Die Anliegen, die uns erreichen, sind ebenso vielfältig wie die Motive der Petenten, sich an uns zu wenden. Wir haben am Ende des Petitionsberichts wieder einige Beispiele aufgelistet. Damit kann Ihnen vielleicht ein Eindruck der Vielfalt der Anliegen vermittelt werden, die uns vorgetragen werden.
Sicherlich wenden sich viele der Petenten aus Verzweiflung an uns, nachdem andere Versuche, ihr Anliegen zu verfolgen, gescheitert sind. Die Petition ist dann sozusagen der letzte Versuch, weil alles andere nichts geholfen hat. Viele scheuen möglicherweise aber auch einen Rechtsstreit, etwa aus Unsicherheit über die Folgen, oder um Kosten zu sparen.
Dazu muss man allerdings sagen: Das Petitionsverfahren stellt keine Alternative zu dem Verfahren vor der dritten Gewalt dar. Wir kontrollieren als erste Gewalt, als Legislative, vor allem die Aktivitäten der Exekutive, also der Regierung und der Verwaltung. Wir kontrollieren aber nicht die dritte Gewalt, die unabhängigen Gerichte, in deren Entscheidung wir nicht eingreifen. Die Gerichte können wir nicht ersetzen.Deren Entscheidungen können wir auch nicht korrigieren.
Natürlich fühlen sich alle Petenten, die bei uns eine Petition eingereicht haben, durch die Behörden des Landes oder der Kommunen ungerecht behandelt. Eventuell liegen sie auch im Streit mit anderen Bürgerinnen und Bürgern. Viele erbitten von uns zumindest eine unabhängige Überprüfung der ihnen unverständlichen Entscheidungen.
Das erhoffen sie sich von den Abgeordneten, die den Fall eben nicht mit einem juristisch verbildeten oder fachlich eingeschränkten Blick sehen, sondern mit dem, was man gemeinhin den gesunden Menschenverstand nennt. Darauf haben sie einen Anspruch. Darum bemühen sich die Mitglieder des Petitionsausschusses nach besten Kräften.
Natürlich haben wir auch querulatorisch veranlagte Petenten. Das kann man nicht verleugnen. Manche beschweren sich buchstäblich über Gott und die Welt, sie sehen sich praktisch von allen, denen sie begegnen, verfolgt und ungerecht behandelt. Es gibt nun einmal Menschen, die kommen mit ihrem Leben und ihren Mitmenschen nicht zurecht und versuchen dann, dies in Beschwerden über alles und jeden zu kanalisieren.
Das ist die absolute Ausnahme. Das gehört aber dazu. Man könnte sagen: Das Leben ist bunt. Die Menschen sind noch viel bunter.All dies bildet sich in seiner ganzen Vielfalt in der Arbeit des Petitionsausschusses ab. Deshalb ist die Arbeit bei uns im Ausschuss so interessant und abwechslungsreich. Deshalb habe ich in dieser Wahlperiode gerne den Vorsitz dieses ganz besonderen Ausschusses übernommen.
Meine Damen und Herren,der Ihnen vorliegende Bericht betrifft den Zeitraum von April 2007 bis April 2008.In der Geschäftsordnung gibt es die Regelung, dass jährlich ein Petitionsbericht zu erstatten ist. Zugleich enthält er auch eine Zusammenfassung der Aktivitäten der gesamten 16. Wahlperiode.Während dieser gesamten fünf Jahre wurde der Petitionsausschuss von meiner Vorgängerin, Frau Abg. Ilona Dörr, geführt, die dem Landtag nicht mehr angehört.
Ich hatte Frau Dörr ausdrücklich eingeladen, an der Debatte um den Bericht heute teilzunehmen. Sie hat mir zurückgeschrieben, dass sie leider keine Zeit hat. So ist das bei vielen Menschen, die im Ruhestand sind. Dann haben sie gar keine Zeit mehr. Ich möchte aber von hier aus einen herzlichen Gruß an die ehemalige Abg. Ilona Dörr richten.
Sie hat die Aufgabe der Vorsitzenden mit großem Engagement und einer Fairness wahrgenommen, die von allen Ausschussmitgliedern immer geschätzt wurde und mir, ihrem Nachfolger, als Vorbild dient. Für ihre Arbeit gebührt ihr mein Dank und sicherlich der des ganzen Hauses.
Aus den Zahlen, die wir Ihnen vorgelegt haben, können Sie ersehen, dass die Anzahl der Petitionen rückläufig ist. Waren es im ersten Berichtszeitraum der letzten Wahlperiode noch fast 1.500 Eingänge, so waren es im letzten Berichtszeitraum, also vier Jahre später, nur noch 1.150 Eingänge. Es handelt sich um einen Rückgang um mehr als 20 %.
Wir haben das im Petitionsbericht dargelegt: Eine wesentliche Ursache ist der deutliche Rückgang der sogenannten Ausländerpetitionen.Das sind die Petitionen,mit denen in der Regel ein Bleiberecht für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger begehrt wird, das ihnen von der zuständigen Ausländerbehörde verwehrt wurde.
Im Berichtszeitraum der Jahre 1999/2000 machten diese Petitionen z. B. noch fast zwei Drittel aller Eingänge aus. Im abgelaufenen Berichtszeitraum entfällt nur noch ein Drittel aller Eingänge auf diese Art Petitionen.
Die hohe Anzahl der Ausländerpetitionen ist ohnehin eine hessische Spezialität. Die Petitionsausschüsse anderer Landtage haben in der Regel sehr viel weniger mit Ausländerpetitionen zu tun. Manchmal ist deren Anteil sogar nur marginal.
Zum Rückgang beigetragen haben sicherlich auch die Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz vom November 2006 und die sogenannte Altfallregelung vom August 2007. Beides sind aber Übergangsregelungen.Wir werden sehen, ob nach deren Auslaufen – sie sind an Stichtage geknüpft – die Anzahl der Ausländerpetitionen wieder zunehmen wird. Allerdings haben wir in Hessen auch einen Rückgang der Zuwanderung zu verzeichnen.
Außerdem werden wir heute noch im Laufe des Tages – das steht zumindest auf der Tagesordnung – den Gesetzentwurf zur Einrichtung einer Härtefallkommission verabschieden und damit die bisher bestehende Doppelbefassung des Petitionsausschusses und der Härtefallkommission abschaffen. Bisher musste immer eine Petition eingereicht werden, damit es überhaupt zu einer Entscheidung der Härtefallkommission kommen konnte.
Deshalb mussten wir uns im Ausschuss auch mit Petitionen befassen, deren Aussichtslosigkeit von vornherein auch den Petenten klar war. Sie hatten sie überhaupt nur als Durchlaufstation zur Härtefallkommission eingereicht.
Das wird uns dann erspart bleiben. Die Härtefallkommission soll in Zukunft unmittelbar befasst werden können. Ich verspreche mir von dieser Neuregelung auch eine Entlastung unseres Petitionsausschusses.
Meine Damen und Herren, den Zahlen können Sie auch entnehmen, dass nur knapp ein Viertel der Petitionen Erfolg oder teilweisen Erfolg hat. Ein weiterer Teil der Petitionen endet neutral, wird z. B. zurückgezogen, an andere Volksvertretungen abgegeben oder erledigt sich auf andere Weise, wobei wir dann nicht wissen, wie es ausgegangen ist. Man muss aber sagen: Rund 60 % der Petitionsverfahren enden mit einem negativen Ergebnis für die Petenten. In der Mehrzahl der Fälle können wir den Petenten nicht weiterhelfen. Das ist für diese sicherlich unbefriedigend.
Diese Nachricht hat aber auch eine gute Seite: Die Behörden des Landes Hessen haben in der Mehrzahl der uns vorgelegten Fälle rechtmäßig gearbeitet und sind zu angemessenen Entscheidungen gekommen, die von uns nicht zu beanstanden sind. Meiner Ansicht nach hätten wir eher ein Problem, wenn das Zahlenverhältnis umgekehrt wäre, also wenn wir in 60 % der Fälle Fehler beim Handeln der Verwaltung feststellen würden.
Vor allem darf eines nicht unterschätzt werden: Auch die im Ergebnis erfolglosen Petitionen können durchaus eine befriedende Wirkung haben.Wenn die Petenten den Eindruck gewinnen, der Ausschuss hat ihr Anliegen ernst genommen, hat es sorgfältig geprüft und verantwortlich entschieden, dann können sie das Ergebnis vielleicht besser akzeptieren, obwohl es ihnen immer noch nicht gefällt, weil es trotz der Überprüfung nicht abgeändert werden konnte.
Deswegen ist der Umgang mit den Petenten, mit denen wir in der Regel nur schriftlichen Kontakt haben, so außerordentlich wichtig.Wir haben im Petitionsausschuss und in der Vorprüfungskommission mehrfach darüber gesprochen, ob unsere Schreiben an die Petenten für diese immer verständlich sind. Da müssen wir uns sicherlich ständig prüfen und Abhilfe schaffen, wenn es noch mangelt.
Wir haben in dieser Wahlperiode etwas neu eingeführt. Dies ist eine regelmäßige monatliche Sprechstunde, von der wir uns versprechen, dass wir noch näher an die Bürgerinnen und Bürger herankommen.
Ich möchte die Einbringung des Berichts nicht zu Ende gehen lassen, ohne mich bei allen Mitgliedern des Petitionsausschusses herzlich zu bedanken.
Ich danke allen Mitgliedern des Petitionsausschusses der letzten Wahlperiode. Denn es handelt sich um einen Bericht über die 16.Wahlperiode. Ich möchte mich insbesondere bei den Obleuten, Herrn Bellino, Frau Waschke, Herrn Frömmrich und Herrn Rentsch, bedanken.
Natürlich möchte ich mich auch bei allen Ausschussmitgliedern der neuen Wahlperiode bedanken.Wir haben die Arbeit mit Schwung aufgenommen. Die Motivation aller
Ausschussmitglieder liegt irgendwo zwischen Elan und Enthusiasmus. – Ich kann nur sagen: Weiter so, ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.
Aber der Petitionsausschuss wäre natürlich ohne die unermüdliche Zuarbeit des Petitionsreferats der Landtagskanzlei nicht arbeitsfähig, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ich ganz herzlich begrüßen darf. Sie befinden sich in großer Zahl oben auf der Tribüne.
Ich bedanke mich bei Ihnen allen für Ihren engagierten Einsatz, für Ihr immer umsichtiges Wirken und vor allem für Ihre Nachsicht gegenüber den kleinen Eigenheiten des Vorsitzenden und der Ausschussmitglieder. Ganz herzlichen Dank an Frau Bachmann als Bereichsleiterin, Herrn Beck als stellvertretenden Bereichsleiter, Frau Brink, Frau Bicking, Herrn Dingeldein, Frau Krüger, Frau Schalk und Frau Rommelaere.Sehr gern würde ich an dieser Stelle auch denjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Dank bekunden, die künftig die derzeit vakanten Stellen im Petitionsreferat besetzen werden. Herr Präsident, es wäre schön, wenn ich das nicht erst in dem nächsten Petitionsbericht in einem Jahr machen könnte, sondern die vakanten Stellen schon vorher besetzt werden.
Vielen Dank, Herr Vorsitzender des Petitionsausschusses Dr. Jürgens. Ich möchte auch Ihnen und dem neuen Petitionsausschuss alles Gute und viel Erfolg im Sinne und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger wünschen.
Wir fahren in der Rednerliste fort. Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Lenders das Wort. Ich darf daran erinnern: Die Redezeit beträgt fünf Minuten.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Petitionsrecht ist ein Grundrecht, ist ein Bürgerrecht, das sowohl im Grundgesetz,Art. 17, als auch in der Hessischen Verfassung,Art. 16, als persönliches Recht eines jeden Bürgers verankert ist. Es eröffnet jedermann die Möglichkeit, sich mit Bitten und Beschwerden an das Parlament zu wenden, sofern sich Kritik oder der Unmut auf Entscheidungen staatlicher Stellen bezieht.
Auf diese Weise können jede Bürgerin und jeder Bürger staatliches Handeln überprüfen lassen.Das Petitionsrecht ist damit ein direktes Instrument der Kontrolle der Verwaltung und kann gelegentlich auch Mängel in der Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen aufzeigen, die eine Überarbeitung nötig haben.
Die Summe der Petitionen, die innerhalb einer Legislaturperiode eingehen, lässt oft eine Tendenz bzw. Schwerpunkte erkennen, auf die sich die Kritik der Bürgerinnen
Meine Damen und Herren, der Anteil der Ausländerpetitionen ist überragend und fällt auf. Für die FDP-Fraktion und für unsere Abgeordneten kann ich sagen:Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist