Ich betone ausdrücklich: Es geht uns nicht um einen Sturmlauf gegen Fremdwortgebrauch, der die persönliche Ausdrucksweise durchaus bereichern kann. Auch technische Begriffe wie beispielsweise in der Computersprache müssen international verständlich sein. Deshalb basieren sie sinnvollerweise auf englischen Ausdrücken. Wenn der Bahnhof in Frankfurt-Niederrad, wie vor kurzer Zeit erfolgt, von „Sportfeld“ in „Stadion“ rückbenannt wird, dann ist das vollkommen in Ordnung. Niemand will den von den Nazis betriebenen ideologischen Sprachpurismus wieder aufleben lassen.
Aber dort, wo muttersprachliche Wörter einen Sachverhalt mit einem zutreffenden Ausdruck präzise und umfassend beschreiben, ist es nicht notwendig,
(Gerhard Bökel (SPD): Waldstadion! – Gegenruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das heißt doch jetzt „Commerzbank Arena”!)
ständig von Eyecatchern, von Highlights oder Events, von Afterwork-Meetings zu schwärmen oder zu einem Gettogether einzuladen.
In dem Bahnhof einer Kleinstadt im Main-Kinzig-Kreis wurde kürzlich vom Bürgermeister stolz die Eröffnung eines Service-Stores präsentiert. Neben dem Info-Point, der Lounge und dem Hotline-Ticket
das war ein CDU-Mann – ist das eine Steigerung der Amerikanisierung der früheren Bundesbahn. So gesehen ist es sicher eine Frage der Zeit, wann sich die Deutsche Bahn AG in „German Railway Ej Dschi“ umbenennt.
Aufgabe von Politik ist es, Bürger in einer verständlichen Sprache anzusprechen und zugleich Missstände im Sprachgebrauch von Behörden unseres Landes abzubauen. Der Hessische Jugendring hat im letzten Jahr Landtagsabgeordnete zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen: „Come in Contact – Jugend meets Politik”.
Auf einen entsprechenden ironischen Antwortbrief eines Landtagsabgeordneten zur Vergewaltigung der deutschen Sprache
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Wer war das? – Gegenruf des Abg. Armin Klein (Wiesba- den) (CDU): Lenz hieß der!)
hat der Jugendring seine Einladung in diesem Jahr erfreulicherweise verändert. Sie heißt jetzt: „Jugendverbände machen aktiv“ – Sie sehen, es gibt auch Erfolge in solchen Bemühungen.
Die Frage einer Kundin in der Frankfurter Fressgass, warum der Kaffee aus dem afrikanischen Togo so einzigartig
sei, konnte erst nach kurzer Verwunderung aufgeklärt werden. Sie meinte „Kaffee to go“, zu Deutsch schlicht und einfach: Kaffee zum Mitnehmen.Aber englisch klingt es halt irgendwie anspruchsvoller.
Hier könnte die Hessen-Agentur eine neue Aufgabe übernehmen, nachdem die amerikanischen Sponsoren den Konsum von Ebbelwoi bei der Fußballweltmeisterschaft verhindert haben.
Durch eine geschickte Marktstrategie könnte sie dem hessischen Nationalgetränk neuen Auftrieb geben: im Sommer „Ebbelwoi cool und gespritzt – to go“, im Winter „Ebbelwoi hot – to go“. Dies wäre sicher eine sinnvolle Maßnahme.
Gestatten Sie mir noch einen Satz, Herr Präsident. – Goethe hat das Phänomen des schludrigen Gebrauchs der eigenen Muttersprache schon vor über 200 Jahren mit dem wunderschönen Satz kritisiert: „Die Seele eines Volkes drückt sich in seiner Muttersprache aus.“
Jetzt komme ich zum Schlusssatz, Herr Präsident. Wenn diese sprachliche Fehlentwicklung derart weitergeht, dann könnte es passieren, dass im Dezember 2006 die Einladung zur Einweihungsfeier des neuen Hessischen Landtags folgende Unterschrift trägt: „Norbi Chartman, President; Frank Lortz, Vice President, Froghome, Countryday, Hessia“.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rede des Kollegen Lenz hat es uns gezeigt: Die Debatte, die wir gerade führen, hat entgegen dem Titel des CDU-Antrags wenig mit der Förderung der deutschen Sprache, aber viel mit einem zwar nur schwelenden,
Selbst in der stets folgsamen CDU-Fraktion ist man offensichtlich nicht sehr begeistert darüber, wie das regierungsamtliche Wiesbaden formuliert. Ob es die vermeintliche Modernität der Sprachverbiegung mit reichlich fremdsprachlichen Verballhornungen ist, die den wahrhaft konservativen Aloys Lenz zum Schaudern bringt, oder die wahre Liebe zur deutschen Sprache, verbunden mit dem heftigen Schmerz über ihre Verunstaltung, das mag dahinstehen. Jedenfalls ist der Versuch der CDUFraktion, mittels eines Antrags eine Lanze für die deutsche Sprache zu brechen, zwar sehr löblich, aber leider, Herr Kollege Lenz, nur bedingt gelungen.
Worum geht es in unserer Diskussion? Es geht um ziemlich massive Kritik, zumindest an der Art und Weise, wie die Regierung ihre Sprechblasen in die Welt setzt.
Herr Kollege Klein, es geht leider nicht um Kritik an den meist fehlenden Inhalten der Regierungspropaganda. Deswegen schauen wir uns das Ganze etwas genauer an.
Das Kauderwelsch begann bereits mit der Regierungserklärung von Roland Koch vor bald drei Jahren. Da mussten neue Begriffe her,um nicht vorhandenen Schwung zu signalisieren. Es wurde ein CIO installiert, ein Chief Information Officer. Warum ist eigentlich Dirk Metz nicht der CIO? Weil er nicht informiert, sondern vernebelt. Deshalb ist er der CCO, der Chief Communication Officer.
(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Armin Klein (Wiesbaden) (CDU))
Koch selbst müsste eigentlich der CEO sein, der Chief Executive Officer. Mit dieser Bezeichnung würde er auf einer Stufe stehen und auf gleicher Augenhöhe verhandeln können mit den Ackermännern und Schrempps dieser Welt.
Es gibt aber noch die Staatsminister in der Staatskanzlei, Herr Kollege Klein. Da hatten wir den CTO, den Chief Travelling Officer. Das kann nur Jochen Riebel gewesen sein, der jetzt vorzeitig in den Ruhestand gehen musste.
Er wurde durch einen weiteren Experten für Propaganda ersetzt, den gelernten Werbekaufmann Volker Hoff, der nicht so viel reisen, aber sicher noch mehr Sprechblasen produzieren wird. Er wird folglich der CBO, der Chief Bubble Officer.
Wir haben in der Staatskanzlei außerdem den CBTO – die müssen sich ja unterscheiden. Früher wurde er CdS, also Chef der Staatskanzlei, genannt. Das war zwar keine schöne, aber eine immerhin deutsche Abkürzung. Der neue Titel trifft natürlich ungleich besser zu: CBTO – Chief Bermuda Triangle Officer.
Meine Damen und Herren, das ist der, der nicht nur ewig auf Berichten und Antworten sitzt,sondern überdies noch gerne mit seiner Zeitung spricht.
Meine Damen und Herren, Sie lachen, aber das ist überhaupt nicht satirisch gemeint, sondern ein ernst zu nehmender Vorschlag. Lesen Sie doch bitte einmal in Drucks. 16/4570 nach, unterschrieben von Frau Staatsministerin Lautenschläger. Ich zitiere:
...haben in immer stärkerem Maße Werbebotschaften Erfolg, die vor Anglizismen oder gar „Denglisch“ nicht zurückschrecken.