Ich will Ihnen auch sagen, dass einige Mitglieder der Unionsfraktion in dieser Frage anderer Meinung waren. Friedrich Merz hat z. B. klar gesagt, so einem Reformwerk kann er nicht zustimmen. – Friedrich Merz ist eine der Personen, die Marktwirtschaft und Christdemokratie wirklich vereinbaren können. Das ist nicht bei allen Kollegen von der Union der Fall.
Er hat das Vorhaben aus guten Gründen abgelehnt.Er hat gesagt:Wir brauchen mehr Wettbewerber in einem klaren ordnungspolitischen Rahmen, der vorgibt, welche Bedingungen die Kassen, die Leistungserbringer, in diesem System erfüllen müssen. – Wir wollen keinen Wettbewerb, wie ihn das PKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vorsieht, wo Wettbewerb draufsteht und Sozialismus drin ist.
Warum ist der Fonds aus unserer Sicht so problematisch? Der Fonds führt ein neues System ein, bei dem der Staat eine zentrale Stelle schafft.Ich nenne sie einmal „Bundesgesundheitsfondsagentur“ – nach dem erfolgreichen Beispiel der Bundesagentur für Arbeit, die mit über 100.000 Beschäftigten immerhin ein Drittel der Jobs in Deutschland vermittelt.
Diese bestimmt hoch effiziente Agentur wird beim Bundesgesundheitsministerium angesiedelt. Sie wird die Finanzmittel der Kassen zentral einziehen. Das heißt, sie wird die Beitragssätze zentralisiert einziehen und dann die Mittel nach einem besonderen Schlüssel – dazu komme ich gleich – an die Krankenkassen in Deutschland verteilen, die damit ihre Kosten zu decken haben.
Die Bundeskanzlerin hat einen zweiten bemerkenswerten Satz gesagt. Sie hat gesagt, der Fonds werde nicht zu mehr Bürokratie führen,dafür werde sie Sorge tragen.Ich sage dazu: Das wäre das erste Mal, dass in Deutschland zwei Verwaltungen finanziell günstiger sind als eine Verwaltung.
Der Fonds wird ein Zweites bewirken,und deshalb bin ich froh, dass auch Vertreterinnen und Vertreter der hessischen Ärzte in diesem Haus vertreten sind. Er wird dafür sorgen, dass die Mittel im Gesundheitssystem deutlich knapper werden. Das ist aber nicht mehr lustig, denn die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande werden spüren, dass sie aufgrund von Rationalisierungen eine schlechtere Gesundheitsversorgung bekommen werden. Dafür kann und darf niemand in diesem Parlament die Hand heben.
Das Erstaunliche an der Debatte ist, dass es immer die Kollegen Sozialdemokraten sind, die die Zwei-KlassenMedizin anprangern, diese aber durch ihre Gesundheitsministerin manifestieren ließen.
Seit Ulla Schmidt dieses Ministerium führt, hat sich die Gesundheitsversorgung in Deutschland drastisch verschlechtert – und Sie erzählen den Leuten etwas davon, es werde sich etwas verbessern.
(Beifall bei der FDP – Dr. Thomas Spies (SPD): Wovon reden Sie eigentlich? Das sind aberwitzige Ausführungen!)
Herr Dr. Spies, das ist so, als wenn die Bundesgesundheitsministerin eine Partnerschaftsanzeige aufgegeben hätte, die lautet: Brandstifterin sucht Feuerwehrmann.
Genau so ist es. Diejenige, die das Ganze zu verantworten hat, stiehlt sich davon und sagt: Auch ich wundere mich, dass alles so schlecht ist.
Lassen Sie uns zur Realität zurückkommen. Warum ist das so schlecht? Ich will Ihnen das anhand von zwei Punkten erklären. Das Erste, was aufgrund des Fonds geschehen wird, ist: Die Kassen werden durch ihn quasi die Beitragsautonomie verlieren. Das Stück Wettbewerb, das wir zurzeit noch zwischen den Krankenkassen in Deutschland haben, wird – um es genau zu sagen – komplett über die Wupper gehen.
Es wird keinen Wettbewerb mehr geben. Es wird in Deutschland einen einheitlichen Beitragssatz geben, und dieser einheitliche Beitragssatz kann dann nur noch durch den sogenannten Zusatzbeitrag um 1 % aufgestockt oder gesenkt werden. Die Kassen werden alles tun, um diesen Zusatzbeitrag zu vermeiden. Daher werden sie bei den Versicherten Leistungen kürzen müssen.
Herr Kollege Dr. Spies, das wird ein weiteres Problem sein. Natürlich wird es aufgrund der Rationalisierung schlechtere Gesundheitsleistungen geben, und dafür sind Sie verantwortlich.
Durch den Fonds erfolgt ein Zweites:Wie ich schon sagte, wird durch ihn der Beitragseinzug zentralisiert. Jetzt gibt es unter den Gesundheitspolitikern viele Diskussionen über das, was nicht funktioniert. Aber ich glaube, Sie haben noch nie gehört,dass der Beitragseinzug bei den deutschen Krankenkassen ein wirkliches Problem gewesen sei. Das funktioniert ganz hervorragend. Die Techniker Krankenkasse hat ihren Beitragseinzug für einen großen Teil der Bundesrepublik in Frankfurt zentralisiert – mit 400 Arbeitsplätzen –, und das funktioniert ganz hervorragend.
Da es so gut funktioniert – Herr Kollege Dr. Spies, Sie haben dem selbst einmal einen Besuch abgestattet –, wollen Sie es für den Aufbau einer staatlichen Behörde opfern, die das in Zukunft machen wird. Ich glaube, das ist illusionär, und es wird auch teurer werden.
(Beifall bei der FDP – Dr. Thomas Spies (SPD): Wovon reden Sie denn? Sie sollten das Gesetz lesen, wenn Sie darüber reden, Herr Kollege Rentsch!)
Herr Kollege Dr. Spies, wir brauchen ein völlig anderes Modell, das sich nicht in Richtung Gesundheitsfonds oder Bürgerversicherung bewegt.
Das Erstaunliche an dieser ganzen Institution ist, dass der Fonds sehr viel mehr der Bürgerversicherung ähnelt als dem Modell der Union mit der sogenannten Kopfpauschale. Der Fonds wird nämlich dazu beitragen, dass die Kassen keine Unterschiede mehr geltend machen können. Es wird nur noch einen einheitlichen Beitragssatz geben, und irgendwann werden Sie dafür sorgen – das ist Ihr Ziel und das Ziel von Frau Schmidt –, dass alle Kassen in einer einzigen Kasse verschmelzen. Das ist Ihr großes Ziel, das Sie mit einem staatlich festgelegten Beitragssatz für ganz Deutschland erreichen wollen, nach dem sich die Menschen zu richten haben. Das wollen wir nicht.
Wir wollen,dass die Patienten – die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land – Wahlfreiheit haben, dass sie sich ihre Versicherung und ihr Leistungspaket aussuchen können und dass sie sich nicht vom Staat vorschreiben lassen müssen, bei welchem Arzt zu welchen Kosten welche Behandlung erfolgen soll. Das darf es nicht geben.
Ich muss sagen, ich finde es wirklich abstrus, dass wir ein funktionierendes Modell gegen ein Modell mit einer zentral gesteuerten und organisierten Gesundheitsverwaltung eintauschen, das wir in anderen Ländern oder in anderen Teilen der Bundessrepublik schon gesehen haben.
Herr Kollege Dr.Spies,wir haben doch gesehen,was diese Staatssysteme anrichten. Schauen Sie nach Großbritannien, oder denken Sie daran, wie die Leistungen der Gesundheitsversorgung in der ehemaligen DDR rationiert werden mussten, weil keiner mehr bereit war, in diesem System zu arbeiten.
Waren denn die Politiker die Leidtragenden? Wahrscheinlich waren sie nicht die Leidtragenden; denn diese Politiker hatten meistens gute Kontakte und hatten in irgendeiner Form die Möglichkeit, sich ihren Arzt zu wählen. Herr Kollege Dr. Spies, die Leidtragenden waren die normalen Bürgerinnen und Bürger, für die Sie sich immer
vermeintlich einsetzen. Ich glaube wirklich, Sie sollten einmal darüber nachdenken, was Sie hier verursachen.
Frau Ministerin, jetzt sind wir bei dem Thema Landesregierung. Ja, die Landesregierung hat einen großen Anteil daran. Das hängt mit dem zusammen, was Sie als Ministerin und der Herr Ministerpräsident in seiner unglaublichen Treue zu der Bundeskanzlerin machen. Es erstaunt immer wieder viele Menschen in diesem Land, dass Herr Koch – –
Ja, das hätten auch wir für selbstverständlich gehalten. Aber ich habe die Zeitungsberichte dabei, in denen steht, was Herr Koch über Frau Merkel noch gesagt hat. Das ist allerdings ein paar Jahre her. Mittlerweile ist die Stimmung eine andere. Er stützt die Bundeskanzlerin, und er hat auch gesagt – Sie gemeinsam –, der Gesundheitsfonds müsse durchgesetzt werden.
Wenn man recherchiert und nachliest, stellt man fest, dass es kaum eine fachliche Begründung dafür gibt, warum der Gesundheitsfonds durchgesetzt werden muss.
Die einzige fachliche Erklärung habe ich bei Herrn Laumann gefunden. Er sagte: Wenn der Gesundheitsfonds nicht kommt und nicht durchgehalten wird, ist der Fortbestand der schwarz-roten Koalition auf Bundesebene erheblich gefährdet. – Wenn das die einzige fachliche Begründung ist, die Sie in dieser Frage haben, muss ich sagen: Das kann wirklich nicht wahr sein.
Das, was Sie hier zurzeit realisieren, ist eine Koalitionspolitik auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger. Das darf es wirklich nicht geben.
Herr Laumann sagte in demselben Artikel, der Gesundheitsfonds müsse eigentlich verhindert werden,weil durch ihn eine Mammutbürokratie aufgebaut werde und die Krankenkassen quasi von ihrer eigentlichen Funktion enthoben würden, mit ihren Versicherten über die Beitragssätze zu verhandeln und sie selbst festzulegen. Es ist interessant, dass diese Kritik auch aus unionsregierten Ländern kommt.
Frau Ministerin, jetzt kommen wir zu dem eigentlichen Problem: Hessen zahlt drauf. Hessen zahlt erheblich drauf.
Beim Länderfinanzausgleich bringt dieses Land immerhin die Hälfte der Gelder auf, die an andere Länder abgeführt werden. Daneben ist der Gesundheitsfonds sozusagen der zweite Länderfinanzausgleich, bei dem Hessen dafür bestraft wird, dass es eine solide wirtschaftliche Basis hat.