Protocol of the Session on May 13, 2009

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sagen Sie doch einmal etwas zu den Schulden der DDR!)

Dort wurden ja 900 Milliarden verschoben, liebe Kordula.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber das waren ja Ost-Mark, das war nur 1 : 10!)

Nein, nein, in der Phase nach 1990 ging es um 900 Milliarden c.Über die werden wir sicherlich auch noch einmal

reden müssen. Im Grunde genommen gehören die in diesen großen Schuldenturm hinein, der 1,5 Billionen c – wenn wir das Ende des Jahres 2009 schreiben, wahrscheinlich 1,8 Billionen c – betragen wird. Die Hälfte davon gehört sozusagen in den Aufkauf der DDR hinein.

Während die Deutsche Bank im ersten Quartal dieses Jahres Milliardengewinne vermeldet, dürfen Steuerzahler Milliarden Euro für Konjunktur- und Bankenrettungsprogramme aufbringen. Das ist die traurige Realität jahrzehntelanger neoliberaler Politik. Die Systemkrise des entfesselten Finanzkapitalismus ist mehr als ein Betriebsunfall. Sie ist der Offenbarungseid Ihrer neoliberalen Umverteilungspolitik von unten nach oben, der willkürlichen Streichung staatlicher Leistungen und Beleg Ihrer unendlichen Naivität.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist mehr als ein schlechter Witz, wenn jetzt CDU und FDP,aber auch die SPD,Seit an Seit die Allgemeinheit für das Versagen der Zocker bezahlen lassen und mit Bad Banks und Deutschlandfonds oder mit Abwrackprämien strukturschwachen Industriesektoren Luft verschaffen wollen.

Wenn es darum geht, den Banken und Großunternehmen zur Seite zu springen, ist die Tat näher als der gute Rat; wenn es jedoch darum geht, die Lebensverhältnisse der ärmsten Menschen zu verbessern und nachhaltig die Binnenkaufkraft durch Anhebung von Hartz-IV-Sätzen oder die Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns zu stärken, spielen Sie Beamtenmikado.

Dieses Problem beschrieb übrigens der Wissenschaftler Stefan Schulmeister als „kognitives Dissonanzsyndrom“ der politischen Eliten.

Einsichten, die Ihrem neoliberalen Weltbild widersprechen, werden so aus einer Mischung von Zynismus, Marktreligiosität und Dummheit hinweggewischt. Es wäre auch unbequem. Immerhin müssten Sie sich fragen lassen,ob Sie denn nicht einen wesentlichen Anteil an diesem Wirtschafts- und Finanzdesaster haben. Genau deshalb bleiben Sie lieber bei Ihren alten marktradikalen Grundsätzen. Dieser Haushalt wimmelt nur von lauter Privatisierung von Gewinnen und Sozialisierung von Verlusten.

(Florian Rentsch (FDP):Was?)

Lassen Sie mich für diese Politik drei Beispiele anführen:

Erstens. Die beabsichtigte Förderung der EBS durch das Land und die schwarz-gelb und auch grün regierte Stadt Wiesbaden ist das beste Beispiel dieser Politik. Einerseits haben Sie, Herr Koch, über die Jahre durch die Einführung von Studiengebühren die Studentinnen und Studenten geschröpft und dem Hochschulstandort Hessen geschadet, andererseits subventionieren Sie nun zur Aufwertung der hessischen Hochschullandschaft eine Privatuniversität. Dass aus öffentlichen Kassen Eliteschmieden bezuschusst werden und Hessen gleichzeitig in der Bildungsfinanzierung weiterhin eines der Schlusslichter ist, ist geradezu peinlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege, Ihre Fraktionsredezeit geht zu Ende.

Ja,ich will abkürzen,denn wir haben das etwas anders aufgeteilt als die meisten anderen Fraktionen. Ich will aber durchaus noch einige Grundgedanken benennen.

(Leif Blum (FDP): Beim nächsten Mal klappt das dann vielleicht!)

Wir sind ein etwas egalitärerer Verein als andere Parteien.

(Axel Wintermeyer (CDU): Elitär oder egalitär?)

Egalitär, das hat etwas mit der französischen Revolution und deren Begrifflichkeit zu tun.

Ich muss aber auch zugeben, dass nicht jede Oppositionspartei in der Frage der EBS astrein und glaubwürdig argumentiert. Zu dieser Einstellung müsste man zumindest auch noch einmal die Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN in Wiesbaden befragen.

Zweitens. Nur aus taktischen Gründen legt der Finanzminister das staatliche Ausverkaufsprogramm Leo III auf Eis. Zeitgleich werden in den Ministerialstuben die Pläne für die neue Verhökerung öffentlichen Eigentums vorbereitet. Nicht umsonst haben sich die Ansätze der Vorbereitung des Ausverkaufs im Hessischen Immobilienmanagement auf mehr als 6 Millionen c vervierfacht.

Drittens. Dass Sie dann trotz stärker werdender Zweifel und Kritiken an PPP-Projekten weiterhin durch die Ausweitung jener Projekte die Privatisierung staatlicher Hoheitsaufgaben durch die Hintertür betreiben, öffentliche Kassen belasten und Privatfinanciers bereichern, ist modernes staatliches Raubrittertum.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Walter Arnold (CDU): Sie haben es nicht verstanden! Sie sind frei von jeder Sachlichkeit!)

Wir haben im Landkreis Offenbach jüngst mit Public Private Partnership sanierte Schulen besucht. Herr Arnold, wir fühlen uns durch die Gespräche mit Schülern und Lehrern in unserer Kritik nur bestätigt.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Die freuen sich nicht über neue Schulen?)

Auch die GEW hat auf ihrer Bundesversammlung PPPProjekte strikt abgelehnt. Aber diese Kritik können und wollen Sie nicht wahrnehmen. Auch hier sind Sie Opfer und Täter Ihres eigenen Privatisierungswahns. Um 300 Millionen c steigende Mieten sind der Preis, den allein der hessische Steuerzahler Jahr für Jahr bezahlen muss.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das hat mit Privatisierung nichts zu tun!)

Hessen hat mit ca. 1,7 Milliarden c mehr Geld als andere Bundesländer in die Hand genommen. Das haben wir zur Kenntnis genommen. Die Investitionen in Schulen, Hochschulen und energetische Sanierung waren aber seit Langem nötiger denn je. Aber Masse ist nicht gleich Klasse. Sie agieren wie Getriebene, die in ihrer Hatz in einer Gutsherrenart in die Spendierhosen greifen und ohne wirkliche Planung und Vorstellung gönnerhaft Milliarden in die hessische Landschaft verteilen.

Statt mit Investitionen im Bildungsbereich politische Ziele – wie den Ausbau von Kindertagesstätten, die nachhaltige und energieschonende Bauweise oder den Ausbau von Ganztagsschulen – zu verbinden, verteilen Sie mit der Gießkanne, nach dem Prinzip: jedem ein bisschen, und mir die Sonne.

Ich streite nicht ab, dass diese Investitionen dringend nötig waren, jedoch eine wirklich strategische und nach vorne weisende Politik, die Hessen in das nächste Jahrzehnt führt, sieht anders aus. Statt ins nächste Jahrzehnt führen Sie Hessen mit Beton und Mörtel wieder zurück ins letzte Jahrtausend und belasten über die nächsten 30 Jahre die Kassen von Bund und Kommunen.

Dass diese Regierung aber jetzt auch noch uninspiriert in Zeiten der Wirtschaftskrise das Land Hessen bestenfalls verwaltet statt gestaltet, ist ein Armutszeugnis Ihrer Politik und wird sich für die Menschen in diesem Land bitter auszahlen. Wir werden in den Haushaltsberatungen unsere Alternativen für ein soziales und gerechtes Hessen einbringen; und wir werden Sie, Herr Koch, und Ihren Finanzminister bei der nächsten Tränenarie über Steuerausfälle daran erinnern, dass Sie die Möglichkeit vertan haben, mehr als 1,8 Milliarden c Mehreinnahmen aus der Vermögensteuer und einer neuen, gerechteren Erbschaftsteuer einzunehmen, und damit die Zukunft der hessischen Landesfinanzen verspielen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden Sie auch daran erinnern, dass diese Landesregierung durch ihre Untätigkeit die soziale Krise mit zu verantworten hat und dass Ihre Bildungs- und Finanzpolitik – mit dem Bildungschaos und der Kreditsperre – die Zukunft kommender Generationen verspielt.

Auch wir werden nicht vergessen,dass diese Regierung im Schatten des Kampfes um Opel und der vielen überteuerten Leuchtturmprojekte untätig und konzeptionslos zuschaut, wie sämtliche öffentliche Leitplanken in der hessischen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik angesichts der neuen Herausforderungen im Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Beschäftigungssektor bestenfalls im Stillstand verharren.

Gegen diese Politik werden wir hier im Parlament, aber natürlich auch draußen auf den Straßen und am kommenden Samstag in Berlin demonstrieren. Das werden wir immer in Verbindung bringen. Wir glauben nicht daran, dass sich diese Politik allein hier im Parlament verändern lässt. Dazu brauchen wir mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, eine andere Durchsetzungskraft, die tatsächlich die politische Landschaft hier in Hessen, aber auch in der Bundesrepublik verändert. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will nur, an die Fraktion DIE LINKE gerichtet, sagen: Ihr habt gegenüber eurem Plan 4:46 Minuten zu viel; und ihr könnt auch jetzt noch sagen, bei welchem Einzelplan ihr kürzen wollt. Man muss nicht immer gerade den Einzelplan 15 völlig ausfallen lassen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Richtig!)

Ich bin ein schlaues Kerlchen, ich weiß, danke schön. – Das Wort hat der Vorsitzende der Fraktion der FDP. Herr Kollege Rentsch, bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege van Ooyen, es ist übrigens das erste Mal, dass ich mir gewünscht hätte, Frau Wissler hätte hier gestanden, denn es wäre deutlich unterhaltsamer gewesen. Wir hatten gerade Angst, dass wir bei Ihrer Rede ein

schlafen.Aber das ist ein wenig das Kennzeichen der LINKEN in diesem Haus.

(Beifall bei der FDP)

Noch nie hat ein Hessischer Landtag einen Haushalt in einer solchen Krise einbringen müssen. Noch nie waren wir in einer Situation, in der für alle eigentlich völlig unklar ist, wie dieses und das nächste Jahr weitergehen. Wir fahren politisch auf Sicht, und die Bundesregierung prognostiziert in ihren amtlichen Stellungnahmen einen Wirtschaftseinbruch von bis zu 6 %.

Meine Damen und Herren,es ist klar,dass ein Haushalt in einer solchen Krise in einem wirtschaftsstarken Bundesland letztendlich auch in Verbindung mit dieser Krise diskutiert werden muss. Wir hätten es uns einfach machen können, denn CDU und FDP hätten einfach auf die Wirkungen des Konjunkturpakets des Bundes vertrauen können.Wir hätten akzeptieren können, dass wir selbst Steuermindereinnahmen von 800 Millionen c haben. Aber wir haben klar gesagt, dass wir das nicht tun werden. Wir werden ein eigenes Konjunkturpaket auf den Weg bringen. Wir wollen die Wirtschaft in unserem Land stärken. Wir wollen dazu beitragen, dass Betriebe, Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Hessen eine Zukunft haben.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Axel Winter- meyer (CDU))

Die Ausweitung der Investitionsausgaben auf über 2,4 Milliarden c ist eine Steigerung von 22,8 %. Das hat es in einem Bundesland in dieser Höhe und Form noch nie gegeben. Es gehört zur Wahrheit dazu, dass natürlich auch die Landtagsbeschlüsse des letzten Jahres, des verrückten letzten Jahres, des rot-rot-grünen Jahres,

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Mehrausgaben von bis zu 160 Millionen c produziert haben. Das ist auf die Einstellung von Referendaren genauso wie auf den Verzicht auf Studiengebühren, die Besoldungserhöhungen und die BAT-Kräfte zurückzuführen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da waren Sie doch auch dagegen!)