Die dritte Ebene ist allerdings die Ebene, bei der es spannend wird: Das sind die Entscheidungen von grundsätzlicher landespolitischer Bedeutung. Ich gehe davon aus, dass wir an dieser Stelle den größten Diskussionsbedarf im Parlament haben werden.
Bei uns gehört zu der Ebene der Gesetze und Initiativen, die unmittelbar anstehen und weitreichende Bedeutung haben, dazu, dass wir heute einen Antrag einbringen, dass Hessen in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder zurückkehrt. Die Bezahlung der Landesbediensteten nach Gutsherrenart, Klüngel für Parteigänger und Drohgebärden gegenüber Andersdenkenden müssen ein Ende haben.
Deshalb werden wir das Personalvertretungsrecht wieder demokratisieren. Der öffentliche Dienst muss auch wieder Schrittmacher in der Frauenförderung werden.
Wir teilen auch nicht die konservative und von Ihnen in Hessen leider praktizierte Auffassung, dass eine Marktwirtschaft sich unbeschadet ihres sozialen Netzes entledi
gen kann. Wir glauben, dass sozialer Ausgleich, soziale Gerechtigkeit und sozialer Frieden Grundlagen für eine erfolgreiche Wirtschaft und für eine erfolgreiche Gesellschaft sind. Um das soziale Netz neu zu knüpfen, werden wir im Rahmen der nächsten Haushaltsberatungen auf ein verlässliches Sozialbudget hinwirken, das den Trägern wieder mehr Gestaltungsfreiheit und Planungssicherheit gibt.
Um gezielte Maßnahmen gegen Armut und insbesondere Kinderarmut zu ergreifen, brauchen wir eine Datengrundlage. Diese brauchen nicht nur wir als Volksvertreterinnen und Volksvertreter, sondern diese brauchen alle, die mit dem Thema Armutsbekämpfungen befasst sind. Deshalb werden wir einen umfassenden Armuts- und Reichtumsbericht von der geschäftsführenden Landesregierung einfordern, um daraus ein Programm zur Armutsbekämpfung zu erarbeiten.
Den Frauenbeauftragten – dazu haben Sie in Ihrer Regierungserklärung nichts gesagt – werden wir wieder die Wirkungsmöglichkeiten geben, die sie für ihr Vorgehen gegen praktische Diskriminierung brauchen. Wir wollen damit die lila Pause der letzten neun Jahre beenden.
Wir werden den Beschluss Ihrer Regierung wieder rückgängig machen, die Zuständigkeit für das betreute Wohnen behinderter Menschen den örtlichen Sozialhilfeträgern zu übertragen.
Wir werden die Erziehungsberatung besser ausstatten und das im neuen Haushalt unterbringen. – Herr Wagner, gehen Sie davon aus,dass ich an diesen Stellen nicht daran zweifle, dass wir dafür eine Mehrheit in diesem Hause finden werden.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU):Spannender wird es,ob Sie die Mehrheit für die Finanzierung der Kosten finden!)
Wir wollen schnellstens erreichen, dass die Härtefallkommission mit Vertretern aus der sozialen Praxis, den Kirchen und den Flüchtlingsorganisationen besetzt wird.
Natürlich wird ein Hauptaugenmerk auf der Bildungspolitik liegen. Da hat diese Landesregierung in den letzten Jahren ihrer Regierung gravierende Fehler gemacht. Wenn ich heute lese, was Herr Banzer dazu sagt, dann kann ich nur sagen: Herr Banzer, Sie bestätigen im Nachhinein, wie schlecht die Bildungspolitik dieser CDU-Landesregierung war.
Nicht anders kann man das, was Sie jetzt ankündigen, bewerten. Aber es ist eine gute Grundlage, um in die Diskussion zu kommen – auch mit uns. Für die Bildungspolitik werden wir heute den Dringlichen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Studiengebühren einbringen. Und natürlich besteht bei G 8 klar dringender Handlungsbedarf. Wir sehen da bei Ihnen sehr viel Bewegung.Aber wir werden grundsätzlich diskutieren müssen, ob das System G 8 überhaupt reparabel ist. Ich erinnere daran, dass Herr Dittmann vom Philologenverband, aber auch die GEW sagt, dass man dieses System eigentlich nicht reparieren kann. Deshalb glaube ich, dass wir an dieser Stelle eine Grundsatzdebatte führen müssen.
Für die nächste Haushaltsberatung werden wir ein unmittelbar zu realisierendes Konzept zur Erweiterung der Zahl der Ganztagsschulen und der Kindertagesstätten vorlegen. Wir werden Vorschläge zur Gestaltung der Bildungsinhalte einbringen, mit denen auf die Entfaltung aller Talente, die Beseitigung der Frühauslese und die Entwicklung der Sozial- und Demokratiefähigkeit der Jugend gesetzt wird.Frühe Bildung und gleiche Bildung – das sind für uns die Leitlinien. Bildung entscheidet nämlich nicht nur über die Zukunft jedes einzelnen Kindes, sondern gute Bildung entscheidet auch über die Zukunft dieses Bundeslandes Hessen.
Deshalb geht unsere Aufforderung auch an alle Fraktionen, mitzuhelfen, die Ressourcen im Haushalt für eine bessere Bildung zur Verfügung zu stellen.Wir beauftragen heute in einem ersten Schritt die geschäftsführende Landesregierung – hoffentlich mit der Mehrheit in diesem Parlament, Herr Wagner –, die vorliegenden Anträge auf Umwandlung in integrierte Gesamtschulen zu genehmigen.
Es wird nicht nur unserer Überzeugung gerecht, dem Willen der Schulen Folge zu leisten, sondern es ist auch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Haus der Bildung.
Weitere Schritte werden folgen. Wir wollen die sogenannte Unterrichtsgarantie plus gesetzlich so verändern, dass die Schulen zur Sicherung verlässlicher Schulzeiten die Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Wir wollen die Querversetzung abschaffen. Sie fördert unseres Erachtens sowie auch von Wissenschaftlern erwiesen die Selektion im Bildungswesen und beschämt die Kinder. Andere Länder machen das besser.
Wir wollen kleine Klassen und ein breites Schulangebot vor Ort. Immer noch sind Schulen in ihrer Existenz bedroht. Wir wollen die Regelungen zu den Richtwerten, Herr Banzer, zu Klassenbildung und Mindestzügigkeit aus dem Schulgesetz streichen – genauso wie die Beteiligung der Eltern an den Schülerbeförderungskosten.
Hessen ist ein wirtschaftlich starkes Land – auch dann, wenn viele Dynamikfaktoren in den letzten Jahren gelitten haben, was wir von verschiedenen Untersuchungen wissen.Wir wollen die wirtschaftliche Stärke erhalten und fortentwickeln – insbesondere der Mittelstand und die kleinen und mittleren Unternehmen erwarten, dass die
Landespolitik ihre Interessen wahrnimmt. Dazu gehört, dass die monetäre und nicht monetäre Förderung wieder in einen Hand kommen. Dazu gehört, dass die Sparkassen als wichtiger Partner des Mittelstandes nicht gefährdet werden.
Sie haben in Ihrer Regierungserklärung auch über die Globalisierung, über Ängste vor Globalisierung und über den demografischen Wandel gesprochen. Ich finde aber, dass Sie an dieser Stelle sehr unkonkret geblieben sind. Deshalb schlage ich Ihnen vor, dass Sie sich uns bei unserem Werben für eine Mehrheit im Hessischen Landtag für eine Internationale Bauausstellung – nachhaltige Metropolitana 2020 anschließen. Denn wir wollen den internationalen Standortwettbewerb um Unternehmen, Einwohnerzuwachs, Arbeitsplätze bei Forschung und Wissenschaft für uns entscheiden, indem wir ökonomische Nachhaltigkeit mit sozialer, kultureller und ökologischer Nachhaltigkeit verbinden. Gerade vor dem Hintergrund des Flughafenausbaus muss es uns allen ein besonderes Anliegen sein, diese Verbindung von wirtschaftlicher Prosperität und Lebensqualität in den Mittelpunkt unserer Politik zu rücken und damit auch ein Stück weit die Region und die Menschen, die in der Region leben wollen und dort arbeiten, mit dem Ausbau des Frankfurter Flughafens zu versöhnen.
Das alles wird Geld kosten. Ich habe mich an dieser Stelle auch Folgendes gefragt. Herr Koch, Sie reden eigentlich immer auch sehr gern vom Finanzplatz Frankfurt. Ich hätte an dieser Stelle auch einmal einen kleinen Ausflug zu dem Thema Finanzmarktkrise erwartet, die vielleicht auch Auswirkungen auf unseren Haushalt haben wird. Ich halte es einfach für einen Skandal, dass hoch dotierte junge Bänker nicht nur in den USA Milliarden in den Sand setzen, sondern da werden auch in den Landesbanken in Bayern, in Sachsen und in Nordrhein-Westfalen Millionen von Steuergeldern versenkt.
Ich stelle fest, dass wir das nicht einfach so durchrutschen lassen können, sondern dass Politik dazu eine Aussage zu machen hat. Wenn Herr Ackermann schon sagt, dass die Selbstheilungskräfte der Märkte nicht mehr ausreichen und dann in der Phase, in der ganz lange Gewinne gemacht wurden
und in der trotz der Gewinne Menschen entlassen wurden und, wenn es schiefgeht, nach dem Staat gerufen wird, dann hat Politik zu handeln.
und wenn wir dann feststellen müssen, dass die Steuergelder wieder dafür herhalten müssen, wenn es der Markt nicht regelt, dann haben die Bürgerinnen und Bürger ein
Anrecht darauf, dass es kontrolliert wird, dass es transparent wird und dass Rahmenbedingungen gesetzt werden, wo so etwas nicht mehr vorkommen kann.
(Beifall bei der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Seit wann regiert ihr denn in Berlin? Wer ist denn Finanzminister? Steinbrück!)