Meine Damen und Herren, was ist denn daran bitte freiwillig, wenn man erst Geld wegnimmt und anschließend einen Teil unter Auflagen wiedergibt?
Um es gleich zu sagen: Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab, besonders nach dem, was wir in der Anhörung dazu gehört haben. Solange den Kommunen nicht deutlich mehr Mittel zur Verfügung stehen, um ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen, macht es schlicht keinen Sinn, von Konsolidierung auch nur zu reden. Absurd wird es aber, wenn die Landesregierung stattdessen den Kommunen sogar Mittel streicht.
Wir lehnen diesen Schutzschirm aber vor allem deshalb ab, weil er darauf angelegt ist, die Kommunen zu einem strikten Kürzungsprogramm zu verpflichten. Das ist in dieser Deutlichkeit zwar nirgendwo offiziell bekannt gegeben worden. Aber bereits vor Wochen wurde ein Entwurf, von dem hier schon häufiger die Rede war, eines sogenannten Konsolidierungshandbuchs erstellt. Ich komme nachher noch einmal darauf zurück.
Ich finde es bemerkenswert, dass diese „Giftliste“ zwar allen bekannt ist, aber bis heute niemand bereit ist, zum Inhalt dieses Papiers Stellung zu nehmen. Mein Eindruck ist, dass hier die Maßnahmen zusammengetragen werden, die den Kommunen überhaupt zur Verfügung stehen. Der Maßnahmenkatalog beinhaltet einen kleinen Teil an Vorschlägen für Einnahmeerhöhungen, die wir im Fall der Gewerbesteuer sogar bemerkenswert finden. Der Katalog reicht von Leistungseinschränkungen bis hin zu offen rechtswidrigen Vorschlägen.
Insgesamt zeigt sich aber vor allem eines: Die Kommunen haben kaum Spielraum, ihre Haushalte über die Einnahmeseite zu konsolidieren. Hier wird bei öffentlichen Leistungen, beim Personal und vor allem bei Sozialem gekürzt, sprich: Hier heißt Schuldenbremse wieder einmal Sozialabbau.
Was den Kommunen blüht, wenn sie den Schutzschirm in Anspruch nehmen – der Kollege Schmitt hat schon einiges genannt –, sind das Schließen öffentlicher Einrichtungen, von Bibliotheken und Schwimmbädern, das Streichen von Zuschüssen für Klassenfahrten, die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen für das Personal im öffentlichen Dienst, die Einschränkung des Angebots im öffentlichen Nahverkehr und vieles mehr bis hin zu dem ab
strusen Vorschlag, dass die Stadtwerke beim Ablesen der Zähler gleich noch überprüfen, ob auch für alle Hunde in einem Haushalt ordentlich Hundesteuer gezahlt wird. – Das alles blüht den Kommunen durch den sogenannten Rettungsschirm.
Wieder einmal geht es darum, den Sachzwang der Haushaltskonsolidierung zum Ersatz für eine Politik zu machen, die den sozialen Ausgleich durch Umverteilung von Einkommen und Vermögen organisiert.
Nicht ohne Grund findet sich bereits auf der ersten Seite des Entwurfs des sogenannten Konsolidierungshandbuchs der Satz:
Neben der obersten Zielformulierung, einen Haushaltsausgleich... zu erreichen, sollte bei sämtlichen Kommunikationsmaßnahmen auf die Generationengerechtigkeit als weitere wichtige positive Zielformulierung hingewiesen werden.
Um dieses neoliberale Neusprech einmal zu übersetzen: Erzählt den Menschen, dass das Streichen öffentlicher Leistungen heute deshalb gerecht ist, weil die Kinder, an deren Bildung wir kürzen, dann weniger Schulden haben.
Dass selbst das Streichen aller freiwilligen Leistungen in vielen Kommunen nicht mehr annähernd ausreicht, um den Haushalt auszugleichen, verschweigen Sie lieber. Dies war Gegenstand der Beratungen im Ausschuss. Dort haben die kommunalen Vertreter sehr deutlich auf diese Situation hingewiesen.
Meine Herren von der FDP, nicht einmal der Verzicht reicht aus, um zu sparen, nämlich dann nicht, wenn ein Jahrzehnt der Steuersenkungen bereits dafür gesorgt hat, dass die Einnahmen des Staates längst nicht mehr ausreichen. Stattdessen sollten wir vielleicht endlich wieder darüber reden, wie die Einnahmen der Kommunen zu erhöhen sind. Dabei hilft aber auch kein Schutzschirm. Dabei helfen letztlich nur Steuererhöhungen und eine Umverteilung von oben nach unten, damit der Staat endlich wieder in der Lage ist, die Aufgaben zu erfüllen, die die Menschen von ihm zu Recht erwarten. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kommunale Schutzschirm und das zugehörige Gesetz sind kein Täuschungsmanöver, sondern es ist ein faires Angebot an die Kommunen zur Entschuldung und Wiederherstellung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit.
machen es notwendig, dass man einige Bemerkungen richtigstellt. Sie haben die Anhörungen angesprochen. Sie haben aus Zeitungsartikeln zitiert.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut! – Norbert Schmitt und Petra Fuhrmann (SPD): Herr Dette!)
Das eine war die Veränderung im Kommunalen Finanzausgleich im Volumen von 344 Millionen €, und das Zweite was das Lamento: „Sparen ist nicht möglich“. Dabei hat sich der Bürgermeister von Viernheim noch erdreistet, uns in einem ellenlangen Vortrag unter anderem vorzutragen, dass dann, wenn er den Kommunalen Schutzschirm in Anspruch nimmt, der städtische Faschingsumzug und der städtische Weihnachtsmarkt nicht mehr stattfinden könnten.
Ein Kämmerer, der das als Beispiel für eine Haushaltskonsolidierung vorträgt, zeigt, dass er von Finanzen keine Ahnung hat,
und er zeigt, dass er die Bestimmungen der Hessischen Gemeindeordnung nicht ernst nimmt. Unabhängig davon, ob eine Kommune unter den Kommunalen Schutzschirm geht oder nicht, ist die Kommune nach § 92 der Hessischen Gemeindeordnung verpflichtet, bei einem defizitären Haushalt ein Konsolidierungsprogramm aufzulegen und der Genehmigungsbehörde vorzulegen. Das ist heute bereits Gesetzeslage.
Dann sprechen Sie immer, auch in Ihren Anträgen, von einer chronischen Unterfinanzierung der hessischen Kommunen. Tatsache ist, dass die hessischen Kommunen die höchsten Steuereinnahmen im Ländervergleich haben, und Tatsache ist, dass der Kommunale Finanzausgleich im Land Hessen im Jahr 2012, und das zum wiederholten Mal, so hoch ist wie nie zuvor – über 3,5 Milliarden €.
Sie sprechen Art. 137 der Hessischen Verfassung an. Dort steht richtigerweise, dass die Kommunen eine angemessene Finanzausstattung brauchen. Aber was ist angemessen? Sie wissen doch genau, dass wir gerade erst am Mittwoch letzter Woche über zwei Stunden mit Experten über die Frage diskutiert haben: Was ist eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen? Der von Ihnen favorisierte Gutachter, Herr Junkernheinrich, hat es fertiggebracht, sich innerhalb eines halben Jahres um 900 Millionen € verrechnet zu haben. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Vielleicht können wir ihn noch einmal beauftragen!)
Wenn Sie in dieser Frage den strittigen Punkt berücksichtigen, inwieweit Zinszahlungen beim Kommunalisierungsgrad anzurechnen sind, dann können Sie feststellen, dass die beiden Gutachter gar nicht so weit auseinander
liegen; der eine hat sie nämlich drin, der andere hat sie nicht drin. Dann ist es eher so, zumindest sagt das das Gutachten von Zimmermann und Scherf, dass die Ausstattung der Kommunen über dem liegt, was nach dem Kommunalisierungsgrad notwendig ist. Darüber diskutieren wir doch gerade heftig. Dann behaupten Sie nicht, das sei alles nicht angemessen und funktioniere nicht.
Zum Thema Gewerbesteuer, weil es die GRÜNEN angesprochen haben, Weiterentwicklung zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer. Frau Kollegin Enslin, ich glaube, Sie haben nicht mitbekommen, dass es bis Anfang des Jahres auf Bundesebene eine Kommission zu der Frage der kommunalen Finanzen gab, dass dort genau dieses Thema Gewerbesteuer diskutiert wurde und dass es die Kommunalen Spitzenverbände waren, die eine Änderung bei der Gewerbesteuer substanziell abgelehnt haben.
Das ist auf Bundesebene verhandelt worden und wird nicht dadurch besser, dass Sie es jetzt immer wiederholen.
Zu Punkt 3 Ihres Antrags, und damit komme ich zu dem aktuellen Gesetzentwurf, wie er jetzt vorliegt. Wir haben in unseren Antrag die Schlussfolgerungen aus der Anhörung eingearbeitet; Sie haben das in Ihrem Antrag auch noch einmal formuliert. Wir haben gesagt, die Kredite der Eigenbetriebe können zur Entschuldung herangezogen und abgelöst werden. Wir sind aber nicht so weit gegangen, zu sagen, die Eigenbetriebe werden komplett einbezogen, und aufgrund dessen – das ist die Position des Landrats an der Bergstraße – werden alle Quoten neu berechnet.
Das hätte zu einer Veränderung bei allen Kommunalen Spitzenverbänden, bei allen kommunalen Gruppen geführt. Ich erinnere daran, dass alle drei Kommunalen Spitzenverbände die Grundsatzvereinbarung unterschrieben haben, wo die Quotierungen für die einzelnen kommunalen Gruppen festgelegt wurden.