Es ist doch unerträglich, dass jemand, über den man unwidersprochen sagen darf, dass er in Stasiarbeiten verwickelt ist, Bundesvorsitzender einer Partei sein und in Sommerinterviews über unsere Gesellschaft schwadronieren kann.
(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Er ist nicht unser Bundesvorsitzender! – Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist der Oskar! – Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Da werfen Sie etwas durcheinander!)
Momentan ist Herr Gysi Fraktionsvorsitzender. Ich glaube,der Fraktionsvorsitzende ist für das Bild einer Partei leider oft noch viel entscheidender. Es ist einfach die Frage der Glaubwürdigkeit.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen.Junge Menschen schauen genau hin. Sie suchen nach überzeugenden Personen. Sie
(Reinhard Kahl (SPD): Was denn? Wenn Sie einmal zu den Handreichungen reden würden! – Dr. Thomas Spies (SPD): Warum reden Sie nicht über die Handreichungen?)
Ich rede nur über junge Menschen, nur über die Schule, nur über die Ziele,um die es bei dieser Sache geht – so unangenehm das für Sie ist.
Wie wollen wir den jungen Menschen erklären, wie gefährlich eine Diktatur, Einschränkungen der Meinungsfreiheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie sind, wenn eine Partei wie die SPD mit ihrer großen Geschichte und Betroffenheit – sie ist in der ehemaligen DDR nicht nur als Partei, sondern deren Mitglieder sind auch persönlich verfolgt worden – hier den Schulterschluss mit einer solchen Partei wagt? Wie wollen Sie das den jungen Menschen vernünftig erklären?
Ich sage es noch einmal: Die Stabilität unserer Demokratie, das Verständnis junger Menschen für Rechtsstaatlichkeit und die Ablehnung von Extremismus sind ein Geschenk, das wir gegenwärtig in dieser Gesellschaft haben. Das dürfen wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.
Herr Staatsminister, vielen Dank. – Für die zweite Runde liegen bereits zwei Wortmeldungen vor. – Als nächster Redner erhält Herr Kollege Greilich für die Fraktion der FDP das Wort. Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es waren zwei Beiträge, die mich veranlasst haben, hier erneut das Wort zu ergreifen. Frau Kollegin Habermann, es war zum einen Ihr Beitrag, der mich dazu veranlasste, das Wort zu ergreifen, da Sie meinten, darauf hinweisen zu müssen, dass es gewisse Abweichungen gebe. Ich kann nicht erkennen, weshalb das falsch gewesen sein soll, was ich über die Lehrer der 68er-Generation gesagt habe.
Ich habe in meinem vorigen Beitrag ausdrücklich die Nr. 7 des Änderungsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßt. Dort heißt es, dass der Landtag allen Lehrerinnen und Lehrern, die trotz des Fehlens einer Handreichung die Geschichte der DDR bereits mit viel Engagement vermitteln, seinen ausdrücklichen Dank und seine Anerkennung ausspreche. Das mache ich in der Tat und völlig uneingeschränkt, da ich weiß, dass es sehr viele Lehrer gibt, die genau diesen Auftrag erfüllen.
Frau Habermann, Sie können doch nicht bestreiten, dass es auch andere gibt – ich könnte Ihnen, wenn ich es nicht für unangemessen hielte, Einzelfälle nennen –, die nun mal zu der 68er-Generation gehören und die selbst dann eine Erklärung verweigern, wenn Schüler fragen, warum man, nachdem man richtigerweise ausführlich das Dritte Reich behandelt habe, nicht auch etwas über die DDR erfahre, und stattdessen erklären, dass dafür keine Zeit sei. Es gibt Lehrer, die im Anschluss richtige und wichtige Klassenfahrten nach Buchenwald unternehmen, aber auf die Frage von Schülern, was in Buchenwald nach dem Jahre 1945 geschehen sei,antworten,das tue nichts zur Sache. Das ist nicht richtig. Es geht um diese Kollegen innerhalb der Lehrerschaft. Diese gibt es, und davor dürfen Sie die Augen nicht verschließen.
Der zweite Grund, weshalb ich mich zu Wort gemeldet habe, ist der in der Tat schwer erträgliche Versuch seitens der Linksfraktion, es wurde vor allen Dingen von Frau Cárdenas vorgetragen, uns glauben zu machen, man habe als Partei DIE LINKE, als PDS, mit dem, was früher war, überhaupt nichts zu tun, und man mache alles neu.
Meine Damen und Herren, es lohnt sich immer wieder, nachzulesen, was tatsächlich Sache ist. Am Sonntag konnte ich auf der Homepage der LINKEN – ich weiß nicht, ob das heute noch so ist – die „Anregungen zum Umgang mit der Geschichte“ nachlesen. Diese stammen nicht von jenen, die Herr Bartsch als die „Ewiggestrigen“ bezeichnet hat, sondern es handelt sich um den Ältestenrat der Partei DIE LINKE, der das verfasst hat. Diesen „Anregungen zum Umgang mit der Geschichte“ kann man entnehmen – ich zitiere mit der Erlaubnis des Präsidenten –:
Wir betrachten es als zentrales Anliegen bei der Vermittlung unseres Verständnisses von der Geschichte, in überzeugender Weise jene Traditionen zu benennen, auf die sich die Partei DIE LINKE berufen und stützen kann.
Meine Damen und Herren, dieses Zitat stammt von heute. Es ist aktuell; ich habe es am 24. August von der Homepage der LINKEN als offizielle „Anregungen zum Umgang mit der Geschichte“ des Ältestenrats der LINKEN heruntergeladen.
Dieses Zitat geht noch weiter, denn es gibt etwas, was zumindest noch am 18.August, zwar aus dem Juli 2008 stammend, zu lesen war – nämlich die „Gedanken zu Walter Ulbricht“. Diese schließen offensichtlich an die Tradition des antifaschistischen Kampfes nach 1945 an. Walter Ulbricht wird dort als eine der treibenden Persönlichkeiten – meine Damen und Herren, hören Sie genau zu – bei der Vereinigung von KPD und SPD zur SED beschrieben.
seit 1960 Vorsitzender des Staatsrates der DDR, den zuverlässigen Schutz der Grenzen der DDR zu Westberlin und zur BRD.
Wer es vergessen hat, dem helfe ich nach, denn das war der Tag des Mauerbaus. – Meine Damen und Herren, wer noch heute so etwas verbreitet, der kann sich hier nicht hinstellen und uns erzählen, er sei mit seiner eigenen Geschichte im Reinen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich, als Herr Minister Banzer sprach, für eine Kurzintervention gemeldet, da er Herrn Irmer sozusagen an einem Punkt in Schutz nehmen wollte, wo ich das nicht tun kann. Auch wir sind diejenigen, die Herrn Irmers Schriften sehr genau gelesen haben. Wir sind auch Historiker. Daher muss man natürlich eine solche politische Position bewerten, und man muss deutlich machen, dass man fragen darf, ob die Gleichsetzung von braun und rot, die von Herrn Irmer immer wieder gemacht wird, tatsächlich eine solche ist, die der tatsächlichen Situation, der historischen Bewertung gerecht wird. Ich gehe davon aus, dass wir als LINKE, besonders ich als derjenige, der auch für die Friedensbewegung steht, niemals Grenzen bauen wollten.