Protocol of the Session on May 30, 2012

Meine Damen und Herren, vielleicht noch ein letzter Punkt. Wir sollen hier nicht so viel zeigen, aber eines war schon nett. Ich habe hier die „HNA“ vom 25. Mai.

(Der Redner hält eine Zeitungsseite hoch.)

Oben sehen Sie einen Artikel zum Streit um die Osterhasen, also ob die Lindt-Osterhasen ihr Recht bekommen, ihren Musterschutz. Unten drunter steht etwas viel Interessanteres: „Steuerzahler so gläsern wie nie – Kontrollnetz der Finanzämter 2012 noch enger – Jetzt sind auch Kurzarbeiter- und Elterngeld sichtbar“.

Meine Damen und Herren, wir hätten gerne, dass diejenigen, die Vermögen in der Schweiz haben, ihr Vermögen sichtbar machen, damit dieselbe Gläsernheit, die für den Durchschnittsbürger gilt, auch für diejenigen gilt, die offenkundig meinen, in der Schweiz Geld hinterziehen zu müssen. – Danke schön.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Schönen Dank, Herr Warnecke. – Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Herr van Ooyen das Wort.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das kann nicht viel linker werden! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Das war eine Rede zur Steuerehrlichkeit! So einfach ist die Welt am Ende!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich die Überschrift des Antrags, den uns FDP und CDU vorgelegt haben, zum ersten Mal gelesen habe, habe ich mich erst einmal regelrecht gewundert. Da steht doch tatsächlich und wörtlich: „Auslandsvermögen endlich besteuern“. Da bin ich aufgewacht. Ich habe gedacht, das lässt sich gut an.

Beim weiteren Lesen wurde dann allerdings klar, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen können. Denn es geht hier gerade nicht darum, Vermögen oder wenigstens hinterzogene Erträge aus diesen Vermögen zu besteuern. Vielmehr geht es darum, Steuerhinterziehung zu legalisieren.

Das Abkommen in Sachen Steuerrecht passt zur Hessischen Landesregierung. Ich habe es schon in der Aktuellen Stunde der letzten Plenarrunde gesagt, und man weiß es seit der Steuerfahnderaffäre: Die Kleinen fängt man, Große lässt man laufen.

(Holger Bellino (CDU): Unverschämt wie immer!)

Steuerhinterziehung ist für FDP und CDU in Hessen ein Kavaliersdelikt, man darf sich dabei nur nicht erwischen lassen.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Herrn Schäubles grundlegende Aussage, dass mit diesem Abkommen die Probleme der Steuerhinterziehung in der Vergangenheit und in der Zukunft gelöst seien, stimmt nicht. Das Abkommen ist ein Affront gegen alle ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Anscheinend sind Sie auf diesen Zustand immer noch stolz, leider.

Die größte Frechheit ist, dass Sie letztendlich der Opposition vorwerfen – Herr Noll, das haben Sie getan –, auf Geldeinnahmen zu verzichten.

(Alexander Noll (FDP): Das ist doch so!)

Wir sollen einem schlechten Abkommen zustimmen, weil sonst Geld verloren geht. Wir reden hier über 130 bis 180 Milliarden €, die schwarz in die Schweiz gebracht wurden. Es geht um hartnäckige Steuerhinterziehung, um begangene Straftaten, die Sie letztendlich noch belohnen wollen.

Der Maßstab für eine Nachbesteuerung muss doch wohl sein, was passieren würde, wenn diese Menschen das Geld wenigstens im Nachhinein ordentlich, z. B. durch eine Selbstanzeige, versteuern lassen würden. Die Pauschalregelung, die Sie auch in dem Zusatzprotokoll vorsehen, wird genau dafür nicht sorgen. Der Steuersatz von 41 % ist fiktiv. Er wird eher bei 21 % liegen. Zudem haben deutsche Finanzbehörden dann keine Möglichkeit einer Nachprüfung; denn jeder kann sozusagen einen Persilschein vorlegen und sagen: Ich habe ja nachversteuert; alles ist prima.

Sie laden hiermit weiterhin förmlich zur Steuerhinterziehung ein. Wenn man sich anschaut, wann das Abkommen unterzeichnet werden soll und wann die Regelung in Kraft tritt, sieht man, dass über ein Jahr dazwischen liegt. Das heißt, Steuerhinterzieher, die bisher schon kriminelle Energie entwickelt und ihr Geld in die Schweiz geschafft haben, haben bis 2013 die Möglichkeit, das Geld z. B. ganz einfach von der Schweizer Mutterbank auf eine Tochterbank in ein anderes Steuerparadies zu verlagern.

Was verlangen Sie? Sie verlangen nur eine Liste der Staaten, in die es gebracht wird. Mehr verlangen Sie nicht. Sie verlangen keine Namen von Steuerhinterziehern und keine konkreten Angaben zu Banken. Das ist eine Einladung zur Steuerhinterziehung, und das ist ein Skandal.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ausgeschlossen von der Nachbesteuerung sind weiterhin – dies wurde hier schon erwähnt – Stiftungen, Trusts, zwischengeschaltete Personenvereinigungen und Vermögenseinheiten. Dies sind beliebte Konstruktionen, die zum Zweck der Steuerhinterziehung geschaffen wurden und von denen alle wissen, wie sie funktionieren. Da haben Sie sicherlich Ihre Berater in der FDP.

Diese Konstruktionen sind im Abkommen nicht wirklich rechtssicher erfasst. Was ist denn das für ein Rechtswert, wenn Sie dies nicht ordentlich regeln? Auch hier lassen Sie die Steuerhinterzieher weiterhin schalten und walten, wie sie wollen.

Dem sollen wir zustimmen? Das ist eine Unverschämtheit. Letztendlich fordern Sie uns damit auf, gegen den

Grundsatz der gleichmäßigen und gerechten Besteuerung zu verstoßen. Das ist mit der LINKEN nicht zu machen und, ich hoffe, auch mit den anderen Oppositionsparteien nicht.

Warum wurde im Abkommen ein Passus eingefügt, der besagt, dass selbst die Auskunftsersuchen, also die potenziellen Fragen deutscher Finanzbehörden gegenüber Schweizer Banken, zahlenmäßig begrenzt werden?

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist ein Hammer!)

Für die ersten zwei Jahre auf 999 Fälle, dann auf 1.200 Fälle; später ist ein entsprechender Schlüssel vorgesehen, der sich an einer Quote von 15 % orientiert. Warum soll dies begrenzt werden? Es bleibt bei dem Prinzip begrenzter Anfragen ins Blaue hinein. Man kann nur höflich fragen: Gibt es von dem Betroffenen ein Konto bei der Bank oder nicht? Das ist ein Fischen im Trüben.

Wir brauchen in Europa einen automatischen Informationsaustausch. Dazu hat die Kollegin Erfurth etwas gesagt. Das Abkommen zwischen Deutschland und der Schweiz hat es ermöglicht, dass die Schweiz ein Abkommen mit Österreich abgeschlossen hat, wodurch dieser Prozess eindeutig torpediert wird. Deshalb wirft uns das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz in dieser Diskussion meilenweit zurück.

Da ist es nur ein Sahnehäubchen, dass FDP und CDU hier die Landtagsopposition auffordern, im Bundesrat tätig zu werden. Meine Damen und Herren, wenn es um das Agieren im Bundesrat geht, kann ich Sie nur auffordern, an die Landesregierung heranzutreten und zu sagen, dass sie tätig werden muss, und zwar indem sie dieses Abkommen ablehnt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Schönen Dank, Herr van Ooyen. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Caspar das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns heute aufgrund eines Antrags und eines Setzpunktes der FDP – den Antrag haben wir gemeinsam mit der FDP eingebracht – mit dem Thema, weil wir es für notwendig halten, dass der politische Druck darauf erhöht wird, dass das Abkommen, das nun mit der Schweiz ausgehandelt worden ist, auch politisch in Kraft tritt und nicht weiter durch SPD und GRÜNE im Bundesrat blockiert wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich meine, dass dies ein sehr sinnvolles Abkommen ist. Wir haben natürlich, wie die Kollegin Erfurth ausgeführt hat, die Situation, dass derjenige, der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist, seine Kapitaleinkünfte aus der ganzen Welt, wo immer er sie hat, in Deutschland besteuern muss. Da herrscht Konsens. Das ist völlig klar.

Es dürfte aber auch klar sein, dass es nicht jeder tut. Wir wissen insbesondere, dass Kapital von deutschen Eigentümern in verschiedenen Ländern dieser Welt liegt, ohne dass es in Deutschland versteuert wird. Dies widerspricht

unseren rechtlichen Grundlagen, aber auch unserer Auffassung einer leistungsgerechten und gerechten Besteuerung. Denn unsere Devise ist, dass derjenige, der starke Schultern hat, auch mehr tragen muss und tragen kann als derjenige, der schwache Schultern hat.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das ist ja ganz neu!)

Deswegen muss derjenige, der entsprechendes Einkommen hat, auch zu dieser Besteuerung herangezogen werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Was ist nun in diesem Abkommen vorgesehen? – Das Wesentliche ist, dass bei denjenigen, die dort unversteuertes Vermögen haben, für dieses unversteuerte Vermögen erhebliche Nachversteuerungen stattfinden, und zwar in einem Maße, wie wir es ohne eine solche Vereinbarung eben nie erzielen könnten. Es ist nämlich vorgesehen, dass in Form einer Abgabe von bis zu 41 % das Geld, was dort liegt, zu versteuern ist und – das ist für uns noch wesentlicher – dass darüber hinaus die laufenden Einnahmen deutscher Anleger mit 26,4 %, und damit genauso wie in Deutschland besteuert werden.

Das bedeutet doch, dass derjenige, der bisher aus steuerlichen Gründen sein Geld in die Schweiz geschafft hat, überhaupt keine Motivation mehr hat, das in Zukunft zu machen, wenn der Steuersatz genau wie hier ist. Das wird doch zur Konsequenz haben, dass dies eine Stärkung der Anlagen in unserem Land bedeutet, damit natürlich auch eine Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt und damit eine Stärkung der Wirtschaftskraft von Hessen. Das heißt – deswegen mein besonderer Appell an die SPD und an die GRÜNEN –, hier in Hessen das hessische Interesse auch wahrzunehmen

(Beifall bei der CDU und der FDP)

und einem Steuerabkommen zuzustimmen, was nicht nur dafür sorgt, dass eine Nachversteuerung stattfindet, sondern was auch zukünftig dafür sorgt, dass die Besteuerung der Vermögen, die noch in der Schweiz sind, den hiesigen Steuersätzen oder den Steuersätzen in gleicher Höhe unterworfen sind. Damit nimmt man vor allem die Anreizsysteme weg, das Geld von unserem Finanzplatz wegzuverlagern. Das müsste jedenfalls Interesse sein, wenn man die Interessen der Menschen hier in Hessen vertritt. Und das sollten Sie auch tun.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Es geht bei den Mitteln, die für unser Land eingenommen werden können, um ein Auslandsvermögen mit einer Besteuerungsgrundlage von etwa 100 bis 160 Milliarden €. Die Zahl ist von Vorrednern schon genannt worden.

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Aber es ist auch so, dass durch diese Zahl damit gerechnet werden kann, dass bei dem Einmalvertrag das Land mit Einnahmen von gut mehreren hundert Millionen Euro rechnen kann. Das ist die eine Komponente. Die zweite ist aber auch, dass die Kommunen Erhebliches davon hätten, wenn es zu der Ratifizierung des Steuerabkommens kommt, was Sie momentan noch blockieren.

Es ist geplant, dass die Kommunen bei der Aufteilung des Einmalbetrages mehr als 8 % und bei der Zerlegung der jährlichen Beträge 12 % erhalten sollen. Das hätte natür

lich für die Kommunen ganz erhebliche Auswirkungen. Ich finde es schon ganz interessant, dass Sie bei jeder Gelegenheit so tun, als würden ausgerechnet die hessischen Kommunen von der Landtagsmehrheit schlecht behandelt werden,

(Günter Rudolph (SPD): Das ist so!)