Protocol of the Session on June 4, 2008

tung mit Schulbüchern und bei dem Zustand dieser Bücher – warum nur die Gymnasien?

Herr Minister, ich glaube, das weist auf etwas hin, wovor Sie sich drücken – das ist die Vorlage eines Nachtragshaushalts. Wenn wir mit dem Ernst machen wollen, was alle Fraktionen in diesem Landtag in ihren Wahlprogrammen geschrieben haben, dass sie nämlich mehr in Bildung investieren wollen, dann wäre es absolut notwendig, einen Nachtragshaushalt vorzulegen, dann bräuchten wir endlich von dieser Regierung einen Bericht über den Finanzstatus des Landes, damit dieser Hessische Landtag sehr verantwortlich entscheiden kann, wie er mehr in Bildung investieren kann.

Herr Minister Banzer, ich fordere Sie auf: Sorgen Sie dafür, dass diese Landesregierung spätestens nach der Sommerpause diesen Nachtragshaushalt vorlegt. Denn nur mit solchen Änderungen im Haushalt können wir wirklich mehr in Bildung investieren. Alles andere sind wichtige Korrekturen, aber um für unsere Schulen wirklich einen Sprung machen zu können, brauchen wir einen Nachtragshaushalt und die Gestaltung des Haushalts 2009. Solange Sie das nicht tun, verwehren Sie eine Debatte darüber, welche Prioritäten wir setzen wollen und wie wir mehr Geld in Bildung investieren können. Ich glaube, es wäre sehr notwendig, hier keine Zeit zu verlieren.

Wenn die Landesregierung schon angekündigt hat, den Landeshaushalt 2009 aus Unwilligkeit oder Unfähigkeit nicht fristgerecht vorlegen zu können, dann zeigt das:Wir verlieren für notwendige Veränderungen an unseren Schulen immer mehr Zeit, weil Sie hier keine Debatte über den Finanzstatus des Landes zulassen.Herr Minister, das richtet sich an die gesamte Regierung.

Ich möchte noch auf etwas eingehen, was Sie in Ihrer Regierungserklärung gesagt haben.

(Peter Beuth (CDU): Sehr wenig überzeugend! – Mark Weinmeister (CDU): Ganz dünn!)

Wenn jetzt der Kollege Weinmeister „Ganz dünn!“ dazwischenruft, dann gilt das, wie ich glaube, für die Besetzung der CDU-Fraktion während dieser Debatte. Die ist in der Tat ganz dünn, wenn ich so in Ihre Reihen schaue.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das zeigt einmal mehr, wie viel Rückhalt Herr Minister Banzer mit seinen Vorschlägen in der CDU-Fraktion hat. Die Beteiligung an dieser Debatte zeigt das.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist kein Niveau!)

Herr Minister, in Ihrer Regierungserklärung haben Sie mehrfach darauf hingewiesen – –

(Mark Weinmeister (CDU): Man muss Gemeinsamkeiten auch ertragen können!)

Herr Kollege Weinmeister, Zwischenfragen sehr gerne, Zwischenrufe bitte ein bisschen weniger.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist das freie Recht des Abgeordneten!)

Sie haben darauf hingewiesen, man müsse aufpassen, dass der Hessische Landtag keine Unruhe an die Schulen bringe und dass es nicht eine Vielzahl von unabgestimmten Reformen gebe.

Da sage ich Ihnen sehr deutlich: Herr Minister, diese Arbeitsteilung, die Sie in Ihrer Regierungserklärung nahele

gen – was der Landtag an Veränderungen macht, gegebenenfalls mit Mehrheiten, an denen die CDU nicht beteiligt ist, sei Chaos; und das, was Sie machen, sei der Weisheit letzter Schluss –, werden wir nicht akzeptieren.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Herr Minister Weimar, wenn ausgerechnet Sie sich jetzt auch noch in diese Debatte einbringen, ausgerechnet beim Thema Chaos, haben Sie Ihr Stichwort gehört.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich begrüße es natürlich, dass Sie sich beim Thema Chaos einbringen, und verstehe, dass Sie sich da angesprochen fühlen.

So aber geht die Arbeitsteilung nicht:Wenn die einen Veränderungen vorschlagen, sorgt das für Chaos; wenn die anderen Veränderungen vorschlagen, ist das in Ordnung.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Herr Weimar, Sie laden mich geradezu ein: Je länger Sie dazwischenrufen, umso mehr muss ich an Chaos denken, und es ist natürlich auch klar, dass das an der Qualität Ihrer Zwischenrufe liegt.

So funktioniert das nicht. Ich glaube, dieser Hessische Landtag hat gestern sehr verantwortlich unter Beweis gestellt, dass er Korrekturen am Schulgesetz voranbringt, die die Entwicklungen an unseren Schulen fördern. Mit dem gestrigen Tag hat dieser Hessische Landtag entschieden, dass Durchlässigkeit wieder das Prinzip und der Handlungsauftrag für unser Schulsystem ist. Das ist auch gut so – dass Schülerinnen und Schüler wieder zu jedem Zeitpunkt gemäß ihren individuellen Begabungen gefördert werden.

Gestern hat der Hessische Landtag sehr verantwortlich beschlossen, das Bürokratiemonster Unterrichtsgarantie plus abzuschaffen,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

und dass wir an unseren Schulen eine wirklich verlässliche Unterrichtszeit bekommen, die diesen Namen verdient: ohne bürokratische Gängelung, mit mehr Entscheidungsspielraum für die Schulen.

Gestern hat dieser Hessische Landtag sehr verantwortlich entschieden, dass die kooperativen Gesamtschulen eine Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 bekommen, und somit einen sehr wesentlichen Beitrag zur Korrektur der vermurksten verkürzten Schulzeit zum Abitur geleistet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gestern hat der Hessische Landtag sehr verantwortlich entschieden, dass wir die Möglichkeit zur Querversetzung einschränken, und präzisiert, dass Querversetzung nicht ein Regelinstrument des Schulsystems ist, sondern die absolute Ausnahme in pädagogisch begründeten Einzelfällen. Auch das ist eine wesentliche Änderung, die dieser Hessische Landtag mit den Stimmen von SPD,BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN beschlossen hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Minister Banzer, es war auch kein Anflug von Irritation, sondern eine sehr verantwortliche Entscheidung, dass künftig integrierte Gesamtschulen leichter gegründet werden können und dafür die Zweizügigkeit aus

reicht. Auch das ist ein wichtiger Schritt, um zu längerem gemeinsamen Lernen für Schülerinnen und Schüler zu kommen.

Wir haben noch etwas getan: Wir haben die Richtgrößen zur Klassenbildung – die landauf, landab dazu geführt haben, dass für die Frage, ob ein schulisches Angebot erhalten bleiben soll, nicht pädagogische Erwägungen ausschlaggebend waren, sondern statistische Größen, wie das die Vorgängerregierung eingeführt hat – wieder abgeschafft. Herr Minister, das hat der Hessische Landtag mit dem gestrigen Tag sehr verantwortlich korrigiert.

Herr Banzer, wir sollten auch – darüber haben Sie wenig gesagt – über die Perspektiven reden. Aus der Sicht meiner Fraktion ist völlig klar: Das, was der Hessische Landtag gestern hier beschlossen hat, was Sie an Vorschlägen zur Korrektur von G 8 vorgelegt haben, können nur erste Schritte sein.Alle Fraktionen dieses Hessischen Landtags sind aufgefordert, nach der Sommerpause auf der Grundlage der Ergebnisse der Landtagsanhörung in der übernächsten Woche ihre Vorschläge zur Perspektive des Bildungssystems zu machen. Denn unsere Schulen brauchen über diese Perspektive Klarheit. Sie brauchen Verlässlichkeit, wie es weitergehen soll. Herr Banzer, darüber aber haben Sie in Ihrer Regierungserklärung nichts gesagt, wohin es denn gehen soll.

Unsere GRÜNEN-Perspektive ist sehr klar: Wir wollen mehr Ganztagsangebote, in offener wie gebundener Form, für alle Schulen. Unsere Perspektive ist sehr klar: Wir wollen eine bessere Lehrer- und Finanzausstattung, möglichst schnell für alle Schulen. Deswegen brauchen wir diesen Nachtragshaushalt. Unsere GRÜNEN-Perspektive ist klar: Wir wollen längeres gemeinsames Lernen an mehr Schulen in unserem Land, denn wir GRÜNE sind der Überzeugung, mit längerem gemeinsamen Lernen können wir für alle Schülerinnen und Schüler in unserem Land bessere Ergebnisse erreichen. Aber wir GRÜNE sagen ebenso klar: Dieser Weg muss von den Schulen und den Eltern ausgehen. Aber wir müssen endlich den Schulen, die sich auf den Weg machen wollen, die Perspektive geben, dass sie längeres gemeinsames Lernen anbieten und so zu Schulen nach finnischem Vorbild werden können.

Herr Banzer, über diese Perspektiven haben Sie geschwiegen. Deshalb kann ich am Ende meiner Rede feststellen: Es gibt in diesem Hause viele Gemeinsamkeiten, auch teilweise in ungewöhnlichen politischen Kombinationen, wenn es um die Korrektur der Fehler der Vergangenheit geht.

Ich glaube, die spannende Debatte nach der Sommerpause auf der Grundlage der Landtagsanhörung wird über die Frage sein: Wo finden sich in diesem Hessischen Landtag die Mehrheiten zur Gestaltung der Zukunft unserer Schulen sowie dafür,für mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen? Ich habe den Eindruck, da ich glaube, dass der Erkenntnisprozess der hessischen CDU in Bezug auf ihre Fehler der vergangenen neun Jahre nicht sehr groß ist, dass sie die Antwort darauf, wo diese Gemeinsamkeiten vorhanden bzw. mit wem sie zu gestalten sind, bereits geben könnte. Das ist heute aber noch nicht gewollt. Für heute bleibt festzustellen: Herr Banzer, in Bezug auf die Korrektur beim G 8 haben Sie sehr gut abgeschrieben. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Als Nächster hat Herr Irmer für die Fraktion der CDU das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Kollege Wagner, Sie haben auf der einen Seite die Veränderungen beim G 8, die vom Minister vorgeschlagen wurden, begrüßt. Auf der anderen Seite hatte ich den Eindruck, dass Sie sich nicht so richtig über diese freuen konnten, da er Ihnen nun ein „politisches Spielzeug“ aus der Hand genommen hat. Ihre Freude war sehr verhalten.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir schon gemeinsam Politik machen, was die Konstellation auch teilweise erfordert, dann meine ich, dass wir auch die Größe haben sollten, zu sagen: Das war ein guter Wurf. – Es steht Ihnen natürlich zu, zu sagen, dass wir von Ihnen einen Teil übernommen hätten. Das ist in Ordnung. Ich bin aber der Meinung, dass wir im Kern einen großen Schritt weitergekommen sind. Ich möchte daher an dieser Stelle dem Kultusminister herzlich zu dieser Leistung, die er hier vollbracht hat, gratulieren.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, es ist Ihnen gelungen, in einem schwierigen Fahrwasser dazu beizutragen, berechtigterweise etwas mehr Ruhe an die „schulische Front“ zu bekommen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wer hat es denn schwierig gemacht?)

Lieber Herr Kollege Kaufmann, es bestreitet niemand, dass auch wir nicht fehlerfrei sind. Es mag sein, dass Sie ohne Fehler durchs Leben marschiert sind. Ich bin aber der Meinung,dass es zur Wahrheitsfindung dazugehört,zu sagen: Wir sind alle nur Menschen. Wir machen alle Fehler, und manchmal machen wir auch Fehleinschätzungen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das gerade aus Ihrem Munde!)

Passt Ihnen das etwa auch nicht? Es passt Ihnen nicht, wenn wir sagen, wir machen alles richtig.Wenn wir Ihnen aber sagen,dass wir auch Fehler machen,dann passt es Ihnen wieder nicht. Sie müssen sich langsam entscheiden und sagen, was Sie wollen. Ich weiß nicht, ob es überhaupt noch eine Chance gibt, dass Sie einmal sagen werden: Sie da vorne haben recht, aber Schwamm darüber.