Lassen Sie mich zunächst feststellen: Herr Dr. Wagner, es gibt schon Gemeinsamkeiten zwischen CDU und LINKEN. Mit Ironie haben es beide nicht so. Das klang alles ein bisschen arg verbissen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie arbeiten mit denen zusammen! Sie brauchen sie doch! Sie sind ein Glücksspieler!)
Zwei freundliche Vorbemerkungen, eine in Richtung des Kollegen Beuth. Sie haben gestern einen Elfmeter verschossen. Die Rede war ähnlich angelegt.
(Clemens Reif (CDU): Er hat doch noch gar nichts gesagt! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Wenn man darauf wartet, dass der Ministerpräsident etwas sagt, kann man lange warten! Wann sagt der schon einmal was?)
„Volker Bouffier ist wieder grau“. Bevor Sie mich jetzt beschimpfen: Das ist nicht von mir, sondern die Überschrift eines Artikels in der „FAZ“ vom 22.06. Sie lassen jetzt der Natur freien Lauf. Bisher hatten Sie eine Farbe zwischen gelb und gold. Jetzt sind Sie naturgrau. Auch die „FAZ“ schreibt: Wenn es um Ihre Haare geht, produzieren Sie mehr Schlagzeilen, als wenn es um Ihre Inhalte geht. – Das ist bemerkenswert. Das steht in der „FAZ“ vom 22.06.
Zunächst einmal würde ich es ganz gelassen mit den Aussagen zur nächsten Wahl angehen. Das wissen wir alle noch nicht.
Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir ganz wild entschlossen sind, Herr Reif, dass Sie Gelegenheit haben werden, einmal fünf Jahre Opposition durchzumachen.
Sie werden dann feststellen, dass Regieren möglicherweise anstrengend ist, aber Opposition weniger Spaß macht. Diese Gelegenheit würde ich Ihnen gerne einmal geben. Sie haben sie sich redlich verdient.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE) – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das wollen wir doch gar nicht! – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))
Deswegen sehen wir dem ganz gespannt entgegen. Das entscheiden in Hessen, Gott sei Dank, die Wählerinnen und Wähler. Wenn wir uns die letzten vorliegenden Umfragen ansehen, die keine Wahlergebnisse sind, können wir eines feststellen: Nach den aktuellen Wasserstandsmeldungen ist relativ klar, dass die FDP-Fraktion möglicherweise nur noch ein Drittel ihrer Stärke haben wird. Herr Krüger, d. h. 12 bis 13 Kollegen würden dem nächsten Landtag nicht mehr angehören.
Ich würde mich darauf schon einmal mental einstellen. Dann ist der Schock nachher nicht so groß. Wir gehen das ganz in Ruhe und ganz entspannt an.
(Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Hochmut kommt vor dem Fall! – Clemens Reif (CDU): Abwarten!)
Lassen Sie mich mit zwei Zitaten beginnen. In der Re gierungserklärung des Ministerpräsidenten Volker Bouffier, Protokoll der 52. Plenarsitzung des Hessischen Landtags am 7. September 2010 – man weiß ja nicht mehr so genau, was man alles gesagt hat, deswegen auch für Sie, Herr Reif –, heißt es:
Der Wechsel des Ministerpräsidenten und der Regierungsmannschaft ändert nichts daran, dass der von CDU und FDP eingeschlagene Kurs für unser Land notwendig und richtig ist und weitergegangen wird.
Das ist die erste Bemerkung. Die zweite Bemerkung etwas später in der Regierungserklärung von Volker Bouffier, es geht dabei um Energiepolitik:
Dazu gehören auf absehbare Zeit auch moderne Kohlekraftwerke und die Kernenergienutzung auf höchstem Sicherheitsstandard. Deshalb begrüße ich für diese Landesregierung die Grundentscheidungen der Bundesregierung vom vergangenen Wochenende. Das geht in die richtige Richtung. Die Entscheidungen sind vernünftig und zukunftsfähig.
Dies zur Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken, Originalton Volker Bouffier. Das sind zwei sehr schöne Zitate. Und jetzt stellen wir nach eineinhalb Jahren fest – das geht aus dem Antrag der GRÜNEN klar hervor –: Was ist aus dieser Regierungspolitik unter der Verantwortung von Volker Bouffier geworden?
Zunächst einmal gibt es einen marginalen Unterschied zu den GRÜNEN. Ich bin auch weit davon entfernt und möglicherweise auch nicht verdächtig, Roland Koch irgendwie zu loben oder in Schutz zu nehmen.
Wir sollten gemeinsam akzeptieren, dass ich das nicht machen werde. Aber er war an einer Stelle konsequent: Wenn Herr Koch etwas gemacht hat – brutalstmöglich, konsequent, auch wenn es falsch war und man durch Wände gehen musste –, so hat er eine falsche Politik konsequent ge
gen alle Widerstände durchgesetzt. Das unterscheidet Roland Koch von Volker Bouffier. Auch das war falsch, aber wenigstes war es konsequent falsch, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Jetzt kommen wir zu Herrn Bouffier. Das ergibt sich ja, Herr Beuth ist ja intelligenterweise auch nicht auf den Antrag eingegangen. Natürlich gibt es Wortbrüche, die Herr Bouffier von Herrn Koch übernommen hat. Der eine Wortbruch ist klar: Nichtumsetzung des Mediationsergebnisses beim Flughafen Frankfurt. Unter seiner Verantwortung ist das Ergebnis in Leipzig zustande gekommen.
Unter Verantwortung von Volker Bouffier gibt es eine Planklarstellung, die juristisch nicht standhalten wird. Aber eines bleibt bestehen: Ob Koch oder Bouffier – Wortbruch gegenüber den Menschen in der Rhein-MainRegion ist das Markensignal beim Ausbau des Flughafens.
Es gibt ein zweites Beispiel dazu, wo diese Landesregierung – der Kollege Merz hat es heute Morgen deutlich gemacht – Wortbruch begangen hat. In der Übergangszeit 2008 hat Sozialminister Banzer klar gesagt, man wolle die pädagogischen Voraussetzungen für die Kinderbetreuung ändern, was sinnvoll ist. Die Kommunen sollten mehr Personal bereitstellen, bekämen aber auch die Kosten für diesen Mehraufwand erstattet. – Was hat diese Landesregierung getan? Sie hat ihr Wort erneut nicht gehalten, die Kommunen mussten klagen. Die Landesregierung bietet 40 Millionen € an, jetzt noch einmal 25 Millionen €, während die tatsächlichen Kosten möglicherweise zwischen 150 und 200 Millionen € liegen.
Was ist das für ein Zustand und für eine Moral in diesem Land, dass sich die Kommunen das jeweils vor Gericht erstreiten müssen? Das Wort dieser Landesregierung gilt offensichtlich nichts; auch da ist Herr Bouffier konsequent wie Roland Koch.
Nehmen wir das dritte Beispiel. Da beschimpft uns Herr Beuth, wir hätten das Thema Nassauische Heimstätte und den Verkauf von Wohnungen angesprochen.
Richtig, Sie können ja einmal mit Herrn Rhein unter vier Augen reden, was er von dem Thema des Verkaufs hält und ob ihm das in Frankfurt möglicherweise drei oder vier Stimmen gebracht hat. Nein, die Menschen wollen, dass Wohnraum bezahlbar ist, und dafür brauchen wir gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften und nicht Veräußerung an Private, die damit Gewinn erzielen. Deswegen ist es ein Eingeständnis des Scheiterns. Sie haben die Konsequenzen gezogen, dafür kritisieren wir Sie nicht. Aber Sie haben die politische Packung dafür bekommen, dass Sie so mit Dingen umgegangen sind, die die Wählerinnen und Wähler in diesem Lande nicht wollen.
Deswegen wäre ein bisschen mehr Demut – ein Wort mit fünf Buchstaben – an Ihrer Stelle angebracht, Herr Beuth.
Zu dem Thema G 8/G 9 werden wir morgen eine Aktuelle Stunde abhalten. Die verehrte Frau Kultusministerin ist anwesend – fast alle Kommentare sahen Frau Beer vorgeführt, Frau Beer debütiere. Was ist denn nun mir Ihrer harten Position, G 8 sei ein erfolgreiches Modell? Wenn es so erfolgreich ist, warum räumen Sie es ab? Eine Schülergeneration hatte unter G 8 zu leiden, damit haben Sie sich an Schülerinnen und Schülern versündigt; das ist die Botschaft.
Ja, da lachen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren. – Die Opposition hat jahrelang gesagt, allein G 8 löse das Problem nicht. Sie haben uns reihenweise beschimpft. Und jetzt räumt Herr Bouffier das Thema einfach so en passant ab, weil er Angst hat, da alle Umfragen belegen, dass G 8 möglicherweise gescheitert ist. Deswegen will er das Thema abräumen.