Protocol of the Session on June 4, 2008

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Antrag versucht die SPD, ihr Lieblingsthema Mindestlohn zu beleben, um von ihrem handwerklichen Dilettantismus der letzten Monate und ihrer Regierungsunfähigkeit abzulenken.

(Beifall bei der CDU)

Es ist der untaugliche Versuch eines Schaulaufens, nachdem man Pflicht und Kür in den Sand gesetzt hat.

(Norbert Schmitt (SPD): Da bewegen Sie sich aber auf Glatteis!)

Es ist der missglückte Versuch,Frau Ypsilanti Frischzellen zu verordnen, nachdem sie in den letzten Plenarrunden abgetaucht war, was auch die Medien entsprechend gewürdigt haben.

(Beifall bei der CDU)

Unverändert frisch ist dagegen die soziale Marktwirtschaft in Deutschland, die in diesem Monat ihren 60. Geburtstag feiern kann.

(Beifall bei der CDU)

Wirtschaft und Soziales gehören zusammen. Der Staat schafft den ordnungspolitischen Rahmen, damit in einer freien Wirtschaft der soziale Ausgleich erfolgt.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist aber Frischkäse, was Sie da erzählen!)

Die zentrale Aufgabe ist es, allen auf dem Arbeitsmarkt Chancen einzuräumen;

(Norbert Schmitt (SPD):Das ist Frischkäse auf Magerstufe!)

denn Arbeit ist die Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe. Sozial sind angemessene Löhne, menschenwürdige Arbeitsbedingungen, Ausbildung, Qualifizierung, Weiterbildung und auch eine familienfreundliche Arbeitswelt. Aber sozial ist vor allen Dingen das, was Arbeit schafft.

Seit dem Amtsantritt von Kanzlerin Merkel haben wir eine positive Entwicklung. Die Arbeitslosenzahl ist gegenüber dem Höchststand unter Rot-Grün um 2 Millionen auf 3,28 Millionen zurückgegangen. Das ist seit 15 Jahren bundesweit – auch in Hessen – der niedrigste Stand. Das ist eine großartige Botschaft.

(Beifall bei der CDU)

Die Bürgerinnen und Bürger haben den Aufschwung durch ihre Leistungen, das Schultern zusätzlicher Belastungen und eine Tarifpolitik mit Augenmaß ermöglicht. Forderungen nach Lohnerhöhung sind daher legitim und berechtigt.Aber Achtung: Es muss auch mehr Netto vom Brutto in der Tasche bleiben. Familien, Arbeitnehmer, Rentner und der Mittelstand müssen weiter entlastet werden.

(Beifall bei der CDU)

Die Haushaltskonsolidierung, eine weitere Senkung der Lohnnebenkosten und eine Steuerreform sind Bausteine. Es gibt Handlungsbedarf bei der Lohnfindung, denn in manchen Branchen und Regionen existieren Probleme mit der Billiglohnkonkurrenz aus dem Ausland und mit Dumpinglöhnen.

Das ist für uns nicht akzeptabel. Deshalb werden auch die Schutzmechanismen ausgebaut – das Entsendegesetz und das Mindestarbeitsbedingungengesetz. Hierbei muss die Leitlinie sein:Vorfahrt für die Tarifparteien.

(Beifall bei der CDU)

Der Anstieg bei den Niedriglöhnern hängt auch mit Veränderungen der Erwerbsmuster zusammen – mehr Teilzeit, mehr geringfügige Beschäftigung – und damit,

(Norbert Schmitt (SPD): Alles selbst gewählt? – Gegenruf des Abg. Horst Klee (CDU): Herr Schmitt, Sie haben doch ganz andere Probleme zu lösen!)

dass durch die Arbeitsmarktreformen auch dieses Segment verstärkt erschlossen wird. Um den nicht und gering Qualifizierten die Chance auf einen Arbeitsplatz zu sichern, brauchen wir auch in Zukunft einen Niedriglohnsektor. Nicht zu vergessen ist auch, dass hier Qualifizierten, die ansonsten arbeitslos wären, zumindest der Einstieg geschaffen wird.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, „Mindestlohn“ klingt gut. Doch die Probleme lassen sich nicht mit einer Zauberformel und auch nicht mit einer pauschalen Diskreditierung des Unternehmertums lösen.Wer den Niedriglohnbereich teuer macht, zerstört Arbeitsplätze und damit Arbeitschancen für die sozial Benachteiligten, die insbesondere von Arbeitslosigkeit am stärksten bedroht sind. Liegt der Mindestlohn in der Nähe einer dem Markt entsprechenden Größenordnung, bleibt er wirkungslos. Liegt er darüber, führt er zum Arbeitsplatzabbau.

(Beifall bei der CDU)

Jobs wandern ins Ausland. Die Schwarzarbeit wird angeheizt. Meine Damen und Herren, was auf den ersten Blick sozial und gerecht erscheint, entpuppt sich als kontraproduktiv

(Norbert Schmitt (SPD):Haben Sie dafür einen Beleg?)

volkswirtschaftlich, arbeitsmarktpolitisch und insbesondere sozialpolitisch. Was nützt den Menschen ein Mindestlohn, wenn sie in der Folge keinen Arbeitsplatz haben?

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Was ist menschenunwürdiger – Arbeit und die Ergänzung des Einkommens durch aufstockende Leistungen des So

zialstaates oder der Absturz in Arbeitslosigkeit? Was kostet mehr – das Aufstocken von niedrigen Arbeitseinkommen oder, wie bis vor Kurzem geschehen, millionenfache Arbeitslosigkeit zu finanzieren?

(Beifall bei der CDU – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Genau das ist die zentrale Frage!)

1,3 Millionen Menschen sind trotz Arbeit auf ergänzende Hilfen angewiesen. 2005 arbeiteten von dieser Gruppe nur 495.000 Vollzeit, 2007 waren es 374.000, und viele von ihnen nicht über das ganze Jahr hinweg. Die Zahl ist rückläufig, und dies widerlegt die „Tatsache“, Armutslöhne hätten zugenommen.

Der überwiegende Teil der Aufstocker, nämlich zwei Drittel, hat einen Teilzeit- oder einen 400-c-Job. Der Mindestlohn würde die Zahl derer, die Vollzeit arbeiten und trotzdem Hartz IV bekommen, nicht deutlich reduzieren, denn die meisten Aufstocker haben Kinder und einen Partner, der nichts oder nur wenig hinzuverdient. Sie würden auch bei einem Mindestlohn von 7,50 c weiter auf Hartz IV angewiesen sein.

Sieben Jahre hatte die SPD Zeit, einen Mindestlohn einzuführen. Sieben Jahre ist nichts passiert.

(Zurufe von der SPD: Ei, ei, ei!)

„Ein gesetzlicher Mindestlohn überall in Deutschland, so wie der DGB ihn fordert,von 7,50 c ist nicht darstellbar“, so Peter Struck 2006.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Michael Boddenberg (CDU): Ach, der ist das!)

Recht hat er, wie auch die Forschung über Beschäftigungseffekte von Mindestlöhnen zeigt. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung kommt in seinem Gutachten 2006 unter der Überschrift „Mindestlöhne, ein Irrweg“ zu dem Ergebnis: In Verbindung mit den internationalen Erfahrungen ist im Hinblick auf die zu erwartenden Beschäftigungseffekte ausdrücklich vor der Einführung eines Mindestlohnes in Deutschland zu warnen.

Meine Damen und Herren, Ziel muss es sein, Arbeit und ein Mindesteinkommen zu haben, um eigenverantwortlich für den Lebensunterhalt sorgen zu können.

(Beifall bei der CDU)

Wo sich Arbeitgeber und Gewerkschaften aus wirtschaftlichen Gründen nur auf niedrige Gehälter einigen können, stockt die Gemeinschaft diese auf. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben des Sozialstaates und nicht der Unternehmen.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Staatsfinanzierte Löhne!)

Der Mindestlohn führt beschäftigungspolitisch in eine Sackgasse. Lohnkostenzuschüsse sind sinnvoller, denn es ist besser,Arbeit zu subventionieren als Arbeitslosigkeit.

(Beifall bei der CDU)

Branchenspezifische Mindeststandards zu schaffen ist Sache der Tarifpartner, die durch das staatliche Recht der Allgemeinverbindlichkeit im Ausnahmefall ergänzt wird. Diese Instrumente taugen zur Lösung der Probleme bei nahezu oder tatsächlich sittenwidrigen Niedriglöhnen. Garantiertes Mindesteinkommen und Wahrung der Tarif

autonomie sind die vernünftigen Alternativen zum einheitlichen Mindestlohn per Gesetz.

Meine Damen und Herren, dieser Antrag hat beim Mindestlohn nichts Neues zu bieten. Passagen sind wörtlich vom SPD-Bundesvorstandsbeschluss vom 06.01.2008 abgeschrieben.

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Neu ist die Forderung, die Landesregierung solle die Initiative des Bundesarbeitsministers unterstützen. Etwas konkreter hätte es im Antragstext schon sein können, denn angesichts von Forderungen nach Lufthoheit über den Kinderbetten und des verunglückten Konzepts der kooperativen Jobcenter ist ein Freibrief für Herrn Scholz nicht zu vertreten.