Protocol of the Session on May 15, 2008

Wir haben ein Land – wenn Sie es von den Alpen bis zur Nordsee oder in umgekehrter Richtung bereisen, werden Sie es feststellen –, in dem es sehr viele Unterschiede gibt. Man kann nicht alles, was unterschiedlich ist, über einen Leisten schlagen – jedenfalls nicht mit uns. Wir sind für Flexibilität.Wir sind der Auffassung, ein Einheitstarifvertrag schadet sowohl der dynamischen Entwicklung unserer Wirtschaft, wie er auch der Entwicklung, wie in diesem Falle, eines modernen öffentlichen Dienstes für das Land Hessen entgegenwirkt.

Aus diesem Grund haben wir unseren Antrag gestellt,und aus diesem Grund werden wir dem Antrag der SPD nicht und erst recht nicht dem Antrag aus der ganz linken Ecke zustimmen. Wir wollen maßgeschneiderte flexible Regelungen, das schließt eine Rückkehr in die Tarifgemeinschaft der Länder aus.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die zweite Frage ist auch nicht ganz unwesentlich, nämlich die Frage der Kosten. Ich hatte es schon genannt:Wer soll das bezahlen?

Es geistern unterschiedliche Zahlen durch die Gegend, zum einen die überhaupt nicht ernst zu nehmenden Zahlen von Herrn Rudolph,an die er wohl selber nicht glaubt, das Ganze sei mit 8 Millionen c so ganz nebenbei zu erledigen.

(Günter Rudolph (SPD): Sie müssen genau zuhören!)

Ob das dann 100, 200 oder 300 Millionen c sind, ist schon fast eine marginale Frage, wenn man sich die Debatte in diesem Haus anschaut und verfolgt, wie hier argumentiert wird. Ihnen auf der linken Seite des Hauses, das ist die Quintessenz aus allem, ist es schlicht egal, wo das Geld herkommt, Hauptsache, es ist von denjenigen, die in diesem Staat sowieso schon alles finanzieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst im Lande Hessen müssen natürlich an dem zarten Aufschwung partizipieren, den wir haben. Es müssen Einkommensverbesserungen erfolgen. Aber die sind im Rahmen der Tarifautonomie zu finden.Da sind wir uns noch einig. Aber Sie sind der Auffassung, Tarifautonomie sei gleichbedeutend mit Einheitsbrei.

(Günter Rudolph (SPD): Unsinn!)

Wir sind der Auffassung, Tarifautonomie hat etwas damit zu tun, dass autonome Partner miteinander über Tarifstrukturen verhandeln. Wir wollen, dass dies individuell im Land Hessen geschieht.

(Beifall bei der FDP)

Dabei werden der Innenminister – da bin ich sehr zuversichtlich – als Verhandlungsführer für das Land Hessen auf der einen Seite und die Tariforganisationen der Arbeitnehmer auf der anderen Seite Lösungen finden können, wenn sie endlich an den Tisch zurückkehren, die dabei die Leistungsfähigkeit des Landes Hessen berücksichtigen, was mit Ihrer Vorgehensweise überhaupt nicht erreichbar ist.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen:Was Sie hier mit Ihren Anträgen zur Rückkehr in die Tarifgemeinschaft der Länder betreiben,ist nichts als eine pure Symbolpolitik ohne jeden Gehalt.

(Zurufe der Abg. Günter Rudolph (SPD) und Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Rudolph, Herr Al-Wazir, Sie versuchen nur, das einzulösen, was Sie an Wahlversprechen gemacht haben. Sie wollen Wahlkampfschulden bei den verschiedenen Verbänden und Gewerkschaften bezahlen, von denen Sie sich Unterstützung in diesem Wahlkampf geholt haben und mit denen Sie eine fragwürdige Mehrheit in diesem Hause zusammengeschustert haben.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Sie wissen selbst, dass es eine pure Symbolpolitik ist, an deren kurzfristigen Erfolg Sie selbst nicht glauben. Wir haben das im Ausschuss im Einzelnen besprochen. Sie wissen sehr genau, welche Schwierigkeiten bei der Rückkehr in die Tarifgemeinschaft bestehen, welche großen Anpassungsmaßnahmen erforderlich sind,welche Vereinbarungen mit den anderen Tarifpartnern und Ländern er

forderlich sind, um dies überhaupt zu ermöglichen – unabhängig von der Seite der Kosten. Dies wird in kurzer Frist nicht verhandelbar sein. Dafür werden schon die anderen Verhandlungspartner sorgen.

Herr Rudolph kündigt es schon an und freut sich darauf, wenn es natürlich nicht in ein paar Monaten gelungen ist, dann dem Innenminister die Schuld dafür zu geben. Das ist offensichtlich das, was hinter Ihren Vorschlägen steht. Mit uns werden Sie das nicht machen können.Wir werden nach wie vor ganz einfach unseren Weg unbeirrbar weitergehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Nächste Wortmeldung, Frau Abg. Öztürk für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrter Herr Präsident! Heute ist ein wichtiger Tag auf dem Weg der Rückkehr des Landes Hessen zu einer partnerschaftlichen Personalpolitik mit seinen Beschäftigten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Nachdem Herr Ministerpräsident Koch und seine damalige CDU-Mehrheit im Jahr 2003 allen Bediensteten des Landes durch die „Operation düstere Zukunft“ klargemacht haben, dass sie glauben, mit ihnen nach Gutsherrenart verfahren zu können, kehren wir nun hoffentlich bald zu geordneten Tarifverhältnissen zurück. Hierzu bietet der Antrag der SPD, den wir im Ausschuss unterstützt haben und der dort eine Mehrheit gefunden hat, eine gute und geeignete Grundlage. Ich spreche bewusst von hoffentlicher Rückkehr zur partnerschaftlichen Personalpolitik, weil der Herr Innenminister leider immer noch nicht eingesehen hat, welchen Schaden er in der Vergangenheit angerichtet hat, und er weiterhin nicht bereit ist, sich an der Beseitigung dieses Schadens zu beteiligen.

(Günter Rudolph (SPD): Beratungsresistent!)

Anders kann ich sein Verhalten im Ausschuss und auch im Plenum nicht verstehen.

Ich bedauere auch, dass die Fraktionen der CDU und der FDP mit ihrem Antrag in die gleiche Kerbe schlagen und dass sie den Sonderweg des Herrn geschäftsführenden Innenministers befürworten und keinen Wiedereintritt in die TdL wünschen. Dieser Wunsch hat in diesem Hause Gott sei Dank keine Mehrheit.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben mutwillig die Motivation der hessischen Landesbediensteten im Jahr 2003 auf das Äußerste strapaziert und tun dies heute immer noch. Sie haben mit der Verlängerung der Wochenarbeitszeit für die Beamtinnen und Beamten und dem Austritt aus der TdL mit Wirkung ab 2004 gezeigt, dass es Ihnen nicht um Verhandlung geht, sondern dass Sie ein Diktat nach Gutsherrenart oktroyieren wollen. Um sich scheinbar legitimieren zu können, operieren Sie heute mit Fantasiezahlen, wenn Sie die Kostenwirkungen des Wiedereintritts in die TdL beschreiben.

(Minister Volker Bouffier: Frechheit!)

Doch, es sind Fantasiezahlen. Wieso „Frechheit“? Das ist eine Wahrheit.

Sie gehen z. B. von rückwirkenden Auszahlungen aus, die nach Inkrafttreten des TV-L anfallen würden, von denen überhaupt nicht die Rede ist. Sie erzählen von 200 Millionen c, um den Menschen Horrorvisionen zu vermitteln, um sie mehr oder weniger abzuschrecken vor einem Wiedereintritt in die TdL.

Aber das kauft Ihnen niemand ab, und deswegen haben Sie bei den letzten Wahlen nur noch 24 % der Beamtinnen und Beamten zu Ihren Wählern zählen können. Das war in der Vergangenheit viel mehr. Sie haben einen Rückschlag um über 50 % erzielt. Das ist eine Quittung, das würde mir zu denken geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Michael Bodden- berg (CDU): Nennen Sie Ihre Zahlen auch?)

Ich höre Sie nicht, Herr Boddenberg. – Allerdings müssen wir hier auch kurz sagen, dass nach der Personalpolitik der letzten Jahre eine Übertragung der Arbeitszeitregelung des TdL auf den Beamtenbereich nicht so schnell möglich ist wie von uns gewünscht. Deshalb haben wir dem Antrag der LINKEN teilweise nicht zugestimmt, da wir einen Stufenplan haben wollen, über den trotz Reduktion der Arbeitszeit bei den Beamten die Funktionsfähigkeit in wichtigen Verwaltungsbereichen aufrechterhalten bleibt und die Landesbediensteten nicht weiterhin in Mitleidenschaft gezogen werden. Denn der Schmerz ist groß, die Lücken sind groß. Hier muss man behutsam und sukzessive vorgehen und nicht von heute auf morgen durchgreifen.

Meine Damen und Herren, wir möchten, dass in Hessen qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Personal zählen. Verehrter Herr Innenminister, vielleicht können Sie sich bei Ihren Entscheidungen ein Beispiel an den Bundesländern im Süden, an den Kollegen aus Bayern und Baden-Württemberg nehmen, die offensichtlich mit der Mitgliedschaft in der TdL keine Probleme haben. Im Gegenteil, sie befürworten dies. Diesen Zustand möchten wir in Hessen wiederherstellen und freuen uns auf die Entscheidung nachher. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat Herr Abg. Beuth für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion möchte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes teilhaben lassen. Das ist der Standardsatz, den ich aber an dieser Stelle mit Überzeugung erneut vortrage, weil er richtig und wichtig ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen erstens, dass wir selbstverständlich wieder einen Tarifvertrag für die Beschäftigten dieses Landes haben. Aber wir wollen einen hessischen Tarifvertrag. Da bin ich mit dem Kollegen Greilich sehr einig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir wollen auch die Beamtinnen und Beamten an diesen Veränderungen entsprechend beteiligen.Auch da sind wir uns mit der FDP einig.

Drittens – jetzt unterscheiden wir uns ganz massiv auch von den Kolleginnen und Kollegen der linken Fraktionen in diesem Hause – wollen wir das Ganze auf einer verantwortbaren Basis erreichen. Da sind Sie auch in dieser Debatte wieder jede Antwort schuldig geblieben. Die finanziellen Folgen Ihrer Anträge sind mit keinem Wort berücksichtigt worden.Auch in der Debatte hier spielten sie keine Rolle.Herr Kollege Rudolph und Frau Kollegin Öztürk, ich will Ihnen ehrlich sagen, da ist es mir fast lieber, wenn Herr Schaus am Ende im Ausschuss erklärt, die Zahlen sind ihm egal.

Meine Damen und Herren, uns können die Zahlen in diesem Hause nicht egal sein.Wir brauchen eine verantwortbare Lösung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich habe es hier schon einmal dargestellt: Freibier für alle und den Deckel auf der Theke für die kommenden Generationen liegen zu lassen, das ist nicht in Ordnung. Das werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben im Ausschuss mit unserem Berichtsantrag ein bisschen Licht in das Dunkel bringen können. Ich kann nichts dafür,dass die Kolleginnen und Kollegen der linken Fraktionen in diesem Hause das einfach ignorieren.Aber haushaltspolitisch sind Sie nun mehr bösgläubig. Deswegen kann ich es Ihnen nicht ersparen, es noch einmal vorzutragen. Die lächerliche Zahl von 8 Millionen c, die die SPD hier eingeführt hat, hat Herr Kollege Greilich schon genannt. Ich will Ihnen die wahren Zahlen hier zumindest kurz vorgetragen haben:

Die Rückkehr in die TdL kostet alleine 84 Millionen c. Wenn die Beamten dort mit übernommen werden, kosten Besoldung und Versorgung noch einmal 122 Millionen c.

Der Stellenmehrbedarf kostet 117 Millionen c. Da ist die Einsparung durch den Stellenüberhang im Tarifbereich in Höhe von 21 Millionen c eher marginal.