Protocol of the Session on November 23, 2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die heutige 84. Plenarsitzung und darf zunächst einige amtliche Mitteilungen machen.

Zuerst stelle ich die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. – Dem wird nicht widersprochen.

Erledigt sind die Punkte 1, 3 a, 3 b, 4, 5, 6, 12, 39 und 64.

Noch eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Kabinettsumbildung,Drucks.16/4694.Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 71 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 45 aufgerufen werden. Wird dem widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Dann haben wir noch einen Dringlichen Antrag der Fraktion der CDU betreffend Vertrauenserklärung gemäß Art. 101 Abs. 4 der Verfassung des Landes Hessen, Drucks. 16/4695.

(Unruhe)

Ich bitte Sie, sich ruhig zu verhalten. Die Mitarbeiter bitte ich, die Abgeordnetenbänke zu verlassen. – Danke schön.

Dieser Antrag ist nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 GOHLT dringlich und auf die bereits festgelegte und genehmigte Tagesordnung unter Tagesordnungspunkt 45 b zu setzen. – Dem wird nicht widersprochen.

Vereinbarungsgemäß tagen wir heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden.Wir beginnen mit den Tagesordnungspunkten 45 a bis 45 c, die zusammen mit den Tagesordnungspunkten 62 und 71 aufgerufen werden. Dann folgt Tagesordnungspunkt 38, der zusammen mit den Tagesordnungspunkten 63, 68 und 69 aufgerufen wird. Nach der Mittagspause beginnen wir mit Tagesordnungspunkt 44. Dieser wird mit Tagesordnungspunkt 67 aufgerufen.

Ich darf Ihnen mitteilen, dass der Untersuchungsausschuss 16/2 im Anschluss an unsere Sitzung, voraussichtlich um 18 Uhr, im Sitzungsraum 230 M im Landtagsgebäude tagen wird.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 45 a auf:

Mitteilung über die Ernennung eines Ministers gemäß Art. 101 Abs. 2 der Verfassung des Landes Hessen

Ich erteile Herrn Ministerpräsidenten Koch das Wort. Bitte schön.

Herr Landtagspräsident, meine Damen und Herren! Ich unterrichte den Hessischen Landtag förmlich, dass ich den bisherigen Staatsminister und Hessischen Minister der Justiz, Dr. Christean Wagner, auf sein Bitten mit Ablauf des gestrigen Tages von seinem Amt entpflichtet habe, mit dem Ziel – das er, wie Sie wissen, hatte –, dass er nun auf der Abgeordnetenbank auf der von seiner Fraktion bestimmten Position Platz nimmt.

Gleichzeitig unterrichte ich Sie gemäß Art. 101 Abs. 2 der Verfassung des Landes Hessen davon, dass ich den bishe

rigen Landrat des Hochtaunuskreises, Herrn Jürgen Banzer, mit Wirkung vom heutigen Tag zum Staatsminister und Hessischen Minister der Justiz ernannt habe.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, es gibt keinen Grund, unruhig zu werden, wenn eine Zeitverzögerung beim Klatschen eintritt.

(Heiterkeit)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 45 b auf:

Beschlussfassung über die Vertrauenserklärung für die Landesregierung in veränderter Zusammensetzung gemäß Art. 101 Abs. 4 der Verfassung des Landes Hessen

Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend Vertrauenserklärung gemäß Art. 101 Abs. 4 der Verfassung des Landes Hessen – Drucks. 16/4695 –

Gemäß Art. 101 Abs. 4 der Hessischen Verfassung kann die Landesregierung ihre Geschäfte erst wieder aufnehmen, wenn ihr der Landtag durch einen besonderen Beschluss das Vertrauen ausgesprochen hat. Dies beantragt die Fraktion der CDU mit dem Antrag Drucks. 16/4695.

Dazu wird eine Aussprache stattfinden. Die Fraktionen haben sich hierbei auf eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion verständigt.

Gleichzeitig rufe ich Tagesordnungspunkt 62 auf:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Verkleinerung des Landeskabinetts – Drucks. 16/4674 –

in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 71:

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Kabinettsumbildung – Drucks. 16/4694 –

Das Wort hat Herr Kollege Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ministerpräsident Roland Koch möchte, dass der Landtag ihm und seiner Regierung heute das Vertrauen bekundet. Da formulieren wir die Frage, die sich nicht nur die grüne Opposition, sondern auch die rot-gelbe Halbopposition, ja eigentlich alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus stellen sollten:Weshalb glaubt Roland Koch, Vertrauen verdient zu haben?

(Zuruf von der CDU: Na, na, na!)

Für die Arbeit seiner Regierung in Hessen kann das wohl nicht zutreffen; denn die Bilanz ist so schlecht, dass er es vor drei Wochen, bei der ersten Lesung des Haushaltsentwurfs 2006, vorzog, nach Berlin zu enteilen, um dort Heulen und Zähneklappern zu zelebrieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Die Begründung für seine Abwesenheit war jedenfalls völlig unglaubwürdig. So dringend kann nämlich kein Ter

min sein, dass eine Verschiebung um wenige Stunden die Bildung der Bundesregierung zum Scheitern verurteilt hätte.

Nein, es ging nicht um zwingende Termine in Berlin, sondern die Lage in Hessen war dem Herrn Ministerpräsidenten ein willkommener Anlass, bei der Debatte über den Haushaltsentwurf seiner Regierung und die darin enthaltene Rekordneuverschuldung auf der Regierungsbank eine Lücke zu hinterlassen.Mit der hessischen Wirklichkeit möchte er möglichst wenig zu tun haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die hessische Wirklichkeit passt nämlich gar nicht zu den großen Sprüchen, mit denen er in Berlin gern vor die Kameras tritt.

Hessen hat eine Rekordverschuldung. Zum fünften Mal hintereinander haben wir einen verfassungswidrigen Haushalt. Weder ist der Unterricht in der Schule garantiert, noch wird der Hochschulpakt gehalten.Versprechen werden gebrochen, und statt der propagierten Leuchttürme findet man ständig neue Löcher, die Roland Koch mit dem Begriff „Baustellen“ schönredet. Jetzt sollen wir dieser Regierung das Vertrauen aussprechen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es fing mit der brutalstmöglichen Aufklärung der Schwarzgeldaffäre an, bei der es sich in Wahrheit um eine gigantische Vertuschung handelte.

(Zurufe von der CDU)

Jüngst hat diese Entwicklung einen neuen Höhepunkt erreicht, als der beschleunigte Absturz ins Schuldenloch als „Haushaltskonsolidierung“ bezeichnet und die Erhöhung der Neuverschuldung um rund 0,5 Milliarden c mit den Worten „Haben Trendwende geschafft“ umschrieben wurden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

In dieser Situation kommt es also zu einer Kabinettsumbildung, weil Franz Josef Jung zum Kommandieren nach Berlin geht und die Fraktion eine neue Führung braucht. Jetzt wird die Maniküre von der Regierungsbank in die erste Reihe der Abgeordneten verlegt – vielleicht, damit wir es nicht mehr so gut sehen können.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich will mich durch das schlechte Benehmen anderer nicht von der Kritik an der Regierung ablenken lassen. Bei dieser schwachen Regierungsmann- und -frauschaft wären vor dem Hintergrund der Haushaltslage eine Umbildung und eine Konzentration, also eine deutliche Kabinettsverkleinerung, angezeigt gewesen – auch wenn man richtig große Beträge dadurch nicht einsparen könnte.

Immerhin könnten weggeschickte Staatssekretäre reaktiviert werden, und die Entourage der überflüssigen Minister könnte man einsparen. Die Minister sind nämlich überflüssig, was allein schon an ihren nicht wahrnehmbaren Leistungen erkennbar ist – obwohl der Herr Ministerpräsident sie gestern, wenn auch mit etwas müdem Engagement, vor dem Landtag verteidigt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)