Protocol of the Session on May 10, 2012

Wir haben im Energiegipfel festgeschrieben, dass wir 50 % regenerative Energien in Hessen erzeugen können. Wollen Sie 50 % unserer Wirtschaftskraft dezentralisieren, nur weil wir Energie nicht in Hessen erzeugen? So steht es am Anfang in Ihrem Gesetz, ganz vorn, zweite Zeile. Als ich das gelesen habe, habe ich mich gefragt: Was denkt man sich dabei? Vielleicht wurde das einfach nur übersehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt auch ein paar neue Ideen; so erscheint in diesem Gesetz plötzlich auch der sparsame Einsatz von Wasser. Ich habe mir die Frage aufgeschrieben, ob wir dann keine Pumpspeicherkraftwerke wollen; denn ich habe einmal irgendwo gelernt, Pumpspeicherkraftwerke würden Wasser verdunsten.

Auch wollen Sie in § 1 festschreiben, dass kommunale Energiegenossenschaften zur Erreichung der Ziele der Energiewende besonders geeignet seien. – Kommunale seien also besonders geeignet.

(Timon Gremmels (SPD): Ja!)

Woher nehmen Sie die Weisheit, dass Private es nicht genauso gut oder vielleicht sogar besser können? Wir können doch nicht in ein Gesetz schreiben, dass nur eine Form die beste ist; wir brauchen den Wettbewerb der Formen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wir wollen nicht darüber reden, dass vieles von dem, was Sie beschreiben, längst in Arbeit ist – CO2-neutrale Landesverwaltung, die Kataster sind da, die Energieberatung ist intensiviert, die Landesimmobilien werden saniert, die 2 % Windvorrangflächen stehen im Energiegesetz der Landesregierung. Das wissen Sie ganz genau.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Nur steht darin auch, dass der Rest des Landes Ausschlussfläche ist. Gehen Sie einmal zu Ihren Kollegen in der Regionalversammlung Südhessen, die wollen nämlich keine Ausschlussflächen, die wollen 2 % Vorrangfläche und den Rest als Vorbehaltsflächen. Gehen Sie einmal an Ihre Kollegen heran, und sagen Sie denen: Im Ergebnis

papier des Energiegipfels ist etwas beschrieben, haltet euch in Südhessen bitte auch daran.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zum Geld. Es ist ja schön zu lesen: Eine Bezifferung der finanziellen Auswirkungen ist nicht möglich. – Liebe Leute von der Opposition: Wir haben eine Schuldenbremse. Wenn man Vorschläge macht, sollte man sich auch überlegen, wie man das unterbringt. Mit uns jedenfalls wird es keine Verschuldungspolitik wie in NordrheinWestfalen geben; das machen wir nicht mit. Wenn es Vorschläge gibt, müssen wir wissen, was es kostet und wie wir es umsetzen wollen.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Auch in diesem Gesetzentwurf der SPD gibt es sicherlich viele Details, über die man reden kann. Wir werden in der kommenden Sitzungsperiode Ende Juni das Energiezukunftsgesetz der Landesregierung einbringen. Dann werden wir konstruktiv über die Zukunft der Energieversorgung und die gesetzlichen Regelungen reden können; selbst der Anhörungstermin ist festgelegt.

(Timon Gremmels (SPD): Schon wieder ein Monat später!)

Herr Gremmels, ich habe Ihnen schon vorhin gesagt, dass es nicht um Schnelligkeit geht, sondern darum, dass man etwas gründlich macht und die Akzeptanz der Menschen hat.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Erinnern Sie sich doch bitte einmal an Ihre Energiepolitik à la Scheer: Alles voller Windräder, jeder Landkreis bekommt ein Speicherkraftwerk. – Was ist denn daraus geworden? Sie kriegen damit doch keine Akzeptanz hin. Das werden wir anders machen. Wir setzen darauf, möglichst viel Freiwilligkeit bei der Energiewende zu ermöglichen, die Menschen mitzunehmen, Akzeptanz zu erreichen: informieren, beraten, fördern, möglichst wenige Vorgaben in der Ordnungspolitik. Davon haben Sie wieder viel zu viele in Ihrem Gesetzentwurf drin. Wir aber vertrauen den Menschen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Wir vertrauen darauf, dass die Menschen erkannt haben, dass die Energiewende richtig und notwendig ist. Jetzt kann man darüber streiten, ob die Erkenntnis früher oder später kam, aber das ist unsere Position: Vertrauen in die Menschen. Wir schaffen keine Unsicherheiten, wir versuchen, Sicherheiten zu schaffen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich bin momentan häufig draußen zum Thema Windenergie unterwegs. Wenn ich mich dann mit der Frage auseinandersetzen muss, was denn die Regionalversammlung Südhessen macht, laufen mir die Landräte die Bude ein und sagen: Warum halten die sich nicht daran, was ihr beschlossen habt? Warum soll plötzlich überall eine Windkraftanlage hin?

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.

Ein letzter Satz, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, gehen Sie davon aus, dass der Entwurf der Landesregierung Gesetzeskraft erreicht und der Entwurf der SPD dort landet, wo er noch Verwendung findet, nämlich in der Altpapierverwertung. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Timon Grem- mels (SPD): So viel zur Sachlichkeit)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Abg. Siebel gemeldet.

Herr Kollege Stephan, ich habe mir irgendwann einmal vorgenommen, mich hier nur noch zu Wort zu melden, wenn ich fachlich zuständig bin oder wenn ich mich aufrege. Bei Ihrer Rede habe ich mich aufgeregt.

Herr Stephan, wenn Sie sagen, Sie vertrauen den Menschen, sich aber gleichzeitig auf der anderen Seite gegen kommunale Energiegenossenschaften aussprechen, die Ausdruck davon sind, dass Menschen auch mit ihrem eigenen Kapital Vertrauen in die Energiewende setzen wollen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Zweite Bemerkung. Was Sie hier zur wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen gesagt haben, zeugt von einer derartigen und tiefen Unkenntnis darüber, was tatsächlich in der wirtschaftlichen Betätigung abgeht, dass es nicht mehr zu überbieten ist.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU)

Was Sie hier an Gesetzen im Rahmen von § 121 HGO vorgelegt haben, ist eine Verschlimmbesserung, die heute zu der Situation führt, dass es natürlich auch unter Wettbewerbsbedingungen nicht mehr möglich ist, außerhalb von Aktiengesellschaften vernünftig wirtschaftlich zu investieren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Eine dritte Bemerkung zum Thema Windenergie. Da würde mich interessieren, ob der Landrat von der Bergstraße Ihnen auch die Tür einrennt, Herr Stephan. Heute rufen die Bürger doch danach, dass Windräder gebaut werden. Natürlich war das vor etlichen Jahren anders. Aber heute ist es so, dass wir dafür ein Bewusstsein in der Bevölkerung haben. Die sagen: Natürlich wollen wir auf regenerative Energien setzen.

Ich bitte Sie deswegen herzlich und eindringlich darum, dass Sie das, was in der Bevölkerung an Bedürfnissen besteht, nicht mit der Formulierung abtun, es sei ein Konjunkturprogramm für den Papierkorb, sondern dass Sie es ernst nehmen sowie konstruktiv und kritisch im Ausschuss diskutieren. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Herr Stephan, Sie haben die Möglichkeit zur Erwiderung. Zwei Minuten.

Lieber Herr Kollege, wenn ich immer ans Pult ginge, sobald ich mich über das aufrege, was von der Opposition hier gesagt wird, müsste ich auch nach jeder Runde hier stehen.

Zwei oder drei Anmerkungen zu dem, was Sie eben gesagt haben. Punkt eins: Windenergieentwicklung im Kreis Bergstraße. Im Kreis Bergstraße hat sich in der Betrachtung der Windenergie einiges getan. Ich erinnere mich noch an die Resolutionen, die vor einiger Zeit verabschiedet worden sind – auch von denjenigen, die dort für Tourismus zuständig sind –, die Windräder abgelehnt haben. Das habe ich damals nicht in Ordnung gefunden.

Ich weiß aber – das wissen Sie vielleicht nicht –, dass es inzwischen andere Beschlüsse von all den Gremien gibt – ob es nun der Kreistag, die CDU oder die FDP im Kreis, der Tourismusverband oder der Geo-Naturpark ist –, die sagen: Ja, Windenergie gehört dazu. Wir brauchen eine geordnete Entwicklung, und die werden wir einleiten. – Das macht der Kreis Bergstraße. Heute noch einmal eine Diskussion über ein drei Jahre altes Thema zu führen ist einfach falsch.

Zur Frage der kommunalen Betätigung im Bereich der Energiewirtschaft haben wir lange, ausgiebig und breit diskutiert. Ich will Ihnen aber einmal eines sagen: Mit der Veränderung der HGO haben wir den kleineren Kommunen, die bisher keine Energiegenossenschaft oder Beteiligung hatten, erstmals die Möglichkeit gegeben, sich dort zu betätigen.

Das war keine Verschlimmbesserung, sondern eine Erweiterung; denn alle, die bisher schon tätig waren, haben ihre Rechte in vollem Umfang behalten. Die anderen haben eine neue Möglichkeit bekommen. Ich kann mich noch an die Diskussion hier im Hause erinnern, als es hieß: Die Kommunen müssen sich überall betätigen können. – Nein, wir haben es auf regenerative Energie beschränkt, weil wir die regenerativen Energien ausbauen wollen. Das heißt, wir haben etwas erweitert. Man kann darüber streiten, ob man mehr

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber hallo!)

oder weniger hätte tun können. Nur erfordert diese Energiewende enorm viel Kapital. Auch das sollten wir bedenken, wenn wir über wirtschaftliche Betätigung reden.

Lassen Sie diese Kommunen doch das Vertrauen, dass wir ihnen gegeben haben, in der Form nutzen, dass wir einmal abwarten, wie sich diese kommunale Betätigung entwickelt.

(Timon Gremmels (SPD): Wie lange wollen Sie denn abwarten?)

Abwarten auf das Ergebnis. – Bei mir im Wahlkreis gibt es zwei Kommunen, die sich intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen. Die beiden Bürgermeister haben mit bestätigt: Ja, mit dem, was ihr für uns geschaffen habt, können wir leben.

(Timon Gremmels (SPD): Was wären denn die Alternativen?)

Das haben sie uns gesagt. Wir werden abwarten; das dauert sicherlich noch ein, zwei, drei oder vier Monate. Dann werde ich Ihnen auch sagen können, wie das genau funktioniert. Wir sind auf einem guten und richtigen Weg. Man kann sich über Details streiten, aber wie wir die Energie

wende bei uns angehen – mit Maß, Augenmaß, Einbindung der Beteiligten und großem Vertrauen –, das halte ich für den richtigen Weg.

(Beifall bei der CDU und der FDP)