Denn, Herr Minister, entweder liegen die Qualifikationen für einen Professorentitel nach dem Hochschulgesetz wirklich vor, dann ist dieser, und zwar gegebenenfalls eben in Form der Privatdozentur, nach § 32 Abs. 2 Hessisches Hochschulgesetz auf dem normalen Weg zu verleihen, dann aber auf Dauer und nicht auf Zeit. Oder – andere Möglichkeit – die Qualifikation für eine Professur ist nicht gegeben, dann brauchen wir auch keinen Berufsakademieprofessor light, zumal der Wegfall eines Professorentitels aufgrund des Wechsels der anstellenden Einrichtung dem deutschen Rechtssystem fremd ist. Ich warte schon auf die ersten Briefe der Professoren, die Sie auf Zeit ernannt haben und die dann nach Ausscheiden aus der Berufsakademie ihren Titel gern behalten möchten. Es sind schließlich Visitenkarten gedruckt.
Problematisch ist in diesem Zusammenhang aber auch die geplante Anrechnung von an der Hochschule hauptberuflich tätigen Professoren, die dann mit Nebentätigkeitserlaubnis des Landes an Berufsakademien unterrichten, als so genannte hauptberufliche Berufsakademieprofessoren.Meines Erachtens ist nicht einsichtig,wie man an zwei Einrichtungen gleichzeitig hauptberuflich vollumfänglich tätig sein können soll. Eine Einrichtung, sei es die Hochschule, sei es die Berufsakademie, muss da zu kurz kommen.
Herr Minister, ich bin ausgesprochen gespannt auf die Diskussion mit dem Landesrechnungshof zu diesem Thema und vor allem zu der Frage, ob er denn meint, dass diese Regelung mit den §§ 78 ff. des Hessischen Beamtengesetzes überhaupt vereinbar ist.
Eine ganz besondere Schieflage bekommt der vorliegende Gesetzentwurf aber durch die Streichung des Finanzierungsverbotes der Berufsakademien aus Landesmitteln und – das ist eben der Knackpunkt – durch die Absicht, die Berufsakademien in den nächsten Hochschulpakt aufzunehmen.
Es ist schon erstaunlich, Herr Minister, dass gerade die CDU in der heutigen Zeit neue direkte Subventionstatbestände für erfolgreiche private Unternehmen einführt, zumal die indirekte Subvention durch die Anrechnung der Hochschulprofessoren, die an den Berufsakademien unterrichten und für die die Berufsakademien die Kosten der Gesundheitsfürsorge und der Altersfürsorge sparen – denn diese trägt das Land –, schon sehr erheblich ist.
Vor allem aber, Herr Minister Corts, haben Sie doch überhaupt kein Geld, das Sie an weitere Einrichtungen verteilen könnten. Die Hochschulen in diesem Land sind be
reits unterfinanziert, auch wenn Sie versuchen, das durch den geltenden Hochschulpakt zu verschleiern.
Sie müssen aber auch noch – das sehen wir, wenn wir in den Aufstellungsbeschluss des Finanzministers für das Jahr 2007 blicken – mit Ihrem Haus einen Einsparbetrag im hohen zweistelligen Millionenbereich für das nächste Jahr vorlegen.Wenn ich dann auch noch sehe, dass die Berufsakademien überhaupt keine Hochschulen sind, dann ist doch klar,dass sie nicht in den Hochschulpakt gehören.
Zumindest aber, Herr Corts, müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, wieso die Berufsakademien an dieser Stelle zukünftig anders behandelt werden sollen als die privaten Fachhochschulen und Universitäten.
Ich finde es schade, dass Sie diesen gestern Abend beim parlamentarischen Abend des Privathochschulverbandes nicht erklärt haben, warum Sie diese auf die Ersatzschulfinanzierung verweisen, während Sie demnächst die Berufsakademien in den Hochschulpakt aufnehmen möchten.
Für ärgerlich halte ich es auch, Herr Minister, dass Sie die Novellierung des Berufsakademiengesetzes vorgelegt haben, bevor Sie Ihrer Pflicht nach dem Berufsakademiengesetz nachgekommen sind, dem Hessischen Landtag im Abstand von vier Jahren über die Entwicklung der Berufsakademien in Hessen zu berichten. Dieser Bericht ist mehr als ein halbes Jahr überfällig und erst aufgrund unseres Nachbohrens von Ihnen nun eilig erstellt und heute Mittag verteilt worden.
Fazit, meine Damen und Herren: Der vorliegende Gesetzentwurf verabschiedet sich von einer profilierten Vielfalt von Bildungseinrichtungen im tertiären Bereich und setzt auf Finanzierung der Gleichmacherei.Ich hoffe sehr, Herr Minister, dass Sie und die CDU-Fraktion sich im Laufe des Anhörungsverfahrens davon überzeugen lassen, sich mehr am Vorbild des Beispiels in Niedersachsen zu orientieren. Das dortige Berufakademiegesetz sieht nur die berufsrechtliche Gleichstellung akkreditierter Abschlüsse, nicht aber die Gleichstellung der Berufsakademie als Hochschule vor.Es gibt dort keine Finanzierung oder staatliche Beteiligung und auch keine fragwürdigen Professorentitel. Wenn sie das nicht täten, würden sie auf den Widerstand der FDP-Fraktion treffen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor ungefähr viereinhalb Jahren haben wir das Berufsakademiengesetz in großer Einigkeit beschlossen. In der Diskussion über das Berufsakademiengesetz im Jahr 2001 war allerdings Konsens unter allen Fraktionen, insbesondere auch bei der damaligen Ministerin, dass die staatliche Anerkennung der Berufsakademien nicht zu einer staatlichen Finanzierung der Berufsakademien führen darf.
Auch war Konsens, dass die Berufsakademien das Spektrum der dualen Ausbildung erfreulich ergänzen, dass sie aber ganz explizit ein Angebot neben den Hochschulen sind und eben keine den Hochschulen gleichgestellte Einrichtung.
Durch den anderen Auftrag, der sehr viel näher an der Praxis und sehr viel näher an den Betrieben ist, gibt es natürlich Theoriedefizite in der Ausbildung. Zudem haben die Berufsakademien keinen Forschungsauftrag. Daher wurden auch im Berufsakademiengesetz ganz bewusst keine Hochschulgrade und keine Professorentitel vergeben. – So viel zur damaligen Einigkeit.
Jetzt haben wir hier auf den ersten Blick ein eher unauffällig und harmlos aussehendes Gesetz vorliegen, in dem vermeintlich nur kleine Änderungen enthalten sind. Das stimmt aber nicht, meine Damen und Herren. Genau das Gegenteil ist der Fall.
Dieses Gesetz wird erhebliche Auswirkungen auf die hessischen Hochschulen haben, und es geht in allen Punkten genau in die entgegengesetzte Richtung,die eigentlich nötig wäre. Wir brauchen nämlich mehr Studierende. Wir brauchen aber auch eine deutliche Qualitätsverbesserung in der Hochschulausbildung, und wir brauchen natürlich auch mehr Autonomie, mehr Flexibilität und Wettbewerb unter den Hochschulen, um gute Ideen und gute Leute zu gewinnen.
Es setzt eine erweiterte betriebliche Ausbildung mit einer Hochschulausbildung gleich. Das wird Qualitätseinbußen zur Folge haben.
Meine Damen und Herren, es tritt genau denen gegen das Schienbein, die sich in den letzten Jahren ganz hervorragend entwickelt haben – den Fachhochschulen.
Es ist absurd – ich verstehe nicht, woher Ihre Motivation kommt –, Berufsakademien und Fachhochschulen gleichsetzen zu wollen. Berufsakademien sind nämlich eine sinnvolle Ergänzung der Ausbildung im tertiären Bereich. Sie sind aber keine wissenschaftliche Einrichtung – sie forschen nicht. Sie mit einer Hochschulausbildung gleichsetzen zu wollen ist in der heutigen Zeit von Exzellenz und Konkurrenz um die besten Köpfe unverständlich und geradezu idiotisch.
Einzig und allein unter Kostengesichtspunkten kann ich es mir erklären, dass Sie überhaupt auf eine solche Idee kommen. Denn Berufsakademien werden größtenteils von Berufstätigen besucht,die neben ihrer Berufstätigkeit eine meist von ihrem Arbeitgeber finanzierte Ausbildung an einer Berufsakademie absolvieren. Die Ausbildung wird also über Gebühren finanziert, die entweder die Studierenden oder die Arbeitgeber ganz gezielt aus Eigeninteresse tragen.
Meine Damen und Herren, wir sehen daran, wo der Hase hinläuft. Sie wollen offensichtlich ganz billig zu mehr Studierenden kommen,und das unter Qualitätseinbußen und auf Kosten der staatlichen Fachhochschulen. Aber damit nicht genug. Sie erleichtern mit dem Gesetz auch noch die Strukturen für die Berufsakademien und verpassen dies in gleichem Atemzug für die Fachhochschulen.
In dem von Ihnen vorgeschlagenen Wettbewerb soll noch mit ungleichen Waffen gekämpft werden. So müssen sich die Fachhochschulen jeden dualen Studiengang und Prüfungsordnungen vor der Akkreditierung von dem Ministerium genehmigen lassen. Die Berufsakademien sollen dagegen zukünftig das Privileg haben,dass mit dem Nachweis die Akkreditierung des Studienganges als erteilt gilt.
Bei der Einstellung eines Studiengangs verhält es sich genauso. Fachhochschulen brauchen zur Einstellung eines Studiengangs die Genehmigung des Ministeriums.Berufsakademien können jederzeit eigenständig Studiengänge wieder einstellen.Fachhochschulen sind zwar praxisorientierter als Universitäten.Aber auch hier besteht eindeutig und unbestritten ein Anspruch der Wissenschaftlichkeit und nicht der reinen Ausbildung. Dies ist natürlich kostenintensiver.
Auch die Tatsache, dass die Berufsakademien die von den Fachhochschulen in Festanstellung bezahlten Professoren in Nebentätigkeit anstellen können, verschafft ihnen per se einen Wettbewerbsvorteil. Das heißt, wir haben wirklich nichts gegen Wettbewerb, aber der muss sinnvoll, nicht ruinös und nicht tendenziös sein.
Man kann die Fachhochschulen nicht reglementieren, sie finanziell an der kurzen Leine halten und dann gegen eine von allen Zwängen befreite Einrichtung mit großen finanziellen Polstern in den Wettbewerb lassen. Das ist doch wirklich, als wenn Sie zwei Wettläufer gegeneinander antreten lassen und dem einen aufgeben, seitwärts zu gehen, und ihm dabei noch einen Klotz ans Bein hängen. So können Sie das nicht machen.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung will keinen Wettbewerb und dergleichen. Sie will die hessischen Berufsakademien und deren finanzielle Förderung in die Nähe von Hochschulen rücken, und das – ich habe es schon einmal gesagt – auf Kosten der Qualität und auf Kosten der staatlichen Fachhochschulen. Dieses Gesetz ist nicht wissenschaftspolitisch motiviert, sondern es widerspricht allem, was zurzeit in der Wissenschaftswelt diskutiert wird.
(Zuruf des Ministers Udo Corts – Gegenruf der Abg. Nicola Beer (FDP): Das steht im Gesetzentwurf drin!)
Dieses Gesetz sorgt nicht für mehr Qualität.Es sorgt nicht für Flexibilität und Vielfalt, sondern es dient ausschließlich dazu, billig an mehr Studierende heranzukommen, und das unter Qualitätseinbußen. Daher ist ganz klar, was das Gesetz will. Es ist ideologisch motiviert und ganz eindeutig eine Kriegserklärung an die Fachhochschulen.
Das ist sehr bedauerlich, denn die Fachhochschulen haben sich in den letzten Jahren außerordentlich erfolgreich entwickelt. Wir teilen die Empfehlung des Wissenschaftsrates zur Notwendigkeit des Ausbaus der Fachhochschulen. Wenn die Landesregierung von diesem Konzept abweichen will,dann soll sie sich bitte hierhin stellen und das ganz deutlich sagen.
Das Gesetz stimmt mich einmal mehr sehr nachdenklich, weil es erneut zeigt, dass sich der Wissenschaftsminister nicht für die Wissenschaft interessiert und die Hochschulen lieber verramscht, statt sich vor seine Hochschulen zu stellen.
Denn woher sollen die finanziellen Mittel für die Berufsakademien denn kommen? – Sie werden natürlich vom Wissenschaftshaushalt abgeknapst – egal, wie Sie es wieder hin- und herrechnen werden, und das, obwohl die staatlichen Hochschulen unterfinanziert sind und Sie mehrfach den Hochschulpakt gebrochen haben.
Die Aufgabe des Wissenschaftsministers ist es doch, sich für seine Hochschulen und für eine Qualitätsverbesserung einzusetzen. Genau das tun Sie nicht. Im Gegenteil, Sie haben wieder einmal Ihre Hausaufgabe nicht gemacht. Das bisherige Berufsakademiengesetz hatte eine Berichtspflicht nach vier Jahren vorgesehen. Aber dieser Bericht liegt uns bis heute nicht vor.Vielleicht sollten wir uns deshalb zu diesem Thema noch einmal zusammensetzen und diesen Bericht auswerten.