Oder trauen wir es uns nicht zu, dass wir für das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Abgeordneten und Bürgern das richtige Mittelmaß gefunden haben? Das ist doch eine Entscheidung. Oder bedeuten zehn Minister mehr gleich eine doppelt so gute Regierung?
Ich meine, bei dieser Regierung könnte man sich das überlegen.Vielleicht sollten wir 100 davon haben.Aber es ist doch alles relativ. Wir haben uns auf gewisse Zahlen festgelegt. In den letzten Jahren haben wir uns mit diesem Thema mehrmals beschäftigt. Es gab viele Debatten. Auch in den Ausschüssen hat man sich mit diesem Thema befasst.
Alle sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht so einfach ist,man also nicht eben nur 100 Leute einzustellen braucht. Steuerfahnder und Betriebsprüfer brauchen nämlich eine Ausbildung.Wir können sie nicht einfach aus einem anderen Bereich nehmen. Nehmen wir die Steuerfahnder als Beispiel. Die müssen Sie aus der Betriebsprüfung holen. Dann fehlen Ihnen aber diese Leute bei der Betriebsprüfung.
Was die Betriebsprüfer betrifft, so haben wir sogar Anschlussprüfungen bei den Betrieben. In Deutschland, also auch in Hessen, werden alle Großbetriebe geprüft. Was wollen Sie eigentlich mit einer größeren Zahl von Prüfern dort noch erreichen? Das frage ich Sie wirklich.Wenn Sie 100 Prüfer weniger haben, richten Sie einen Einkommensschaden an; das ist klar. Was jedoch die 100 zusätzlichen Betriebsprüfer betrifft: Sie müssen erst einmal 100 oder sogar 1.000 neue Unternehmen haben, damit die Einstellung von zusätzlichen Prüfern gerechtfertigt ist.
Hier gibt es ein bestimmtes Verhältnis.Gerade bei der Betriebsprüfung ist die Finanzverwaltung nämlich gut aufgestellt.
Da ich gerade die Finanzverwaltung anspreche, möchte ich Ihnen auch sagen: Sie haben ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Finanzverwaltung.
Herr Kahl, das habe ich nicht an Sie, sondern an die Abgeordneten der LINKEN gerichtet gesagt. Entschuldigen Sie, dass ich gerade Sie angeschaut habe. Ich meine die Fraktion DIE LINKE.
Sie misstrauen auch der Steuerverwaltung; denn die Steuerverwaltung hat sowohl in Bezug auf die Steuerfahndung als auch in Bezug auf die Betriebsprüfung in den vergangenen Jahren sehr gute Ergebnisse eingefahren: zum Vorteil des Landes Hessen und – das hat Herr Kollege Kahl angesprochen – zum Vorteil der ganzen Bundesrepublik Deutschland; denn ein Großteil dessen, was wir in Hessen erwirtschaften, geht über den Länderfinanzausgleich in der Tat an die anderen Bundesländer.
Darüber müssen wir zusammen mit den anderen Bundesländern nachdenken.Herr Kahl,ich finde Ihren Vorschlag gar nicht so verkehrt. Das Problem ist doch, dass wir uns im Landtag heute darüber einig sein können, dass wir am Länderfinanzausgleich Änderungen vornehmen. Aber dieser Beschluss hat keine Wirkung. Wir müssen uns mit den anderen darauf verständigen.
Es hat eine gewisse Logik, dass ein Anreizsystem für alle dahintersteckt. Die Schaffung eines Anreizsystems dürfte von den anderen nicht a priori abgelehnt werden. Es ist also eine gewisse Hoffnung auf einen Erfolg vorhanden.
Das heißt, man kann darüber nachdenken, ob man eine Relation entwickelt: Wer mehr Steuerfahnder bzw. mehr Menschen dort eingestellt hat, muss sich das auch auf die
Zahlungen in den Länderfinanzausgleich anrechnen lassen können. Es kann nicht sein, dass die Kosten, die wir haben, das übersteigen, was in Hessen am Ende übrig bleibt. Darüber sollten wir uns einig sein.
Aber ich will durchaus noch einmal auf Ihren Antrag zurückkommen. In dem Antrag der LINKEN heißt es, allein schon die Verwaltungsvorgaben in Deutschland – damit meinen sie auch Hessen – seien verfassungswidrig, weil der Staat gar kein Interesse daran habe, die Steuern einzutreiben. Ich muss sagen, das ist eine Unverschämtheit. Die Verwaltungsvorgaben sind so gestrickt – das ist in allen Bereichen mehrfach überprüft worden –, dass die Mitarbeiter der Finanzverwaltung ihre Arbeit gut machen können und die Steuerpflichtigen auch erreichen.
Sie müssen auch einen großen Unterschied zwischen Steuerfahndern und Betriebsprüfern machen. Bei der Steuerfahndung ist schon ein Anfangsverdacht gegeben. Im Zusammenhang mit den Betriebsprüfern gleich davon zu reden – das schreiben Sie in Ihrem Antrag –, dass die Unternehmer ihre Steuern nicht bezahlen, sondern systematisch hinterziehen wollen, ist eine Unverschämtheit den Unternehmern in Deutschland gegenüber, die sich aufreißen, Tag und Nacht arbeiten und am Ende viele Steuern bezahlen.
Der SPD würde es auch guttun, sich hinter diese Position zu stellen.Weil Sie vorhin davon gesprochen haben, 35 % wäre eine Senkung des Spitzensteuersatzes:Ja,möglicherweise ist das eine Senkung des Steuersatzes. Aber ich erinnere daran, was unser gemeinsamer Bundesfinanzminister Peer Steinbrück am Freitag bei der Einweihung des House of Finance gesagt hat. Unsere Probleme sind in Deutschland nicht die Steuersätze. Unser Problem ist die Steuerquote. Wenn bei den Vermögenden die Steuerquote bei 21 % liegt, dann wären 35 %, die tatsächlich erhoben werden, 14 % mehr und nicht weniger Geld.
Deswegen gehen bei der Einkommensteuer Vorschläge, die sowohl von der FDP als auch in vielen Bereichen schon von der CDU gemacht wurden, in die richtige Richtung. Wir müssen in Deutschland die Steuerquote erhöhen und die Steuersätze senken.
Dann haben wir auch in Deutschland mehr Vertrauen bei den Unternehmen. Dann haben wir mehr Unternehmen. Dann können wir mehr Betriebsprüfer einstellen, weil es sich dann lohnt, mehr zu prüfen. Dann brauchen wir die auch – das ist doch klar.
Aber wir brauchen diese Reihenfolge. Wir brauchen erst einmal ein unternehmensfreundliches Klima in diesem Land, das dazu führt, dass wir Steuereinnahmen haben, die dann geprüft werden können.
Meine Damen und Herren, insofern will ich Ihnen sagen: Wir sollten auf dem Weg weitermachen, die Finanzver
waltung systematisch an den tatsächlichen Bedarf anzupassen, weitermachen, wie wir es seit 2001 mit dem Zehnjahresprogramm haben, mehr Menschen auszubilden, die dann in die Steuerverwaltung hineingehen.
(Hermann Schaus (DIE LINKE):Was haben Sie in den letzten Jahren gemacht? Keine eingestellt von 2001 bis 2004!)
Dazu werden trotz knapper Kassen zusätzlich 30 Steuerfahnder pro Jahr ausgebildet. Das sind nach zehn Jahren 300. So muss man diesen Weg weitergehen, also eine Anpassung an den tatsächlichen Bedarf. Ich sage Ihnen eindeutig:Wir brauchen Nachwuchsarbeit,aber wir brauchen keinen Überwachungsstaat. Der ist mit uns nicht zu machen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wieder einmal – diesmal unter dem Deckmäntelchen der Steuergerechtigkeit – offenbart die LINKE auf erschreckende Art und Weise in diesem Hause die Eindimensionalität und die geradezu tunnelblickartige Verengung ihres Menschen- und Gesellschaftsbildes.
Herr Kollege Schaus, die Frage stellt sich schon: Lesen Sie oder überprüfen Sie überhaupt die Anträge,die Sie in diesem Haus erstellen,bevor Sie sie in den Geschäftsgang geben?
Es ist schlechterdings unfassbar – Herr Kollege Milde hat darauf hingewiesen –, dass Sie sich hier das Recht herausnehmen,in der Begründung Ihres Antrages parlamentsöffentlich ganze Bevölkerungsgruppen pauschal der Steuerhinterziehung und damit eines gesellschaftsschädigenden kriminellen Verhaltens zu bezichtigen.
Das kann und darf nicht so sein. Das können wir so auch nicht stehen lassen. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das ist eine Unverschämtheit gegenüber den Unternehmerinnen und Unternehmern in diesem Land, die jeden Tag für sich und für andere, nämlich für die, für die sie Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, hier Verantwortung übernehmen, auf diese Art und Weise von Ihnen diffamiert zu werden.
(Michael Boddenberg (CDU): Erwarten Sie nicht zu viel! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Ich komme noch öfter ans Pult!)
und das an dieser Stelle richtigstellen. Es ist genauso erschreckend und bezeichnend,dass die Linkspartei die Debatte um Steuergerechtigkeit dadurch führt, dass sie den Überwachungsstaat ausbauen und aufstocken will. Dazu fällt Ihnen nichts Besseres ein, als weiterhin den Verwal
Wenn Sie sich für Steuergerechtigkeit einsetzen wollen, dann setzen Sie sich für ein niedriges und für ein einfaches Steuersystem ein – ein Steuersystem, das von den Menschen akzeptiert und verstanden wird,
das denjenigen,die arbeiten gehen,mehr netto übrig lässt. Dann haben Sie einen Beitrag zur Steuergerechtigkeit geleistet, aber nicht mit Ihrem Antrag zu mehr Steuerfahndern und Betriebsprüfern.