Protocol of the Session on November 24, 2005

Frau Zeimetz-Lorz, wir haben es für einen sehr normalen Akt gehalten, dass die Landesregierung – nachdem sie darauf aufmerksam gemacht wurde – diese verfassungswidrige Gesetzesänderung in dem Entwurf zurückgezogen hat.

(Beifall des Abg. Günter Rudolph (SPD))

So konnten wir uns dann mit dem Thema Evaluierung befassen. Frau Zeimetz-Lorz, es ist ebenfalls nicht zutreffend,dass in keinem der Ausschüsse über das Thema „Wie wird im Lande Hessen evaluiert?“ gesprochen wurde. Vielmehr gab es einen Ausschuss, der verlangt hat: Wenn Rechtsvorschriften auslaufen und über ihre Zukunft entschieden wird, dann muss eine Evaluierung stattfinden.

Wir räumen als SPD-Fraktion ein, dass wir uns hier in Neuland befinden, denn wir praktizieren diese Gesetzgebungsmethode in Hessen noch nicht allzu lange.Jetzt läuft sozusagen ein erster Schwung aus, ein nächster kommt zum Ende des nächsten Jahres. Deshalb haben wir eine Evaluierung gefordert.

Meine Damen und Herren, das war auf drei Seiten eine Zusammenfassung von Evaluierungen,von denen wir den Eindruck haben, dass sie nach zwei Fragen erhoben wurde,etwa so:Wird das Gesetz genutzt? Und:Geht es einigermaßen so weiter?

Meine Damen und Herren, so können wir das in Zukunft nicht praktizieren. Frau Zeimetz-Lorz, bei Ihnen reklamieren wir hier nicht nur den Respekt vor dem Verfassungsgesetzgeber – wie zu dem ersten Punkt –, sondern wir reklamieren bei Ihnen den Respekt vor dem Souverän Gesetzgeber. Wenn wir uns nach Mitteln so ausstatten, dass die Evaluierung von Gesetzen der Regierung obliegt und das Parlament praktisch am Regierungswissen partizipieren muss, dann müssen wir zu Qualitätsmaßstäben der Evaluierung kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, heute – im November dieses Jahres – sind wir in der Situation, zu wissen, dass bereits zum 31.12. des nächsten Jahres ein weiterer Schwung Gesetze ausläuft. Zu diesem Schwung wird auch bereits evaluiert. Ich möchte einmal die steile These hier in den

Raum stellen, dass die verehrte und immer sehr gut informierte Geschäftsführerschaft jetzt nicht ad hoc sagen könnte, welche Gesetze zum 31.12.2006 auslaufen. Daran können wir schon sehen, dass es sehr wichtig ist, das Parlament rechtzeitig zu informieren.

(Reinhard Kahl (SPD): Das würde ich auch sagen!)

Frau Zeimetz-Lorz, das hat unser Fraktionsvorsitzender im Hauptausschuss auch angesprochen. Man kann das nicht in Gesetzen festschreiben, aber wir appellieren an den Landesgesetzgeber,

(Reinhard Kahl (SPD): Das sind wir!)

diese vernünftige Gesetzgebungstechnik – Gesetze auf den Prüfstand zu stellen – so seriös zu betreiben, dass alle den Eindruck haben, dass die Souveränität der Entscheidung beim Parlament liegt.

Aus anderen Gründen wurde heute sehr oft Wisconsin erwähnt. Als Sozialpolitischer Ausschuss haben wir uns damals nicht nur mit dem Thema Arbeitsförderung in Wisconsin beschäftigt, sondern wir haben auch wissenschaftliche Institute besucht, die – weil das in Wisconsin einen anderen Vorlauf hat und dort eine andere Praxis herrscht – sich mit dem Thema Evaluierung von Gesetzen befasst haben. Wenn man diese Freundschaften pflegt, könnte man sich vielleicht auch einmal über die Evaluierungskriterien in anderen Ländern unterhalten, um in Hessen dazuzulernen.

So haben wir also hier einen Appell an die Hessische Landesregierung zu hinterlegen. Weil das in Hessen Neuland ist – aber auch nur deshalb – und wir mit Herrn Posch der Auffassung sind, dass eine solche Verlängerungsprüfung nicht in jedem Falle die Freigabe für Diskussionen über den Gesetzeszweck insgesamt sein kann – sonst kämen wir nämlich zu jedem Jahresende in eine wilde Turbulenz –, sind wir mit den ansonsten vorgeschlagenen Verlängerungen einverstanden, hoffen aber sehr, dass die Hessische Landesregierung den Respekt vor dem hessischen Verfassungsgeber ernst nimmt und den Respekt vor dem hessischen Parlament als Gesetzgeber bei solchen Prüfungen in Zukunft beherzigt.

(Beifall bei der SPD)

Für die Hessische Landesregierung hat Herr Staatsminister Banzer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße zunächst einmal, dass diese neue Gesetzestechnik ganz offensichtlich insgesamt für einen Fortschritt gehalten wird. Ich denke, dass wir in den nächsten Jahren auch etwas Übung bekommen, wie wir damit umgehen.

Diesmal sind es immerhin schon zwölf Gesetze, die zur Verlängerung anstehen. Im Einzelnen sind dies das Gesetz über die Volksabstimmung – Art. 1 – und das Gesetz über Volksbegehren und Volksentscheid – Art. 2. Beide Gesetze sollen um sechs Jahre verlängert werden, damit wir erreichen können, dass die hessischen Wahlgesetze zum 31. Dezember 2011 insgesamt zur Verlängerung anstehen.

Die Geltungsdauer des Hessischen Altenpflegegesetzes – das wurde eben angesprochen, Art. 5 – wird bis zum 31. Dezember 2007 befristet, weil zum 1. Januar 2008 eine neue gesetzliche Regelung im Sinne eines hessischen Ausführungsgesetzes zum Bundesaltenpflegegesetz erfolgen wird.

Schließlich soll, auch das wurde angesprochen, das Hessische Naturschutzgesetz – Art. 10 – in Abstimmung mit der Arbeitsgruppe Verwaltungsvereinfachung lediglich bis zum 31. Dezember 2006 verlängert werden, weil hier eine gesetzliche Neuregelung vorgesehen ist.

Alle anderen Vorschriften werden bis zum 31. Dezember 2010 verlängert.

Ich glaube, die Diskussion um Art. 1 ist inzwischen für alle befriedigend beantwortet. Insgesamt sieht man daraus, dass hier nicht schematisch verlängert wurde, sondern dass man sich doch mit den konkreten Situationen der einzelnen Gesetze beschäftigt hat. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg.

Ich bitte Sie, diesem Gesetzentwurf in der Fassung des Änderungsantrags der CDU-Fraktion zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Abstimmung. Über den Antrag wird in der Fassung der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses – der CDU, SPD und FDP zugestimmt haben – abgestimmt.

Wer diesem Gesetzentwurf in der genannten Fassung seine Zustimmung ereilten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist bei Enthaltung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der SPD – –

(Zurufe von der SPD: Nein!)

Ihr habt zugestimmt? Also wie im Hauptauschuss? Die eine Hälfte hat abgestimmt, die andere Hälfte hat nichts gemacht.

(Reinhard Kahl (SPD): Wir haben zugestimmt, selbstverständlich!)

Also wie im Hauptausschuss: CDU, SPD und FDP haben diesem Gesetzentwurf in der genannten Fassung zugestimmt und ihn damit zum Gesetz erhoben.

Meine Damen und Herren, die Geschäftsführer haben sich verständigt, dass Tagesordnungspunkt 14 jetzt nicht behandelt wird, sondern Tagesordnungspunkt 16:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einwände der Wirtschaft gegen Neubau des Flughafens Kassel-Calden ernst nehmen – Drucks. 16/4071 –

Die Redezeit pro Fraktion beträgt fünf Minuten. Zur Begründung des Antrags hat Herr Mathias Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In den letzten Wochen und Monaten haben sich die Einwände aus der Wirtschaft, aber auch von anderen Verbänden, gegen den geplanten Ausbau des Flughafens Kassel-Calden –

genauer muss man sagen: des Neubaus des Flughafens Kassel-Calden – verstärkt. Wir meinen, der Hessische Landtag sollte diese Einwände ernst nehmen, sich mit ihnen beschäftigen und im Rahmen einer Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr darüber beraten, ob der geplante Neubau des Flughafens Kassel-Calden tatsächlich so erfolgen soll – angesichts der erheblichen Bedenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einige dieser Bedenken möchte ich Ihnen vortragen.

Aus den jüngsten Tagen gibt es eine Resolution der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen. Unter der Überschrift „Kein Bedarf“ schreibt sie:

Im Einzugsbereich des geplanten Flughafens Kassel-Calden gibt es bereits drei leistungsstarke Flughäfen: Hannover, Erfurt, Paderborn-Lippstadt. Der internationale Flughafen Frankfurt ist von Kassel in 90 Minuten zu erreichen. Damit werden schon jetzt in ausreichendem Umfang Leistungen des nationalen und internationalen Luftverkehrs angeboten.

Ich zitiere eine weitere Bemerkung.

(Clemens Reif (CDU): Kronzeugen!)

Der Staatssekretär im Düsseldorfer Verkehrsministerium – Herr Kollege Reif, ein Angehöriger Ihrer Partei –

(Clemens Reif (CDU):Wir sind nicht unfehlbar!)

spricht im Zusammenhang mit diesem Flughafen Calden von einer „Fehlallokation“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Das verstehe ich sehr gut, Herr Kollege!)

Jetzt könnte man immer noch sagen, das sind Vertreter aus anderen Bundesländern, die verfolgen vielleicht andere Interessen.

(Clemens Reif (CDU): Richtig!)

Aber der Widerstand, die Einwände kommen doch auch aus Hessen. So schreibt der Bund der Steuerzahler unter der Überschrift „Millionengrab Kassel-Calden: eine Luftnummer, die keiner will“:

(Clemens Reif (CDU): Der schreibt auch, dass Sie zu viel Geld bekommen!)

„Die Zweifel an dem Projekt werden immer stärker.“