Die Landesregierung hat hier in den letzten Jahren viel Geld in die Hand genommen. Wir können darüber streiten, ob es genug oder zu wenig Geld war.
Ganz eindeutig zu wenig, sagt die Kollegin SchulzAsche. Auch ich glaube, dass die Mittel nicht ausreichen, denn es geht bei dieser Debatte teilweise letztendlich um den schnöden Mammon. Das muss man wirklich sagen. Wenn es z. B. darum geht, Kinderbetreuungseinrichtungen zu finanzieren, brauchen die Kommunen die Unterstützung des Landes. Nur so geht es.
Meine Damen und Herren, ich will auf drei zentrale Punkte zu sprechen kommen, über die wir im Wahlkampf sehr heftig gestritten haben. Es geht einerseits darum, dass wir in den Kommunen mehr Betreuungsplätze brauchen. Wir brauchen flexiblere Öffnungszeiten. Wir brauchen auf der anderen Seite die Implementierung von Bildungsaspekten in die Aufgaben der Kindergärten,und wir müssen natürlich die organisatorischen Veränderungen gestalten, die diese Aufgaben mit sich bringen. Natürlich ist das, was wir von den Kindertagesstätten und Kinderbetreuungseinrichtungen verlangen, nicht mehr mit dem Personal abzuwickeln, das sie zurzeit haben.
Wenn man sich in Kindergärten und Kindertagesstätten umschaut, dann wird doch völlig klar, dass diejenigen, die ein sehr hochwertiges Angebot machen, auch einen anderen Betreuungsschlüssel haben. Die Betreuer haben ein ganz anderes Ausbildungsniveau. Das zeigt, dass sich hier einiges tun muss.
Klar ist aber auch, dass die vier Bereiche, die ich aufgezählt habe, nicht von heute auf morgen umgesetzt werden
können. Es ist jedenfalls nicht möglich, dass die Kommunen dies ohne weitere Unterstützung des Landes schultern können.Wir haben im Wahlkampf in Wiesbaden versucht, einmal zu hinterfragen, was die Eltern eigentlich wollen.Was ist den Eltern wichtig? Es ist klar, dass es hier ein sehr unterschiedliches Meinungsbild gibt.
Wir haben eine Abstimmung durchgeführt. Ein Großteil der Eltern, über 50 %, hat sich für die Variante ausgesprochen, eine größere Zahl von Bildungsaspekten in die Kinderbetreuung zu implementieren. Ich glaube, das ist ein sehr wichtiges Zeichen. Das Ergebnis der Abstimmung war nämlich nicht, dass die Eltern diese Leistungen kostenlos haben wollen. Das hat nur der kleinste Teil der Befragten gesagt. Die Kostenfreiheit war nicht das Thema Nummer eins, sondern nur das Thema Nummer vier. Frau Kollegin Schulz-Asche, das zeigt, dass Sie Recht haben, wenn Sie sagen, dass man die Altersgruppen nicht gegeneinander ausspielen darf – da bin ich bei Ihnen –, weil es in jeder Altersgruppe bestimmte Probleme gibt. Es gibt Probleme bei der Kleinkindbetreuung genauso wie bei der Hortbetreuung. Wir haben gerade gestern in einem Gespräch mit einer Gruppe hier im Landtag von einer Mutter gehört: „Wir müssen gleich weg, denn wir müssen unsere Kinder abholen.Wir konnten keine anschließende Betreuung organisieren.“ Das ist natürlich ein Problem, wenn man Kinder im Kindergarten hat – und genauso, wenn man Kinder in der Grundschule hat. Deshalb stimme ich den GRÜNEN zu, wenn sie sagen, es bringt nichts, diese Bereiche gegeneinander auszuspielen.
Es ist aber auch so, dass wir uns in den Kommunen unterschiedlichen Situationen gegenübersehen. Es gibt unterschiedliche Altersgruppen in den Kommunen – und einen ganz unterschiedlichen Bedarf. Deshalb sagen wir von der FDP: Wir wollen die Ausgestaltung der Betreuung viel stärker in die kommunale Verantwortung geben. Es macht keinen Sinn, in dem Bereich eine Landesplanung aufzulegen und ein Programm für die Hortbetreuung und ein Programm für die Kleinkindbetreuung aufzulegen. Es macht unserer Meinung nach viel mehr Sinn, den Kommunen die Verantwortung zu geben und zu sagen: Eruiert das, fragt die Eltern, was sie wollen.Was wollen die Eltern für Angebote haben?
Hier gibt es natürlich zwei verschiedene Aspekte, zum einen den Aspekt, welche Altersgruppen betreut werden müssen.Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wo die Schwerpunkte gesetzt werden müssen. Ich glaube, dass bei vielen Eltern die Schwerpunktsetzung im Bereich der Qualität liegt. Ich sage aber auch, es ist nicht unsere Aufgabe, das festzustellen. Deshalb meine Anregung, Frau Ministerin: Wir glauben, dass es sinnvoll wäre, sich darüber Gedanken zu machen, den Bedarf in Hessen zu eruieren und nicht von politischer Seite festzulegen.
Es ist unserer Meinung nach richtig, zu fragen:Was wollen die hessischen Eltern? Wo wollen die Eltern Prioritäten gesetzt haben? Unserer Meinung nach ist es dringend notwendig, eine Umfrage zu starten, zu eruieren, wo die Eltern in Hessen Schwerpunkte gesetzt haben wollen. Danach sollten wir unsere Politik ausrichten. Wir machen doch nicht für uns hier im Landtag Politik, sondern wir machen sie für die Eltern in Hessen, die Probleme haben und von uns erwarten, dass wir auf diese Probleme konkret eingehen.
Ich will einen zweiten Aspekt erwähnen. Wenn man sich die finanzielle Situation der Kommunen anschaut, ist klar,
dass die Kommunen in Hessen dieses Programm nicht allein schultern können. Deshalb ist das falsch, was Sie hierzu gesagt haben, Frau Kollegin Schulz-Asche. Das Tagesbetreuungsausbaugesetz wird die Kommunen zwar ein Stück weit fördern, auf der anderen Seite obliegt es aber den Kommunen, die extreme Belastung, die sie auf der Basis dieses Gesetzes übernommen haben, alleine zu schultern. Auch Sie wissen, dass sich die Kommunen deshalb größtenteils gegen Ihre Idee gewandt haben.
Das, was Sie damals getan haben, war nämlich in gewisser Weise Augenwischerei nach dem Motto: Wir geben einmal etwas Geld, danach müssen die Kommunen sehen, wie sie mit der Situation klarkommen.
Das ist keine ehrliche Politik. Warum die Bundesregierung dieses Programm übernommen hat, kann ich nicht sagen. Vielleicht hat Frau von der Leyen nicht unbedingt damit gerechnet, Familienministerin zu werden, und war froh, dass sie in diesem Bereich ein Konzept vorgefunden hat.Das kann ich nicht beurteilen.Der Grund war aber sicher nicht, dass das Programm so unglaublich gut ist. Wahrscheinlich musste man schauen, was man in diesem Bereich tun konnte. Optimal ist das Programm aber auf keinen Fall. Frau Schulz-Asche, das können Sie nicht bestreiten.
Die FDP-Fraktion schlägt vor, dass das Land für einen Großteil der Kinderbetreuung,nämlich für das dritte Kindergartenjahr, die Verantwortung übernimmt. Wir Liberale wollen deshalb eine Kinderschule, ein pädagogisches Konzept einführen, das quasi eine Pflicht bedeutet, Kinder in dieser Form zu betreuen. Wir wollen das aus zwei Gründen.Zum einen hätten wir damit die Möglichkeit geschaffen, dass das Land diese Betreuungsaufgabe übernehmen kann und die Kommunen in diesem Bereich entlastet. Auf der anderen Seite geht es natürlich auch um den pädagogischen Ansatz, das zu schaffen, was wir bis jetzt nicht geschafft haben, nämlich eine Niveauangleichung vor der Grundschule. Wenn die Kinder in die Grundschule kommen, sind die Niveaus sehr unterschiedlich.Was macht die Grundschule in den ersten Jahren? Sie versucht,eine Niveauangleichung herzustellen.Wir beginnen also nicht mit dem Lernen, sondern damit, Fertigkeiten zu vermitteln, damit die Kinder frei und ungestört zum Lernen übergehen können.
Wir wollen, dass diese Niveauangleichung mithilfe einer Kinderschule schon vor dem Übertritt in die Grundschule stattfindet. Eine Kinderschule als pädagogisches Konzept ist dafür nach unserer Meinung sehr gut geeignet, und zwar deshalb, weil sie in den vorhandenen Betreuungseinrichtungen praktiziert werden kann. Wir glauben schon, dass dieses Modell das richtige Modell ist, weil dadurch der Effekt geschaffen wird, dass die Kommunen von der Betreuung im dritten Kindergartenjahr entlastet werden. Die Kommunen haben dann die Möglichkeit, die dadurch frei werdenden finanziellen Mitteln und Freiräume auf andere Bereiche zu konzentrieren, z. B. auf die Bildung oder auf flexiblere Öffnungszeiten. Ich glaube schon, dass wir damit einen großen Schritt in die richtige Richtung machen würden.
Lassen Sie mich zum Abschluss sagen – das wird nicht die letzte Debatte über die Familienpolitik in diesem Hause gewesen sein –: Es wird nichts bringen, wenn wir wieder damit anfangen, aufzuzeigen, wer was wann versäumt hat. Das ist mein Appell an die nachfolgenden Rednerinnen und Redner, denn Frau Kollegin Schulz-Asche hat das gerade eben wieder getan.Wir führen hier vorne seit Jahren verschiedene Diagramme vor, die zeigen sollen, wer wann in welcher Weise gefördert hat. Wahrscheinlich hat Frau Kollegin Oppermann ebenfalls ein Diagramm vorbereitet, das beweist, was die Landesregierung in den letzten drei Jahren gemacht hat. – Wie ich höre, redet sie gar nicht zu diesem Thema, aber wahrscheinlich wird der Kollege Reißer für die CDU-Fraktion zu diesem Thema sprechen.
Die Frau Ministerin wird ein Diagramm vorbereitet haben, in dem sie alles zeigt, was seit 1999 hier passiert ist. Und wo Sie Recht haben, da haben Sie Recht.
Aber natürlich ist im Vorfeld bereits viel in die Familienpolitik investiert worden, natürlich auch ab 1999.
Meine Damen und Herren, den Eltern bringt das überhaupt nichts. Die Aussage von Frau Kollegin SchulzAsche, das und das hat nicht geklappt, ist zwar in der Retrospektive unglaublich interessant, um sich als Politiker darüber klar zu werden, wer was getan hat – einmal ganz abgesehen davon, dass wir uns untereinander sowieso relativ wenig glauben. Ich glaube aber, in dieser Debatte wird das relativ wenig bringen.
Ich möchte an die Verabredung erinnern und daran appellieren, dass wir eigentlich in der Familienpolitik zusammenarbeiten wollen. Das war unsere Verabredung. Vielleicht schaffen wir das doch noch.
Ich finde, bis jetzt sieht es nicht unbedingt danach aus, dass wir hier relativ gemeinsam an einem Strang ziehen. Jetzt haben wir die Möglichkeit. Die Wahlen sind vorbei, und da appelliere ich an uns alle: Letztendlich kommt es darauf an, was hinten herauskommt. Derzeit haben wir da noch einiges zu tun. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Rentsch. – Als nächstem Redner darf ich Herrn Reißer das Wort für die CDU-Fraktion erteilen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Familienpolitik ist auch für die CDU ein absolut zentrales Thema. Das konnte man natürlich auch vielerorts im Wahlkampf sehen, der hinter uns liegt.Aber wir haben das auch öfter in diesem Hause dargelegt.
Insofern ist es auch immer wieder zu begrüßen, dass wir uns über die Parteigrenzen hinweg darüber unterhalten, wie wir bei diesem Thema zusammenkommen. Aber leider habe ich in den vorliegenden Anträgen der Opposition einige kleine Fehler aufzuzeigen.
Zum einen verlangt die FDP in ihrem Antrag – Frau Schulz-Asche,warten Sie es doch einmal ab;wir werden in dieser Frage hoffentlich ein Stück weiterkommen –
eine „verpflichtende Kinderschule für alle Fünfjährigen“. Herr Kollege, natürlich teilen wir als Fraktion Ihre Auffassung, dass dieser Bereich der frühkindlichen Betreuung unbedingt eine höhere Qualität und einen größeren Bildungsaspekt beinhalten sollte. Das teilen wir ausdrücklich.
Trotzdem haben wir große Zweifel daran, dass eine verpflichtende Kinderschule das richtige Mittel darstellt.Wir halten es für falsch, den Bildungsaspekt nur auf das fünfte Lebensjahr zu konzentrieren, sondern wir sind vielmehr der Meinung, dass in dieser Hinsicht der gesamte Bereich der frühkindlichen Entwicklung zu beachten ist.
Deswegen glauben wir, wir müssen sicherstellen, dass hier eine Kombination von erzieherischen und Bildungsaspekten gezielt gefördert wird – nicht nur in diesem einen Teilbereich des fünften Lebensjahres.
Diesem Aspekt tragen wir in dem Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von null bis zehn Jahren absolut Rechnung. Er zielt darauf ab, alle Bildungsorte miteinander zu verknüpfen, damit sie einander ergänzen. Deswegen müssen wir diese Förderung von Anfang an weiter betrachten, nicht nur diesen einen Teilaspekt.
Wenn man das so macht, dann wird dadurch ein hohes Maß an Flexibilität gewährt. Denn Betreuungs- und Förderangebote müssen nicht nur qualitativ sehr gut sein, sondern sie müssen auch flexibel sein. In erster Linie müssen sie auch den Wünschen der Eltern entsprechen.Aber Eltern müssen in ihrem Berufsleben zeitlich flexibel sein – das wird immer mehr erwartet. Deswegen müssen wir uns bei den Betreuungsangeboten danach richten.
Dabei geht es z.B.um die flexiblen Öffnungszeiten in Kindertagesstätten. Jeder kennt die Situation, dass Eltern ganz dringend zu einem bestimmten Zeitpunkt ihr Kind im Kindergarten oder wo auch immer abholen müssen – und dann große Probleme haben, wenn es beispielsweise zu einem Stau kommt. Deswegen ist die Gewährleistung einer flexiblen Öffnungszeit eine wichtige kommunale Aufgabe. Die Gemeinden müssen da tätig werden.
Andererseits gibt es die Tagesbetreuung. Die ist dafür sehr geeignet – und deswegen ein Kernpunkt unserer Familienpolitik –,weil sie sehr flexibel ist.Vielfältige und flexible Betreuungsangebote geben den Eltern natürlich eine Wahlfreiheit.
Wir müssen den Elternwillen ein Stück respektieren.Herr Kollege Rentsch, das haben Sie auch gesagt. Wir müssen die Angebote entsprechend ausrichten. Die Nachfrage ist in den Gemeinden, Städten und Kreisen unterschiedlich, da gibt es andere Bedarfe. Das müssen wir ganz deutlich sehen,und wir müssen schauen,dass die Qualität dort besser wird.
Wir halten es für widersprüchlich, wenn Sie auf der einen Seite einfach die Berücksichtigung des Elternwillens – Herr Kollege Rentsch – und auf der anderen Seite die Zwangskinderschule fordern.Das ist hier nicht unsere Politik.
Jetzt komme ich zu dem Antrag der GRÜNEN. Frau Kollegin, Sie zeigen wieder ein solches Schreckensszenario
Sie müssen sich einfach einmal darüber klar werden, was Sie in den letzten Jahren Ihrer Regierungsverantwortung vor 1999 getan haben, was damals Kinderbetreuung bzw. -förderung und Familienförderung bedeutet haben.