Eine Bemerkung kann ich mir zum Schluss nicht verkneifen. In der „HNA“ war am Tag nach der Wahl zu lesen: Die Menschen in Nordhessen haben mit ihrer Wahlentscheidung den Regierungswechsel gewollt. – Recht haben sie.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Diskussion heute Morgen schon auf Studien hingewiesen worden, die sehr aussagekräftig für die wirtschaftliche Situation in Nordhessen sind. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf einen Aspekt hinweisen,der im Zusammenhang mit der Infrastruktur zu sehen ist.
Wir haben heute eine Situation, dass sich das Wirtschaftswachstum faktisch im Gleichklang mit Südhessen entwickelt – ein Wirtschaftswachstum um etwa 19 % bzw. knapp 21 %. Das heißt, wir haben erstmals eine Situation, wo wir davon ausgehen können, dass die Wachstumsraten in Nordhessen denen in Südhessen entsprechen.
Dabei ist von besonderer Wichtigkeit, dass Nordhessen industriell strukturiert ist – etwas, was uns selbst häufig nicht recht bewusst geworden ist. Nordhessen hat zahlreiche Betriebe, die dem produzierenden Gewerbe zuzurechnen sind. Dieser Sektor trägt mit 26 % überproportional zum Bruttoinlandsprodukt bei.
Meine Damen und Herren, warum sage ich das? Verehrter Herr Kaufmann, wenn wir einen industriellen, einen gewerblichen Kern in Nordhessen haben, dann ist das der Teil der Wirtschaft, der genau auf die Verkehrsinfrastruktur angewiesen ist.
Wenn Sie zum x-ten Mal hier behaupten, es bestünde kein Zusammenhang zwischen Verkehrsinfrastruktur und Wirtschaftswachstum, dann sagen Sie nicht die Wahrheit.
Sie haben eben in Ihren Ausführungen darauf hingewiesen, diese Zahlen, die ich genannt habe, seien auch ohne Verkehrsinfrastruktur zustande gekommen. Verehrter Herr Kaufmann, ich weiß, wovon ich rede. Ich kenne viele Ortsumgehungen in Nordhessen. Alle diese Ortsumgehungen sind gegen den Widerstand der GRÜNEN durchgesetzt worden.
Ich habe noch niemanden von Ihnen gehört, der gesagt hat, wir brauchen in Fuldatal oder wo auch immer eine Ortsumgehung. Ich denke an das erste interkommunale Gewerbegebiet in Hessen in Ostheim – das haben Sie unter Rot-Grün bis aufs Messer bekämpft.Wenn dort heute Logistikzentren stehen – insgesamt drei –, dann ist das gegen den Widerstand der GRÜNEN realisiert worden.
Tun Sie also bitte nicht so, als gäbe es keinen Zusammenhang zwischen der Verkehrsinfrastruktur und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Diesen Zusammenhang gibt es.
Sie haben jetzt ja einen Wettbewerber, der sich in der gleichen Weise hinstellt und noch verstärkt sagt, wir brauchen keine Verkehrsinfrastruktur.
Bei der LINKEN habe ich das unlängst gehört. In einer Diskussion auf dem Hessentag hat sie sich neulich zu der Behauptung verstiegen, wir brauchen gar keine Straßen, wir brauchen Schienenstrecken. Dazu hat sie gesagt, wir bauen dann eben einmal neben der vorhandenen ICEStrecke eine neue, zusätzliche ICE-Strecke.
Meine Damen und Herren, wenn Sie das realisieren wollen – das sind Gespinste aus dem Wolkenkuckucksheim. Das hat mit Prosperität in Nord- und Osthessen nichts zu tun.
Verehrter Herr Kaufmann, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland anders verläuft, als Sie es darstellen. Wir haben in Deutschland elf Metropolregionen, und wir haben kleinräumige Regionen. Eine solche kleinräumige Region ist Kassel. Diese Region Kassel bedarf genau dieser Unterstützung mit Verkehrsinfrastruktur.
Herr Kollege Frankenberger,wenn Sie sich hierhin stellen und versuchen, das alles zu relativieren, dann will ich auf einige Aspekte eingehen, die Sie dargestellt haben.
Sie haben eben fast wörtlich gesagt, diese Landesregierung und die Vorgängerlandesregierung – der ich die Ehre hatte anzugehören – hätten sich ausschließlich auf den Straßenbau gestützt.
Wir haben im öffentlichen Personennahverkehr 800 Millionen c eingesetzt und haben heute mit der Regiotram ein Modell, zu dem die Leute weltweit anreisen. Früher fuhren diese Leute nach Karlsruhe und besichtigten die Verbindungen in den Schwarzwald. Heute besichtigen die die Regiotram.
Sagen Sie bitte aber auch ehrlicherweise, dass wir bei der Regiotram gegenwärtig einen Kostendeckungsgrad von nur 37 % haben.
Meine Damen und Herren, der Rest ist Steuergeld. Denn wir wollen auch in dieser Region ÖPNV. Sagen Sie das bitte der Ehrlichkeit halber.
Nein, Sie haben einen anderen Eindruck erweckt. Denn Sie haben gesagt, diese Landesregierung und die Vorgängerlandesregierung hätten die Priorität eindeutig zugunsten des Straßenbaus gesetzt.
Das ist nicht wahr. Meine Damen und Herren, in den öffentlichen Personennahverkehr ist ein Vielfaches investiert worden, und das gehört zur Klarstellung hinzu.
Im Jahre 2000 haben wir in Nordhessen ein Regionalmanagement initiiert. Noch nie hatten wir eine derart gute Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik.Wir haben ein Regionalmanagement mit Wirtschaft und Administration gebildet und die Clusterbildung vorangetrieben.
Das, was ich eben für die Logistik beschrieben habe, ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass wir in der Legislaturperiode von 1999 bis 2003 in Nordhessen das Regionalmanagement realisiert haben. Tun Sie doch bitte nicht so, als hätte diese Landesregierung keinen Anteil an der positiven Entwicklung in dieser Region.
Deswegen will ich Ihnen auch noch eines zur Universität Kassel sagen.Ich teile die Auffassung,dass die Universität Kassel maßgeblich zur Generierung des wirtschaftlichen Aufschwungs dort beiträgt. Meine Damen und Herren, aber die Entwicklung der Universität Kassel von einer Lehrerbildungsanstalt zu einer technologieorientierten Universität
Wenn Sie heute davon sprechen, dass dort Technologietransfer aus der Universität heraus generiert wird, dann ist das richtig.Aber das hat seine Ursache darin,dass diese Landesregierung und die Vorgängerlandesregierung genau diesen Wandel der Universität Kassel in eine technologieorientierte Universität unterstützt haben. Es fällt doch nicht vom Himmel, dass wir dort heute z. B. Verkehrswissenschaftler haben, die sich einen internationalen Namen machen.
Meine Damen und Herren, noch etwas zum Thema Logistik. Ich kann es nicht mehr hören, wenn immer gesagt wird, die Arbeitsplätze in der Logistik seien nichts wert.
Sie scheinen überhaupt nicht zu wissen, welche Ausbildungsberufe in der Logistik heute notwendig sind.
Das sind hoch qualifizierte Mitarbeiter. Sie tun immer so, als seien das noch Kutscher aus dem 18. Jahrhundert.
Das sind wertvolle Arbeitsplätze. Wenn Herr Kaufmann wieder versucht, den Eindruck zu erwecken, hier würden die Ströme nur durch Deutschland fahren: Wissen Sie nicht oder wollen Sie nicht wahrnehmen, wie in Deutschland Logistik abgewickelt wird? Haben Sie noch nie etwas – ich weiß, Sie haben es – vom Nabe-Speiche-System gehört, für das wir Umschlagplätze hier in der Mitte Deutschlands benötigen? Davon haben wir nach der Wiedervereinigung in hervorragender Weise profitiert.