Protocol of the Session on May 29, 2012

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir kennen uns lang genug. Es wäre schön, wenn wir uns die Kommunikationsfähigkeit erhalten würden. Aber demjenigen, der offensichtlich nichts hören will, streite ich die Befugnis ab, überhaupt noch nach Kommunikationsfähigkeit zu rufen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn das für eine Rechtsauffassung?)

Ich will das sehr offen ansprechen. Wer mich aus den nahezu zehn Jahren kennt, in denen ich Verantwortung übernommen habe, der weiß, dass ich Transparenz gewährleiste. Natürlich ist es so, dass wir auch mit dem Bundesverkehrsministerium über eine solche Frage Diskussionen hatten und haben. Ja, dazu braucht man kein Experte im Verwaltungsrecht zu sein, dass man normalerweise sagt: Ein Bescheidungsurteil setzt voraus, dass man die Gründe dafür kennt, um nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

(Demonstrativer Beifall bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Bravo, genau so ist es!)

Sehen Sie, Herr Al-Wazir, es macht keinen Sinn, an Sie zu appellieren. Ich versuche es trotzdem. – Ich und wir haben uns dieses Urteil sehr genau angesehen. Dabei haben wir festgestellt, das Bundesverwaltungsgericht hat in der Frage der Nachtrandstunden, der sogenannten Schulterstunden, im Tenor eine eindeutige Entscheidung getroffen. Es hat gesagt, da sind 133 Bewegungen im Jahresdurchschnitt erlaubt. Dies steht im Tenor, und insoweit brauche ich keine Gründe abzuwarten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, nun sage ich Ihnen auch etwas zu der Frage der Null zwischen 23 und 5 Uhr. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts haben wir als Landesregierung bzw. Planfeststellungsbehörde die Möglichkeit, das Mediationsergebnis umzusetzen. Deswegen habe ich das im Wege der Planfeststellung heute gemacht. Damit ist das Mediationsergebnis endlich umgesetzt.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Al-Wazir, es reicht eben nicht aus, sich etwas vom allgemeinen Verwaltungsrecht sagen zu lassen. Man muss sich etwas intensiver damit befassen; dann kommt man zu dem Ergebnis, wie ich es eben dargestellt habe.

Ich bin immer wieder gefragt worden – eine berechtigte Frage –, auf welcher rechtlichen Grundlage die Planklarstellung oder Plananpassung erfolgt. Ich sage Ihnen, es gibt die Möglichkeit. Es handelt sich bei der gerne und vielfach zitierten Planklarstellung bzw. Plananpassung um eine einfache Teilrücknahme nach § 48 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes. Soweit das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Urteil die Nachtflugregelungen des Planfeststellungsbeschlusses vom 18. Dezember 2007 für rechtswidrig erklärt und aufgehoben hat, sind diese Betriebsregelungen mit dem heutigen Bescheid mit Einverständnis des Bundes zurückgenommen worden.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo ist denn das Einverständnis?)

Ja, es ist richtig: Der Bund hat Zweckmäßigkeitsüberlegungen angestellt, ob wir das so machen. Das ist auch sein gutes Recht vor dem Hintergrund der Bedeutung, die diese Entscheidung für Frankfurt insbesondere und darüber hinaus hat. Aber es gibt keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass wir so verfahren, wie wir das machen. Das hat der Bundesverkehrsminister uns gegenüber heute zum Ausdruck gebracht. Deswegen habe ich ein gutes Gewissen, diese Entscheidung so getroffen zu haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Konkret handelt es sich dabei um die Betriebsregelung für die Mediationsnacht gemäß Teil A II 4.1.2 und um die Betriebsregelung für die Nachtrandzeit gemäß Teil A II 4.1 Satz 1, soweit dort mehr als 133 planmäßige Flüge pro Nacht zugelassen sind. Mit dem heutigen Bescheid ist Teil A II 4.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses ersatzlos gestrichen worden, mit der Folge, dass in der Mediationsnacht verbindlich und allumfassend keine planmäßigen Flüge mehr stattfinden dürfen.

Im Hinblick auf die Nachtrandzeit ist in Teil A II 4.1 Satz 1 klargestellt worden, dass in dem Zeitraum von 22 bis 23 Uhr sowie von 5 bis 6 Uhr statt 150 Flugbewegungen jahresdurchschnittlich nur noch 133 planmäßige Flüge durchgeführt werden dürfen. Zugleich ist die Regelung über die Slotzuweisung angepasst worden.

Meine Damen und Herren, ich weiß und ich habe gesagt, dass wir hier Diskussionen haben. Dies zu verheimlichen wäre töricht. Dass man unterschiedlicher Auffassung hinsichtlich der Zweckmäßigkeit sein kann, ist völlig unbestritten. Wir werden Ihnen dies selbstverständlich im zuständigen Ausschuss im Einzelnen erläutern, auch darstellen, welchen Schriftwechsel und welche Argumente wir mit dem Bund ausgetauscht haben. Das sollten wir im Detail dort diskutieren, damit Sie es im Einzelnen nachvollziehen können.

Meine Damen und Herren, das Bundesverwaltungsgericht hat am 4. April ausdrücklich bestätigt, dass eine Regelung des nächtlichen Flugbetriebes ohne planmäßige Flüge während der Mediationsnacht und mit jahresdurchschnittlich 133 planmäßigen Flügen in den Nachtrandstunden am Frankfurter Flughafen rechtmäßig ist. Ein Planergänzungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung ist danach nicht erforderlich.

Für das Verbot planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht gilt dies nach der Begründung des Gerichts bereits aus zwei Gründen: erstens aus der Gewichtungsvorgabe des § 29b Abs. 1 des Luftverkehrsgesetzes, zweitens aus den landesplanerischen Festlegungen in der LEP-Änderung 2007 – ein Thema, das Herr Schäfer-Gümbel und ich häufig kontrovers diskutiert haben. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Argumentation übernommen. Danach sieht das Gericht das Unterbleiben von planmäßigen Flügen während dieses Zeitraums als grundsätzlich ausnahmslos geboten an.

Von dem verbleibenden, nur noch theoretischen Spielraum für eine Entscheidung über wenige Expressfrachtflüge habe ich im Interesse der von Fluglärm betroffenen Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet keinen Gebrauch gemacht – so, wie wir im Hessischen Landtag das alle wollen. Ich habe keinen in diesem Hause gehört, der in der Zeit zwischen 23 und 5 Uhr Flüge will. Wenn das der Wille des Parlaments ist, dann setze ich das heute um.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In Bezug auf den planmäßigen Flugbetrieb in den Nachtrandstunden hat das Bundesverwaltungsgericht die Betriebsregelungen selbst mit der Begrenzung des Bewegungskontingents auf jahresdurchschnittlich 133 Flugbewegungen pro Nacht geändert, also materiell geändert. Nur wenn wir über diesen Wert hätten hinausgehen wollen, hätte die Planfeststellungsbehörde unter „Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts“ neu entscheiden müssen. Zum Schutz der von Fluglärm betroffenen Bevölkerung haben wir jedoch davon abgesehen, das gerichtlich bestätigte Kontingent in den Nachtrandstunden auszuweiten.

Meine Damen und Herren, wir wollen nicht mehr als das, was das Bundesverwaltungsgericht für die Randstunden entschieden hat. Deswegen schreiben wir das fest, was das Bundesverwaltungsgericht gesagt hat. Auch das, glaube ich, entspricht dem Willen des hessischen Parlaments; denn in dieser Frage gehen wir sogar über das Mediationsergebnis hinaus, das dies nicht für möglich gehalten hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sagen wir es doch ehrlich: Diejenigen, die sich gegen uns wenden, die Gegner, wollen weniger als 133 und wollen das in einem Ergänzungsverfahren erzwingen. Das wollen wir nicht, und deswegen sind die 133 festgeschrieben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch noch einige Sätze zu der Forderung nach einem absoluten Nachtflugverbot für die Gesamtnacht sagen. Es wird gegenwärtig ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr diskutiert. Ich sage Ihnen, dies wäre nicht mit der Verkehrsfunktion des Frankfurter Flughafens als wichtigem Drehkreuz zu vereinbaren. Es stünde der Ausbauentscheidung diametral entgegen.

Lassen Sie mich eines sagen, ohne das jetzt in besonderer Weise überbetonen zu wollen: Die jüngsten Ergebnisse bestätigen, dass die Umsteigefunktion des Frankfurter

Flughafens an Bedeutung verliert. Das, was wir vor zehn Jahren schon gesagt haben und Fraport gesagt hat – die Wettbewerber stehen nicht in Paris und in Amsterdam, sondern in Dubai –, realisiert sich heute. Die Umsteigerquoten in Abu Dhabi, in Doha, in Dubai, in Istanbul steigen gravierend, wohingegen in Frankfurt diese Steigerungsraten nicht mehr bestehen.

(Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deswegen sage ich Ihnen noch etwas: Auch diese Umsteigeraten sind wichtig für die Effizienz dieses Flughafens. Wer will, dass der Wettbewerb jetzt woanders stattfindet, weil dort die Umsteigefunktion wahrgenommen wird, muss dann gleichzeitig sagen, dass er die wirtschaftliche Prosperität unseres Landes gefährdet.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Entwicklung dieser Drehkreuze ist atemberaubend. Sie kann Passier- und Frachtströme von anderen Drehkreuzen abziehen. Für Frankfurt könnte dies einen Bedeutungsverlust mit sich bringen. Gerade diese Diskussion hat in den letzten Tagen auch in Berlin eine große Rolle gespielt.

Ich weiß, dass viele genau das wollen, weil sie der Ansicht sind, nur so könnten sie die Bewegungszahlen senken. Aber bedenken Sie dabei bitte, dass Deutschland auf den Luftverkehr angewiesen ist. Der Luftverkehr garantiert uns schnelle Verbindungen in alle Welt. Es sichert unsere Anbindung an die Wirtschaftszentren der Erde. Und er ist Garant für unseren Wohlstand.

Meine Damen und Herren, wenn 90 % dessen, was in der Weltwirtschaft generiert wird, außerhalb Europas generiert wird – 90 % außerhalb Europas – und wir an dieser Prosperität und diesem Wachstum teilhaben wollen, dann müssen unsere Unternehmen in der Lage sein, dies auch zu bewerkstelligen. Deswegen brauchen wir diesen Frankfurter Flughafen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wer ein Verbot von Flügen zwischen 22 und 6 Uhr fordert, handelt unverantwortlich. Der setzt die Drehkreuzfunktion Frankfurts aufs Spiel und schwächt die Wettbewerbsposition. Der nimmt den Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen billigend in Kauf.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Jetzt sind es Tausende!)

Ich male hier kein Schreckgespenst an die Wand. Aber diese Zahlen, dass wir eine Veränderung hinsichtlich der Umsteigerquoten haben, sind Realität. Es ist naheliegend: Wenn Sie umsteigen, muss das nicht in Frankfurt sein. Dann kann das auch woanders sein, beispielsweise in Istanbul oder in Dubai.

Meine Damen und Herren, das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat Fragen von grundsätzlicher und hoher praktischer Bedeutung aufgeworfen, wie etwa das Verhältnis von Fachplanung zur Landesplanung. Das war auch der Grund, warum wir in Revision gegangen sind – um Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu schaffen – und heute Klarheit haben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einen abschließenden Satz sagen. Ich habe gesagt: Das Verfahren wollen wir beenden; die Diskussion ist damit nicht beendet. – Christean Wagner hat darauf in der Debatte letztes Mal hingewiesen, weil ich mich mit dieser Frage befasse:

Wir werden uns in Deutschland zunehmend mit der Frage befassen, ob unsere gegenwärtigen Verfahren hinreichend und ausreichend sind, Bürgerinteressen zu berücksichtigen.

Es geht um die Frage des Verhältnisses von Ländern und Bund einerseits, um die Frage, ob der Bund seine Kompetenz über Flughafenkonzepte und Ähnliches wahrnehmen wird oder ob er diese Entscheidung den einzelnen Ländern überlässt. Aber es geht bei der Frage, wie der Prozess geführt wird, andererseits auch darum: Ist hier noch mehr Bürgerbeteiligung bis hin zur Volksbefragung und zur Volksentscheidung notwendig, oder ist nicht das Parlament gefragt, abschließende Entscheidungen zu treffen?

Wir leben manchmal in der Illusion, als könnten wir bei schwierigen Projekten eine hundertprozentige Akzeptanz herbeiführen. Das wird uns nicht gelingen. Deswegen müssen wir diese Diskussion in aller Intensität, wenn es irgendwie geht – wenn ich den Wunsch denn äußern darf –, miteinander diskutieren und nicht gegeneinander. – Vielen herzlichen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Posch. – Ich will Ihnen die neue Redezeitstruktur bekannt geben. Die Oppositionsfraktionen haben jetzt 20 Minuten Redezeit, die Regierungsfraktionen 15 Minuten. Dabei bleibt es. Als erste Wortmeldung rufe ich Herrn Abg. Schäfer-Gümbel für die Fraktion der SPD auf.

(Günter Rudolph (SPD): Das nächste Mal solltet ihr vielleicht gleich 30 Minuten machen!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Posch, ich hätte Ihnen gerne eine andere Abschiedsrede hier im Haus gewünscht.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP: Ah!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, keine Sorge, Sie werden noch genügend Anlass haben, sich aufzuregen. Insofern würde ich mir an Ihrer Stelle die Kraft sparen.

(Peter Beuth (CDU): Er hat es gut gemacht! – Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich hätte mir für Sie etwas anderes gewünscht. Ich werde dazu später noch ein paar Bemerkungen persönlicher Art machen. Sie wissen, dass ich Sie schätze. Aber so viel muss am heutigen Tage schon gesagt werden: Das, was Sie heute am Ende noch einmal und damit zum wiederholten Male hier versucht haben schönzureden, ist nichts anderes als der Fortgang der schwarz-gelben Chaostage beim Flughafenausbau in Hessen.