Protocol of the Session on April 23, 2008

Ein bisschen wundere ich mich auch über die Historie des Antrags. Beim letzten Mal hat Frau Kollegin Ypsilanti zu diesem Thema gesprochen. Ich glaube, da haben Sie sich auf ein totes Pferd gesetzt, und ich empfehle immer, wenn das Pferd tot ist, vom Pferd abzusteigen.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Es läuft immer noch!)

Jetzt haben Sie festgestellt, das Pferd zuckt noch. Sie haben sich also auf ein halbtotes Pferd gesetzt.Ob das so viel besser ist, wird man erst sehen, wenn wir realistisch geprüft haben, was hier machbar ist und was nicht machbar ist.

Meine Damen und Herren,ich will hier aber ganz deutlich sagen: Diese Region hat eine besonders hohe Identität. Diese Region ist jetzt schon besonders erfolgreich im internationalen Vergleich. Ich beziehe mich dabei auf Ihren Antrag, habe aber gehört, es soll einen neuen Antrag dazu geben. Dort haben Sie geschrieben, auch die Lebensqualität müsse ein Bestandteil dieser Arbeit sein.

Im internationalen Vergleich gibt es in dieser Region aber eine besonders hohe Lebensqualität, gerade wenn Sie das innerhalb Europas vergleichen. Insofern haben wir hier eine Region, die keine besondere Nachhilfe braucht.

Was sie braucht – und das ist eben auch bei den letzten Wortmeldungen deutlich geworden –, ist ein höheres Wirgefühl außerhalb der Stadt Frankfurt und der Landkreise, die sich hier anschließen. Daher ist der Ansatz von Prof. Jourdan eindeutig richtig, das Spektrum jener Gebiete zu vergrößern, die in ein solches Wirgefühl einbezogen werden müssen. Das reicht sicherlich von der rheinland-pfälzischen Grenze bis zur bayerischen, das geht im Süden bis an die Bergstraße und im Norden mit Sicherheit an die Wetterau.Wir betrachten hier also ein großes Gebiet.

Aber wenn Sie sich das anschauen, dann sehen Sie auch schon: Bisher war das Problem, dass wir eigentlich über diese Regionen gesprochen haben – bzw. eigentlich Sie in Ihren Anträgen – und nicht mit den Regionen.

(Widerspruch des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Von Anfang an war es unsere Kritik, dass die Landkreise rund um Frankfurt im Prinzip alle nicht dafür waren, dass in den nächsten Jahren eine solche Herkulesaufgabe auf sie zukommt. Keiner von denen war bisher bereit, dazu auch nur einen Cent beizutragen.

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Mit dem Kulturfonds hat sich die Region eine große Aufgabe gestellt. Im Moment ist sie dabei, diese Aufgabe abzuarbeiten.Alles, was passiert – das ist eben auch bei Frau Kollegin Beer deutlich geworden –, muss darauf aufset

zen.Wir können nicht das eine durch das andere ersetzen, sondern wir müssen verschiedene Projekte zusammenführen.

Es ist nicht möglich, gegen die Region eine solche Bauausstellung durchzuführen. Im Übrigen sage ich: 99 % der hessischen Bürger wissen überhaupt nicht, was Sie mit einer Bauausstellung meinen. Das wird ohnehin ein Problem für die Politik werden.

(Michael Boddenberg (CDU): Ich zähle mich dazu! – Gegenruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Michael Boddenberg (CDU): Das kann an mir liegen!)

Auch der Kollege Boddenberg weiß nicht genau, was er damit machen soll.

(Zurufe)

Herr Schäfer-Gümbel, das kann man auch nicht mit Hamburg oder Berlin vergleichen. Letztlich sind das kommunale Projekte, die dort durchgeführt werden.

Ich habe eben einen Zwischenruf gehört, der danach fragt, ob diese Internationale Bauausstellung das Dorferneuerungsprogramm für Frankfurt wird. Ich glaube, einige in der Region haben das Gefühl, so etwas sei damit gemeint. Nein, das ist schon mehr. Deswegen haben wir in dem gemeinsamen Antrag vorgeschlagen, das Projekt Bauausstellung zunächst einmal in zwei Teile aufzuteilen.

Der erste Teil besteht in der Klärung, ob dieses Projekt überhaupt realisierbar ist – ob die Kommunen mitmachen,wie es finanziert wird,wie hoch der finanzielle Spielraum dafür ist und über welchen Zeitraum es gehen soll. Es geht nicht darum, hierbei eine bestimmte Projektgruppe zu unterstützen, sondern es geht eindeutig darum, aus den zweifelsohne guten Ideen, die in der vorliegenden Machbarkeitsstudie vorgetragen wurden, etwas herauszunehmen und in einen größeren Rahmen einzubinden.

Dazu haben wir in unserem Antrag einen Dialog empfohlen. Wir empfehlen die Einrichtung einer Art Lenkungsgruppe, die sich zunächst einmal nur mit der Frage beschäftigt, wie realistisch dieses Projekt ist.

An dieser Lenkungsgruppe sollten auf jeden Fall auch Abgeordnete des Hessischen Landtags beteiligt sein,Vertreter der Region, insbesondere auch aus Frankfurt, der Wirtschaftsverbände. Es ist sehr erfreulich, dass schon einige Wirtschaftsverbände gesagt haben, sie könnten sich vorstellen, sich an einer solchen Finanzierung zu beteiligen.

Zunächst einmal müssen wir also in den nächsten Wochen und Monaten ergebnisoffen prüfen, ob es realistisch ist, eine solche Internationale Bauausstellung durchzuführen.

Dann kommt der zweite Teil. Wenn man tatsächlich der Meinung ist, man hat eine solide Finanzierung – die ich so noch nicht sehe, das gebe ich zu; denn wir reden hier über ein Milliardenprojekt, das die Kommunen schultern müssen; und wir reden über einen Betrag, der auch im Landeshaushalt nicht so ohne Weiteres einmal eben herausgeholt werden kann –,dann brauchen wir eine vernünftige Projektsteuerung. Die muss auf vorhandenen Strukturen aufsetzen, da gebe ich der Frau Kollegin Beer eindeutig recht.

Aber lassen Sie uns aus diesem Thema nicht eine Frage machen,ob es diese Region endlich schafft,prosperierend

in die Zukunft zu blicken. Ich glaube, das käme für diese gesamte Rhein-Main-Region zu kurz.

Ich möchte an dieser Stelle eindeutig betonen: Diese Rhein-Main-Region ist im internationalen Vergleich bereits besonders stark.Sie finden in ganz Europa keine Metropole,in der die Lebensqualität so eindeutig hoch ist wie im Rhein-Main-Gebiet. Diese Region ist international gesehen so wirtschaftsstark, dass wir hier keinen Vergleich scheuen müssen.

Deswegen bitte ich darum, dass wir hier keine Botschaften aussenden, die sagen, diese Region muss aus ihrem Schattendasein herauswachsen und endlich international werden. Diese Region ist international wie kaum eine andere.

Wir werden ganz seriös und offen prüfen,ob es zusammen mit der Region finanzierbar und machbar ist,ohne andere Strukturen zu zerstören. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Milde, vielen Dank. – Herr Kaufmann, Sie haben jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss sagen, dass meine Skepsis seit der letzten Debatte über das Thema IBA im Plenum – das ist ungefähr ein halbes Jahr her – sehr gestiegen ist. Die Skepsis der GRÜNEN ist zu diesem Thema insgesamt gestiegen. Wenn ich die heutige Debatte höre – Sie wissen,dass viele Blasen Schaum ergeben –, dann habe ich den Eindruck, dass wir soeben eine ganze Menge Sprechschaum haben zu uns nehmen müssen,und zwar aus verschiedenen Richtungen. Das setzt das fort, darauf möchte ich Bezug nehmen, was bei der Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst deutlich geworden ist – dass nämlich das, was damals vorgetragen wurde, aus unserer Sicht nicht sehr überzeugend war.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben heute zwei Anträge zur IBA vorliegen. Ich denke, eingangs sollten folgende Feststellungen stehen: Wenn die CDU-Fraktion vor einem halben Jahr bereits so weit gewesen wäre, wie sie es heute ist – Herr Kollege Milde hat dies gerade ausgeführt –, dann wären wir bei diesem Thema ein ganzes Stück weiter.

Wenn die SPD ihren Antrag, den wir heute sozusagen als Start in diese Debatte behandeln, nicht nach einem halben Jahr im Wesentlichen recycelt hätte,dann könnten wir feststellen, dass die SPD und vielleicht wir alle schon ein ganzes Stück weiter wären. So sind wir nach meiner Feststellung im Wesentlichen auf der Stelle getreten. Auch wenn sich Frau Kollegin Beer sehr liebevoll

(Zuruf von der FDP: Oh!)

ich habe es bereits „Sprechschaum“ genannt – mit diesem Thema in den verschiedensten Dimensionen auseinandergesetzt hat, muss ich doch feststellen: Im Vergleich zu dem, was die FDP-Fraktion vor einem halben Jahr beantragt hat, ist Ihr Antrag heute kein wesentliches Stück weiter.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Frau Kollegin, das ist kein Vorwurf, sondern es ist einfach das Ergebnis meiner Analyse, sodass ich feststelle: Wir sind bei diesem Thema in der Sache eigentlich nicht vorangekommen. Das muss man feststellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insoweit begrüßen wir diese Diskussion, und wir hoffen auch, dass man in dieser Sache nun ein Stück weiterkommt,wobei ich im Augenblick relativ offen lassen muss, in welche Richtung wir weiterkommen werden. Denn ich war bei der Anhörung des Ausschusses nicht dabei. Dennoch ist es manchmal ein Vorteil,wenn man sich das Wortprotokoll in aller Ruhe, Kapitel für Kapitel und Abschnitt für Abschnitt, genau anschaut.

(Michael Boddenberg (CDU): Haben Sie das nach den 6.000 Ordnern zur Planfeststellung gemacht?)

Herr Kollege Boddenberg, ich kann im Laufe einer Woche eine ganze Menge lesen. Wenn man dies tut, dann stellt man fest, welche Architektenlyrik sowie planerisches Kauderwelsch einem entgegengeworfen wurde.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Michael Bodden- berg (CDU))

Herr Kollege Boddenberg, Sie müssen sich beim Applaudieren nicht umdrehen. Andere haben dies ähnlich gesehen. Ich habe genau nachvollzogen, dass beispielsweise die Fragen von Herrn Kollegen Wagner,die sehr auf die Spitze gepunktet waren, überhaupt nicht beantwortet worden sind. Das macht ein Stückchen skeptisch.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, was mein Lieblingsthema ist. Dieses ist in einem anderen Zusammenhang bereits angesprochen worden. Anhand einer Protokollstelle möchte ich Ihnen dies nun auch beweisen. Es geht um das Thema – man höre und staune – „Grüner Flughafen“. Das hat Herr Prof. Jourdan während der Anhörung etwas breiter ausgeführt. Nun werden Sie gleich merken, weshalb ich skeptisch geworden bin. Da steht z. B., dass der „Grüne Flughafen“ bereits in den Zwanzigerjahren entstanden sei. Damals sei der Flughafen vor den Toren Frankfurts im Stadtwald angelegt worden. Das ist schlicht falsch. So viel historische Richtigkeit sollte man einem Gutachter für eine Machbarkeitsstudie abverlangen können.

Der Flughafen wurde als Schwarzbau im Jahre 1934 von dem damaligen Gauleiter höchstpersönlich durch Einschlag der ersten Bäume – sozusagen als Baumaßnahme – in Betrieb genommen. Die Genehmigung erfolgte nachträglich im Jahre 1937. Das können Sie in den Akten von Herrn Rhiel nachlesen. Ich habe das getan. Insofern ist dies Fakt.

Was will ich damit sagen? Ich will jetzt keine Flughafendebatte führen – Sie wissen alle,dass ich dies gerne mache. Ich will damit sagen, dass diese Machbarkeitsstudie, man muss wohl eher von einer sogenannten Machbarkeitsstudie sprechen, von einer Vision – so sagt man dies neudeutsch – getragen wird und sich weniger auf die tatsächlichen Fakten bezieht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einmal eine Aussage von Herrn Prof. Jourdan – Seite 9 des Protokolls – zitieren:

... man muss sich mit ihnen

den Aufgaben –

auseinandersetzen, wenn man den „Grünen Flughafen“ mit seinen Lärmentwicklungen, seinen