Protocol of the Session on March 30, 2006

Wer dem vierten Absatz seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Auch dieser Absatz ist angenommen. Damit ist der Antrag so beschlossen.

Ich rufe folgende Tagesordnungspunkte auf: Tagesordnungspunkt 21, Drucks. 16/5151; Tagesordnungspunkt 35, Drucks. 16/5323; Tagesordnungspunkt 45, Drucks. 16/5394; Tagesordnungspunkt 81, Drucks. 16/5442. Es wird vorgeschlagen, die Anträge zur abschließenden Beratung an den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst zu überweisen. Gibt es Bedenken? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe folgende Tagesordnungspunkte auf: Tagesordnungspunkt 22, Drucks. 16/5219; Tagesordnungspunkt 34, Drucks. 16/5322; Tagesordnungspunkt 83, Drucks. 16/5446; Tagesordnungspunkt 86, Drucks. 16/5456. Es ist vorgeschlagen, die Anträge zur abschließenden Beratung an den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst zu überweisen. Das ist auch beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Antidiskriminierungsgesetz – Drucks. 16/5228 –

mit dem Tagesordnungspunkt 28:

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend keine Überschreitung der Vorgaben der EU-Richtlinien durch ein Antidiskriminierungsgesetz – Drucks. 16/5290 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Zuerst spricht der Kollege Jürgens von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident,meine Damen und Herren! Wir haben uns in dieser Wahlperiode bereits mehrfach über das Antidiskriminierungsgesetz unterhalten. Aus unserer Sicht – wie auch in den gesellschaftlichen Diskussionen, die wir geführt haben – hat sich dabei erwiesen, dass ein Antidiskriminierungsgesetz wichtig und richtig ist.Aus unserer Sicht geht es nicht an, dass die Benachteiligung von Menschen unter dem Deckmantel der Vertragsfreiheit rechtlich legitimiert ist. Es wird Zeit, dass sich das Recht auf die Seite der Diskriminierten stellt, statt weiterhin die Diskriminierer zu schützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen uns in diesem Hause nicht mehr darüber zu unterhalten, ob ein Antidiskriminierungsgesetz notwendig ist.Es gibt immerhin die Vorgaben der EU,die dies mit ihren Richtlinien vorschreibt. Ich finde es im Übrigen ein Armutszeugnis für den bundesdeutschen Gesetzgeber, dass er erst den Anschub aus Brüssel braucht, um tatsächlich vernünftige Regelungen zu schaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gehört keine große Fantasie zu der Prognose, dass dieses Gesetz am Ende in weiten Teilen so aussehen wird wie der rot-grüne Gesetzentwurf aus der letzten Wahlperiode, weil dieser zu neun Zehnteln nichts anderes beinhaltet als die Umsetzung der EU-Vorgaben in nationales Recht.

Allerdings gibt es natürlich auch ein paar Streitpunkte; zumindest auf die zentralen möchte ich hier zu sprechen kommen. Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass im Zivilrechtsverkehr nicht nur Diskriminierungen aufgrund der Rasse und der ethnischen Herkunft, sondern auch aufgrund anderer Merkmale, die typischerweise zu Diskriminierungen führen, bekämpft werden müssen.

Wir fühlen uns darin durch verschiedene Beschlüsse bestärkt, zuletzt durch einen Beschluss des Vorstandes des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, der uns mit Datum vom 13. März erreicht hat. In diesem Beschluss wird ausdrücklich gefordert,zumindest alte und behinderte Menschen – das ist der Personenkreis, um den sich der Verein besonders kümmert – in das Diskriminierungsverbot aufzunehmen. Das ist schon deswegen bemerkenswert, weil in diesem Verein Sozialhilfeträger vertreten sind, die von unterschiedlichen parteipolitischen Konstellationen geführt werden, die übereinstimmend fordern, dass ältere Menschen und Behinderte in das Diskriminierungsverbot aufgenommen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe von dieser Stelle aus mehrfach darauf hingewiesen und Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, gefragt, warum Sie es eigentlich für richtig halten, dass künftig in Diskotheken niemand mehr seiner Hautfarbe oder seiner ausländischen Herkunft wegen abgewiesen werden darf, die Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer oder die schwulen Menschen aber schon. Ge

nau das wäre nämlich die Konsequenz, wenn man das tun würde, was Sie tun wollen, nämlich die EU-Vorgaben 1 : 1 umzusetzen. Das fordern Sie in Ihrem Antrag wieder einmal. Ich habe nicht die Hoffnung, dass Sie diese Frage beantworten werden, aber die Menschen im Land stellen sie sich, und es ist nach wie vor nicht nachzuvollziehen, weshalb Sie hier mit zweierlei Maß messen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun mag Sie das Schicksal der betroffenen Personen nicht überzeugen. Aber ein rechtlich wirklich fundamentaler Aspekt, der auch in der Anhörung des zuständigen Bundestagsausschusses dargestellt worden ist, sollte Ihnen doch einleuchten.Auch bei einer Umsetzung von EURecht ist der deutsche Gesetzgeber an das Grundgesetz und damit auch an die Benachteiligungsverbote in Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes gebunden.

(Nicola Beer (FDP): Eben! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)

Sie wollen aber differenzieren. Sie wollen einige Betroffene in das Antidiskriminierungsgesetz aufnehmen und einige nicht. Diese Differenzierung macht keinen Sinn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zumindest dieses Argument hat die Bundesministerin der Justiz überzeugt, und sie ist nunmehr dafür, wie wir mehreren Verlautbarungen entnehmen konnten, in den Schutzbereich des künftigen Antidiskriminierungsgesetzes auch Benachteiligungen wegen des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität aufzunehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das war bei Rot-Grün noch anders!)

Wir sagen: Recht hat sie, die Bundesjustizministerin. Es hat im Deutschen Bundestag eine Diskussion gegeben, weil unsere Fraktion den rot-grünen Gesetzentwurf aus der letzten Legislaturperiode wieder eingebracht hat.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Er ist im Bundestag vom rechtspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, dem Kasseler Abgeordneten Gehb, mit Schaum vor dem Mund in Bausch und Bogen verworfen worden. Auch die CDU-Fraktion in diesem Hause macht mit ihrem Entschließungsantrag nichts anderes als Fundamentalopposition.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist schon bemerkenswert, dass Sie in Ihrem Antrag wiederum die Bundesjustizministerin angreifen und kritisieren. Ich darf daran erinnern, dass sie von Frau Merkel zu einem Mitglied der von der großen Koalition gestützten Bundesregierung ernannt worden ist.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist aber „originell“!)

Sie ist immerhin Ministerin in einer von Ihnen gestützten Regierung. Oder soll ich aus Ihrem Antrag schließen, dass Sie nicht alle Teile dieser Regierung stützen?

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Herr Dr. Jürgens, Sie müssen zum Schluss kommen.

Soll ich daraus schließen, dass die hessische CDU die Bundesregierung nicht mehr stützt? Das kann ja sein.

Meine Damen und Herren von der CDU,auch Sie werden erkennen müssen, dass man mit Fundamentalopposition keine Regierungsarbeit leisten kann. Im tiefsten Inneren der schwarzen Seele werden auch Sie erkennen müssen, dass an einem wirksamen und umfassenden Diskriminierungsschutz kein Weg vorbeiführt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Jürgens. – Das Wort hat der Kollege Boris Rhein, Frankfurt am Main, CDU-Fraktion.

Verehrter Herr Präsident, sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Zu später Stunde ein hochinteressantes und wichtiges Thema.

Wenn eines im Hinblick auf die frühzeitigen Neuwahlen in Berlin ganz besonders erfreulich war: Das rot-grüne Monstrum mit dem Namen Antidiskriminierungsgesetz, das Sie eben beschworen haben, Herr Kollege Dr. Jürgens, ist dorthin verschwunden, wo es hingehört, nämlich in den tiefen Schubladen des Bundesjustizministeriums.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nirgendwo anders gehört es hin.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): In den Mülleimer!)

Die Frau Kollegin Wagner sagt, es gehöre in den Mülleimer. Dem würde ich zustimmen, denn es war nichts anderes als rot-grüne Folklore.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will hier daran erinnern – damit es nicht in Vergessenheit gerät –, was da alles geplant war. Ich will die wildesten Vorhaben in Erinnerung rufen. Es sollte z. B. eine absurde Beweislastumkehr geben.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ja das Problem. Jetzt bin ich hin- und hergerissen zwischen Berlin und Frankfurt. Ich gebe es offen zu.

Es sollte einen abstrusen Kontrahierungszwang mit nach oben unbegrenzter Schadenersatzfolge geben. Arbeitgeber sollten für Diskriminierungen durch Dritte haften. Das muss man sich einmal vorstellen. Gekrönt wurde dieses wilde Konglomerat durch ein Klagerecht für Gewerkschafter und Betriebsräte – auch ohne Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers. Man höre und staune.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das waren wildeste Vorstellungen, meine Damen und Herren.