Protocol of the Session on August 27, 2008

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Wissler hat recht. Die Strompreise in Deutschland sind die höchsten im Vergleich zu den Ländern um uns herum,vor allem in Europa.Und das hat Gründe.Das hat zum einen den Grund, weil wir in der Stromerzeugung, also in dieser Marktstufe, keinen Wettbewerb haben. Darüber haben wir hinreichend diskutiert. Meine Initiative – Stichwort: Gesetzentwurf zur Verschärfung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen – kennen Sie.Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, man muss auch feststellen, und das gehört zur Wahrheit, dass die Strompreise in Deutschland deshalb überhöht sind, weil der Staat mit seinen Vorschriften und seinen Abgaben dafür sorgt, dass 40 % des Preises, den wir für Strom, den wir aus der Steckdose beziehen, bezahlen müssen, staatlich begründet sind.

Entscheidend ist auch bei dieser Debatte zweierlei, erstens die Frage des Formellen und der Zuständigkeit. Darauf komme ich zum Schluss. Wir müssen die Konsequenzen einer solchen Zielsetzung auch bedenken. Deswegen dürfen wir nicht leichtfertig darüber hinweggehen, wenn wir fragen, was eine generelle Vorschrift zur Verkabelung für die im Energiewirtschaftsgesetz vorgeschriebenen Ziele bedeutet, dass nämlich eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltgerechte Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität sicherzustellen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dabei sind Kriterien zu beachten.Zum einen ist klar,rein optisch und ästhetisch ist eine Verkabelung natürlich vorteilhafter. Wer will das bestreiten? Das gilt übrigens auch für Windkraf

träder, die, wenn sie nun dastehen, auch in der Nähe von Kulturbauten, störender sind, als wenn sie nicht dastehen.

(Beifall bei der CDU)

Das darf nicht das entscheidende Kriterium sein, das füge ich gleich hinzu.Aber wenn das für Windräder gilt,gilt das natürlich auch für die Frage der Hochspannungsmasten in diesem Kontext.

Die zweite Fragestellung:Ist es unter dem Aspekt von Gesundheitszielen und Gesundheitsschutz erwiesen? Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich scheue mich, ein solches absolutes Urteil aufzustellen, das da lautet: Es ist auf jeden Fall für die Bevölkerung in der Nähe oder wie auch immer günstiger und vorteilhafter.

Es gibt ernst zu nehmende Wissenschaftler, die genau das Gegenteil sagen, dass von Höchstspannungsleitungen, die in die Erde sozusagen im Kabel verlegt sind, vielleicht sogar höhere Gefahren ausgehen. Ich will darüber nicht diskutieren. Ich will nur sagen, dass die Leitungen, die jetzt bestehen, nach den aktuellen internationalen – das wurde schon gesagt – Werten gebaut werden, die sich auch als Grenzwerte in der Bundes-Immissionsschutzverordnung niedergeschlagen haben.Sie werden bei Weitem eingehalten werden.

Es kommt noch hinzu:Wenn es wirklich so wäre, dass aus den Hochspannungsleitungen Gefahren erwüchsen, dann gilt das allerdings für alle Leitungen – für die neuen wie für die bestehenden. Das hat dann Konsequenzen für das Ziel, möglichst preisgünstige Energie zur Verfügung zu stellen. Dann sollten wir das den Menschen auch sagen, die das letztlich betrifft und die jetzt schon unter den überhöhten Energiepreisen leiden.

Frau Hammann, es ist wirklich nicht so, dass diese Ziele, die Sie in den Raum gestellt haben, einen Haushalt unter 1 Cent pro Jahr und Kilowattstunde treffen. Das ist eine Zahl, die Sie nicht ernst gemeint haben, oder ich habe Sie missverstanden.

Ich will deshalb die Ziele nennen, die die dena – das ist eine unabhängige Institution, die Deutsche EnergieAgentur – veröffentlicht hat. Sie hat gesagt:Wenn die Gesamtstrecke entsprechend in Kabel verlegt wird,verteuert sich die Kilowattstunde um durchschnittlich 4 bis 18 Cent. – Wenn wir das auf einen durchschnittlichen klassischen Verbrauch eines vierköpfigen Haushalts umlegen, dann hat der im Jahr eine Mehrbelastung von 400 c.

Das ist ganz einfach so zu rechnen. Das sollten wir sagen, wenn wir das so wollen, denn eine verantwortliche Entscheidung heißt nicht, ein Ziel vordergründig zu erfüllen, sondern eine verantwortliche Entscheidung ist immer eine Entscheidung, die auf die Konsequenzen schaut, und das wäre eine wesentliche Konsequenz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung – das will ich deutlich sagen, damit nicht der falsche Eindruck entsteht – lehnt Erdkabel nicht grundsätzlich ab. Nach geltendem Recht wird das geprüft. Es gibt schon nach geltendem Recht – das wird auch praktiziert – die Notwendigkeit und dann die Verpflichtung, Teilstrecken mit Erdkabel zu versehen.

Aber wir müssen deutlich sagen – damit komme ich zu dem entscheidenden Punkt –, dass wir hier intensiv diskutieren und eine Meinungsbildung, wie es heute Vormittag geschieht, herbeiführen können, dass dies aber letztlich mit einem Gesetzentwurf oder einem Gesetz, das der Hessische Landtag möglicherweise sogar beschließt, an

der Wirklichkeit nichts ändert. Die Genehmigungsbehörden sind auf das angewiesen, was das Bundesgesetz normativ vorschreibt.

Herr Posch hat eben von der konkurrierenden Gesetzgebung gesprochen. Meine Damen und Herren, das gilt übrigens nicht nur, weil die Bundesregierung inzwischen einen Entwurf zu einem solchen Gesetz angekündigt hat, der in der vorbereitenden Arbeit ist. Das gilt nach Art. 72 Abs. 1 GG generell. Deswegen hat die Bundesregierung durch das Bundeswirtschaftsministerium erklärt, dass das, was Niedersachsen beschlossen hat, schlicht und einfach der Verfassungsnorm nicht entspricht und deshalb nicht wirksam ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, wir sollten auf den Punkt zurückkommen, der in allen Reden angeklungen ist und der uns zum Konsens führt. Ein solcher Gesetzentwurf ist aus meiner Sicht und aus Sicht der Landesregierung abzulehnen – auch von den inhaltlichen Fragen abgesehen, vor allem wegen dem, was ich zuletzt dargestellt habe, wegen der verfassungsrechtlichen Frage, weil dies eine Bundesangelegenheit ist. Wir sollten das unterstützen, was schon angesprochen worden ist und ich nicht zu wiederholen brauche, dass es Studien anhand von verschiedenen Netz- und damit Teststrecken geben soll.

In der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Politik sollte immer das getan werden, was wir „Schritte des geringsten Verschleißes“ nennen. Wir sollten eine Laborsituation schaffen, in der wir Erkenntnisse gewinnen, die dann maßgeblich in der Frage sind, inwieweit mit einer generellen Verkabelung oder einer Verkabelung insgesamt für Höchstspannungsleitungen den Zielen des Energiewirtschaftsgesetzes, wie ich sie eben zitiert habe, entsprochen werden kann.

Das ist der Weg der Landesregierung. Wir bitten Sie deshalb, den Gesetzentwurf abzulehnen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Vereinbart ist, den Gesetzentwurf nach Abschluss der ersten Lesung, die durchgeführt worden ist, zur Vorbereitung der zweiten Lesung in den Wirtschaftsausschuss zu schicken. – Dem widerspricht keiner. Dann ist das so beschlossen.

Gleiches gilt für den Antrag der SPD betreffend Ausbau der Stromnetze und den Einsatz von Erdkabeln. Auch dieser geht in den Wirtschaftsausschuss. – Auch kein Widerspruch, somit ist das so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu Tagesordnungspunkt 6.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ihr wollt nichts mehr machen? Gute Idee. – Herr Kollege Wagner.

Herr Präsident, noch eine Ergänzung zum eben behandelten Tagesordnungspunkt: Der Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz ist beteiligt. Sie

hatten völlig zu Recht angesprochen, Federführung beim Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr wäre unser Vorschlag.

Den anderen Vorschlag hat Ihnen Herr Kahl gerade übermittelt, dass wir jetzt in die Mittagspause eintreten.

Meine Damen und Herren, der Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz ist beteiligt – völlig korrekt.

Da Sie in die Mittagspause eintreten möchten, verkünde ich Ihnen: Sie dürfen es. Ich schließe die Sitzung, Mittagspause bis 15 Uhr, guten Appetit.

(Unterbrechung von 12.50 bis 15.05 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir fahren in der Tagesordnung fort. Zuvor möchte ich mitteilen, dass Herr Staatsminister Hoff entschuldigt fehlt, weil er an der Leitung der Sitzung des Ständigen Beirats in Berlin teilnimmt.

Dann kommen wir zu Tagesordnungspunkt 43:

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend DDR-Unrechtsregime durch Handreichung für Hessens Lehrerinnen und Lehrer aufarbeiten – Drucks. 17/461 –

Mit beraten wird der

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucks. 17/575 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt 15 Minuten je Fraktion. Die erste Wortmeldung ist vom Herrn Kollegen Greilich für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Jugendlichen in Deutschland weisen große Wissenslücken über das DDR-Regime auf. Es ist feststellbar, dass über weite Teile ein verzerrtes Geschichtsbild besteht.

Mehr als die Hälfte der Schüler,vor allem in den östlichen Bundesländern, sieht den SED-Staat nicht ausdrücklich als Diktatur; im Westen ist es immerhin ein Drittel der Schüler. Das Ministerium für Staatssicherheit beurteilten viele der Jugendlichen in Ostdeutschland vergleichsweise positiv. Selbst die Behauptung, die Stasi sei ein Geheimdienst gewesen, wie ihn auch demokratische Staaten haben, wiesen nur 45 % der Befragten zurück.

Was die Sozialdemokraten interessieren dürfte: Viele hielten Willy Brandt für einen DDR-Politiker, die Wahlen unter Erich Honecker für demokratisch.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Helmut Kohl auch!)

Meine Damen und Herren, das alles ist Ergebnis einer Studie des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin. Damit wurde ein ernst zu nehmendes Problem aufgedeckt, das bildungspolitisch nicht ohne Folgen bleiben kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es besteht ein offenkundiger, ganz direkter Zusammenhang zwischen

den Kenntnissen über die DDR und der Beurteilung der DDR.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Je mehr Schüler etwas über den DDR-Staat wissen, desto kritischer beurteilen sie ihn.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE):Warum wissen sie denn nichts?)

Herr van Ooyen, das liegt unter anderem an Ihren Vorgängern.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Aus den negativen Ergebnissen dieser Studie leiten die Forscher ein unzureichendes Geschichtsunterrichtsangebot in der Schule ab.