Die Armutswanderung ist für uns alle eine große Herausforderung. Das reicht weit über Deutschland hinaus.Aber das Asylrecht ist kein geeignetes Instrument, um dieser Herausforderung zu begegnen.
Drittens. Eine Zuwanderung, die unmittelbar oder über Aufenthaltsrechte erfolgt und fast immer in die Sozialsysteme führt, sodass der Unterhalt nahezu ausschließlich aus Transfermitteln oder Sozialmitteln bestritten wird, liegt nicht im Interesse unseres Landes.
Viertens zerstört dies die notwendige Akzeptanz und das gesellschaftliche Verständnis für diejenigen, die in ihrer besonderen Situation zu uns gekommen sind.
Was die 22.000 in Hessen wohnenden Menschen betrifft, die das Land verlassen müssen: Ich bin der Meinung – darin stimme ich mit Herrn Frömmrich überein –, dass die Härtefallkommission überhaupt nicht geeignet ist, diese Probleme zu lösen. Die Härtefallkommission ist auf die Behandlung individueller Fälle angelegt.Sie dient der Behandlung besonderer Fälle, nicht aber der Behandlung üblicher Fälle, auch wenn diese schmerzhaft und belastend sind und einen persönlich betreffen. Ich sage Ihnen sehr deutlich, ich bin überzeugt davon, dass der allergrößte Teil dieser 22.000 Menschen unser Land wird verlassen müssen.
Deswegen will ich von vornherein klarmachen, mir geht es darum,dass wir die Fälle besser lösen können – wir sind
uns darin einig, dass dies, wenn es einen Sinn haben soll, bundeseinheitlich geregelt werden muss; dafür gibt es vielerlei Gründe, die wir im Ausschuss näher diskutieren können –, bei denen besondere Faktoren zusammentreffen: Zum einen wissen die Menschen seit über zehn Jahren, dass sie ausreisen müssen. Sie sind aber, aus welchen Gründen auch immer, bisher noch nicht ausgereist. Zum Teil haben sie 12 oder 13 Gerichtsverfahren hinter sich. Zum anderen haben sie Kinder, die hier geboren sind. In diesen Fällen findet eine solche Regelung meine ausdrückliche Zustimmung. Diejenigen, die meine Arbeit näher begleitet haben, wissen, dass dies keine neue Erkenntnis ist. 1999 oder 2000 habe ich – damals in Görlitz – schon einmal eine Altfallregelung beschlossen.
Herr Präsident, ich möchte meinen Redebeitrag sehr schnell beenden. Geben Sie mir aber bitte Gelegenheit, diesen Gedanken zu Ende zu führen. – Es heißt immer, es gehe um Kinder, und man müsse aus Holz sein, wenn man das nicht verstehe.Aber dieser Ansatz ist unrichtig. Er ist insbesondere nicht wahrhaftig. Die Kinder teilen nämlich das Schicksal ihrer Eltern. Das mag man für gut oder für schlecht halten. Aber es ist zutreffend. Deshalb kann ich das Problem nur lösen, wenn ich sowohl die Kinder als auch die Eltern in die Lösung einbeziehe.
Von Niedersachsen und – schon vor langer Zeit – von Berlin aus wurden Initiativen dazu gestartet. Eine dieser Initiativen hatte vorgesehen, die Kinder hier zu lassen, aber die Eltern wegzuschicken. Das halte ich aus vielerlei Gründen nicht für richtig. Deshalb gilt:Wer von den Kindern spricht, muss auch die Eltern einbeziehen. Wir können nicht die Minderjährigen dabehalten und sie ihrem Schicksal überlassen oder ins Kinderheim stecken. Das kann nicht richtig sein. Deshalb kommen zu einem Kind im Regelfall mindestens die Eltern und in den meisten Fällen auch die Großfamilien hinzu.
Wenn wir nicht nur eine Zuwanderung in die Sozialsysteme wollen, müssen wir ihnen die Chance eröffnen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Zurzeit betrifft das maximal 10 % der Fälle, über die wir reden. In dem Fall möchte ich einen gesellschaftlichen Konsens und eine Grundentscheidung darüber. Ich möchte mich damit ganz bewusst nicht durch die Härtefallkommission mogeln und sagen:Damit können wir das irgendwie lösen.– Bei 22.000 Betroffenen können wir das Problem nicht über die Härtefallkommission lösen. Über die Härtefallkommission können wir an anderer Stelle noch einmal sprechen.
Folgende Faktoren müssen also zusammentreffen: ein langjähriger Aufenthalt, das Vorhandensein von Kindern, eigene Arbeit oder die Chance, sich den Lebensunterhalt durch eigene Arbeit zu verdienen. Das setzt voraus, dass wir das Arbeitserlaubnisrecht ändern. Deshalb brauchen wir dort eine bundeseinheitliche Regelung. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das in diesem Jahr schaffen.
Ich füge hinzu: Das, was wir schaffen, wird nicht der Stein der Weisen sein.So ist das bei diesen Grundkonflikten immer. Die Menschen möchten gern bleiben, und aus vielerlei Gründen können wir nicht jedem sagen: Du kannst
gern hier bleiben, wenn du es willst. – Mein Wunsch ist, dass wir aus den Schützengräben ideologischer Auseinandersetzungen, die seit vielen Jahren gepflegt werden, hinaustreten und vielleicht ein Stück weit zu einer gemeinsamen Überzeugung kommen.
Ich biete Ihnen eine Lösung in der Form an, wie ich sie eben skizziert habe. Das kann keine Lösung für alles sein. Es wird auch in Zukunft menschlich sehr bedrückende Situationen geben.Wer das anders haben will, muss die Gesetze ändern. Ich kenne niemanden, der die Gesetze ändern will. Deshalb bleibt es bei den Grundsätzen, die ich vorhin genannt habe.
Im Übrigen bin ich zuversichtlich, dass wir in den Ausschüssen im Einzelnen darüber diskutieren können. Ich biete ausdrücklich an, mit den Mitgliedern der Härtefallkommission darüber zu sprechen. Ich glaube, es ist im Interesse der Sache, wenn wir uns die notwendige Zeit hierfür nehmen.
Im Übrigen gilt der alte Grundsatz: Wir halten uns das Gesetz, und wir räumen dort eine Chance ein, wo es möglich ist. Wir sehen durchaus, dass es hier nicht um Akten geht, sondern um Menschen. – Vielen Dank.
Vereinbart ist,dass die Anträge unter den Tagesordnungspunkten 64 und 68 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss überwiesen werden.
Herr Präsident, ich melde mich zur Geschäftsordnung; denn ich glaube, wir haben aufgrund einer Verwechslung einen Irrtum begangen. Daher bitte ich darum, den vorangegangenen Tagesordnungspunkt noch einmal aufzurufen.
Es geht um die Entscheidung, den Antrag Drucks. 16/4972 an die Ausschüsse zu überweisen. Diese Entscheidung sollte widerrufen werden, damit wir hier gleich darüber abstimmen können. Ich denke, das war so gewollt. Aufgrund einer kleinen Turbulenz haben wir das aus den Augen verloren. Vielleicht können wir das korrigieren. Ich glaube, das liegt im Sinne aller.
Wir haben keine Bedenken gegen eine Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP betreffend WM 2006 in Hessen – Rote Karte für Zwangsprostitution, Drucks. 16/4972. Ich stimme dem zu.
Dann stelle ich fest, dass es in diesem Hause – für die Geschäftsführer ist es wichtig, aber für dieses Haus ist es noch wichtiger – keinen Widerspruch gegen eine Rücknahme der Überweisung gibt.
Ich lasse über den Antrag abstimmen. Wer dafür ist, dass der Dringliche Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP betreffend WM 2006 in Hessen – Rote Karte für Zwangsprostitution, Drucks. 16/4972, angenommen wird, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag einstimmig beschlossen.
Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Privatisierung des Uniklinikums Gießen und Marburg sichert und stärkt die Hochschulmedizin – Drucks.16/4879 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend Privatisierung des Uniklinikums Gießen und Marburg sichert und stärkt die Hochschulmedizin – Drucks. 16/4968 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend unsinnigen Verkauf des Universitätsklinikums Gießen und Marburg stoppen – Drucks. 16/4973 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Verkauf des Universitätsklinikums Gießen und Marburg schafft Risiken für Wissenschaftsfreiheit und Krankenversorgung – Drucks. 16/5000 –
Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend Zukunftsfähigkeit des Uniklinikstandorts Gießen-Marburg ist gesichert – Drucks. 16/5002 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens meiner Fraktion beantrage ich, Tagesordnungspunkt 70,Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend Zukunftsfähigkeit des Uniklinikstandorts Gießen-Marburg ist gesichert,von der Tagesordnung abzusetzen.
Ich will dies begründen. Erstens. In dem Antrag steht: „Der Landtag stellt fest, dass die Rhön-Klinikum AG ein überzeugendes Angebot für den Erwerb... unterbreitet hat.“ Ich stelle fest, dass dieser Landtag kein Angebot kennt, und deshalb kann er auch nicht beurteilen, ob es überzeugend ist.
Zweitens. In dem Antrag steht ferner, dieses Angebot erfülle alle Bedingungen, die die Landesregierung gestellt habe. Ich wiederhole: Es liegt uns kein Angebot vor, und deshalb können Sie auch nicht von uns erwarten, dass wir
Wenn Sie uns einen Antrag mit solchen Formulierungen, wie ich sie hier zitiert habe,zumuten,gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Erstens. Die CDU kennt das Angebot.Wenn das der Fall wäre, wäre dies ein Skandal.
Zweitens. Sie haben blindes Vertrauen in die Landesregierung. Das mag für die CDU-Fraktion gelten, aber nicht für den Landtag in Gänze.Wir haben die Landesregierung zu kontrollieren, meine Damen und Herren.