Protocol of the Session on May 15, 2008

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Weinmeister. – Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Habermann für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Henzler, ich will damit beginnen, mich schützend vor den Kultusminister zu stellen.

(Allgemeine Zurufe: Ui! – Ministerpräsident Ro- land Koch: Das schaffen Sie nicht!)

Das ist zwar richtig, Herr Koch.

(Zuruf von der SPD:Da musst du dich aber quer le- gen!)

Aber ich werde es zumindest mit meinen Aussagen versuchen und nicht mit voller Körperdeckung.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Allgemeine Heiterkeit)

Frau Henzler, ich stelle fest, dass ich sehr dafür bin, dass diese geschäftsführende Landesregierung zügig Beschlüsse dieses Landtags umsetzt und dass wir ihr dabei auch immer auf die Finger gucken.Aber selbst der Antrag zur Neueröffnung des Anmeldeverfahrens wird erst heute von uns unter Tagesordnungspunkt 37 beschlossen. Der Kultusminister hat bisher überhaupt keine Handlungsanweisung, so zu handeln, wie er Ihrer Ansicht nach handeln soll.

Wenn er das schon im Vorgriff auf einen Gesetzentwurf tut, der noch nicht einmal in der Anhörung war, dann ist das eine Entscheidung, die er selbst treffen kann, aber keine, die Sie hier einfordern können. Bei aller Eile und bei all dem, was wir den Schulen mit auf den Weg geben wollen, denke ich, dass Sie sich an Ihr gestriges Zitat aus dem Elternbund-Presseartikel erinnern sollten, in dem steht: Aktionismus in den Schulen können wir absolut nicht gebrauchen.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion hat dem Antrag auf Öffnung des Anmeldeverfahrens zugestimmt, obwohl wir die Bedenken teilen, dass eine Neuregelung so kurz vor den Sommerferien möglicherweise organisatorisch von den Schulen nicht mehr zu bewältigen ist. Diese Bedenken hatten alle Fraktionen. Ich denke, wir haben uns gemeinsam auf die

sen Weg eingelassen. Wir sagen: Die, die sich schon auf den Weg gemacht haben und die das zügig umsetzen könnten, wenn es denn einen Landtagsbeschluss gibt, sollen dies auch tun.

Frau Henzler, unsere Zustimmung zu diesem Antrag hat aber nicht bedeutet, dass wir den Vorschlag, kooperativen Gesamtschulen die Wahlmöglichkeit zwischen G 8 und G 9 zu geben, für den Königsweg halten. Er reiht sich in einen Reigen von halbherzigen Vorstellungen ein, die das eigentliche Problem von G 8 nicht lösen. Dazu habe ich gestern einige Ausführungen gemacht. Das eigentliche Problem ist die Verkürzung der Gymnasialzeit in der Mittelstufe.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das löse ich nicht dadurch, dass einzelne Schulen Wahlfreiheit bekommen. Das löse ich dadurch, dass ich darüber nachdenke, diese Verkürzung zurückzunehmen und ein Schulmodell aufzubauen,das verkürzte Gymnasialzeit in der Oberstufe zulässt und auch denjenigen Zeit lässt, die ihr Abitur erst nach 13 Jahren machen wollen, und zwar unabhängig davon, in welcher Schulform sie unterrichtet werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben den Antrag auch deswegen unterstützt, weil wir wirklich dafür sind, dass Landtagsbeschlüsse zügig umgesetzt werden. Die Mehrheit dieses Landtags hat auch den Beschluss gefasst, dass sich integrierte Gesamtschulen, die gewünscht wurden und von Schulträgern beschlossen worden sind, auf den Weg machen können. Wir erwarten, dass hier unbürokratisch auch den Schulen, die seit Jahren Konzepte vorliegen haben und die sich seit Jahren auf den Weg zu einer IGS machen wollen, diese Möglichkeit bis zu den Sommerferien gegeben wird.

Das eigentliche Problem an Ihrem Vorstoß, Frau Henzler, ist aber aus unserer Sicht die Frage, wie Sie individuelle Förderung sehen, und die Frage, wie Sie das Lernen in Schulen beurteilen. Sie glauben fest daran, dass die Schwierigkeiten von G 8 die Probleme von einzelnen Kindern sind und nicht das Problem dieses Konstrukts der verkürzten Mittelstufe. Da stimmen wir nicht mit Ihnen überein. Sie verfahren nach der simplen Strategie: Leistungsstarke, schnell lernende Kinder gehen ins Gymnasium, und die anderen, die etwas mehr Zeit und Förderung brauchen, gehen in die Gesamtschulen und dürfen dort G 9 machen. – Das ist nicht das, was wir uns unter einer modernen Schulpolitik vorstellen, Frau Henzler. Wir wissen, dass auch leistungsstarke Kinder mit G 8 große Schwierigkeiten haben.

(Florian Rentsch (FDP): Das ist doch kein „Stadtgespräch“! Das ist heute Landtag!)

Wir denken nicht, dass wir auf jedes Problem, das sich stellt, mit einer neuen Zersplitterung des Schulsystems reagieren sollten, indem wir zwei Wege zum Abitur und damit quasi ein Zwei-Klassen-Abitur anbieten.Deswegen halten wir den gesamten Vorstoß auch weiterhin für zu kurz gesprungen. Ich werde jetzt nicht noch einmal anfangen, unser Konzept von gestern zu erörtern.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist auch von gestern!)

Das werden Sie sich in den verschiedenen Anhörungen noch wiederholt anhören müssen. Ich glaube, dass wir damit auch bei den Praktikern in der Schule, bei den Eltern und Lehrkräften auf Unterstützung stoßen werden, die es verhindern, dass wir in diesem Land so weit gehen, zu sa

gen, dass die eine Schule es so und die andere Schule es anders macht. Denn wie bewerte ich dann das Abitur? Ist das eine dann ein Abitur light und das andere – –

Frau Kollegin Habermann,ich darf Sie bitten,zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Ich bin schon am Ende. Ich habe eigentlich nur weitergeredet, um die fünf Minuten zu füllen, wenn wir schon eine Aktuelle Stunde haben.

In diesem Sinne möchte ich sagen: Frau Henzler, ich glaube dieser Aktuellen Stunde hätte es nicht bedurft. Der Kultusminister hat gehandelt. Wir haben eine Gesetzesanhörung. Lassen Sie uns dann erst einmal die Ergebnisse auswerten.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Habermann. – Nächster Redner ist Herr Kollege Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der baut jetzt eine Brücke!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach den Reden von Herrn Kollegen Weinmeister und Frau Kollegin Habermann möchte ich beiden zurufen: Liebe Kollegen, manchmal muss man Gemeinsamkeiten auch aushalten können.

Im Kulturpolitischen Ausschuss haben die Fraktionen von CDU, SPD, GRÜNEN und FDP beschlossen, dass wir die Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 für die kooperativen Gesamtschulen haben wollen und das richtig finden. In Ihren Wortbeiträgen war das nur in Ansätzen zu erkennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Liebe Kollegin Habermann, lieber Kollege Weinmeister, manchmal muss man Gemeinsamkeiten aushalten können. Das ist ein Stück neuer Landtag – dass sich vier Fraktionen auch über die normalen Lagergrenzen hinweg in einer Sache einig sind. Das ist auch gar nichts Schlimmes, das ist etwas sehr Gutes.

Im Kulturpolitischen Ausschuss waren wir uns einig, dass diese Wahlfreiheit für die kooperativen Gesamtschulen zwischen G 8 und G 9 eine wichtige Korrektur an der in Hessen vermurkst umgesetzten verkürzten Schulzeit zum Abitur ist.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Das ist nicht die einzig notwendige Korrektur. Sie löst auch nicht alle Probleme. Das hat niemand gesagt und sagt auch heute niemand. Aber es ist eine wichtige Korrektur.

Diese Maßnahme, die wir im Kulturpolitischen Ausschuss alle wollten und zu der wir einen Antrag beschlossen haben, sollte jetzt umgesetzt werden. Darum geht es.

Wir waren uns im Kulturpolitischen Ausschuss auch alle einig, dass das schwierig ist – wenn sich Schulen noch zum kommenden Schuljahr auf den Weg machen wollen. Das setzt sehr intensive Abstimmungen voraus. Das alles ist völlig unbestritten.

Wir waren uns aber eigentlich auch darin einig, dass dieser Weg gangbar ist, weil wir keine Schule dazu zwingen, diesen Weg zu gehen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist doch das Entscheidende bei der Wahlfreiheit: dass keine Schule dazu gezwungen wird, sondern dass die Schulen die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, ob sie diesen schwierigen, steinigen, komplizierten, aufwendigen, arbeitsreichen Weg gehen wollen. Darin waren wir uns alle eigentlich einig.

Ich finde, ein Landtag und eine Landesregierung haben das Anrecht darauf, dass das, was sie in ihrer Mehrheit wollen und was auch Sie, Herr Banzer – so habe ich Sie verstanden – als Spitze der Kultusverwaltung wollen, von dieser Verwaltung administriert wird. Das ist die einzige Frage, über die wir heute eigentlich reden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

Wir reden darüber,ob das,was Wille des Landtags und des Ministers ist, von der Kultusverwaltung auch tatsächlich umgesetzt wird.

Ich finde, darüber müssen wir als Volksvertretung reden. Denn unsere Aufgabe ist die Kontrolle der Regierung und der Verwaltung.

(Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

Wenn es jedoch Anzeichen dafür gibt, dass das nicht umgesetzt wird, was Wille des Landtags und der Spitze des Kultusministeriums ist, dann muss das schnellstmöglich angesprochen und korrigiert werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Frau Kollegin Henzler hat den Passus aus einem Schreiben angesprochen. Herr Minister, das kann so nicht im Raume stehen bleiben. Da müssen Sie sich schon die Frage gefallen lassen: Haben Sie Ihre Verwaltung im Griff – wenn solche Schreiben herausgehen, die dem erklärten Willen von Ihnen und der Volksvertretung widersprechen? Sie müssen jetzt sagen, ob Sie Ihre Verwaltung im Griff haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)