Protocol of the Session on November 22, 2005

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

PISA zeigt an dieser Stelle erste Erfolge des Länderwettbewerbs.

Meine Damen und Herren, seit 30 Jahren wissen wir, dass das Thema Bildung gerade in Hessen ein ganz zentrales Thema der Landespolitik darstellt. Mit der Einführung der Unterrichtsgarantie in den vergangenen Jahren und der Verbesserung der Unterrichtsqualität haben wir Maßstäbe gesetzt, die nun von anderen Bundesländern als vorbildhaft angesehen

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

und in zunehmendem Maße aufgegriffen werden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Schmitt, wenn Sie lachen, dann sollten Sie sich einmal bei Ihren eigenen – es gibt ja auch noch SPDgeführte – Landesregierungen darüber informieren, dass dort mittlerweile jene Standards, die wir in Hessen eingeführt haben, übernommen werden.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist ein schlechtes Beispiel, da haben Sie Recht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mehr Lehrer, verbindliche Bildungsstandards, landesweite Orientierungsaufgaben, besondere Begabtenförderung und bedarfsgerechte Ganztagsangebote – das sind nur einige Stichworte des umfassenden hessischen Bildungskatalogs. Der Ausbau der Autonomie der Hochschulen und die Stärkung der Spitzenforschung können zukünftig noch umfassender vorangetrieben werden. In diesem Zusammenhang nenne ich nur Darmstadt als den Standort für Nanotechnologie und verweise auf die Fusion der beiden Universitätsklinika in Marburg und Gießen.

Gerade Hessen hat in die schulische Bildung und in die Hochschulen immens investiert. In diesem Jahr geben wir mehr für die Hochschulen aus, als dies in diesem Land jemals erfolgte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, die Bildungshoheit wird es Hessen noch mehr erleichtern, sich im Bildungssektor mit besseren Konzepten gegenüber den übrigen Bundesländern zu behaupten

(Widerspruch des Abg.Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

und am Ende auch durchzusetzen.

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, deshalb darf ich an dieser Stelle ausdrücklich Herrn Ministerpräsidenten Koch danken, der damals standhaft geblieben ist,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

als es darum ging,hier faule Kompromisse zu schließen,er aber – gerade in der Bildungsfrage – hart geblieben ist. Das wurde damals als „Bildungspoker“ verunglimpft. Aber wenn wir heute die Ergebnisse sehen, wissen wir: Dies war eine kluge Entscheidung, denn jetzt erhalten wir die notwendige Entflechtung und können gerade in diesem wichtigen Bereich den notwendigen Wettbewerbsföderalismus einläuten.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit diesem Mehr an Wettbewerb, das nun geschaffen wird, wird sich sehr schnell herausstellen, welches unserer 16 Bundesländer die besseren Konzepte verfolgt.

Herr Abg. Hoff, gestatten Sie Zwischenfragen?

Nein. – Künftig entscheiden die Länder auch über den Satz der Grunderwerbsteuer. Bei entsprechender Kompensation wird zudem die Mischfinanzierung im Hochschulbau und in der Bildungsplanung abgeschafft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade diese Gemeinschaftsaufgaben haben sich in der Vergangenheit als überaus schwerfällig, unpräzise und unpraktikabel erwiesen. Deswegen werden sie bei der Neuregelung gestrichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, umgekehrt ist auch Ergebnis der Koalitionsvereinbarung, dass in Zukunft der Bund eine Vielzahl von Gesetzen erlassen kann,

ohne bei jeder einzelnen Entscheidung auf die Zustimmung des Bundesrates angewiesen zu sein. Ziel muss es sein, dass Deutschland nicht weiterhin über das Ersatzparlament eines Vermittlungsausschusses regiert wird, sondern dass es klare Kompetenzen und Zuständigkeiten gibt

(Beifall des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

und am Ende damit sowohl der Bund als auch die Länder ein Mehr an Eigenverantwortung erhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit ihren Reformvorschlägen greifen CDU und SPD die Grundgedanken des Parlamentarischen Rates bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes wieder auf und gießen diese in ein klares Konzept mit klaren Kriterien. Föderalismus und Subsidiaritätsprinzip, verbunden mit transparenten politischen Strukturen und Entscheidungsprozessen, bilden die Voraussetzungen für einen bürgernahen Staat: weg vom Zustimmungsföderalismus, hin zum Gestaltungsföderalismus der Länder.

Eine wesentliche Stärke des Föderalismus ist die Vielfalt politischer Lösungen. Sie garantiert ein Höchstmaß an politischer Freiheit wie auch an politischer Kontrollmöglichkeit für den Bürger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Hinblick auf den weiteren Reformbedarf – vor allem zur Steigerung von Wachstum und Beschäftigung;das muss oberstes Ziel sein –, und um unsere Sozialsysteme zukunftsfähig zu machen, müssen politische Entscheidungen konsequent, schnell und für die Bürger nachvollziehbar getroffen werden. Mit der Abschaffung der Rahmengesetzgebung wird die gesamte Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern übersichtlicher und eindeutiger und damit dieses Ziel für den Bürger nachvollziehbar. Die Föderalismusreform bringt Transparenz und Wettbewerb. Sie ist ein Gewinn sowohl für die Länder als auch für den Bund. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Länder müssen sich im internationalen und nationalen Wettbewerb behaupten und mithelfen, insgesamt den Standort Deutschland attraktiver zu gestalten, mit weniger Bürokratie, mehr Freiräumen und insbesondere mit mehr Wachstum.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Einheit in der Vielfalt hat ihren besonderen Reiz – zumal unser Staatsmodell in Gesamteuropa seinesgleichen sucht.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir abschließend noch eine Bitte. Ein Änderungsantrag der GRÜNEN und ein eigenständiger Antrag der SPDFraktion sind eingebracht worden. Für die CDU-Fraktion beantrage ich, dass wir alle drei Anträge dem Hauptausschuss zur weiteren Beschlussfassung überweisen. Für die CDU-Fraktion möchte ich schon an dieser Stelle der Hoffnung Ausdruck geben, dass es uns in der Diskussion im Hauptausschuss gelingt,nach Möglichkeit zu einer einvernehmlichen Beschlussfassung zu gelangen. Ich glaube, es ist wichtig, dass Länderparlamente selbstbewusst ihre Interessen gegenüber dem Bund artikulieren. Das ge

schieht am besten dann, wenn wir hier zu einem breiten Einvernehmen kommen.

Am 13. Juni des letzten Sommers haben wir dieses Einvernehmen hergestellt. Es wäre schön, wenn wir daran anknüpfen könnten. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Hahn für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich darf daran erinnern, dass sich auf Antrag der FDP-Landtagsfraktion dieses Haus kurz nach der Bundestagswahl, nämlich am Donnerstag, dem 22. September, bereits mit dem Thema beschäftigt und dazu für die Unionsfraktion unser Kollege und Alterspräsident Armin Klein gesprochen hat. Damals hatte ich das Gefühl, dass die Kollegen der anderen Fraktionen etwas überrascht darüber waren, dass die FDP dieses Thema Föderalismusreform als Aktuelle Stunde anmeldete.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Mich überrascht bei Ihnen gar nichts!)

Ach, Frau Ypsilanti! – Aber ich glaube, dass die Sozialdemokraten – fangen wir damit an – wie auch die Christdemokraten in Berlin gesehen haben, dass dieses Thema am Anfang abgeräumt werden muss. Kollege Hoff, im Übrigen hat das die CSU auch mitgemacht, was etwas ganz Besonderes ist. Ich sage sehr bewusst „am Anfang abgeräumt werden muss“,weil viele der Probleme,die wir in den letzten 15, 20 Jahren verstärkt in den Bereichen Vermittlungsausschuss, Zustimmungspflicht, Gemeinschaftsaufgaben usw. bekommen haben, ein Produkt der ersten großen Koalition gewesen ist.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alles das, was uns im Verhältnis zwischen dem Bund und den Ländern, teilweise auch zwischen den Ländern untereinander, so richtig Schwierigkeiten bereitet hat, ist in der großen Koalition von Sozialdemokraten und Union Ende der Sechzigerjahre verabschiedet worden.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb ist es auch sehr vernünftig, dass sich die große Koalition in Berlin sozusagen als ersten Schritt nunmehr dieses Themas angenommen hat. Ich glaube schon, hier sagen zu dürfen – das sage ich nicht nur für die hessische FDP-Fraktion,sondern das sage ich für alle Fraktionen der FDP im Deutschen Bundestag und in den Landtagen –: in eine richtige Richtung ein wichtiger Schritt, den wir Liberale auch mittragen werden. Sie brauchen im Bundesrat auch die Unterstützung der Liberalen für diese Entwicklung. Hier machen wir mit,

(Beifall bei der FDP und des Abg. Jürgen Walter (SPD))

weil wir der Auffassung sind, dass es wichtig ist, nunmehr den Streit zwischen dem Bund und den Ländern in vernünftige Bahnen zu bringen.Wir sagen aus diesem Grund

Ja zu dem Kompromiss.Es ist auch ein Kompromiss – Kollege Hoff, wir können es offen sagen –, an dem nicht nur hinter den Kulissen, sondern auch sehr offen die FDPKollegen Walter Hirche und Ernst Burgbacher beteiligt gewesen sind. Ich halte es für sehr vernünftig, dass, bevor es die Koalition verabschiedet hat, entsprechende Gespräche mit den Liberalen stattgefunden haben.

Ich darf Ihnen sagen – ich fange mit dem Negativen an, nicht, weil ich es hochspielen will, sondern weil ich mich ein bisschen abheben möchte; das hat etwas mit der Dramaturgie der Beiträge des Kollegen Hoff zu tun –: Es ist nur ein erster Schritt. Wir sind der festen Überzeugung, dass das Thema Bund-Länder-Finanzbeziehungen eigentlich schon in diesen Kompromiss hineingehört hätte.Aber wir wissen um die Befindlichkeiten. Roland Koch und ich haben als Mitglieder der Föderalismuskommission gerade im vergangenen Jahr um diese Zeit tagtäglich erleben können,wie diese Befindlichkeiten sind,dass man das nicht in einem ersten Aufräumen mit bearbeiten kann. Aber es ist dringend wichtig. Wir müssen endlich zu einigermaßen Gerechtem kommen. Gerecht heißt, dass derjenige, der etwas erwirtschaftet, nicht alles abgeben muss, was er erwirtschaftet.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir müssen dazu kommen, dass dieses System endlich Eingang in den Länderfinanzausgleich findet. Ich sage es sehr entspannt.Wenn dabei das eine oder andere Bundesland oder wenn dabei der eine oder andere Stadtstaat finanziell nicht mehr in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen, dann muss man sich anderes, wie z. B. eine Länderneugliederung, überlegen, aber nicht immer den Ausgleich nach dem Motto machen, die Starken müssen die Schwachen immer dann unterstützen, wenn sie es haben wollen. Ich kann es verstehen – meine eigenen Parteifreunde machen es genauso –, wenn man aus dem Saarland oder aus Bremen kommt,