Protocol of the Session on May 30, 2012

(Holger Bellino (CDU): Das ist meine Entscheidung!)

Ich danke auch den Ministern selbst, die sich sehr engagiert in die Petitionsangelegenheiten einbringen.

(Holger Bellino (CDU): Eine unterirdische Rede! – Gegenruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Bellino, geht es noch?)

Bei diesen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger müssen wir sach- und konsensorientiert arbeiten. Es handelt sich um ein Grundrecht, das jeder Einwohner in Hessen, unabhängig der Staatsbürgerschaft, vom Aufenthaltstitel genießt. Das möchte ich im Hessischen Landtag noch einmal festhalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Wir nehmen jedes Jahr zur Kenntnis, dass die Anzahl der Petitionen zurückgeht. Wir fragen uns jedes Jahr im Ausschuss, wie wir das verändern können, wie wir die Menschen darüber informieren können, dass das Petitionsrecht ein Grundrecht ist. Von daher ist es sehr wichtig, dass wir weiterhin Bürgersprechstunden anbieten. Auf dem Hessentag in Wetzlar wird eine gute Möglichkeit sein. Auf diesen Zeitraum, den wir alle sehr intensiv nutzen werden, freue ich mich ganz besonders.

Die Frage der Onlinepetitionen, die man auch elektronische Petitionen nennt, beschäftigt uns sehr stark. Ich möchte an dieser Stelle die Fraktionen dafür beglückwünschen, dass wir einen Konsens dafür gefunden haben und die Geschäftsordnung des Hessischen Landtags entsprechend geändert werden wird. Ich hoffe persönlich, dass das noch in diesem Jahr der Fall sein wird.

Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass von 16 Bundesländern Hessen das einzige Bundesland ist, das keine Onlinepetition zulässt. Es wäre ganz gut, wenn wir im Jahr 2012 diese Situation ändern und im Jahr 2013 den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, Onlinepetitionen einzureichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Hinsichtlich der Ausländerpetitionen haben wir auch festgestellt, dass die Anzahl rückläufig ist. Auch das ist begrüßenswert, weil durch die Bleiberechtsregelungen vielen Menschen eine Möglichkeit gegeben wurde, einen gesicherten Aufenthaltstitel zu finden.

Frau Kollegin Wallmann, es ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass die Bleiberechtsregelungen in § 25a für gut integrierte Jugendliche doch zu kurz greifen. Wir sitzen im Petitionsausschuss und haben die konkreten Fälle. Beispielsweise haben wir eine Petition einer hochgebildeten Person von 23 Jahren vorliegen. Sie hat sehr engagiert Integrationsleistungen hervorgebracht. Für diese Person werden wir im Rahmen der Bleiberechtsregelungen keine Lösung finden.

Solche Fälle werden immer wieder vorkommen. Für uns aus dem Petitionsausschuss ist es angebracht, aus den Einzelfällen heraus zu überlegen, ob die gesetzlichen Grundlagen ausreichend sind oder ob wir aufgrund einer politischen Diskussion eine Veränderung herbeirufen wollen. Dabei würde ich gar nicht den Oppositions- und Regierungsklamauk aufbauen. Hier geht es um die Sache. Wenn Einzelfälle uns beweisen, darüber noch einmal nachzudenken, sollte das auch geschehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Petitionen, die ich nennen möchte, sind die Flug lärmpetitionen aus dem Rhein-Main-Gebiet. Im August 2011 haben wir erstmals festgehalten, wie hoch die Zahlen der Beteiligten an Petitionen sind. Über 64.000 Personen haben sich an Petitionen beteiligt. 41.000 Personen haben sich an der Fluglärmpetition per Unterschriftenaktion beteiligt.

Natürlich haben wir im Ausschuss darüber sachorientiert diskutiert. Die politische Diskussion hatten wir in das Plenum verlagert. Das ist auch ein Streit, der nach wie vor existieren wird. Ich hätte mir gewünscht, dass die Maßnahme, die vonseiten der Berichterstatterin vorgeschlagen wurde, auch zur Kenntnis genommen wird. Da sollte auch die Landesregierung nicht immer nur eine Starrheit zutage legen. Man kann auch flexibel im Sinne der Bürgerinnen und Bürger arbeiten.

Ganz zum Schluss noch ein Hinweis. Ob eine Petition lang oder kurz bearbeitet wird, ist kein Beweis dafür, dass das Ergebnis qualitativ gut ist, dass die Petition sorgfältig und im Interesse des Petenten bearbeitet wird. Es geht vielmehr einfach darum, dass man das Interesse des Petenten wirklich in den Vordergrund stellt. Wenn Petitionen im Ausschuss überhaupt nicht beraten, sondern nach drei Wochen einfach abgeschlossen werden, dann ist das nicht im Interesse des Petenten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Öztürk, wir bitten Sie herzlich.

Auch das sind Situationen, mit denen wir uns im Ausschuss auseinandersetzen müssen. Ich habe das Gefühl, dass wir uns alle Gedanken darüber machen müssen, wie wir die bisher vorhandene konsensorientierte, parteiübergreifende, sachorientierte Arbeit aufrechterhalten. Es wäre schade, wenn der Petitionsausschuss unter parteipolitischem Taktieren leiden würde. Ich als GRÜNE möchte gerne, dass wir in der Sache arbeiten, denn es geht um die Petenten, um die Bürgerinnen und Bürger.

Kollegin Öztürk, es geht auch um mich, um den Präsidenten.

(Heiterkeit)

Ich bitte Sie jetzt wirklich.

Ihre Petition nehme ich gerne an und höre hiermit auf.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Da hatten Sie Glück. Das war das klassische Votum „zur Berücksichtigung“.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, im Verlauf der Debatte wurden zwischen den Fraktionen einige „Freundlichkeiten“ ausgetauscht. Ich will ausdrücklich festhalten: Wir konnten es vom Präsidium her nicht genau zuordnen. Wenn Sie Wert darauf legen, dass sie gerügt werden, sagen Sie es in Zukunft bitte lauter in unsere Richtung, dass wir es hören.

(Heiterkeit)

Es hat sich aber wieder beruhigt. So gesehen hatten wir ja recht. – Ich bitte jetzt den Kollegen Reuscher von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wurde vor Kurzem in einem Telefongespräch von einem Journalisten gefragt, ob wir nicht manchmal genervt seien von dem, was die Petenten vorbringen, denn die Anliegen seien oft doch sehr fragwürdig oder eigenartig – oder wie er es genannt hat. Ich habe ihm vehement widersprochen. Der Petitionsausschuss ist dafür da, die Anliegen dieser Menschen aufzunehmen, denn in dem Moment, wenn die Petenten ihre Anliegen vorbringen, sind diese für sie das Wichtigste, und deshalb müssen sie ernst genommen werden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN)

Die Zahlen und Daten zum Petitionsbericht wurden von meinen Vorrednerinnen sehr ausführlich behandelt. Einen Punkt möchte ich in meiner Rede vorziehen. Es geht um die Dauer der Bearbeitungszeit der Petitionen. Ich denke, das freie Mandat ist eine ganz wichtige Sache und steht hier nicht zur Diskussion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Es steht aber auch nicht zur Diskussion, dass ein Petent ein Anrecht darauf hat – das ist im Petitionsrecht so festgehalten –, dass seine Petition zeitnah bearbeitet wird und er einen Bescheid bekommt. Das ist eine ganz wichtige Sache. Es gibt viele Beschwerden von Petenten, die lauten: „Das dauert mir alles zu lange, warum ist meine Petition noch nicht bearbeitet?“ Solche Beschwerden haben wir recht häufig.

Sicher gibt es eine Menge Gründe, warum man Petitionen nicht sofort abschließt oder bearbeitet. Das hat manchmal Gründe, die im Petenten liegen. Es kann z. B. sein, dass ein Petent ein Gerichtsverfahren angestrengt, nachdem eine Petition eingereicht hat. Dann ist man geneigt, diese Petition zurückzustellen, bis das Gericht entschieden hat. Wenn Gerichtsentscheidungen anstehen, werden Petitionen normalerweise gar nicht angenommen. Bei Ausländerpetitionen ist es oft der Fall, dass Papiere nicht zu beschaffen sind, um z. B. zu heiraten. Man weiß aber ganz genau: In dem Moment, wenn die Papiere da sind, wird auch ein Aufenthaltsrecht erteilt. Man muss also vorsichtig verfahren, wie Frau Wallmann gesagt hat.

Es ist völlig richtig: Die Bearbeitungsdauer ist ein Problem. Wir müssen daran arbeiten. Wir haben uns in der VPK unter den Obleuten darauf geeinigt, dass wir uns Petitionen, die ein Jahr lang nicht beraten wurden, vorlegen lassen, um mit den Berichterstattern zu reden, ob man die Petitionen nicht doch in der einen oder anderen Form abschließen kann. Wir haben uns auch darauf geeinigt, dass man solche Petitionen einmal im Jahr im Ausschuss aufruft. Ich halte das für ein behutsames Verfahren.

In anderen Ländern müssen Petitionen nach einem halben Jahr abgeschlossen werden, oder die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende nimmt die Petition vom Berichterstatter wieder zurück. Ich denke, die Bearbeitungsdauer einer Petition ist eine genauso ernsthafte Sache wie das Recht eines Abgeordneten, mit der Petition so sorgfältig umzugehen und sie so lange zu bearbeiten, bis er der Meinung ist, dass alle Ermessensspielräume abgeklopft sind, um dem Petenten wirklich gerecht zu werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Auf einen Punkt möchte ich noch eingehen: Dublin II. Wir bekamen in der Vergangenheit oft Fälle, bei denen Asylbewerber in sicheren Drittstaaten – wie man sie nennt – oder in europäischen Ländern ein Aufenthaltsrecht hatten, trotzdem nach Deutschland kamen und hier ein Petitionsverfahren anstrengten. Solche Eingaben können wir als Land Hessen natürlich nicht annehmen. Zuständig ist hier das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Wir müssen diese Eingaben an den Bund abgeben, auch wenn für uns die Anliegen der Petenten einsichtig sind. Darüber gab es in der Vergangenheit schon mehrfach Diskussionen. Man sollte aber Wert darauf legen, dass nach Recht und Gesetz gehandelt wird und diese Petitionen an den Bund abgegeben werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich sehe, meine Zeit ist weitgehend abgelaufen.

(Minister Jörg-Uwe Hahn und Abgeordnete der SPD: Nur die Redezeit! – Heiterkeit)

Nur die Redezeit. Danke für den Hinweis, ich hätte mich sonst vertan.

(Heiterkeit)

Ich möchte mich dem Dank der Vorsitzenden anschließen, zum einen an die Mitarbeiter des Bereichs Petitionen, die hervorragend für uns arbeiten. Ohne sie könnten wir die Dinge gar nicht so umsetzen, wie es im Sinne des Petenten wichtig ist. Außerdem möchte ich mich bei den Mitarbeitern in den Ministerien bedanken, denn von ihren Gutachten und Stellungnahmen sind wir sehr abhängig. Natürlich geht der Dank auch an meine Kolleginnen

und Kollegen im Petitionsausschuss. Ich möchte dabei nicht vergessen, dass viele Petitionen in anderen Ausschüssen beraten werden. Auch den Kolleginnen und Kollegen, die diese Petitionen beraten und bearbeiten, einen herzlichern Dank. Ich hoffe, dass wir im Petitionsausschuss weiterhin hervorragend, kooperativ und kameradschaftlich-freundschaftlich zusammenarbeiten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Reuscher. – Das Wort hat die Frau Kollegin Cárdenas.

Als Obfrau der Fraktion DIE LINKE kann ich mich vielen Ausführungen anschließen, ausdrücklich auch der meines Stellvertreters, Herrn Reuscher, wenn es um die Bearbeitungsdauer geht. Ich möchte die Gelegenheit aber nutzen, aus der Sicht der LINKEN an zwei Punkten andere Gewichtungen und Akzente zu setzen.

Der erste Punkt, zu dem ich sprechen möchte, ist die Frage der Beteiligung der Petenten und der Öffentlichkeit. Der Petitionsausschuss nimmt für sich zu Recht in Anspruch, der Ausschuss mit der größten Nähe zu den Menschen zu sein. Nähe hängt natürlich auch mit der Leichtigkeit der Kontaktaufnahme zusammen. Daher sind wir froh, wenn man endlich auch hier in Hessen Petitionen online einreichen kann. Wir sind das letzte Bundesland, das diese Möglichkeit einführt.

Wir könnten uns dem Thema der Öffnung aber auch noch von einer ganz anderen Seite nähern. Wie wäre es denn, wenn Petenten – gegebenenfalls unter Ausschluss weiterer Öffentlichkeit – gestattet würde, im Ausschuss selbst anwesend zu sein, zu ihrer Eingabe Stellung zu nehmen, Fragen der Abgeordneten zu beantworten, Befürchtungen der Ministerien zu entkräften, gemeinsam mit dem Berichterstatter und dem Ausschuss nach Lösungen zu suchen? Warum sollten wir als Abgeordnete nicht gegenüber den Petenten unseren Beschlussvorschlag begründen und gegebenenfalls sogar verteidigen?