Protocol of the Session on September 25, 2008

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben für die Schulen in freier Trägerschaft im Jahre 1999 – in diesem Zusammenhang verweise ich lediglich auf die Zahlen – insgesamt 118 Millionen c ausgegeben. Wir haben im aktuellen Haushalt 480 Millionen c eingestellt. Das ist eine Steigerung, die in besonderer Art und Weise deutlich macht, wie sehr wir in den letzten Jahren hinter den Schulen gestanden haben.

Jetzt kommen wir zu der Frage, die Frau Henzler aufgeworfen hat, nach der Vergleichbarkeit, den Parametern und der Transparenz der Finanzierung. Ich glaube, wir waren uns in diesem Hause im alten Landtag bisher alle einig, dass wir dort in besonderer Art und Weise Nachbesserungen vornehmen müssen. Die Parameter, die, wenn ich es richtig im Kopf habe, seit 1972 unverändert sind, müssen auf den Prüfstand gestellt werden,und wir müssen auch dort zu neuen Bewertungen kommen. Das Berechnungssystem sollte überarbeitet werden, und die Gespräche mit den Trägern sollten, so auch unser Antrag, den wir heute in die Debatte einbringen, noch in diesem Jahr in Gang gesetzt werden. Von daher stehen wir dem Antrag der FDP positiv gegenüber, noch in diesem Jahr eine Anhörung zu diesem Thema durchführen zu lassen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Sehr vernünftig!)

Denn uns liegt das so am Herzen, dass wir das noch in diesem Jahr machen sollten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aber vielleicht ist diese Anhörung noch viel wichtiger, als wir im Moment glauben. Denn – Frau Henzler hat darauf hingewiesen – es gibt eine neue Gefahr für die Schulen in privater Trägerschaft.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Es gibt eine deutliche Aussage der neuen Fraktion im Hessischen Landtag, der Fraktion DIE LINKE. Frau Cárdenas hat bei einer Podiumsdiskussion der IHK Wiesbaden am 04.09., in aller Öffentlichkeit, gesagt: „Wir sind gegen Privatschulen.“

(Axel Wintermeyer (CDU): So ist es! – Zuruf der Abg. Barbara Cárdenas (DIE LINKE))

Das macht doch wohl deutlich, welch Geistes Kind Sie sind und in welche Richtung Sie dieses System weiterentwickeln wollen. – Meine Damen und Herren, man könnte nun sagen, das hat nur Frau Cárdenas erzählt; das sei eine Einzelmeinung einer LINKEN. Aber dann schauen wir ein bisschen in der Republik herum.DIE LINKE im Land Brandenburg

(Axel Wintermeyer (CDU): Bedroht unsere Gesellschaft!)

hat im Kommunalwahlprogramm für dieses Jahr, 2008, ganz deutlich stehen: „Der Zuwachs an Privatschulen muss unbedingt begrenzt werden.Wir wollen keine weiteren Privatschulen.“ In der Zukunftswerkstatt Schule, den die Partei der LINKEN veranstaltet hat, hat Herr Prof. Dr. Werner Kienitz, der Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildungspolitik der LINKEN ist, deutlich gesagt: „Die LINKEN müssen erkennen und sind wohl auch auf dem Weg dazu, dass der Einsatz für die Gleichheit der Bildungsmöglichkeiten zwei Stoßrichtungen braucht: den Kampf für die... staatliche Gemeinschaftsschule und gegen die Entwicklung der privaten Schulen, noch dazu auf Staatskosten.“

(Zurufe von der CDU: Eijeijei!)

Das sind ganz deutliche Ausführungen dazu. Richtig kernig wird es aber,wenn man die linke Jugend anschaut.Der Landessprecher der linken Jugend [’solid], Fabian Bünnemann aus Nordrhein-Westfalen, hat gesagt: „Wir fordern ein generelles Verbot von Privatschulen.“

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Hört, hört! – Axel Wintermeyer (CDU): Das darf ja nicht wahr sein!)

Meine Damen und Herren von den LINKEN, der Treppenwitz an der Geschichte ist eigentlich,

(Axel Wintermeyer (CDU): Das ist kein Witz mehr!)

dass Sie, wenn Sie mit Ihren Vorstellungen einer Zwangseinheitsschule durchkommen, ein Konjunkturprogramm für Privatschulen erst auflegen und diese Schulen dann in besonderer Art und Weise fördern werden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, ich habe es gesagt:Wir stehen zu unseren Schulen in freier Trägerschaft. Sie machen deutlich, dass Sie wieder einmal ein gebrochenes Verhältnis zum Rechtsstaat haben.

(Zurufe der Abg. Dr. Thomas Spies (SPD) und Marjana Schott (DIE LINKE))

Denn das Freiheitsgebot in Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes gewährleistet die Freiheit der Gründung von Privatschulen.Wir werden das auch in Zukunft garantieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Weinmeister. – Für die SPDFraktion erteile ich der Kollegin Habermann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich am Anfang zwei Sätze zu den Reden von Herrn Weinmeister und Frau Henzler sagen. Ich hatte erwartet, dass wir uns heute auf die fachliche Debatte über die Situation der Schulen in freier Trägerschaft konzentrieren, und bin etwas enttäuscht, dass auch Sie beide gerade der Versuchung erlegen sind,dieses Thema zu nutzen,um hier Panikstimmung zu erzeugen

(Florian Rentsch (FDP): Keine Panik, Frau Kollegin!)

und Bilder zu stellen, die nicht der Realität entsprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Herr Weinmeister hat dankenswerterweise Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes zitiert. Deswegen wissen alle, die im Raume sind, dass es unredlich ist, zu behaupten, die Privatschulen, wie es in Frau Henzlers Presseerklärung steht, dürften „nicht einem rot-grün-roten Experiment geopfert werden“.

(Zurufe der Abg. Judith Lannert und Mark Wein- meister (CDU))

Ich glaube, wir sollten jetzt ganz schnell auf den Gegenstand der Debatte zurückkommen. Ich werde das jetzt auch tun.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN – Mark Weinmeister (CDU): Sagen Sie etwas zu den Äußerungen der LINKEN!)

Meine Damen und Herren, zum 01.01.2007 hat der Hessische Landtag das Gesetz zur Förderung von Schulen in freier Trägerschaft novelliert.

Frau Habermann, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Henzler?

(Heike Habermann (SPD): Frau Henzler, bitte!)

Frau Habermann, sind Sie bereit, anzuerkennen, dass in den Wahlprogrammen der LINKEN und auch in den Aussagen von Frau Cárdenas sehr deutlich zum Ausdruck kommt, dass sie Privatschulen abschaffen wollen, und würden Sie uns dann bitte einmal erklären, wie die Verhandlungen mit dieser Fraktion aussehen, wenn Sie jetzt behaupten, die Gefährdung bestehe überhaupt nicht?

(Zurufe der Abg. Petra Fuhrmann und Dr.Thomas Spies (SPD))

Frau Henzler, vielleicht ist es die FDP gewohnt gewesen, dass sie in Verhandlungen als kleinste Partei obsiegt. Das ist nicht unsere Erfahrung. Ich kann Sie außerdem darauf hinweisen, dass Sie sehr wohl auch einen Antrag – –

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): DIE LINKEN werden ja genagelt! – HansJürgen Irmer (CDU): Frau Ypsilanti hat erklärt, dass es ihr nicht gelungen ist, die Kommunisten zu nageln!)

Frau Henzler, könnten Sie mir jetzt einmal zuhören? Sie wollten eine Antwort haben. Sie hätten vorhin auch aus einem Antrag der SPD-Fraktion aus dem Jahre 2004 zitieren können. Sie hätten den Antrag der GRÜNEN aus dem Jahre 2006 nicht gebraucht. Hier steht klipp und klar, um was es geht. Deswegen können Sie sich darauf verlassen, dass das die Position der SPD ist und bleibt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Kommen wir zurück zum Gegenstand der Debatte. Der Novellierung des Gesetzes war in der Anhörung eine intensive Diskussion darüber vorausgegangen, dass die vorgelegte Novellierung nur einen vorläufigen Charakter haben könne, da der Anspruch, eine transparente Berechnungsgrundlage zur Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft zu entwickeln, wegen noch nicht zur Verfügung stehender Zahlengrundlagen nicht eingelöst werden konnte. Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hatte damals den Antrag gestellt, das Gesetz auf Ende 2007 zu befristen, um zu erreichen, dass die Landesregierung die Vorlage der vielfach angekündigten Zahlengrundlagen nicht unnötig verschleppt. Dieser Antrag wurde von CDU und FDP zwar abgelehnt, aber Kultusministerin Wolff äußerte in der Plenarsitzung vom 23.11.2006 die Überzeugung – ich zitiere –, „dass dieses Gesetz mit Blick auf die grundsätzlichen Berechnungsparameter nur eine überschaubare Gültigkeitsdauer haben wird“.

Meine Damen und Herren, wir wissen inzwischen, welche Gültigkeitsdauer die Vorgaben von Frau Wolff beim geschäftsführenden Kultusminister haben.Aber gerade deshalb ist es völlig unbefriedigend, wenn sich knapp zwei Jahre später feststellen lässt: Geschehen ist bis heute nichts.

Die damalige Kultusministerin hat das Jahr 2007 untätig verstreichen lassen. Der geschäftsführende Kultusminister hat sich in seinem Tempo an seiner Amtsvorgängerin orientiert. Offensichtlich hat die Baustelle G 8 auch die kompletten Kräfte im Kultusministerium in Anspruch genommen, sodass nicht nur bei der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft politischer Stillstand eingetreten ist.

Die notwendige Auswertung der SAP-Daten zur Erfassung der Schülersachkosten wurde mehrmals für den Sommer 2007 angekündigt. Die ausweichende Antwort auf eine Kleine Anfrage,die ich im Juni 2008 gestellt habe, ist allerdings ebenso ernüchternd wie unbefriedigend. Ich zitiere aus der Antwort des Kultusministeriums:

Bei der letzten Novellierung des Ersatzschulfinanzierungsgesetzes im Jahre 2006 wurde angekündigt, das Berechnungsmodell zur Ermittlung der Personalausgaben pro Schulform grundlegend zu verändern. Die dafür notwendigen Berechnungen werden noch in diesem Jahr durchgeführt.

Also, man merke: inzwischen 2008, nicht mehr 2007.

Nach der Auswertung kann über eine grundlegende Überarbeitung des Ersatzschulfinanzierungsgesetzes beraten werden.

Ich stelle fest, dass die Schulen in freier Trägerschaft mit dem Hinweis auf noch nicht erstellte Berechnungsgrundlagen hingehalten wurden. Zahlen, die für den Sommer 2007 angekündigt wurden, liegen offensichtlich bis heute nicht vor.

Meine Damen und Herren, Herr Kultusminister, ich bestreite nicht, dass es ein Kraftakt ist, ein offensichtlich in den Grundlagen völlig unzureichendes Gesetz unter Einbeziehung der Träger und ihrer Interessen zu einem zukunftsfähigen Instrument umzugestalten. Ich kritisiere aber, dass diese Landesregierung in den vergangenen zwei Jahren offensichtlich nicht den Willen dazu hatte, voranzukommen. Auch ohne eine fertige neue Finanzierungsgrundlage wäre es möglich gewesen, dem Wunsch der Schulen in freier Trägerschaft zu entsprechen und eine Kommission einzurichten, die sich mit den vielfältigen Problemstellungen auseinandersetzt, die neben der Berechnungsgrundlage in einem neuen Gesetzentwurf gelöst werden müssten. In einer solchen Kommission könnten z. B. die Grundlagen für die Erfassung der Schulkosten der kommunalen Schulträger, Wartefristen für Neugründungen sowie Berechnungsintervalle zur Feststellung der Zuschüsse frühzeitig bearbeitet und dafür eine Position erarbeitet werden.