Fachübergreifender Unterricht von Deutsch, Geschichte, Politik, Religion und Ethik bietet eine hervorragende Chance zur umfassenden Darstellung der Realität der SED-Diktatur. Es ist ein weiteres Mal zwingend geboten, dass unsere Schüler auch einen direkten Eindruck von dem bekommen, was dort bis zum Jahre 1989 geschehen ist. Deswegen sagen wir auch, dass sich Schulklassen während ihrer Berlinfahrten aktiv mit der Vergangenheit der DDR auseinandersetzen sollten.
Hierfür gibt es hervorragende Möglichkeiten. Man kann die Orte, in denen die SED-Diktatur in aller Feinheit ausgeklügelt und ausgeübt wurde, besuchen. Besuche des Stasigefängnisses Hohenschönhausen, der Stasizentrale in der Normannenstraße und der Mauergedenkstätte Bernauer Straße vermitteln Schulklassen einen unmittelbaren Eindruck von der Brutalität der SED-Diktatur, was offenkundig der eine oder andere, der mir hier bereits erklärt hat, dass dies alles vor seiner Zeit gewesen sei und dass er damit nichts anfangen könne, nötig hätte.
Die Schulklassen können sich beispielsweise in Hohenschönhausen mit den Verfolgten des SED-Regimes treffen, die ihnen genau erklären, wie das gewesen ist. Kurt Beck hat sich das vor wenigen Tagen zeigen lassen. Er hat sich von mit Wasser gefüllten Einzelzellen,von Psychoterror, heute noch aktiven Netzwerken ehemaliger Stasioffiziere sowie von Versuchen der Linkspartei, die Gedenkstätte noch heute in der Bezirksversammlung in Hohenschönhausen zu torpedieren, berichten lassen. Ich wundere mich darüber, dass man sich da nicht schämt. Fragen Sie Herrn Beck, falls er noch mit Ihnen redet, denn das weiß ich natürlich nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, guter Geschichtsunterricht geht nur mit guten Geschichtslehrern. Deshalb sind auch die Erarbeitung neuer Fortbildungsangebote für Lehrer über die Zeit der SED-Diktatur und die Überarbeitung des Ausbildungsteils „DDR in der Lehrerausbildung für alle Schularten“ notwendig. Es muss vor allem sichergestellt werden, dass die Inhalte der Lehrpläne tatsächlich unterrichtet werden. Nur mit Lehrern, die ein ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein und umfassende Geschichtskenntnisse zum DDR-Unrechtsregime haben, kann bei den Schülern ein Bewusstsein für das Unrechtsregime der DDR entwickelt werden.
Nun komme ich noch einmal auf den Änderungsantrag der GRÜNEN zurück. Ich begrüße ausdrücklich die Ziffer 7, denn das ist genau die richtige Botschaft. Es gibt Lehrer, die sich mit dem Thema sehr engagiert befassen. Diesen sollten wir unseren Dank aussprechen, denn das Ganze kann in der Tat nur dann funktionieren, wenn Lehrer auch wollen.Ich appelliere an die Lehrerschaft in Hessen, auf die Minderheit stehen gebliebener Kollegen einzuwirken, die in alter 68er-Tradition auf dem linken Auge blind sind und den Eindruck vermitteln wollen, deutsche Geschichte habe im Jahre 1945 ihr Ende gefunden.
Für das demokratische Bewusstsein unserer Kinder brauchen wir die Auseinandersetzung mit der ganzen Wahrheit und keine selektive Geschichtsvermittlung.
Meine Damen und Herren, der Wert der Freiheit muss ins Zentrum des Unterrichts über die neuere deutsche Geschichte in den Schulen gestellt werden. – Herr Dr. Spies, der Freiheitsdrang der Opposition in der DDR, das Erreichen der Freiheit in der Wiedervereinigung und die Überwindung des Unrechtsstaats durch bürgerschaftliches Engagement sind die Botschaften, die uns die Geschichte vermittelt und die auch Sie, Herr Schmitt, zur Kenntnis nehmen sollten.
Es ist die Aufgabe von uns allen, vor allem ist es aber Bestandteil des Bildungsauftrags unserer Schulen,dieses Bewusstsein zu fördern. Der Geist der Demokratie und der Freiheit muss von Generation zu Generation neu erworben werden. Deshalb wiederhole ich: Freiheit kann auch schleichend verloren gehen. Sie muss jeden Tag aufs Neue erkämpft werden.
Stellen Sie sich mit uns dieser Aufgabe. Lassen Sie uns unsere Jugend für den Erhalt der Freiheit fit machen. Unser Antrag ist hierzu ein erster Schritt.
Herr Kollege Greilich, vielen Dank. – Als nächster Redner erhält Herr Kollege Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Unfreiheit und Diktatur dürfen nie wieder einen Platz in unserem Lande haben.
Es ist die Aufgabe von uns allen, die wir hier sitzen, und es ist die Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger, einen Beitrag dazu zu leisten, dass Unfreiheit und Diktatur nie wieder einen Platz in unserem Lande haben.
Selbstverständlich ist es gerade die Aufgabe unserer Schulen und der Lehrerinnen und Lehrer,die an unseren Schulen arbeiten, zu vermitteln, dass für Unfreiheit und Diktatur kein Raum in unserem Lande ist. Es ist natürlich die Aufgabe der Schulen sowie der Lehrerinnen und Lehrer, auf die deutsche Geschichte hinzuweisen und zu vermitteln, was in der deutschen Geschichte gewesen ist und dass von deutschem Boden Unfreiheit sowie Diktatur ausgegangen sind. Daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen. Ich hoffe sehr, dass alle fünf Fraktionen in diesem Landtag dies so beschließen können.
Herr Kollege Greilich, Sie haben angesprochen, dass es eine Studie gebe, wonach es, was die DDR-Geschichte sowie das DDR-Unrechtsregime angehe, an den Schulen Wissenslücken gebe. Sie haben auch darauf hingewiesen, dass wir keine Erkenntnisse darüber besitzen, ob es diese Defizite auch an Hessens Schulen gibt.Herr Kollege Greilich, wir müssen diese Studie natürlich ernst nehmen.Wir dürfen diese Studie aber nicht zum Anlass nehmen, darüber hinwegzureden, dass die allermeisten Lehrerinnen und Lehrer einen sehr verantwortlichen Geschichtsunterricht machen. Sie machen einen sehr guten Geschichtsunterricht, und sie vermitteln sehr verantwortungsvoll im Unterricht, dass es in Deutschland Unrecht bzw. Diktaturen gegeben hat. Darüber sollten wir nicht hinweghuschen,sondern wir sollten zunächst allen Lehrerinnen und Lehrern, die bereits Hervorragendes leisten, ein ganz herzliches Dankeschön aussprechen.
Natürlich müssen wir uns als Abgeordnete und als Landtag zusammen mit den Lehrerinnen und Lehrern, die bereits eine hervorragende Arbeit leisten, fragen: Was könnte man noch besser machen? – Deshalb ist die Debatte, die wir heute hier führen, gut. Denn wir fragen uns: Was können wir noch besser machen? Welche Unterstützung können wir Lehrerinnen und Lehrern noch geben, damit sie im Unterricht noch besser auf diese Themen eingehen können?
Diese Debatte ist gut und richtig. Es ist allerdings etwas verwunderlich, dass diese Debatte von der FDP angestoßen wird. Vor nicht einmal einem Jahr hat die FDP-Fraktion dieses Thema im Landtag noch völlig anders gesehen.
Heute, ein Jahr später, macht die FDP-Fraktion dieses Thema zu ihrem Setzpunkt.Für die Bürgerinnen und Bürger: Das bedeutet, das ist das wichtigste Thema der FDP in dieser Plenarwoche. – Schauen wir uns an, wie sich die FDP vor einem Jahr zu diesem Thema verhalten hat.
Können Sie noch einmal den Antrag vorlesen, Herr Kollege? Damals gab es einen Antrag der Kolleginnen und Kollegen der CDU. Ich lese ihn wörtlich vor: Der Landtag bittet die Landesregierung, ein Konzept vorzulegen, wie die Aufarbeitung der DDR/SED-Diktatur und der Tätigkeiten des sogenannten „Ministeriums für Staatssicherheit“ der DDR in der Bundesrepublik Deutschland vor 1990 im Schulunterricht und darüber hinaus an den Schulen intensiviert werden kann. So weit der Antrag der CDU. Ich sage gleich: Wir haben diesem Antrag damals zugestimmt. Was hat die FDP zu diesem Antrag damals ausgeführt? Ich zitiere aus den Äußerungen der zuständigen FDP-Abgeordneten aus einer öffentlicher Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses: Ich halte es nicht für eine Aufgabe der Landesregierung, ein Konzept zu entwickeln, wie bestimmte Dinge im Unterricht dargestellt werden. Dafür gibt es Lehrplankommissionen, die arbeiten und die tagen. (Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))
Wenn festgestellt werden sollte, dass es ein Defizit in einem bestimmten Bereich der Vermittlung der deutschen Geschichte gibt, dann ist es die Aufgabe
Ich zitiere weiter die Äußerungen der FDP-Abgeordneten in dem Ausschuss – es ist gerade ein Jahr her –:
Geschichtsunterricht über die DDR gibt es. Ich hielte es nicht für gut, den Auftrag an die Landesregierung zu vergeben, sich ein Konzept auszudenken, wie das getan werden kann. Deshalb wird die FDP für Ablehnung dieses Antrags stimmen.
(Norbert Schmitt (SPD): Das ist unglaublich! – Lebhafte Zurufe von der SPD – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))
Aber, sehr geehrter Herr Kollege Greilich, vielleicht hätten Sie Ihren Vortrag heute mit etwas weniger Pathos vortragen können,
Der Antrag von vor einem Jahr zeigt zweierlei. Er zeigt zum einen, dass die FDP ihre Meinung geändert hat. Wir begrüßen das. Wir waren schon damals dieser Meinung. Aber er zeigt auch, dass die Landesregierung bereits seit einem Jahr aufgefordert ist, die Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen bei der Vermittlung des DDR-Unrechts besser zu unterstützen. Herr Minister Banzer, Sie waren zwar vor einem Jahr noch nicht im Amt. Dennoch müssen Sie sich in Rechtsnachfolge von Frau Wolff fragen lassen:Was haben Sie eigentlich in diesem Jahr getan?
Wir haben diesem Antrag damals zugestimmt, und wir werden auch heute dem Antrag, den CDU und FDP vorgelegt haben, prinzipiell zustimmen können. Allerdings halten wir einige Ergänzungen und Präzisierungen in diesem Antrag für dringend notwendig.
(Lebhafte Diskussion zwischen den Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) und Norbert Schmitt (SPD) von ihren Plätzen aus.)
Die CDU und die FDP beantragen, dass „dem bedenklichen Trend zur Verklärung des DDR-Unrechtsregimes entgegengetreten werden“ sollte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, Sie sind mit uns einer Meinung, dass jeglicher Verklärung von DDR-Unrecht entgegengewirkt werden sollte.
Herr Kollege Wagner, entschuldigen Sie einen Augenblick.– Darf ich die Kollegen Hahn und Schmitt bitten,ihren Dialog entweder draußen fortzusetzen oder ihn zu unterlassen, weil das in dem neuen Plenarsaal doch erheblich stört. – Herr Kollege Wagner, Sie haben das Wort.
Ich denke, wenn es Ihnen um die Sache geht – ich unterstelle Ihnen das –, dann können Sie diesem Punkt zustimmen.
Das Zweite, was wir an Ihrem Antrag ändern wollen – trotz prinzipieller Zustimmung; ich erwähnte es –, ist, dass man als Landtag schon auf den eigenen Beschluss von vor einem Jahr hinweisen muss: dass wir als Hessischer Landtag schon vor einem Jahr von der Landesregierung verlangt haben, dass den Schulen eine entsprechende Handreichung, ein entsprechendes Konzept zur Verfügung gestellt wird. Wir tun das in der freundlichsten Formulierung, die man finden kann, wenn eine Landesregierung nichts getan hat.Wir weisen darauf hin, dass sie nichts getan hat.Wir kritisieren es nicht.
Wir machen keine Polemik.Wir sagen lediglich: Der Hessische Landtag weist auf seinen Beschluss von vor einem Jahr hin. – Wenn es CDU und FDP um die Sache geht, können sie auch diesem Punkt sicher zustimmen.