Protocol of the Session on April 23, 2008

Ich glaube,das hatten wir in der Form noch nie.Deswegen will ich in aller Deutlichkeit sagen: Ich bin sehr erstaunt, dass die Kollegen von SPD und GRÜNEN lieber mit der vom Verfassungsschutz überwachten Linkspartei einen Antrag hier einbringen als mit CDU und FDP. Ich finde, das sollte man auch nach außen transportieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt kein Recht einer Fraktion, einem Antrag einer anderen Fraktion beizutreten.Die CDU hat nun einmal gesagt,dass wir in diesem Haus mit den vier demokratischen Parteien zusammenarbeiten wollen, aber wir werden keine politische Kooperation mit der Linkspartei machen, und insbesondere dann nicht, wenn es um die Stasi geht.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich sage es ganz deutlich, weil man diesen Unterschied auch so benennen muss:Wenn die Republikaner in dieses Haus eingezogen wären, würden wir auch mit ihnen keine Zusammenarbeit pflegen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD und von den GRÜNEN, die Frage müssen Sie sich gefallen lassen,warum Sie mit einer Partei,die,wie gesagt,vom Verfassungsschutz überwacht wird, einen Antrag zum Thema Stasi einbringen. Mit den Republikanern würden Sie auch nicht zusammenarbeiten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann nicht immer nur auf die eine Seite des politischen Spektrums gucken und auf der

anderen Seite zusammenarbeiten. Wenn man auf der einen Seite, der linken Seite des Parteienspektrums, nicht richtig guckt, wenn der Blick getrübt ist, rennt man auch schnell gegen die Wand, da sind Sie ja an der ein oder anderen Stelle schon dabei.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich freue mich, dass wir gemeinsam verabschieden werden, das ist auch angekündigt, dass die Stasiunterlagen nicht nur angefordert, sondern auch offengelegt werden. Das ist auch Sinn der Sache, dass die Öffentlichkeit das Recht hat, wenn es Stasiunterlagen gibt, zu erfahren, welche Abgeordneten des Hessischen Landtags betroffen sind. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin sehr gespannt, was dann kommt. Die Erwartungshaltung ist ja sehr hoch.

(Zuruf von der CDU: Oh, oh, oh!)

Auf einen Punkt möchte ich hinweisen, lieber Herr van Ooyen,weil Sie bei diesem Thema so amüsiert vor sich hin lächeln. Sie sind aber ein fröhlicher Mensch und geben das Geld gern mit offenen Händen aus.

Herr van Ooyen, wenn ich mir anschaue, was Sie in den Achtzigerjahren im Auftrag der DDR, für Erich Honecker, in der Bundesrepublik Deutschland geleistet haben, dann liegt die Vermutung nahe, dass Sie durchaus in Stasiakten erwähnt sind.

(Michael Boddenberg (CDU): Vielleicht aber auch nicht!)

Aber, lieber Herr van Ooyen, wenn jemand wie Sie, der das Geld aus der DDR bekommen hat und der auf der Gehaltsliste von Erich Honecker stand,

(Michael Boddenberg (CDU): Unglaublich!)

heute keine Stasiakte mehr hätte oder sich darin keine Inhalte mehr finden ließen, dann lässt das aus meiner Sicht noch tiefer schließen, als wenn es eine solche Akte gäbe.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der LINKEN)

Deswegen bin ich sehr gespannt, was sich findet.Aber ich bin genauso gespannt auf das, was sich nicht findet; denn auch das kann eine sehr wichtige Information sein.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zu einem dritten Punkt. Wenn man gemeinsame Anträge schreibt – der parlamentarische Geschäftsführer der SPD schaut mich erwartungsvoll an, zu Recht –,

(Reinhard Kahl (SPD): Natürlich!)

ist das auch Ausdruck von gemeinsamen Positionen. So verstehe ich es zumindest.

(Reinhard Kahl (SPD): In diesem konkreten Punkt?)

Ja, in diesem konkreten Punkt. – Deswegen hoffe ich, dass die GRÜNEN und die SPD auf die Homepage der Linkspartei geguckt haben und gesehen haben, was der Kollege van Ooyen für die Linkspartei zu unserem bzw. Ihrem Stasiantrag gesagt hat. Er hat gesagt, es gehe nicht nur darum, die Stasiunterlagen offenzulegen, sondern man müsse auch die Unterlagen von Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz offenlegen.

Warum ist das so interessant? – Sie werden es gleich ausführen, herzlich gerne. – Dass die Linkspartei die Aktivitäten der Stasi zu verharmlosen versucht, indem sie die

Stasi mit dem Verfassungsschutz vergleicht, das ist ein Skandal an sich. Die Stasi ist kein Verfassungsschutz.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Das passt in eine ganze Reihe von Aktivitäten, bei denen ehemalige Stasifunktionäre im Moment in Ostdeutschland zu erreichen versuchen, dass Ausstellungen über die Stasi in der Öffentlichkeit gezeigt werden können. Die Stasi soll offensichtlich aus einer bestimmten politischen Richtung heraus verharmlost werden, aber das werden wir nicht zulassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Gotthardt, Sie müssen zum Schluss kommen. Die fünf Minuten Redezeit sind um.

Ich komme auch gerne zum Schluss. – Die Stasi ist nicht mit dem Verfassungsschutz zu vergleichen. Wer das tut, versucht die Menschen zu täuschen. Wenn Rot und Grün gemeinsam mit solchen Menschen Anträge zum Thema Stasi unterschreiben, dann ist das ein politischer Skandal. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU – Bei- fall bei der FDP)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke schön, Herr Gotthardt. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Herr Wagner gemeldet.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Erkläre es dem Frank einmal! – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU):Da gibt es nicht zu erklären!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Gotthardt, ich glaube, es tut dem Thema, über das wir heute reden, nicht gut, wenn man in der Art und Weise darüber redet, wie Sie es heute getan haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Herr Kollege Gotthardt, wir waren uns in der letzen Legislaturperiode über alle Fraktionsgrenzen hinweg einig, dass wir das, was jetzt alle Fraktionen dieses Landtags erneut als Antrag vorgelegt haben, einstimmig beschließen können. Es gab einen Konsens in dem alten Landtag, und es gibt einen Konsens in dem neuen Landtag.Deshalb war Ihre Rede hier ein wenig am Thema vorbei und ein wenig unangemessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Man muss neben der Sache auch über das Verfahren reden. Da stimme ich Ihnen zu, Herr Kollege Gotthardt. Aber das Verfahren, dass wir jetzt zwei wortgleiche Anträge von unterschiedlichen Fraktionen haben, zeigt die Absurdität,die die CDU bei diesem Thema eingeschlagen hat,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

und in welch absurde und der Sache unangemessene Situationen dieser Landtag durch die Weigerung der CDUFraktion kommt, interfraktionelle Anträge zu machen.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Herr Kollege Boddenberg, bei diesem Thema der freiwilligen Überprüfung der Abgeordneten durch die sogenannte Birthler-Behörde wäre es sinnvoll gewesen, dass die LINKEN auf dem Antrag stehen; denn nur dadurch, dass die Abgeordneten sich zu dieser Überprüfung bekennen, kann diese Überprüfung erst stattfinden.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wenn Sie das erreichen wollen, was Sie hier vorgegeben haben, dann hätten Sie genau den Weg mit allen anderen Fraktionen zusammen suchen müssen.Sie haben das nicht getan. Wir haben es getan, weil es uns um die Sache geht, weil wir wollen, dass dieser Hessische Landtag genau wie der 16. Hessische Landtag diesen Antrag mit den Stimmen aller Fraktionen beschließt.

Herr Kollege Gotthardt,natürlich geht es in diesem Landtag um eine Auseinandersetzung. Aber es geht um Auseinandersetzung und nicht um Ausgrenzung. Es geht um Auseinandersetzung über politische Inhalte. Es geht um Auseinandersetzung auch mit der Geschichte, die die im Landtag vertretenen Fraktionen und ihre Parteien haben. Darum geht es sehr wohl.

Hier brauchen wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wirklich keine Nachhilfe, wenn es um die Auseinandersetzung mit dem DDR-Regime geht. Ich sage es sehr deutlich. Die Fraktion der LINKEN bzw. die Partei DIE LINKE hat in ihrer Geschichte eine Partei, die Teil des Systems, die d a s System der DDR war. BÜNDNIS 90 ist gegen dieses System gegründet worden und hat während der Zeit der DDR-Diktatur gegen dieses System Opposition gemacht. Das sage ich sehr deutlich, und das gehört zu einer sachlichen Auseinandersetzung dazu.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)