Protocol of the Session on August 27, 2008

Zweitens. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Wahrheit über die DDR auch in unserem Schulunterricht und in unseren Schulbüchern gesagt wird, weil dann nicht mehr solche Dinge gesagt werden können wie eben, dass eine Dose Ananas bei irgendeinem Bonzen in der DDR Saus und Braus bedeuten würde.Wenn das in den Leitfaden hineingeschrieben wird, dann machen wir uns wirklich nur lächerlich.

(Michael Boddenberg (CDU): Das gehört auch zur Geschichte, Herr Kollege!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns, wenn hier ein Antrag vorliegt, wirklich das abarbeiten, was in dem Antrag steht. In dem Antrag steht: Die Landesregierung ist ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden, für ordentlichen Unterricht und ordentliche Unterrichtsinhalte an hessischen Schulen zu sorgen.– Das ist der Inhalt des Antrages. Alles andere sind Nebelkerzen und Nebelscheinwerfer, mit denen Sie hier stochern. – Danke sehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dr.Wilken. – Für die Landesregierung erhält Herr Staatsminister Banzer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer wieder eine Herausforderung, der Neigung gerade junger Menschen, die sich eher für einfache, für eindeutige Antworten begeistern können und deswegen besonders empfänglich für extremistische Positionen sind, entgegenzuwirken.

Zunächst einmal ist festzuhalten, und ich glaube, darauf können wir gemeinsam stolz sein, dass es in über 60 Jahren Bundesrepublik Deutschland gelungen ist, dieser Gefahr immer wieder sehr energisch und erfolgreich entgegenzuwirken.

Das ist nicht selbstverständlich. Das ist eine Leistung von vielen verantwortlichen Elternhäusern, aber auch von vielen verantwortlichen Lehrerinnen und Lehrern. In vielen einzelnen Auseinandersetzungen im Unterricht, in vielen Gesprächen mit jungen Leuten ist immer wieder die Begeisterung für Freiheit, für unsere Demokratie und für Rechtsstaatlichkeit geweckt worden. Ich glaube, bei einer solchen Diskussion hat man das Recht, auf unsere Lehrerinnen und Lehrer stolz zu sein. Jedenfalls bin ich das als Kultusminister.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vieles von dem, was gefordert wurde, hat ganz offensichtlich in den Unterrichtsstunden in unseren Schulen stattgefunden. Denn es ist viel Bewusstsein da.

Bei einer sehr nachdrücklichen Kürzung der Lehrpläne haben wir bewusst darauf verzichtet – obwohl der Druck groß war –, dort Stoff herauszunehmen und Themen, die sich mit der Aufarbeitung der SED-Vergangenheit beschäftigt haben, mit der ehemaligen DDR, auch nur irgendwo zu kürzen.

In den letzten Jahren ist eine Anzahl von Hinweisen an die Schulen ergangen.Wir haben den Schulen Bücher zur Verfügung gestellt – alles zu diesem Thema.Wir haben im Internet unter Lehrplan.info ganz besonders auf unterstützende Informationen hingewiesen, die alle dazu beitragen sollen, dieses Thema richtig zu bewältigen.

Aber junge Menschen schauen natürlich genau hin und wollen sich gerade auch an Personen, an Vorgängen und aktuellen Situationen orientieren.An dieser Stelle gibt es in der Bundesrepublik Deutschland des Jahres 2008 für junge Menschen besondere Schwierigkeiten.

Meine Damen und Herren von der Fraktion der LINKEN, ich habe Ihnen in der letzten Stunde aufmerksam zugehört – nicht nur dem, was gesagt wurde, sondern auch darauf geachtet, wie Sie reagiert haben. Ich sitze ja nahe bei Ihnen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Hört, hört!)

Ich habe Ihre Zwischenrufe gehört, und ich bin erschrocken. Sie sind mit diesem Thema nicht fertig. Das spürt man an jedem Ende.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie winden sich wie ein Aal. Man spürt, wie es Ihnen richtig wehtut. Und es tut Ihnen deswegen weh, weil Sie es für sich nicht geklärt haben.

Ein Satz zu Herrn Irmer kam ganz spontan aus der Tiefe. Sie haben seine Überzeugung, seine Betroffenheit über menschliches Schicksal in Zweifel gezogen. Das lässt unendlich tief blicken.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Wortmeldung des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Junge Menschen wollen sich an Personen orientieren und natürlich gerade an Personen, die in einem solchen Landtag sitzen. Die schauen sich an, was das für Persönlichkeiten sind, die eine Partei repräsentieren.

Ich muss Ihnen sagen: Ich glaube Ihnen so lange kein Wort von all dem, was Sie zur DDR sagen, solange Sie einen Ehrenvorsitzenden Modrow haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ein Ehrenvorsitzender steht besonders vorbildlich für die Partei, er stellt praktisch die Gemeinsamkeit einer Partei dar, den Konsens, den tieferen Geist.

(Florian Rentsch (FDP): So wie der Vizepräsident im Landtag!)

Das ist bei Ihnen der Mann, der den Schießbefehl mitzuvertreten hat, der Verhaftungen von Andersglaubenden, von anderen parteipolitisch Aktiven unterstützt hat.

(Axel Wintermeyer (CDU):Wahlfälschungen!)

Er hat das gesamte System der Unfreiheit unterstützt.Vor allem hat er etwas zu verantworten, was ein Demokrat nie tun darf:massive Wahlfälschungen,als sich das System der DDR wirklich nicht mehr halten konnte.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. van Ooyen?

Nein, wirklich nicht. Ich bin nicht bereit, Ihnen eine Chance zu geben, das zu relativieren. Sie müssen sich absolut bekennen. Sie können keinen Schlussstrich ziehen, wenn Sie zulassen, dass ein Pit Metz auf Ihrem Parteitag in drei Tagen wieder mitmacht und sagt, der Schießbefehl an der Zonengrenze sei genauso zu bewerten wie der Einsatz für Frieden in Afghanistan.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es kommt halt immer wieder raus – auch bei Ihnen, Frau Cárdenas: dieses Vorsichtige. Man musste Sie von der CDU dazu bringen,dass Sie sich entscheiden konnten,das als Unrecht zu bezeichnen. Vorher waren es „Fehlerchen“.

(Zuruf der Abg. Barbara Cárdenas (DIE LINKE))

Dreimal mussten wir Sie daran erinnern.

(Zuruf der Abg. Barbara Cárdenas (DIE LINKE))

Das merken die Menschen. Das merkt auch eine junge Generation, die sich orientieren will.

Dass wir in unserer Gesellschaft kein Problem mit dem Extremismus haben, liegt daran, dass es einen breiten demokratischen Konsens in der eindeutigen, abschließenden, absoluten Absage zu solchen Tendenzen gegeben hat. Bei Ihnen fehlt diese Absage.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das hat sehr viel mit dieser Debatte eben zu tun. Denn junge Leute orientieren sich natürlich an Schule. Natürlich hören sie auf das,was ihnen die Lehrerinnen und Lehrer sagen, sonst wären wir in unseren Schulen nicht so weit.

Aber sie nehmen auch vieles andere wahr. Sie hören: Die sagen, das war gar nicht so schlimm. Sie hören: Die sagen nichts von den 136 Toten an der Grenze, von denen die Lehrer sprechen. Sie hören: Die sagen nichts davon, dass man nicht reisen konnte,wohin man wollte.Sie hören:Die sagen nichts davon, dass man nicht studieren konnte, was man wollte.

(Clemens Reif (CDU): Oder überhaupt nicht!)

Das kommt noch erschwerend hinzu.

Das ist das Problem. Insoweit haben die Bundesrepublik Deutschland und auch dieser Landtag eine neue Dimension erreicht. Diese eindeutige Auseinandersetzung, dieses klare Votum für Freiheit, von denen ein Rechtsstaat und eine Demokratie leben, sind durch Ihre Fraktion in Zweifel gezogen

(Axel Wintermeyer (CDU):Richtig! – Widerspruch des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))

und werden durch jeden Beitrag von Ihnen relativiert.

Nennen Sie es ruhig Quatsch. Stellen Sie sich hierher, und werden Sie endlich eindeutig. Schmeißen Sie Herrn Metz aus Ihrer Partei. Setzen Sie Herrn Modrow ab.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Zu- rufe der Abg. Willi van Ooyen und Janine Wissler (DIE LINKE))

Wenn Sie dabei sind, Ihre Eindeutigkeit als Partei darzustellen, dann wäre ich Ihnen auch dankbar, wenn Sie sich von Ihrem Bundesvorsitzenden, dem Herrn IM Notar Gysi, trennen würden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es ist doch unerträglich, dass jemand, über den man unwidersprochen sagen darf, dass er in Stasiarbeiten verwickelt ist, Bundesvorsitzender einer Partei sein und in Sommerinterviews über unsere Gesellschaft schwadronieren kann.