Dieses Lehrerzuweisungsverfahren ist vor allem für die Schulen völlig undurchsichtig. Das muss vereinheitlicht werden. Es muss sich an der Zahl der Köpfe, an einem Sozialindex, an den Bildungsgängen und an dem Umfeld der Schule orientieren. Ferner muss es so transparent sein, dass jede Schule in Hessen genau weiß: Diese Zahl an Lehrerstellen steht mir zu, und die andere Schule hat aus diesem und jenem Grund eine andere Zahl an Lehrerstellen.
Aber die Eigenverantwortung der Schule bedeutet auch, dass es neue Anforderungen an die Schulaufsicht gibt.Die Schulämter müssen die Schulen auf dem Weg in die Eigenverantwortung unterstützen. Sie müssen sie beraten. Sie müssen ihnen helfen. Das heißt, sie müssen sich zu Serviceeinrichtungen wandeln. Sie müssen die Schulen auf dem Weg der Qualitätsentwicklung begleiten. Das sind viele neue Aufgaben, die auf die Schulämter zukommen.
Die FDP-Fraktion hat daher vorgeschlagen, dass wir die Staatlichen Schulämter – die Schulverwaltung – anders organisieren, um sie für die neuen Aufgaben, die auf sie zukommen, wirklich fit zu machen.
Die eigenverantwortliche Schule bedeutet aber auch eine sehr viel stärker eigenverantwortlich arbeitende Schulaufsicht. Die Schulämter müssen eigenverantwortlich organisieren können, wie sie ihre Schulen betreuen. Man kann ihnen nicht vorschreiben, dass ein Gymnasiallehrer nur Gymnasien und ein Hauptschullehrer nur Hauptschulen betreuen kann. Es kann durchaus so organisiert werden, dass ein Schuldezernent für einen Bereich und somit für alle Schulen in diesem Bereich verantwortlich ist. Das ist sehr sinnvoll; denn dann kann er sich auf die Schnittstellen zwischen den einzelnen Schulen besser konzentrieren und die Zusammenarbeit viel stärker fördern.
Es ist höchst kontraproduktiv, wie es jetzt wieder gemacht worden ist, nämlich dass man den Staatlichen Schulämtern genau vorschreibt, wie sie sich zu organisieren haben und wie sie ihre Schulen betreuen müssen.
Ich denke, das Kultusministerium muss endlich lernen, dass man bei den Verwaltungen und bei den Schulen einfach Leine lassen muss.Das Kultusministerium muss seine Haltung im Grundsatz ändern. Die Schulen müssen vom Gängelband gelassen werden. Sie müssen sich zur Eigenverantwortung bekennen. Vonseiten des Kultusministeriums muss die Eigenverantwortung für die Schulen in Rechtsform gegossen werden.
Wir fordern den Herrn Kultusminister auf, diesen Weg zu gehen. Es ist ein mutiger Weg. Sie müssen die gesamte Kultusverwaltung umkrempeln. Sie müssen die Kultusverwaltung zu einem Dienstleister für die Schulen machen.
Sie haben in Ihrer Rede die Schulen in den Mittelpunkt gestellt.Wir werden Sie auf diesem Weg unterstützen. Gehen Sie mutig voran. – Vielen Dank.
Verehrte Frau Kollegin Henzler, ich habe mich auf eine Bemerkung hin gemeldet, die Sie vorhin im Zusammenhang mit der Freiheit der Elternwahl und den Kindern gemacht haben. Sie hat mich doch etwas irritiert.
Nach dem Scheitern der liberalen Revolution 1848 wurde auch in Hessen das preußische Dreiklassenwahlrecht eingeführt. 1918 wurde es durch die Sozialdemokraten wieder abgeschafft.
90 Jahre später verfechten ausgerechnet Liberale immer noch ein Dreiklassenschulrecht; denn das, was sie an Freiheit und Individualität unterstellen, geht davon aus, dass man im Rahmen des dreigliedrigen Schulsystems alle Kinder in drei unterschiedliche Schemata einsortieren kann. Genau das ist der Punkt.Von einer liberalen Partei würde man doch erwarten, dass sie gerade diese Freiheitseinschränkung in der Zuteilung langsam hinter sich lässt und sieht,
dass wir für 100 Kinder 100 verschiedene Schulen brauchen, die sich dem jeweiligen Kind individuell öffnen.
Das erreichen Sie, indem Sie die 100 Kinder zusammen lernen lassen und dafür sorgen, dass sich der Lehrer im Rahmen der Binnendifferenzierung jedem einzelnen Kind öffnet.
Das gibt den Eltern die größtmögliche Freiheit, einen individuellen Weg für das jeweilige Kind zu finden.
Wir würden uns freuen, wenn gerade die Liberalen aus ihrer Tradition heraus eine solche Liberalität gegenüber der Schulwahl der Eltern erkennen lassen würden.
Vielen Dank, Herr Dr. Spies. – Frau Henzler, Sie haben die Gelegenheit, darauf zu antworten. Sie haben ebenfalls zwei Minuten Zeit dafür.
Sehr geehrter Herr Dr. Spies, wenn Sie das Dreiklassenwahlrecht mit einem sogenannten Dreiklassenschulrecht gleichsetzen, zeigt mir das sehr deutlich, dass Sie von den Schulen in Hessen überhaupt keine Ahnung haben.
Wir haben in Hessen nämlich nicht nur drei Schulformen. Vielmehr hat Hessen so viele verschiedene Schulformen wie kein anderes Land in der Bundesrepublik. Das fängt mit den integrierten Gesamtschulen an, die Sie, die SPD, früher präferiert haben, weil alle Kinder dorthin gehen, weil dort binnendifferenziert wird und weil dort sehr leistungsorientiert gearbeitet wird, was Ihnen heute nicht mehr passt.
Außerdem haben wir die kooperativen Gesamtschulen. Wir haben verbundene Haupt- und Realschulen. Wir haben Grundschulen mit Förderstufen und Grundschulen mit Hauptschulen. Hessen hat alles. Es kann also überhaupt nicht von irgendeinem Dreiklassensystem die Rede sein.
Ich will Ihnen noch etwas sagen. Die Eltern sollen die Wahl haben, zu sagen: Ich will mein Kind auf diese Schule schicken.
Ich bin als Mutter genau der Prototyp dafür. Ich habe meine drei Kinder auf Schulen verschiedener Schulformen geschickt; denn meine drei Kinder sind sehr unterschiedlich.In diesen drei verschiedenen Schulen waren sie alle sehr erfolgreich. Dieses Wahlrecht möchte ich den Eltern zugestehen. Ich möchte es ihnen nicht nehmen.
Lieber Herr Dr. Spies, deshalb sind Freiheit und Wahlfreiheit in den Händen der FDP immer besser aufgehoben als bei Ihnen.
Danke, Frau Henzler. – Nunmehr hat Herr Wagner die Möglichkeit, die Position von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darzulegen. Bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir befinden uns heute – vier Monate nach der Landtagswahl,zwei Monate nach der konstituierenden Sitzung – in der 10. Plenarsitzung. Wir GRÜNE werden immer gefragt: Wo sind jetzt die Gemeinsamkeiten mit der CDU? Gibt es eigent
Ich habe während der Vorbereitung auf diese Rede lange recherchiert. Herr Minister der Justiz, zugleich mit der Leitung des Kultusministeriums beauftragt – so heißt es wohl formal –,ich glaube,ich habe die Gemeinsamkeit gefunden. Zumindest vermute ich das.
Ich habe mir nämlich mein Zeugnis aus der 1. Klasse vorgenommen. Das war im Schuljahr 1980/81. Dort heißt es unter „Lernentwicklung“: „Das Abschreiben von Texten geht schon recht gut.“
Herr Banzer, wenn ich sehe, was Sie heute zum Thema G-8-Veränderungen vorgelegt haben, dann glaube ich, in Ihren Zeugnissen stand auch: „Das Abschreiben von Texten geht schon recht gut.“ Sie haben es bis heute nicht verlernt, Herr Minister Banzer.