Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Vormittagssitzung angelangt. Wir werden ab 14 Uhr weiter tagen. Wir werden dann Tagesordnungspunkt 61 in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 66 beraten. – Guten Appetit.
Noch eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend Mittelkürzung im Nahverkehr um 3,1 Milliarden c, Drucks. 16/4696. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Ich sehe, es erhebt sich kein Widerspruch. Also wird die Dringlichkeit bejaht. Damit wird der Dringliche Entschließungsantrag, Drucks. 16/4696, Tagesordnungspunkt 72. Wenn dem nicht widersprochen wird, kann er zusammen mit den Tagesordnungspunkten 2, 40 und 70 aufgerufen werden.
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Landesregierung betreffend Durchführung der Immobilientransaktion 2005 „Leo“ – Verkauf und Rückmietung eines Portfolios von 18 landeseigenen Immobilien; hier: Genehmigung der Veräußerung durch den Hessischen Landtag nach § 64 Abs. 2 LHO – Drucks. 16/4673 zu Drucks. 16/4603 –
Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend „Sale and rent back“ von Immobilien – Drucks. 16/4681 –
Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. – Als erste Rednerin hat sich Frau Abg. Erfurth für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es hier mit einer bisher einmaligen Transaktion zu tun. Das betrifft sowohl die Größenordnung als auch die Auswirkungen, die diese Transaktion für die Zukunft haben wird. Insofern stimme ich den Ausführungen des Finanzministers zu, die er in dieser Angelegenheit gemacht hat. Deshalb haben wir auch den Antrag gestellt, diesen Veräußerungsvorgang nicht nur im Haushaltsausschuss, sondern auch hier im Plenum zu behandeln.
Wir haben über eine Weichenstellung zu entscheiden, die die von der CDU geführte Landesregierung als Zukunftsmodell für die Sanierung der öffentlichen Haushalte empfiehlt. Finanzminister Weimar bezeichnet diese Finanztransaktion stolz als gelungen und überaus erfolgreich.
Es handelt sich um eine Weichenstellung, die dem Land nach § 63 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung eigentlich verboten ist. Dort heißt es nämlich:
Vermögensgegenstände dürfen nur veräußert werden, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben des Landes in absehbarer Zeit nicht benötigt werden.
Eine ähnliche Formulierung findet sich auch in der Hessischen Gemeindeordnung. Die Regierung Koch hat sich mit dem Haushaltsgesetz für das Jahr 2005 die Erlaubnis geholt, auch solche Gebäude verkaufen zu dürfen, die das Land eigentlich noch braucht.
Damit geben Sie den Kommunen ein schlechtes Beispiel, denen der Verkauf der Rathäuser immer noch verboten ist.
Eigentlich ist der Verkauf von benötigtem Grundbesitz immer die letzte Verzweiflungstat. Das ist bei Privatpersonen so. Bevor jemand sein selbst genutztes Häuschen verkauft, muss es schon ziemlich dicke kommen.
Das ist auch bei Unternehmen so. Bei Unternehmen ist der Verkauf betriebsnotwendigen Vermögens entweder der letzte Rettungsversuch, der meistens schief geht,
oder es wird damit zu einem Steuertrick gegriffen, um über verschachtelte Konstruktionen Einkünfte oder Vermögen schadlos zu halten.
Ich frage mich:Womit haben wir es hier zu tun? – Wir haben es mit einer Landesregierung zu tun, bei der der Finanzminister das Finanzministerium, das Innenministerium, Regierungspräsidien, Finanzämter, ein funkelnagelneues Polizeipräsidium und Behördenhäuser verkauft. Dies sind alles Gebäude, die das Land zur Erfüllung der ihm durch Gesetz übertragenen Aufgaben noch sehr lange brauchen wird.
Diese Einschätzung lässt sich leicht aus der Laufzeit der Mietverträge ablesen. Bei der Mehrzahl der Objekte wurden Mietverträge über 25 oder 30 Jahre abgeschlossen. Das gilt auch für die großen und teuren Objekte, wie etwa das Polizeipräsidium in Frankfurt oder das Finanzministerium.Herr Weimar,ich glaube,im Finanzministerium wollen Sie oder Ihre Nachfolger noch recht lange den Regierungsgeschäften nachgehen. Für uns wäre es natürlich besser, ein Nachfolger würde dem Regierungsgeschäft nachgehen.
Herr Minister, Sie argumentieren damit, es würde sich mehr Flexibilität ergeben.Aus meiner Sicht ist ein 30-jähriger Mietvertrag etwa so flexibel wie eine Eisenbahnschiene.
Herr Minister, Sie argumentieren, das sei wirtschaftlich. Das sehe ich in der Tat auch so. Allerdings sehe ich diese Wirtschaftlichkeit nicht beim Land, sondern beim Käufer gegeben. Der Käufer ist eine 100-prozentige Tochter der Commerzbank. Das sind Banker. Die werden das gut durchgerechnet haben.
(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Es wäre ein Armutszeugnis, wenn die das nicht berechnet hätten!)
Die Mieten werden aufgrund einer Mietpreisbindung auch steigen. Herr Boddenberg, die werden sich das ausgerechnet haben. Der Mieter bewirtschaftet die Immobilie auf eigene Kosten. Er kommt für die Instandhaltungen im Inneren, wie etwa die Malerarbeiten, die Erneuerung der Fußbodenbeläge oder die Renovierung der Treppenhäuser auf. Außerdem finanziert dieser Mieter die erforderlichen technischen Umbauten selbst. So einen Mieter muss man lange suchen.
Ich denke, die Käufer werden sich ausgerechnet haben, dass das für sie ein Abschluss ist, der sich wirtschaftlich rechnet. Die Käufer können mit einer Verzinsung des Kaufpreises von garantiert über 5 % rechnen.Auch daran sieht man, dass das ein gutes Geschäft ist.
Man muss dabei auch bedenken, dass die Verkäufer nicht nur die Zinsen haben. Nein, ihnen gehören jetzt auch die Grundstücke, die sich zum Teil in sehr guten Lagen befinden.
(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Woher wollen Sie das wissen?)
Frau Beer, wenn Sie ein Zwiegespräch führen wollen, können Sie das nachher gerne tun. Ich möchte aber meine Ausführungen jetzt gerne fortführen.