Protocol of the Session on April 23, 2008

Die Frage ist sozusagen,ob ich am Ende bei den sechs Abgeordneten der LINKEN mehr Argumente in der Hand habe, die Frage zu stellen, ob sie es denn gemacht hätten, wenn sie den Antrag selbst gestellt hätten. Ich glaube, die Frage können Sie sich selber beantworten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Da sehe ich keinen Unterschied, Herr Kollege!)

Ich will, dass die Möglichkeiten, die das Stasi-Unterlagengesetz vorsieht, genutzt werden. Wir als Fraktion, auch wenn manche Schwierigkeiten haben, ihre Wohnsitze seit dem 18.Lebensjahr zusammenzukriegen,werden erneut – ich bin es nicht –

(Heiterkeit – Zuruf: Joschka Fischer ist schon da!)

diesen Antrag stellen,sofern er noch nicht gestellt worden ist. Aber ich sage noch einmal, es geht uns darum, dass es möglichst alle in diesem Parlament tun. Ich glaube, wenn wir jetzt zwei Anträge haben, wo am Ende alle Abgeordneten dem zustimmen, gibt es auch eine andere Variante und andere Wertigkeit des Ganzen, nachzufragen, ob sie es am Ende auch getan haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen lassen Sie uns darüber reden, was in den Anträgen steht.

(Michael Boddenberg (CDU):Was sagen Sie Herrn van Ooyen, Herr Kollege?)

Lassen Sie uns keine Stellvertreterdebatte führen bzw. keine absurden Vergleiche ziehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke schön, Herr Al-Wazir. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Schmitt zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dem Innenminister wirklich dankbar, dass er uns durch seinen Beitrag die Redezeit ermöglicht, auch auf den Beitrag von Herrn van Ooyen einzugehen.

Ich will zunächst das unterstreichen, was eben Tarek AlWazir gesagt hat. Es ist eine absurde Debatte, die wir hier angesichts eines Antrags geführt haben, den wir in der letzten Legislaturperiode gemeinsam gestellt haben und der nicht nur mit der Existenz der Linkspartei etwas zu tun hat, nämlich der Frage, ob wir, die wir hier gewählt sind, im Hinblick auf das, was es an Unrechtstaten im Zusammenhang auch mit der DDR und an Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Stichwort Stasi gegeben hat, alle ein sauberes Gewissen haben und davon alle befreit sind. Das war die Grundlage der Debatte.

Herr Kollege Gotthardt, daraus eine Debatte unter dem Motto zu machen, Sozialdemokraten reichten einem Unrechtsregime die Hand, oder zu versuchen, etwas zu verdunkeln, ist eine verdammte Unverschämtheit.

(Beifall bei der SPD)

Sozialdemokraten stehen seit 145 Jahren für Freiheit und Demokratie in diesem Land, in einem Deutschland.

(Horst Klee (CDU): Bleib doch ruhig!)

Wo bürgerliche Parteien auch Ermächtigungsgesetzen zugestimmt haben, waren wir es jedenfalls nicht. Es ist eine bodenlose Unverschämtheit, uns auch nur in Zusammenhang mit Unrechtsregimes zu stellen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Herr Gotthardt, wir als Sozialdemokraten brauchen nichts an unserer Vergangenheit aufzuarbeiten. Aber es gibt hier auch zwei Parteien, die die Frage der Blockflöten, die Frage der Vermögensübernahme der Blockflöten und die Frage der Integration von Mitgliedern aus diesen in der Tat einmal aufarbeiten müssten. Das muss man in diesem Zusammenhang auch einmal sagen.

(Beifall bei der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sagen Sie einmal etwas zu Kurt Schumacher!)

Das zu den Unverschämtheiten von Herrn Gotthardt. Jetzt komme ich aber noch einmal zu dem – weil mich das auch drückt –, was Herr van Ooyen gesagt hat. Herr van Ooyen, es geht nicht, und da hat der Innenminister völlig recht, einen absurden Vergleich zwischen der Stasi und dem Verfassungsschutz herzustellen. Das ist eine Unverschämtheit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Unterschied ist, dass der Verfassungsschutz übrigens demokratisch kontrolliert ist und auf einer rechtlichen Grundlage agiert.

(Michael Boddenberg (CDU): Diese Denke ist doch nicht neu, die kennen Sie schon länger!)

Herr van Ooyen, deswegen rate ich Ihnen – das hat schon einmal bei Ihnen zu einer Debatte geführt, wo übrigens

jemand zurücktreten musste, der absurde Vergleiche gemacht hat –, in Zukunft solche Vergleiche nicht herzustellen. Sie sind absolut unzulässig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zweiter Bereich. Zu dem Hinweis, die NPD könne nur noch erhalten werden oder bestehe nur noch aus V-Männern, muss ich sagen: Schön wäre es. Leider ist es nicht so. Auch die Verniedlichung von Strukturen, die es bei der NPD und von Rechtsradikalismus in dieser Gesellschaft gibt, ist falsch. Herr van Ooyen, auch da, glaube ich, müssen Sie sich korrigieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Wir werden natürlich beiden Anträgen zustimmen. Ich bin einmal gespannt, wie die FDP und die CDU, wenn es gleiche Anträge gibt, in ihrem Stimmverhalten aussehen. Dann wird man sehr gut sehen, ob es Ihnen um die Sache oder um etwas ganz anderes geht. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Auch um etwas anderes, Herr Kollege!)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Herr Schmitt. – Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Dr.Wilken zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war schon schwer, mitzubekommen, über welche Anträge wir hier eigentlich diskutieren. Aber ich will jetzt noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Für uns als Fraktion DIE LINKE ist es vollkommen selbstverständlich, dass wir dem Brauch dieses Parlaments und des Vorgängerparlaments folgen und uns dieser Überprüfung unterziehen – selbstverständlich – und das Ergebnis auch offenlegen werden, was meiner Erinnerung nach in der letzten Legislaturperiode nicht alle Mitglieder dieses Hauses gemacht haben.

(Axel Wintermeyer (CDU): Doch, die CDU-Fraktion vollständig!)

Es geht uns auch nicht darum, in irgendeiner Art und Weise Stasitätigkeiten zu verharmlosen oder schönzureden oder – auch das hat Willi van Ooyen nach meinem Zuhören nicht getan – sie eventuell mit dem Verfassungsschutz gleichzusetzen.

(Widerspruch von der CDU)

Nein, darum geht es uns nicht. Es geht uns darum – das ist eine politische Haltung –,dass wir uns gegen Bespitzelung und Überwachung politisch wehren, auch in der aktuellen Politik. Das dürfen wir hoffentlich, auch wenn wir sagen, dass wir die Stasi nicht gut gefunden haben oder wenn wir Unrecht,das im Namen der DDR,in Namen der Stasi,der Mauer usw. begangen wurde, als Unrecht bezeichnen

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Schießbefehl, Herr Metz!)

und wir es in unserer Partei sehr wohl aufgearbeitet haben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Distanzieren Sie sich von der SED?)

Ich distanziere mich von der SED.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Von der PDS auch?)

Wir haben uns als Partei von der SED distanziert. Zu unserem Gründungskonsens der LINKEN gehört der Antistalinismus. Das ist für uns als Partei unverbrüchlich.

Dazu gehört eine Distanzierung vom Unrecht, das im Namen auch der sozialistischen Bewegung, im Namen der DDR, im Namen der SED passiert ist. Das kann ich ganz klar sagen: Das gehört zu unserem Gründungskonsens – der Antistalinismus.

Ich möchte eine letzte Bemerkung machen. Sie wissen, unsere Parlamentsfraktion besteht ausschließlich aus Parlamentsneulingen. Ich möchte auch, dass Sie wissen, dass dem einen oder anderen Parlamentsneuling die Angriffe unter der Gürtellinie, die ich in der letzten halben Stunde hier gehört habe, es nicht mehr ermöglicht haben, hier zu reden; stattdessen bin ich eingesprungen. Ich finde, auch das gehört eigentlich nicht in den Stil dieses Hauses.

(Zurufe von der CDU)

Ich zitiere jetzt noch einmal mit einer Floskel den Kollegen Willi van Ooyen, denn auch ich komme aus einer Gegend, in der selbst die Kartoffeln katholisch waren. Dort haben wir gelernt,dass die CDUler feine Leute sind.Auch ich lerne dazu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Axel Wintermeyer (CDU): Das sagen die Richtigen!)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke, Herr Dr. Wilken. – Herr Dr. Wagner, Sie haben sich für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön.