Wenn wir in den ganzen letzten Jahren den Versuch gemacht haben, Subventionen im Steuerrecht abzubauen, haben wir von Ihnen gehört, dass das faktische Steuererhöhungen seien. Wir haben die ganze Zeit erlebt, wie genau diese Landesregierung und dieser Ministerpräsident das blockiert haben.
Jetzt erleben wir, wie genau derselbe Ministerpräsident sehr klug sagt, das Problem in Deutschland sei, dass wir nominal sehr hohe Steuersätze haben, die real aber niemand bezahle. Herr Ministerpräsident, ich frage Sie: Warum haben Sie so lange Jahre alles dafür getan, dass das so bleibt? Das ist eine sehr spannende Frage.
Wir haben dauernd Versuche hinsichtlich der Eigenheimzulage unternommen.Denn das ist die größte Subvention, die wir in Deutschland im Steuerrecht haben. Wir haben in den letzten drei, vier Jahren drei-, viermal versucht, im Bundesrat Gesetzentwürfe einzubringen. Wir haben gesagt: Da müssen wir zu Veränderungen kommen. – Das war immer das Teufelszeug. Es war der Untergang des Abendlandes. Es war das Ende der Bauindustrie. Ich weiß nicht, was ich alles von der CDU dazu gehört habe. Vorgestern stellt sich Angela Merkel hin und sagt: Hau weg den Scheiß. – Ich finde es sehr spannend, was der 22. Mai auch bei der CDU ausgelöst hat.
Wir haben hier Debatten über die Frage geführt, ob es Sinn machen kann, mit der Pendlerpauschale zu subven
tionieren, erstens hinsichtlich des Stichwortes nominale Sätze im Steuerrecht und dessen, was herauskommt, und zweitens hinsichtlich der ökologischen Folgen mit allem, was dazugehört.Wir haben darüber diskutiert, ob es wirklich Sinn macht, die Entfernungspauschale, die Pendlerpauschale so hoch zu subventionieren. Es wurde uns vorgehalten, wir seien das Ende der Automobilindustrie, das Ende aller Leute, die auf dem Land wohnen, usw.Was sehen meine entzündeten Augen beim Durchlesen des CDU/CSU-Wahlmanifests? – Hau weg den Scheiß. – Ich finde es sehr spannend, was in der CDU/CSU seit dem 22. Mai passiert ist.
Herr Kollege Dr. Jung, ich glaube, an einem Punkt täuschen Sie sich. Bei der letzten Bundestagswahl hatte die FDP ihr Projekt 18, und zwar unter dem Schuh. Jetzt hat die CDU ihr Projekt 18, und zwar bei der Mehrwertsteuer. Das eine war im Jahr 2002 nicht erfolgreich. Ich glaube auch nicht,dass das Projekt,das Sie jetzt vorhaben, im Jahr 2005 erfolgreich ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Schröder hat auch ein Projekt 18!)
Die Leute kennen sich vielleicht nicht mit allen Details des Steuerrechts aus.Aber es gibt in der Bevölkerung ein sehr feines Sensorium für Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit. Herr Kollege Dr. Jung, wenn Sie in Ihren Wahlkampfschlachten, die aus Ihrer Sicht jetzt bevorstehen, den Bürgerrinnen und Bürgern erklären wollen, dass es sozial gerecht ist, die Mehrwertsteuer für alle zu erhöhen, um den Spitzensteuersatz für wenige zu senken, dann wünsche ich Ihnen dabei gute Verrichtung.
Herr Kollege Dr. Jung, die Menschen haben ein sehr genaues Gespür dafür, was in diesem Lande passiert und für wen Politik in diesem Lande gemacht wird. Ich prophezeie Ihnen, dass Ihre Siegesgewissheit, die Sie hier vortragen, im Laufe dieses Sommers noch einer gehörigen Portion Angst weichen wird, weil ich ziemlich sicher bin, dass sich, wenn sich die Menschen genau damit beschäftigen, was CDU/CSU und auch FDP wollen, dann an den Umfrageergebnissen noch einiges ändern wird.
Nächster Punkt: Was haben wir, gerade wir GRÜNEN, uns für die Ökosteuer prügeln lassen. Ich kann mich noch an das Stichwort „Unterschriftenaktion“ erinnern. Was wurde uns vorgehalten.Und auf einmal hört man so kleinlaut in der letzten Woche, dass die CDU sagt: Es tut uns Leid. Wir können leider auch nicht darauf verzichten. Vielleicht ist es doch keine so schlechte Idee gewesen. – Ich sage Ihnen: Die Menschen haben auch dafür ein sehr gutes Gespür.
Ich finde, an der Ökosteuer kann man ziemlich genau sehen, was das Problem der letzten Jahre war, Herr Ministerpräsident. Wenn das, was unter der Hand auch von CDU/CSU und FDP für richtig erachtet wird,jahrelang in jeder Verlautbarung, in jeder Talkshow, in jedem Programm, auf Plakaten, in Veranstaltungen als Unsinn gegeißelt wird und in der Sekunde, wo Sie glauben, an die
Es sagt auch etwas über das eigentliche Problem des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland aus.
Wissen Sie, Herr Kollege Dr. Jung: Ich finde es sehr spannend, wovon Sie hier reden. Ich finde es sehr spannend, wenn Sie hier von sieben verlorenen Jahren reden. Sie müssten es eigentlich besser wissen, und Sie müssten auch ganz genau wissen, warum Sie 1998 die Bundestagswahl verloren haben.
Sie müssten es eigentlich genau wissen. Das hat nicht nur etwas damit zu tun, dass Sie einen Bundeskanzler Helmut Kohl hatten, den keiner zum Abtreten bewegen konnte, sondern das hatte auch viel damit zu tun, dass Sie bestimmte Probleme einfach nicht angegangen sind.
der jetzt bei 19,5 % liegt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt wird auf einmal überall gesagt: Sie haben die sozialen Sicherungssysteme an die Wand gefahren. – Ich kann mich noch gut an jemanden erinnern, der auch aus der Hessen-CDU stammt,
einen gewissen Norbert Blüm, der jahrzehntelang immer vor sich hin brabbelte: „Die Rente ist sicher.“ Jetzt auf einmal, 1998, hatten wir die Situation, dass jeder wusste, dass das nicht mehr stimmt. Sie sind trotzdem noch damit in die Wahl gezogen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Wer hat denn den demographischen Faktor eingebaut? Wer hat ihn zurückgenommen?)
Zweiter Punkt: Ich erinnere mich daran, was der arme Walter Riester von CDU/CSU und FDP um die Ohren geschlagen bekommen hat, als er die zweite Säule in der Rentenversicherung eingeführt hat.
Wenn Sie einmal zurückblicken, stellen wir fest: Wir haben unter Schmerzen und auch nicht in allen Details von Anfang an immer richtig,aber wir haben damit begonnen, diese Strukturprobleme in Deutschland anzupacken.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Ihr habt den demographischen Faktor herausgenommen! Das hat er alles vergessen, der Herr Al-Wazir!)
(Frank Gotthardt (CDU): Dann sagen Sie einmal etwas zu dem demographischen Faktor! Wie war das denn mit der SPD?)
Das sage ich Ihnen ganz klar und einfach: Es war ein Fehler, den demographischen Faktor 1999 herauszunehmen. Es war ein Fehler.
Sehen Sie: Es war ein Wahlversprechen unseres großen Koalitionspartners und von Herrn Dreßler, wenn sich noch jemand an ihn erinnern kann.
Nein,ich habe damit kein Problem.Wir haben ihn zu Beginn der jetzigen Legislaturperiode des Bundestages in leicht veränderter Form wieder eingeführt.
Sehen Sie, Herr Gotthardt, das ist halt der Unterschied: Wir machen ab und zu Fehler und korrigieren sie, und Sie sind der Fehler. Genau das ist der Unterschied.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Sie haben eben gesagt, unter Helmut Kohl hat sich nichts getan!)
Sagen Sie mal, Herr Gotthardt, in Berlin dürfen Sie aber nicht aus der ersten Reihe so viel brüllen. Das ist Ihnen schon klar, ja?
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Da brülle ich noch ein bisschen lauter!)