Protocol of the Session on September 24, 2008

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Frau Kollegin Wissler, ziviler Ungehorsam, die illegale rechtswidrige Aktion im Kelsterbacher Wald,das läuft unserem Rechtsstaat zuwider. Das ist das Thema dieser Debatte.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich könnte an das anknüpfen, was wir hier zuletzt zum Thema Landesverfassungsschutz diskutiert haben, die unerträglichen Äußerungen des Kollegen Schaus, des innenpolitischen Sprechers, die auch die Integrität dieses Staates untergraben sollten. Das war sozusagen das Ziel dessen, was er damals hier vorgetragen hat.

Meine Damen und Herren, wir haben gesehen, dass Sie auf Plakaten Streichhölzer ins Bild bringen, dass Sie zündeln. Aber zum Kern unseres Rechtsstaates gehört, dass demokratisch auf dem ordentlichen Verwaltungswege getroffene Entscheidungen hinterher gerichtlich überprüft werden. Das geschieht auch im Moment mit Klagen. Es gibt 260 Klagen. 30 Kommunen, viele Klagevereine, der BUND und einige Firmen klagen gegen das, was hier auf rechtsstaatliche Art und Weise zustande gekommen ist. Das ist sozusagen der Kern dessen,was uns ausmacht:Das Gericht ist hier die letzte Instanz unserer staatlichen Ordnung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Kollege Beuth, Sie müssen zum Schluss kommen. Die Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss. – Das ist die Grundlage unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Da gibt es keinen Raum für zivilen Ungehorsam.Wer hier nach zivilem Ungehorsam ruft, der verlässt den Boden unseres Rechtsstaates, der untergräbt die Autorität unserer staatlichen Ordnung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Beuth, vielen Dank. – Mir liegt noch eine Wortmeldung von Herrn Schaus vor.Sie haben eine Minute und 27 Sekunden Redezeit. – Das Tempo beginnt offenbar bereits beim Laufen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist doch wirklich Verlass auf die CDU. Wir danken Ihnen recht herzlich für die Publicity, die Sie unserer Veranstaltung am Sonntag schon jetzt bereitet haben.

(Beifall bei der LINKEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Sag doch einmal, welche Band spielt!)

Die LINKE versteht sich als Teil der demokratischen Protestbewegung gegen die neue Landebahn.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die Partei oder die Fraktion?)

Dabei beziehen wir uns im Übrigen auf die Zusage, die seinerzeit die Landesregierung von Herrn Börner gegeben hat, dass es nach dem Bau der Startbahn West keinen

weiteren Ausbau mehr geben wird. Der CDU-Versuch, die Kriminalisierung der Protestbewegung bereits im Vorfeld vorzunehmen und dabei Bezug zu nehmen auf die Ereignisse bei der Startbahn West – da bitte ich Sie,noch einmal nachzudenken.

(Michael Boddenberg (CDU): Ist das illegal oder nicht? – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wehret den Anfängen! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): So fing es damals auch an!)

Diese Protestbewegung war eine breite Protestbewegung. Im Hüttendorf gab es eine Kirche. Es gab Häuser und Gebäude von Gewerkschaften und auch von Parteien.Wenn Sie jetzt schon hergehen und dies im Vorfeld kriminalisieren, dann ist das ungehörig und unrecht.

(Michael Boddenberg (CDU): Was sollen die Streichhölzer?)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Schaus, letzter Satz. Die Redezeit ist zu Ende.

Es gibt Verabredungen mit der Stadt Kelsterbach über das Camp, und an diese Verabredung halten wir uns. In diesem Rahmen bewegen wir uns auch.– Nochmals vielen Dank für die Publicity.

(Beifall bei der LINKEN – Axel Wintermeyer (CDU): Reden Sie mit den Gewerkschaftern!)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Für die Landesregierung darf ich Herrn Staatsminister Bouffier das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich habe mich nicht zu Wort gemeldet, um Ausführungen über das Regionale Dialogforum oder Ähnliches zu machen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das steht aber im Antrag!)

Ich will ausdrücklich bekennen, dass man für den Flughafenausbau sein kann. Man kann auch dagegen sei. Es gibt Argumente. Das will ich alles durchaus würdigen. In diesem Hause muss aber die klare Kante verlaufen – um mit Herrn Müntefering zu sprechen –, ob dieser Landtag die Pflicht und die einzelnen Fraktionen die Kraft haben, klarzumachen, wo legitimer politischer Streit und wo illegitime politische Aktion verlaufen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es ist nicht so, wie Herr Schaus eben gesagt hat, dass er sich im Rahmen der Absprache mit der Stadt hält,dass Sie im Rahmen des Rechtsstaats agieren. Alles, was Sie tun, ist rechtswidrig, schlicht und ergreifend rechtswidrig.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Michael Bod- denberg (CDU):Dann hat Herr Schaus ja gelogen!)

In der „FAZ“ von heute können Sie eine Stellungnahme der Stadt Kelsterbach nachlesen, dass die Errichtung Ihres Büros rechtswidrig ist – überhaupt keine Frage. Das kann ernsthaft niemand bestreiten. Meine einzige Frage

ist:Wie steht die Sozialdemokratische Partei, wie steht die grüne Partei dazu?

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich werde es nicht zulassen, dass mit allgemein freundlichen Erklärungen diese Debatte zu Ende geht. Es kann nicht wahr sein, und es ist nahezu ein Treppenwitz, dass Sie mit den Mitteln des Steuerzahlers, die Sie als Fraktion auch bekommen – das will ich nicht kritisieren –, im Wald in rechtswidriger Weise ein Büro errichten und der gleiche Steuerzahler wiederum die Polizeibeamten bezahlen muss, damit sie anschließend dieses Büro abräumen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Es muss ganz klar sein, und ich werde niemanden aus dieser Debatte herauslassen: Es gibt keinerlei Rechtsgrund, um juristisch zu reden, der Sie berechtigen würde, dort ein Büro zu errichten.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist eine Veruntreuung von Steuergeldern!)

Auch das, aber es ist viel schlimmer. – Der von Ihnen, Herr Kollege Frankenberger, zu Recht gelobte Bürgermeister hat immer wieder deutlich gemacht, dass die Hütten, die dort errichtet wurden, rechtswidrig sind.

Sie sind auch nicht genehmigungsfähig – abgesehen davon, dass niemand einen Antrag auf Genehmigung gestellt hat.Sie wurden rechtswidrig errichtet.Man muss das sauber unterscheiden von dem Bemühen der Polizei und der Vertreter der Stadt um Deeskalation, das von mir ausdrücklich gebilligt und mitgetragen wird. Dieses Bemühen wird der Polizei und den Vertretern der Stadt täglich schwerer gemacht, weil bestimmte Leute versuchen, schon die Kommunikation zu unterbinden. Das, was wir seit Wochen in diesem Wald erleben, ist aber kein blindes Abräumen, kein blindes Draufschlagen, sondern der Versuch, möglichst intelligent die Verfestigung rechtswidriger Strukturen frühzeitig zu verhindern.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, darüber kann es in diesem Hause eigentlich keinen Streit geben. Es gibt ihn aber. – Herr von Ooyen, ich bin dankbar, dass Sie genickt haben. Jetzt frage ich Sie:Wo soll das eigentlich hinführen? Glauben Sie von den Sozialdemokraten und den GRÜNEN, Sie könnten sich heute wegducken und hätten damit das Problem vom Tisch? Das wäre doch die gleiche falsche Verhaltensweise, die zu bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen geführt hat.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na, na, na! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich lese Ihnen einmal vor, wie es dort mittlerweile ausschaut, damit wir nicht nur theoretisch darüber reden. Wenn man sich die Entwicklung im Kelsterbacher Wald anschaut, muss einen das mit Sorge erfüllen. Die Strukturen verfestigen sich. Es werden illegal feste Hütten errichtet, hüttendorfähnliche Strukturen geschaffen, Versammlungsräume für bis zu 100 Teilnehmer gebaut.

(Janine Wissler (DIE LINKE):Am Ende bauen die noch die Landebahn!)

Die Hütten werden ausdrücklich – das können Sie in der „Frankfurter Rundschau“ vom 6. August nachlesen – an die Form der BI-Hütte aus Zeiten der Startbahn West angelehnt. Die Hütten werden auf Plattformen in den Bäu

men errichtet – insofern sind wir heute weiter, denn das können Sie alles im Internet nachlesen –, um zu verhindern, dass die Polizei eventuell räumen kann. Die CampBewohner richten sich auf einen langen Daueraufenthalt ein. Sie fordern außerdem Unterstützung.

Bürgermeister Ockel hat nicht nur darauf hingewiesen, dass die Errichtung des Hüttendorfes rechtswidrig ist, sondern die Stadt Kelsterbach hat mittlerweile auch zur Räumung aufgefordert. Auch darüber sollten wir einmal reden. Die Frage, der sich die LINKEN und auch die, die mit den LINKEN die Zukunft dieses Landes gemeinsam gestalten wollen, stellen müssen: Was machen Sie eigentlich,wenn die Stadt Kelsterbach die Hüttenbewohner auffordert, bis spätestens 30. November ihre Hütten abzureißen und den Protest dort einzustellen?

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Dann lässt sich Herr van Ooyen von der Polizei wegtragen!)