite Teile Ihrer Bundesregierung genau die Position vertreten, wie ich sie beispielsweise heute Morgen zum wiederholten Mal in der „FAZ“ zum Besten gegeben habe, könnte es ein Beitrag dazu sein, dass Sie vielleicht darüber nachdenken, ob nicht Sie der Geisterfahrer sind und nicht ich.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Vizepräsidentin Ur- sula Hammann übernimmt den Vorsitz.)
Deswegen will ich noch eine allerletzte Bemerkung zum Thema Deutsche Bank machen. Sehen Sie, ich halte es nicht für akzeptabel, dass mit den Einlagen des Mittelstands, der Postbankkunden und auch der Privatkunden der Deutschen Bank ohne jede Absicherung das Investmentbanking unterstützt wird. Die Schweiz hat nicht umsonst für ihre beiden großen Banken, nämlich die Credit Suisse und die UBS, vor zwei Jahren die Eigenkapitalregelungen für unterschiedliche Geschäftsfelder neu gefasst.
Genau das schlage ich für die Deutsche Bank vor, weil es nicht in Ordnung ist, dass die Zockereien weitergehen, ohne dass es eine Absicherung für diejenigen gibt, die für die Einlagen einstehen, nämlich die Bürgerinnen und Bürger und der Mittelstand. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Schäfer-Gümbel. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „SPD schadet Hessen – 70.000 Arbeitsplätze am Finanzplatz Frankfurt dürfen nicht gefährdet werden“, so lautet der Titel der Aktuellen Stunde, die die CDU beantragt hat. Da fragt man sich doch, was um Himmels willen die SPD getan haben könnte, das die Existenz des gesamten Finanzplatzes Frankfurt gefährden könnte.
Was die CDU so aufgeschreckt hat: Der Vorsitzende der hessischen SPD hat ein Zeitungsinterview gegeben. Er hat ein Interview gegeben, in dem er eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte fordert. Und ich will an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass die SPD in der Opposition ist, also ihre Forderungen derzeit nicht einmal umsetzen kann.
Meine Damen und Herren, Ihnen gehen offenbar die Themen aus. Anders kann ich mir die schrille Warnung vor dem Ende des Frankfurter Finanzplatzes nicht erklären. In Frankfurt arbeiten etwa 70.000 Menschen in der Finanzbranche, vom Filialangestellten bis zum Vorstand. Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, eine Regulierung der Banken führt ganz sicher nicht dazu, dass die gesamte Branche vom Erdboden verschwindet.
Gerade für eine Partei, die sich die Wirtschaftskompetenz groß auf die Fahnen schreibt, wäre es eine Nummer kleiner vielleicht angemessener gewesen. Niemand kann ernsthaft behaupten, der Finanzstandort Frankfurt gehe kaputt, weil sich die hessische SPD für etwas mehr Steuergerechtigkeit einsetzt – oder weil Sigmar Gabriel fordert, dass Steuerhinterziehung bekämpft wird und die Banken zur Finanzierung der Krisenkosten herangezogen werden.
Sie werfen der Opposition immer wieder gern vor, wir würden Beschäftigte verunsichern, wenn wir auf Missstände hinweisen. Das Ende einer gesamten Branche heraufzubeschwören, meine Damen und Herren, so einen Blödsinn hat die Opposition in diesem Hause noch nicht von sich gegeben. So viel zum Thema Verunsicherung der Beschäftigten. Das ist einfach blanker Unsinn, den Sie hier erzählen.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))
Aber die Sorge um die Arbeitsplätze ist nicht Anlass dieser Aktuellen Stunde. Denn wenn Ihnen die Arbeitsplätze so sehr am Herzen liegen, wo waren Sie dann, als in den vergangenen Jahren Zehntausende Arbeitsplätze in der Finanzbranche abgebaut wurden?
Frau Präsidentin, ich kann Ihnen das einmal zeigen. Hier ist eine Grafik aus der „Wirtschaftswoche“, also unverdächtig.
Hier ist die Mitarbeiter- und Filialentwicklung der Banken seit 2005 dargestellt. Sie sehen, es ist eine sinkende Tendenz. Es sind unheimlich viele Arbeitsplätze abgebaut und das Filialnetz ausgedünnt worden. Ich frage Sie, wer hier Arbeitsplätze gefährdet. Das sind doch die Banken selbst. Die müssen Sie zum Thema machen und nicht die hessische SPD.
Ver.di hat gerade vor wenigen Tagen davor gewarnt, dass es eine neue Entlassungswelle bei den deutschen Großbanken geben könnte. Das ist kein Wunder, denn um ackermannsche Renditen von 25 % zu erzielen, werden massenhaft Filialen geschlossen. Der Leistungsdruck auf die verbliebenen Beschäftigten hat sich enorm ausgebreitet. Burnout, Depressionen, stressbedingte Leiden – all das hat sich drastisch erhöht, und zwar vom Kundenbetreuer bis zum Investmentbanker. Darauf machen Gewerkschaften und Betriebsräte seit Jahren aufmerksam.
Von der CDU habe ich zu all diesen Problemen bisher kein Wort gehört. Sie instrumentalisieren einfach nur die Beschäftigten für Ihre Zwecke. Sie sorgen sich nicht um die Bankangestellten. Sie sorgen sich allenfalls um die Vorstandsetagen und um die Renditen der großen Banken, die ja im Übrigen auch ganz fleißig Parteispenden an CDU und FDP überweisen.
Aber ich will Ihnen auch sagen, dass ich, realistisch betrachtet, diese Sorge für völlig unbegründet halte, weil das voraussetzen würde, dass die SPD nach der Bundestagswahl das tut, was sie vorher angekündigt hat. Solange die SPD darauf verzichtet, sich von der Agenda 2010 zu distanzieren, besteht aus meiner Sicht wenig Hoffnung darauf, dass die SPD in der nächsten Regierung eine andere Politik verfolgen wird als Rot-Grün ab 1998.
Auch damals ist die SPD mit dem Slogan „soziale Gerechtigkeit“ in den Wahlkampf gezogen. Heraus kamen Sozialabbau, Steuersenkungen für Reiche und Unternehmen und die Liberalisierung des Finanzmarktes.
Ich will ein Zitat vorlesen. SPD und GRÜNE haben noch 2003 im Bundestag beantragt, dass die Belange des Finanzplatzes Deutschland „stets im Mittelpunkt des wirtschaftspolitischen Geschehens bleiben“ müssten und darauf zu achten sei, „dass unnötige Belastungen für die Unternehmen der Finanzdienstleistungsindustrie vermieden werden“.
Die treibenden Kräfte hinter dieser Ausrichtung auf die Finanzinvestoren waren Peer Steinbrück, Hans Eichel, Franz Müntefering und andere, die seitdem immer mal wieder vor den Heuschrecken warnen, die sie selbst eingeladen haben, beispielsweise durch die Zulassung der Hedgefonds.
Sigmar Gabriel beklagt jetzt, dass die Banken bei der Politik Rettungspakete bestellen würden, wenn etwas schiefginge. Aber für eine erfolgreiche Bestellung braucht man nicht nur den, der bestellt, sondern auch den, der liefert, und da war die SPD leider stets zu Diensten.
Bei den sogenannten Griechenland-Rettungspaketen, die in Wahrheit keine Griechen gerettet haben, sondern wieder Banken und Spekulanten, war es doch gerade die SPD, die Schwarz-Gelb die Mehrheit gerettet hat, als die Kanzlerin keine eigene Mehrheit mehr hatte. Da konnten Sie sich auf die SPD doch immer verlassen. Deswegen finde ich es schon ein bisschen ungerecht, was Sie heute hier machen.
Ich komme zum Schluss. – Die Sorge, dass Peer Steinbrück nach der Bundestagswahl umsetzt, was Gabriel jetzt ankündigt, halte ich für unbegründet. Sigmar Gabriel hat angekündigt, dass die Bundestagswahl zu einer Entscheidung über die Bändigung der Banken werden müsse. Das fände ich auch gut. Aber warum jemand deshalb die SPD wählen sollte, das bleibt mir dann schleierhaft. Links blinken ist einfach zu wenig.
Ich komme zum Schluss. – Den Banken sind Milliardenbeträge in den Rachen geworfen worden. Ich bin der Meinung, die Occupy-Bewegung hat völlig zu Recht die Frage gestellt und gefordert, dass die Banken einen Teil dazu beitragen müssten, diese Krisenkosten zu zahlen. Wir brauchen Banken, die der Allgemeinheit dienen und sie nicht ausbluten lassen.
Wenn Sie wirklich etwas für die Arbeitsplätze der Beschäftigten tun wollen, dann setzten Sie sich endlich für eine effektive Regulierung des Bankenwesens ein. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Klose von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet.
Verehrte Frau Vizepräsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schork, ich gebe zu, nach Ihrem Einstieg hatte ich irgendwie erwartet, dass Sie ein bisschen was von Ihrer eigenen Finanzplatzstrategie hier zum Besten geben.
Aber Sie haben sich fünf Minuten lang an dem abgearbeitet, was der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion in zwei Interviews erklärt hat. Vielleicht liefern Sie das noch nach. Wir wären alle daran interessiert.
Stattdessen verwenden Sie die immer gewohnten Vokabeln: „billiger Populismus“, „undifferenzierte Verunglimpfung“, „plumpe Rhetorik“. So war es schon am Montag nachzulesen. Die Themen sind austauschbar. Die Sprachbausteine blieben die gleichen. Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass die Analyse von Frau Wiesmann und Herrn Banzer richtig ist, dass es der Führung der hessischen CDU nicht um Inhalte, sondern „um durch scharfe ideologische Abgrenzung unterstrichenes Beschwören der Gefahren eines Regierungswechsels“ geht – genau hier ist der Beweis.
Schauen wir uns doch einmal an, worum es dieses Mal geht. Thorsten Schäfer-Gümbel soll also 70.000 Arbeitsplätze am Finanzplatz Frankfurt gefährden. Es wurde schon darauf hingewiesen: Herr Schäfer-Gümbel regiert nicht. Er ist der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion. Mit einem Gespräch mit der dpa soll er den ganzen Finanzplatz gefährdet haben. Er soll alle Arbeitsplätze am Finanzplatz gefährden.
Daraus kann ich nur schließen, dass Sie offensichtlich fest davon ausgehen, dass er bald die Umsetzungskompetenz eines Ministerpräsidenten haben wird. Wie sonst sollte er das eigentlich bewerkstelligen?