Protocol of the Session on April 9, 2008

Nein, meine Analyse des Wahlergebnisses vom 27. Januar heißt, dass es sich wieder einmal bestätigt hat, dass nicht eine neue Mehrheit und eine neue Regierung gewählt worden sind, sondern dass die Regierung Koch wegen der Schulthemen abgewählt werden sollte. Frau Kollegin Ypsilanti, wenn das so richtig ist, ist Ihre Replik zum Thema Schulpolitik umso falscher. Da hat doch die Regierung Koch, die CDU, in ihrer Bad Wildunger Erklärung das gemacht, was wir als FDP schon vor der Wahl gesagt haben,was zu machen ist und was Sie,meine sehr verehrten Damen und Herren, auch in der Zukunft machen wollen.

Da ist doch nun wirklich erkannt worden, dass es Fehlentwicklungen in der Umsetzung von G 9 auf G 8 und in der Einführung und Durchführung von U+ gegeben hat. Wir als Liberale begrüßen es, dass die CDU jetzt in diesen Punkten auf die Position der FDP zugegangen ist.

(Beifall bei der FDP)

Wir Liberale begrüßen es ausdrücklich. Wir finden es ein bisschen ärgerlich, dass das erst am 15. oder 17. Februar passiert ist.Es wäre vielleicht ganz nett gewesen,wenn Sie das schon am 20. Dezember gemacht hätten, liebe Kollegen von der Union. Frau Ypsilanti, aber das jetzt dem Ministerpräsidenten und CDU-Landesvorsitzenden als nicht nachvollziehbare Beweglichkeit vorzuwerfen, das ist schlicht grotesk.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Union beweist im Bereich der Schule – ich komme gleich noch zur Hochschulpolitik – genau das, was die Wählerinnen und Wähler den Unionschristen am 27. Januar ins Stammbuch geschrieben haben: Macht es anders. – Die Vorschläge, die die Union übernommen hat, sind – das freut uns sehr – die Vorschläge, die die FDP in den letzten eineinhalb, zwei, drei Jahren gemacht hat. Doris Henzler hat so viele Reden zu diesem Thema gehalten, dass jeder in diesem Raum weiß, wie oft die FDP dies besprochen hat.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich freuen wir uns, und es ist vernünftig, dass das so gemacht wird, dass wir uns in der öffentlichen Diskussion von dem Titel Unterrichtsgarantie plus verabschieden.Ich habe das einmal in einer Debatte – ich glaube, in der letzten Haushaltsdebatte – gesagt: Beerdigen wir doch endlich diesen Namen, weil er einfach falsch ist.

Jetzt hat der CDU-Fraktionsvorsitzende – der CDU-Landesvorsitzende, ich muss das korrekt sagen, nein, von beiden ist die Wildunger Erklärung beschlossen worden, sowohl von der Fraktion als auch vom Landesvorstand – Abstand genommen und spricht nunmehr von verlässlicher Schule oder von Schulbetreuung, oder wie auch immer.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, genauso ist es vernünftig und führt in der richtige Richtung – Frau Kollegin Ypsilanti, das kann man als Opposition oder andere Fraktionen nicht einfach zur Seite wischen und karikieren –, dass bei der Umsetzung von G 8 nunmehr der amtierende Kultusminister einen anderen Weg als seine Vorgängerin geht.Wir Liberale haben schon immer gesagt, dass es vernünftig ist, dass bei G 8 nachgebessert werden muss. Wir haben von diesem Pult aus in den Diskussionen und im Landtagswahlkampf, übrigens in großen Teilen gleichlautend wie die Kollegen von den GRÜNEN, gesagt: Es muss Veränderungen im Lehrplan, in den Curricula geben.

Wenn man eine Schulzeit von neun auf acht Jahre reduziert – dazu steht die FDP –, dann muss man auch den Lerninhalt von neun auf acht Jahre reduzieren.

(Beifall bei der FDP)

Das ist eigentlich eine Binsenweisheit, aber es hat ein bisschen gedauert, bis das in die Diskussion hineinkam.

Darüber hinaus haben wir von Anbeginn an gesagt, es muss möglich sein, dass die kooperativen Gesamtschulen von der verpflichtenden Verkürzung freigestellt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das hat auch etwas mit der Bildungsgerechtigkeit insbesondere im ländlichen Bereich zu tun.Wie wir inzwischen hören,stößt das auf offene Ohren.

Als FDP haben wir gesagt, wir wollen, dass die Gymnasien auf Antrag in das Ganztagsschulprogramm des Landes aufgenommen werden müssen. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, auch das hat etwas mit Bildungsgerechtigkeit zu tun, aber da nicht nur im ländlichen, sondern auch im städtischen Bereich, und auch mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch das soll jetzt übernommen werden. Das ist doch eine gute Entwicklung.

(Beifall bei der FDP)

Wir Liberale verstehen deshalb nicht, dass die Sozialdemokraten weiterhin versuchen, mit Schaum vor dem Mund eine Fundamentalopposition gegen die Schulpolitik dieser Regierung zu machen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, gehen Sie doch auch den Weg, den Sie behaupten gehen zu wollen, und lesen Sie das, was die anderen vorlegen.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, offensichtlich aber wollen Sie das nicht zur Kenntnis nehmen – weil das sonst Ihre Argumentation kaputt macht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Schulpolitik wird das zentrale Thema der Auseinandersetzung in diesem Hause werden – sie ist bereits Gegenstand der zentralen Auseinandersetzung in diesem Hause während der letzten eineinhalb, zwei Jahre. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es muss auch darum gehen, dass wir diese Gängelbänder endlich wegnehmen.

Vor einigen Tagen hatten wir den 1. April. Damit will ich jetzt nicht die Abteilung Aprilscherze ansprechen, sondern die ganz dringend notwendige Verfahrensweise der Beförderungen, die zum 1. April im Schulbereich angestanden haben. Ich habe kein Verständnis dafür, dass alles dort aus dem Ministerium in Wiesbaden heraus gelenkt, gesteuert und entschieden wird.

Wir stellen uns eine eigenverantwortliche Schule vor, der eine viel größere Selbstverwaltung zugestanden wird, die vor Ort viel mehr organisieren darf.

(Beifall bei der FDP)

Dazu gehört auf der einen Seite, dass eine eigenständige Rechtsfähigkeit geschaffen wird. Auf der anderen Seite gehört dazu,dass diese Schulen ein eigenständiges Budget bekommen und im Rahmen dieses Budgets eigenständige Personalentscheidungen treffen dürfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es darf nicht dabei bleiben, dass – wie im März dieses Jahres – eine Vielzahl von Personalakten, teilweise mit Kurier, aus den Schulen und den Schulämtern geholt und nach Wiesbaden gebracht wird, damit dort die Beförderungsentscheidungen getroffen oder versagt werden.Diese Entscheidungen müssen nach unten verlagert werden, dorthin, wo das Personal auch tatsächlich beurteilt werden kann: an die Schulen und die Schulämter vor Ort.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie merken, wir Liberale sehen unsere Ideen in der Schulpolitik nunmehr in verstärktem Maße durch die geschäftsführende Landesregierung und durch die CDU-Fraktion unterstützt.Natürlich werden wir Liberale in diesem Haus auch andere Verbündete suchen, damit es an dieser Stelle Mehrheitsentscheidungen gibt.

An dieser Stelle bin ich ganz gespannt darauf, wie sich die Kollegen letztlich verhalten werden, die jetzt mit uns gemeinsam auf der Mittelbank sitzen, die GRÜNEN nämlich. Bekanntlich haben sie zu G 8 dieselbe Grundsatzposition wie wir gehabt, im Gegensatz zu der Position der Sozialdemokraten, die sich für eine Rückführung von G 8 auf G 9 ausgesprochen haben. Ich lade die GRÜNEN ein, mit uns konstruktiv darüber zu reden.

(Beifall bei der FDP)

Das artverwandte Thema der Hochschulpolitik ist von meinen Kollegen Roland Koch und Andrea Ypsilanti ebenfalls bereits angesprochen worden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele von Ihnen in diesem Raum und viele Hessinnen und Hessen wissen, dass gerade für die FDP die Hochschulausbildung ein ganz besonders wichtiger Bestandteil der Landespolitik war, ist und bleiben wird.

Mit Dr. Wolfgang Gerhardt und Ruth Wagner haben wir Liberale in Hessen in diesem Verantwortungsbereich Minister gestellt, die zu ihrer jeweiligen Zeit wichtige Marksteine zur Entwicklung der Hochschulen – der Universitäten und der Fachhochschulen – in Hessen gesetzt haben. Das konnten sie niemals alleine machen.

Frau Kollegin Ypsilanti, ich sehe derzeit von Ihnen nicht mehr so gute Umfrageergebnisse. Dass man innerhalb von zehn Wochen auf 30 % absacken kann,

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): 28 %!)

auch das ist eine Leistung. Unsere Umfrageergebnisse im Hessenlande liegen derzeit zwischen 10 und 12 %. Trotzdem waren wir bisher immer auf Koalitionspartner angewiesen, und mit Wolfgang Gerhardt und Ruth Wagner haben wir in einer jeweiligen Koalition mit der Union die Hochschulen nach vorn bringen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir arbeiten darauf hin, dass wir letztlich vollkommen selbstständige staatliche Hochschulen in Hessen haben.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Eva Kühne-Hör- mann (CDU))

Wir arbeiten darauf hin, dass sich die staatliche Hochschule letztlich ihre Studenten und jeder Student sich seine staatliche Hochschule selbst aussuchen kann.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Eva Kühne- Hörmann und Axel Wintermeyer (CDU))

Das erreicht man nur durch zwei Rahmenbedingungen. Die eine ist eine verlässliche, auf Jahre hinaus festgeschriebene finanzielle staatliche Alimentierung der Hochschulen.

(Beifall bei der FDP)

Der Hochschulhaushalt darf kein Steinbruch für irgendetwas werden.Das sage ich für alle,die noch nicht so lange hier im Hause sind wie ich: In den Neunzigerjahren, in der rot-grünen Regierungszeit von Hans Eichel war der Hochschulhaushalt der Steinbruch für die finanzielle Befriedigung anderer Ressorts. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das haben wir gemeinsam beendet.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben ein besonderes System – Ruth Wagner hat es zusammen mit vielen anderen entwickelt – der leistungsorientierten Mittelzuweisung, LOMZ, als Grundlage dieses stabilen Finanztransfers des Staates zu den Hochschulen entworfen. Wir wollen, dass wieder derartige an Leistungen und an Qualität gemessene Kriterien in den Finanztransfer des Staates an die Hochschulen zum Tragen kommen. Das nennen wir den Hochschulpakt. Das ist die erste Rahmenbedingung.

Die zweite Rahmenbedingung besteht darin, einen Wettbewerb zwischen den Hochschulen zu ermöglichen, damit die Hochschulen, die es wollen, sich tatsächlich beweisen können und die Studentinnen und Studenten am Bench

marking sehen können, welche Universität für sie gut und welche für sie nicht so gut geeignet ist.

(Beifall bei der FDP)

Beide Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden. Letzteres erreicht man nur, wenn man auch die Hochschulen in die Freiheit entlässt und ihnen die Hoheit über das Personal, über die Grundstücke sowie die Bauherreneigenschaft, und was es da sonst noch alles gibt, überträgt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Liberale werden die Weiterentwicklung des Hochschulrechts in Hessen in den nächsten Wochen und Monaten auf die Tagesordnung dieses Hauses setzen. Denn es reicht nicht aus, sich beim Thema Hochschulen ausschließlich mit den Studienentgelten auseinanderzusetzen. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der linken Front in diesem Hause, da springen Sie nun wahrlich, wahrlich viel zu kurz.

(Beifall bei der FDP)

Es kann doch nicht wahr sein, dass die einzige hochschulpolitische Initiative, die Sie in den letzten zehn bis zwölf Wochen verkünden und die Sie jetzt wieder mit vielen Begleitartikeln und Interviews gebracht haben, die Abschaffung der Studiengebühren betrifft. Wer so handelt, der versündigt sich an den Studentinnen und Studenten in diesem Land.