Protocol of the Session on March 29, 2012

Das sind gute grundsätzliche Standpunkte, die von der EU formuliert worden sind. Andere europäische Länder, wie Großbritannien, Schweden, Dänemark, Tschechien und Österreich, haben diese gemeinsamen Standpunkte bereits in nationales Recht übernommen. Die Rüstungsexportrichtlinien und die gemeinsamen Standpunkte der EU enthalten viele gute Kriterien für eine restriktive Exportpolitik. Wir sollten diese Normen auch bei uns gesetzlich verankern. Es würde auch der Bundesrepublik Deutschland gut anstehen, die EU-Standpunkte in nationales Recht zu überführen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass man, wenn man in diesem Bereich restriktiver vorgehen will, wenn man die Exporte beschränken will, natürlich auch Strategien entwickeln muss, wie man den Firmen hilft – um dort die Arbeitsplätze zu erhalten –, die zurzeit von diesen Exporten abhängig sind. Ich denke, da brauchen wir besondere Anstrengungen im Bereich der Konversion, insbesondere Beratungsleistungen durch den Staat, wie man Güter entwickelt und produziert, die man erfolgreich am Weltmarkt platzieren kann.

Meine Damen und Herren, das, was ich hier vorgestellt habe, das, was im Deutschen Bundestag in der Debatte ist – vorgelegt durch unsere Fraktion –, nämlich eine gesetzliche Verankerung, ist der richtige Weg. Wir sollten uns einig sein, dass man in diesem Bereich restriktiv vorgeht und ihn nicht in dem Maß ausweitet, wie das in den letzten Jahren geschehen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Als Nächster spricht Herr Kollege Lenders von der FDP-Fraktion zu uns. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege van Ooyen, ich akzeptiere, wenn jemand die Grundüberzeugung vertritt, dass jede Waffe für Kriegshandlungen benutzt werden könnte und wir deshalb am besten überhaupt keine Waffen produzieren sollten. Ich könnte mich jetzt auch auf den Standpunkt stellen, dass nicht die Waffe das Problem ist, sondern der Mensch, der sie benutzt. Aber so einfach kann und will ich es mir bei diesem Thema nicht machen, denn beide Standpunkte sind zu einfach. Beide Positionen entpuppen sich bei genauer Betrachtung als Illusion.

Eine der wichtigsten Staatsaufgaben, und zwar eines jeden Staates, ist es, für die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Eine Gesellschaft erwartet von ihrem Staat – und muss von ihrem Staat erwarten können –, dass er für die Sicherheit sorgt. Das gilt für Bedrohungen von innen, aber auch und gerade für Bedrohungen von außen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Wer bedroht uns denn?)

Ich bin in der glücklichen Situation, der ersten Generation in Deutschland anzugehören, die keinen Krieg mehr erlebt hat. Wir wissen, dass leider nicht immer Frieden in Deutschland geherrscht hat, und wir wissen auch, dass es in der Welt Kriegsherde und Bedrohungen gibt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, auf unserer Erde gibt es große Gefahrenherde und erhebliche Sicherheitsrisiken. Ich nenne den Iran, Nordkorea und aktuell natürlich Syrien. Vor diesen Realitäten darf man die Augen nicht verschließen. Eine Realität ist auch, dass mit uns verbündete und befreundete Staaten bedroht sind und bedroht werden. Es ist Staatsräson in der Bundesrepublik Deutschland, dass wir dem Staat Israel auch aufgrund unserer historischen Verantwortung beistehen und ihn unterstützen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die FDP-Fraktion war nicht zufällig kürzlich in Israel. Jeder weiß, dass Israel ganz erheblichen Bedrohungen ausgesetzt ist. Das Regime im Iran stellt das Existenzrecht Israels nicht nur offen infrage, sondern fordert zur Vernichtung Israels auf. Wir haben Israel bisher beigestanden, und wir werden Israel weiterhin beistehen – ausdrücklich auch durch Stärkung des militärischen Verteidigungspotenzials

dieses Staates. Deshalb ist es notwendig, dass wir die Fähigkeit dazu auch in Hessen haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es geht also nicht nur darum, dass wir in Deutschland in relativer Sicherheit vor militärischen Bedrohungen von außen leben. Auf diese Sicherheit haben auch mit uns befreundete Staaten einen Anspruch. Aufgrund der Sicherheitsinteressen des Landes brauchen wir Unternehmen der Rüstungsindustrie. Auch wenn wir es uns noch so sehr wünschen: Es bleibt eine Illusion, dass das Ende der Produktion von Waffen das Ende von Gewalt und Krieg bedeutet. Der Atomwaffensperrvertrag, der eine ähnliche Idee zur Grundlage hat, zeigt das sehr plastisch. Obwohl der Bau und der Verkauf von Atomwaffen nicht mehr stattfinden sollen, gibt es Länder, die alles daransetzen, Atomwaffen zu bauen und zu besitzen. Es gibt also nicht das Ideal, dass es keinen Krieg mehr gibt, wenn keiner mehr Waffen hat. Deutsche Unternehmen würden bei Umsetzung der Rahmenbedingungen der LINKEN ihre Produktionsstandorte ins Ausland verlegen. Die Waffen würde es nach wie vor geben. Abrüstung kann nicht erfolgreich sein, indem man so vorgeht, wie es die LINKEN wollen. Abrüstung kann man nur über diplomatischen Einsatz und internationale Vereinbarungen erreichen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Das ist nach dem Kalten Krieg zunächst sehr gut gelungen. Außenminister Guido Westerwelle hat sich für seine Amtszeit vorgenommen, für die Abrüstung zu werben, und ist mit diesem Ziel in der Welt unterwegs. Deutsche Außenminister haben eine große Rolle dabei gespielt, Abrüstungsverträge zu vermitteln. Wir wollen weiterhin an einer besseren Welt mitbauen, aber die Realität müssen wir dabei schon im Blick behalten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Deutschland hat strenge Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollen eingerichtet, wahrscheinlich die sichersten der Welt. Sie stellen sicher, dass keine Rüstungsgüter in Kriegsregionen geliefert werden, wo sie gegen Menschen eingesetzt werden können. Dazu gibt es das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, BAFA, das hier in Eschborn einen hervorragenden Job macht. Als Grundlage der Arbeit des BAFA gelten noch heute die politischen Grundsätze der Bundesregierung aus dem Jahre 2000, also von Rot-Grün, Herr Kollege Frömmrich. Diese Grundsätze sind geprägt durch das Bestreben, die Rüstungsexportpolitik restriktiv zu gestalten, im Rahmen der internationalen gesetzlichen Verpflichtungen den Export am Sicherheitsbedürfnis und an dem außenpolitischen Interesse Deutschlands zu orientieren, durch Begrenzung und Kontrolle einen Beitrag zur Sicherung des Friedens, zur Gewaltprävention, zur Sicherung der Menschenrechte und für nachhaltige Entwicklung in der Welt zu leisten, internationale Beschlüsse zu bedrücksichtigen, die eine Beschränkung des internationalen Waffenhandels unter Abrüstungsgesichtspunkten anstreben, und darauf hinzuwirken, solchen Beschlüssen Rechtsverbindlichkeit auf internationaler und europäischer Ebene zu verleihen.

Diese Grundsätze gelten nach wie vor. Herr Kollege Frömmrich, ich konnte Ihre Rede nicht nachvollziehen; denn es gelten nach wie vor die Grundsätze, die Rot und Grün bei diesem Thema vorgesehen haben.

(Beifall bei der FDP)

Auch in diesen allgemeinen Grundsätzen ist die Prüfung der Menschenrechte in allen Zielländern ausdrücklich verankert. Herr Frömmrich, GRÜNE und LINKE haben doch in der Regel ein großes Vertrauen in die staatlichen Organisationen. Warum ist das nicht auch bei der Ausfuhrkontrolle der Fall?

Für die FDP kann ich sagen, dass wir die Kontrollen bei den Rüstungsausfuhren nicht infrage stellen, sondern dass wir die Arbeit des BAFA schätzen. Ich denke, Deutschland ist da sehr vorbildlich aufgestellt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Herr Kollege Frömmrich hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön, Herr Frömmrich. Sie haben zwei Minuten Zeit für die Erwiderung.

(Günter Rudolph (SPD): Genau zwei Minuten!)

Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil der Kollege Lenders auf die Exportrichtlinien aus dem Jahr 2000 eingegangen ist. Sie haben gehört, dass ich sie erwähnt habe.

Herr Kollege Lenders, wenn Sie richtig zugehört hätten, hätten Sie mitbekommen, dass ich gesagt habe, es hat sich leider herausgestellt, dass diese Richtlinien keine Bindewirkung entfalten. Aus diesem Grund wurde seitens unserer Fraktion gesagt: Wenn das in der Realität so ist, brauchen wir etwas, was wir gesetzlich normieren.

Diese Vorschläge für gesetzliche Normen habe ich Ihnen hier vorgestellt. Es handelt sich um ein Papier der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag, das genau diese Eckpunkte und die Rüstungskontrolle im Blick hat. Herr Kollege Lenders, wenn Sie hier schon auf die Beiträge von Vorrednern eingehen, sollten Sie auch darauf achten, dass die Zitate nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Herr Lenders, Sie haben sich ebenfalls gemeldet. Sie können auf das eingehen, was Herr Abg. Frömmrich gesagt hat.

Herr Kollege Frömmrich, ich darf also feststellen, dass Sie Ihre Unzulänglichkeit in diesem Bereich bekannt haben und Ihre eigene Position korrigieren wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das war sehr kurz. – Nächster Redner ist Herr Schork von der CDU-Fraktion.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Aber, Herr Lenders, Saudi-Arabien als Hort der Demokratie! Vielen Dank! – Gegenruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP): Saudi-Arabien? – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ja!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein sich ständig wiederholendes Ritual. Oder man könnte sagen: Alle Jahre wieder stellen die LINKEN in der letzten Plenarsitzung vor Ostern – und damit als Werbeblock für die Ostermärsche geeignet – einen Antrag, der sich mit Rüstung und Militär beschäftigt.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das ist wichtig! Wir sollten das jeden Monat machen! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das ist doch in Ordnung!)

Das ist legitim. Genauso legitim ist es, das hier festzustellen. – Nachdem ich mir den vorliegenden Antrag der LINKEN angesehen habe, stelle ich fest, dass er sehr gefährlich ist; denn in ihm werden Dinge vermengt und Unterstellungen vorgebracht, die wir schlicht und einfach nicht hinnehmen können. Das ist meine Sicht.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Deshalb sind Sie ja für Waffenexporte!)

Im ersten Absatz Ihres Antrags zitieren Sie das Grundgesetz und die Hessische Verfassung. Sie suggerieren im Kontext Ihres Antrags, dass es in der Bundesrepublik Deutschland – auch in Hessen – verantwortliche Politiker gibt, die einen Angriffskrieg vorbereiten.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ist es!)

Das ist schlicht und einfach infam; denn es entspricht nicht der Wahrheit.

(Beifall bei der CDU – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie werden sagen, dass in Afghanistan verteidigt wird!)

Im zweiten Absatz nennen Sie die Zahlen, die das Friedensforschungsinstitut SIPRI zu den weltweiten Rüstungsexporten veröffentlicht hat. Sie schreiben in dem Zusammenhang aber nicht, dass z. B. die Zahl der Exportgenehmigungen in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2010 rückläufig war. Ihre Zahl ist exakt um 5,7 % – 290 Millionen € – zurückgegangen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Frömmrich schüttelt den Kopf. Nachzulesen ist das im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung. – Das Perfide ist: Im nächsten Absatz erklären Sie im Zusammenhang mit dem vorhergehenden

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

hören Sie gut zu, Herr Schaus –, dass die Bundesrepublik Deutschland 9 % aller Exporte tätigt. Sie weisen darauf hin, besonders dramatisch stelle sich die Situation in Krisenregionen dar.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Genau!)