Protocol of the Session on May 14, 2008

(Leif Blum (FDP): Wenn er nicht in die Nachversteuerung kommt!)

dazu komme ich gleich –, vorausgesetzt, er erfüllt die Auflagen, die das Bundesverfassungsgericht gemacht hat.

Jetzt sage ich Ihnen einmal, was dieser Erbe nach dem alten Recht zahlt, vorausgesetzt, dass der Unternehmenswert dieses Unternehmens mit einem hohen Ertragswert angesetzt wird – weil nach altem Steuerrecht der Steuerbilanzwert bzw. das Stuttgarter Verfahren herangezogen wird, hälftig der Ertragswert, hälftig der Substanzwert – und dass der Unternehmenswert bei 5 Millionen c liegt, ermittelt nach dem Stuttgarter Verfahren. Das ist die Hälfte dessen, was nach neuem Recht der Unternehmenswert ist.

5 Millionen c Unternehmenswert nach altem Recht ergibt abzüglich 225.000 c sachlicher Freibetrag und abzüglich des Bewertungsabschlags von 35 %, also 1,6 Millionen c, eine Bemessungsgrundlage von 3,1 Millionen c. Der jetzige Freibetrag von 205.000 c ergibt einen steuerpflichtigen Betrag von 2,898 Millionen c und eine Erbschaftsteuer von 550.763 c.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Was lernen wir daraus? Nach dieser neuen Regelung, bei einem Unternehmenswert von 10 Millionen c, habe ich weniger als die Hälfte der Erbschaftsteuer zu zahlen. Wir haben im Finanzministerium viele Beispiele durchgerechnet. Nur wenn der Unternehmenswert nach dieser neuen Regelung das 4,3-Fache übersteigt,

(Zurufe von der FDP)

zahlt man mehr Erbschaftsteuer. Das ist in aller Regel nur der Fall, wenn entweder ein sehr hoher Jahresgewinn vorliegt oder das Unternehmen sehr substanzschwach ist.

Es kann also nicht sein, dass man sagt, die Erben von Personengesellschaften würden durch diese Erbschaftsteuer besonders stark in ihrer Liquidität in Anspruch genommen. Gerade durch die Regeln auf der Verschonungsebene ist die Belastung des Unternehmens deutlich geringer.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Herrn Blum?

(Staatssekretär Dr. Walter Arnold: Wenn sie kurz ist, sehr gerne!)

Herr Staatssekretär, ich versuche, es kurz zu machen. Sie stimmen mir doch sicherlich zu, das betrifft auch Ihr Beispiel, dass bei Personengesellschaften, die bisher in einem Verfahren nach dem Steuerbilanzwert bewertet wurden und eben nicht nach dem Stuttgarter Verfahren – das betrifft nur Kapitalgesellschaften –, der jetzige Zustand, den kann man für gut oder schlecht befinden, zu einer wesentlich höheren Entlastung führt, weil der Steuerbilanzwert immer wesentlich niedriger liegt als das, was Sie eben nach dem Stuttgarter Verfahren vorgerechnet haben. In

jedem Fall ist es niedriger als das, was im Ertragswertverfahren kommen wird.

Wir können gerne noch weitere Beispiele miteinander austauschen. Durch den relativ hohen Freibetrag von 400.000 c und durch den hohen Abschlag von 85 % auf dieser Verschonungsebene ist die Steuerbelastung geringer. Es gibt zahlreiche Beispiele, das würde meinen Vortrag aber jetzt sprengen.

Ich würde gerne dem Abg. van Ooyen noch etwas sagen. Leider ist er jetzt nicht da,deswegen sage ich es allgemein. Das Bundesverfassungsgericht hat sehr deutlich gemacht, dass diese weitreichende erbschaftsteuerliche Privilegierung des Betriebsvermögens nur dann gegeben ist, und nicht zum Nulltarif erhältlich ist, wenn ganz bestimmte Auflagen erfüllt werden.

Die Auflage ist: mindestens zehn Jahre lang die Lohnsummenklausel von mindestens 70 % und die Behaltensfrist von 15 Jahren. Das ist nach aller Regel – ich komme selbst aus einem mittelständischen Familienbetrieb –

(Leif Blum (FDP): Umso schlimmer!)

keine unzumutbare Bedingung, ein solches Unternehmen zu halten.

Herr Schmitt, eines sehe ich anders als Sie. Die Behaltensfrist von 15 Jahren ist in unserer heutigen schnelllebigen Welt sicherlich zu überdenken. Eine Zehnjahresfrist erscheint durchaus auch ausreichend. Über die Frage, ob man nach neun Jahren wirklich diese Fallbeilregelung oder eine Abschmelzung vorsieht, wie auch der Antrag der CDU-Fraktion deutlich macht, sollte noch diskutiert werden. Wir haben jedenfalls als Bundesland Hessen im Bundesrat den Vorschlag gemacht, darüber noch einmal intensiv nachzudenken.

Was den Vorschlag der FDP-Fraktion anbelangt,den Ländern die Gesetzgebungskompetenz zukommen zu lassen, möchte ich eines deutlich sagen: Ich halte das nicht für einen zielführenden Vorschlag, Herr Abg. Hahn, weil ich zwar davon ausgehe, dass Sie die Stärkung der Finanzautonomie und des Wettbewerbs der Länder im Auge haben – das ist im Grundsatz eine gemeinsame Position.Aber ich glaube, dass bei der Beurteilung der Gesetzgebungskompetenz für die Erbschaftsteuer sehr schnell deutlich wird, dass es möglicherweise zwischen den steuerertragschwachen und steuerertragstarken Ländern zu einem Wettbewerb kommt, der sicherlich nicht in unserem Interesse sein kann,

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wie bei der Gewerbesteuer zwischen Eschborn, Bad Vilbel und Frankfurt!)

wenn man die Auswirkungen auf den Länderfinanzausgleich bedenkt. Denn der Steuersenkungswettlauf, wie er woanders sichtbar wird, beispielsweise bei den Unternehmensteuersätzen in den EU-Ländern – –

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Ich rede nicht über die kommunale Seite, sondern über die Länderseite.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Genau dasselbe!)

Das bedeutet, dass die Einnahmeausfälle bei der Erbschaftsteuer in solchen Ländern, die das möglicherweise in Erwägung ziehen, beim Länderfinanzausgleich wieder eingerechnet werden müssen. Da wünsche ich gute Verrichtung,wenn ich mir vorstelle,unter 16 Ländern eine Einigung erzielen zu wollen. Das halte ich für relativ unmöglich.

Ich meine auch, dass die Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Bundesländern – ich glaube,Herr Kaufmann hat es angesprochen – bezüglich des Bürokratieabbaus eine fürchterliche Vorstellung sind. Wenn beispielsweise Länder unterschiedliche Freibeträge bei der Abfassung ihrer einzelnen Erbschaftsteuergesetze haben, dann ist die Frage, wie das miteinander geregelt werden soll. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es in unserem Sinne sein kann, wenn Erblasser sozusagen einen Tourismus veranstalten, um möglichst hohe Freibeträge gelten zu lassen – eine absurde Vorstellung. Ich denke, gerade bezüglich des Bürokratieabbaus sollte eine bundeseinheitliche Regelung gegeben sein.

Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass es wichtig ist, den Gesetzentwurf der Bundesregierung weiter zu optimieren. Ich halte die in Punkt 4 des CDU-Antrags dargestellten Vorschläge für zielführend: die Verkürzung der Behaltensfrist von 15 auf 10 Jahre, ein Abschmelzen des Verschonungsabschlags „pro rata temporis“, eine verkürzte Behaltensfrist für Kleinstbetriebe und die Vermeidung einer Doppelbelastung bei Erbschaft- und Einkommensteuer. Ich glaube, Herr Abg. Schmitt, die Besteuerung von nahen und fernen Erben haben Sie durchaus als richtig betrachtet, dass man also differenziert zwischen den Personen in den Steuerklassen II und III.

Ich meine, die Diskussion wird dazu führen, dass der Gesetzentwurf,der im Moment zwischen den Koalitionspartnern verhandelt wird, noch optimiert wird. Ich bin überzeugt davon, dass mit Blick auf die klare Steuerschonung von Betrieben, was ihre Vererbung anbelangt, klar wird, dass die Auflagen des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden können, dass den Belangen der Wirtschaft in hohem Maße Rechnung getragen wird, dass die Liquiditätsschonung bei der Unternehmensnachfolge absolut gegeben ist, dass in diesen Kompromissen sehr viel gutes Gedankengut steckt, zu dem Hessen und vor allem Ministerpräsident Roland Koch beigetragen haben. Ich hoffe sehr, dass diese Novelle insgesamt dazu führt, dass in einem schwierigen Steuerfeld Regelungen gefunden werden, die letztlich die Zustimmung vieler, vielleicht nicht aller, finden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Das Wort zur zweiten Runde erhält Herr Abg. Blum von der FDP-Fraktion. Ich darf Sie darauf hinweisen: Die Redezeit beträgt fünf Minuten.

Vielen Dank für den Hinweis. – Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Es ist nun einiges in Replik auf unsere Antragsbegründung gesagt worden, was nicht unkommentiert stehen bleiben kann.

Herr Kollege Kaufmann, zunächst einmal muss ich mich ein bisschen wundern ob Ihres Föderalismusverständnis

ses, wenn Sie hier sagen, das sei kein Thema für den Hessischen Landtag. Das ist es selbstverständlich; denn die Länder sind über die Bundesratsbeteiligung an dieser Gesetzgebungsinitiative ganz massiv beteiligt. Insbesondere Hessen – jetzt ist der Ministerpräsident nicht da – hat einen großen Beitrag zu diesem Reformvorhaben geleistet. Dann zu sagen, das sei kein Thema, das im Landtag diskutiert werden kann – da muss ich mich schon ein bisschen wundern.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Kaufmann, aber auch Herr Staatssekretär Dr.Arnold,ein Hinweis sei erlaubt,da gesagt wurde,es sei unrealistisch, die Gesetzgebungskompetenz auf die Länder zu übertragen. Da kann ich darauf verweisen, dass die Schweiz das seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert. Die Gesetzgebungshoheit für die Erbschaft- und Schenkungsteuer liegt dort bei den Kantonalverwaltungen und den Kantonalparlamenten.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir könnten genau so, wie es dort in einem Kantonalvertrag geregelt ist, die Rahmenbedingungen über einen Staatsvertrag regeln.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube nicht, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland den Schweizerinnen und Schweizern an Einfallsreichtum und Ideenreichtum in irgendeiner Form nachstehen.

Ich will noch kurz auf etwas eingehen, weil Kollege Schmitt es betont hat, aber auch der Staatssekretär. Es geht um die Frage, welche Wohltaten an Steuerbefreiung auf mittelständische Unternehmen sozusagen einprasseln mit diesem Gesetzentwurf.Es ist selbstverständlich richtig – das ist überhaupt keine Frage –, dass man unter Annahme sämtlicher Begünstigungskautelen, insbesondere enger Verwandtschaftsverhältnisse unter Ausschöpfung aller Freibeträge – aber nicht jeder Vermögensübernehmer ist Sohn oder Tochter eines Vermögensübergebers –, zu einem Wert von 2,8 Millionen c Unternehmensvermögen kommen kann, der freigestellt ist.

Man muss dabei aber berücksichtigen, und das haben Sie zu Recht ausgeführt, dass man von anderen Bewertungskriterien ausgehen muss, als wir das die ganze Zeit getan haben. Wir reden hier über eine Ertragsbewertung, und bei einem Ertragswertverfahren kommen wir schneller als bei 1 Million c Gewinn auf den Verkehrswert eines Unternehmens von 2,8 Millionen c. Es gibt eine Menge mittelständischer Unternehmen, nicht nur in Hessen, sondern in der ganzen Republik, die einen solchen Unternehmenswert vorweisen können, wenn wir über die Ertragswertmethode in die Bewertung gehen.

Ich will auf das eingehen, was hier aus steuersystematischen Gründen gesagt worden ist. Ich kann verstehen, wenn die linke Seite des Hauses aus symbolpolitischen Gründen an der Erbschaft- und Schenkungsteuer festhält. Ich kann es nicht so ganz verstehen bei den Kolleginnen und Kollegen von der CDU, die hier die Backen zusammenkneifen, wenn der Kollege Milde versucht, ansatzweise das zu verteidigen,was gerade in Berlin verzapft wird.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Erbschaftund Schenkungsteuer ist eine zutiefst ungerechte Steuer, weil sie eine reine Substanzsteuer ist.

(Beifall bei der FDP)

Mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer wird Vermögen besteuert, das im Laufe seiner Entstehung schon dutzendund hundertfach der Besteuerung unterworfen worden ist, sei es der Umsatzsteuer, der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer, der Mineralölsteuer, der Kraftfahrzeugsteuer, was auch immer Sie wollen. Wenn Sie eine Substanzsteuer als gerecht empfinden, dann mag das Ihre Auffassung sein.Unsere ist es nicht,und ich glaube zu wissen,dass es auch in weiten Teilen der CDU so ist,dass man sich mit einer reinen Substanzbesteuerung nur schwerlich wird anfreunden können.

(Beifall bei der FDP)

Ja, es ist richtig, natürlich würde eine Abschaffung der Erbschaftsteuer auf der Ebene des Landes Hessen zu einem Steuerausfall führen. Aber an allererster Stelle sage ich: Wir reden hier über eine Bagatellsteuer. Die Erbschaftsteuer rangiert irgendwo zwischen den sonstigen Steuern und der Branntweinsteuer, je nach Jahr und Aufkommen. Mit der Erbschaftsteuer werden Sie die sozialen Fragen in diesem Land nicht lösen. Das Einzige, was Sie damit machen, ist Symbolpolitik. Das sei Ihnen zugestanden, aber dann seien Sie wenigstens so ehrlich und sagen, dass es so ist.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich führt es zu Erbschaftsteuerausfällen in der genannten Größenordnung.Aber in der ersten Phase ist das zu kompensieren, wenn wir uns endlich einmal dazu durchringen können, uns von bestimmten Teilen unseres Landesvermögens zu trennen. Reden wir nur über die Naussauische Heimstätte oder andere Vermögenswerte. Damit können wir die ersten zwei oder drei Jahre wunderbar überbrücken.