Protocol of the Session on July 12, 2005

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Dabei geht das Abgeordnetengesetz von einer gewichteten Einkommensentwicklung nach der Zusammensetzung der Gruppen der hessischen Erwerbstätigen aus. Dies ist eine objektiv nachvollziehbare Größenordnung, die vom Hessischen Statistischen Landesamt errechnet wird. Im Übrigen ist sie vom Bund der Steuerzahler immer als Grundlage akzeptiert worden.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Wie gesagt, die Erhöhung beträgt 2,1 % und bezieht sich auf die Einkommensentwicklung vom Juli 2003 bis Juli 2004, also auf das vorige Jahr. Da die im Gesetz zum 1. Juli 2004 vorgesehene Erhöhung auf den 1. Januar 2005 verschoben worden ist,ist es nur logisch – Herr Kollege Kaufmann –, auch in diesem Jahr die Anpassung um ein halbes Jahr auf den 1. Januar 2006 zu verschieben. Dies ist eine innere Logik.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann ändern Sie doch das Gesetz!)

Lassen Sie mich für meine Fraktion zur beabsichtigten Anpassung der Entschädigung folgende Punkte herausstellen.

Erstens. Diätenerhöhung für Abgeordnete ist alles andere als ein populäres Thema. Trotzdem muss klar sein, dass der Abgeordnete – ich wiederhole es – auch ein Recht auf Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung hat. Die Abgeordneten bilden als Verfassungsorgan die erste Gewalt und haben damit eine wichtige Funktion in unserem Bundesland. Um auch dies klar zu sagen: Da brauchen wir uns nicht hinter der Besoldung von Bürgermeistern der Mittelzentren zu verstecken.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Zweitens. Durch Gesetz haben wir die Anpassung der Abgeordnetenentschädigung auf eine transparente und objektive Grundlage gestellt. Bei der Einkommensentwicklung orientieren wir uns eben nicht an bestimmten Berufen, sondern an der hessischen erwerbstätigen Bevölkerung insgesamt. Die Anpassung erfolgt aufgrund dieses Maßstabes, für Abgeordnete ein Jahr – jetzt praktisch also eineinhalb Jahre – später.

Drittens. Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern erfolgt die Diätenanpassung in Hessen nicht automatisch, sondern bedarf jeweils eines Landtagsbeschlusses. Das ist beispielsweise in Bayern ganz anders. Dies ist für die Öffentlichkeit besser nachvollziehbar, und dazu stehen wir auch.

Viertens. Wir betreiben auch kein Versteckspiel gegenüber der Öffentlichkeit. Denn wir beschließen die Erhöhung vor der Bundestagswahl, obwohl sie erst deutlich nach der Bundestagswahl in Kraft treten soll.

Fünftens. Mit Blick auf die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sage ich:Wenn man sich im Gesetz im Grundsatz auf eine objektive und transparente Regelung einvernehmlich einigt, dann sollte man auch in der Umsetzung dazu stehen.

(Beifall bei der SPD und der CDU sowie bei Abge- ordneten der FDP)

Ich füge hinzu: Nach der Rede des Kollegen Kaufmann bin ich etwas irritiert. Daraus kann ich nur entnehmen, dass er uns vorwirft, dass wir nicht bereits zum 1. Juli letzten Jahres – und auch nicht zum 1. Juli dieses Jahres – angehoben haben. Nur das kann die konsequente logische Begründung dessen sein, was Sie hier gesagt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren, ich glaube aber, es ist uns allen klar: Hinter dieser Rede steht ein bisschen etwas anderes. Das wissen wir in diesem Zusammenhang auch.

(Zuruf von der CDU: So ist es! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Hört, hört!)

Natürlich soll dieses Thema hier ein bisschen populistisch aufgezogen werden. Das wissen wir.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Meine Damen und Herren, lassen sie mich deswegen abschließend sagen: Wir werden dem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD und FDP zustimmen. Er vollzieht nur das – ich betone es – unspektakulär nach, was wir im Abgeordnetengesetz gemeinsam festgelegt haben. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Als nächster Redner hat der Abg. Kartmann, CDU-Fraktion, das Wort.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der Präsident des Hessischen Landtags!)

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu Wort gemeldet, um ein paar Fakten zurechtzurücken und damit die Chance zu einer objektiven Berichterstattung zu geben, auch als Mitteilungen für die Abgeordneten draußen in den Wahlkreisen, bei den Bürgerinnen und Bürgern.

(Michael Denzin (FDP): Nicht jede Chance wird genutzt!)

Das ist eine andere Frage. Herr Denzin, jeder ist seines Glückes Schmied. Jetzt haben 110 die Möglichkeit, Glücksschmiede zu sein.

Meine Damen und Herren, seit dem 01.11.1989 haben wir auf der Grundlage des damaligen Abgeordnetengesetzes ein neues Verfahren. Damals wurde mit der Verabschiedung des Gesetzes eine Diät festgelegt.Wenn man die als Grundlage der Berechnung bis heute sieht, wird deutlich, dass sich der Hessische Landtag im Bereich der Diäten sehr sorgsam bewegt hat.

Diese damalige Regelung beinhaltete unter anderem, dass wir per Beschluss – und nicht als Gesetzesänderung – die jeweiligen Anpassungen unserer Diäten vor dem Hintergrund der jährlichen Berichterstattung durch den Präsidenten, die er pflichtgemäß zu erteilen hat, vornehmen können – wenn wir denn wollen.

Die Angemessenheit ist damals durch eine externe, nicht parlamentarische Kommission festgestellt worden, besetzt mit Fachleuten der Gewerkschaften – also Vertretern der Arbeitnehmer –, der Arbeitgeber, des statistischen Landesamtes, des Steuerzahlerbundes

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Rechnungshof!)

und des Rechnungshofs. Also eine relativ objektive Ebene. Die ausführliche Begründung dieses Gutachtens kann eingesehen werden, sie befindet sich logischerweise in den Akten des Landtags. Darin wird klar festgestellt, dass es angemessen sei, uns auf der damaligen Ebene von etwa B 5 einzusortieren. Der Kollege Kahl hat auf diese andere Art der Besoldung hingewiesen.

Meine Damen und Herren, wenn wir alle gesetzlich möglichen, empfohlenen und auch hier berichteten Erhöhungen auf der Grundlage des Mischverhältnisses von Gehaltssteigerungen in Hessen vollzogen hätten – jeweils zum 1. Juli jedes Jahres –, dann lägen wir mit unseren Diäten heute 46 % höher als derzeit.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Das ist erst mal ein Tatbestand. Umgerechnet bedeutet das, dass jeder von uns heute als Abgeordnetenentschädigung per anno 15.000 c weniger an Jahresdiät hat, als er es hätte, hätten wir normal angehoben.

Ich glaube, das ist ein sehr sorgsamer Umgang, der in den Zeiträumen von politischer Entscheidung auch immer den Empfindlichkeiten bei der Versorgung von Abgeordneten – die gemäß der Verfassung nur wir bestimmen können, dafür gibt es keine andere Instanz – draußen Rechnung trägt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, die realen Erhöhungen, umgerechnet auf die Bruttoanhebung pro Monat dieser letzten Jahre, bedeuten eine Anhebung um durchschnittlich brutto 90 c. Hätten wir die Anhebung komplett umgesetzt, gemäß den Angemessenheitsberichten, dann wären das 166 c brutto monatlich gewesen.

Meine Damen und Herren, ich will es nicht weiter verlängern, aber ich kann Ihnen das gerne ausführlich zur Verfügung stellen. Diese Zahlen sind Anlass genug, zwei Dinge festzustellen:

Zum einen gehen wir als hessische Abgeordnete sorgsam mit dem um, was wir uns selbst zumessen müssen.

Zweitens. Ich bitte die Öffentlichkeit, darauf zu achten, dass wir Hessen das erste Land waren, das 1988/89 die steuerfreie Pauschale zusammengestrichen hat. Das ist zu berücksichtigen, wenn heute eine Rankingliste erscheint, in der wir bei den Diäten an zweiter Stelle liegen. Ich werde Ihnen noch im Laufe des Tages ein Ranking für Diäten plus Pauschale geben, bei dem wir weit runterrutschen.Denn mit unseren gut 500 c Pauschale plus den Diäten befinden wir uns auf einer ganz anderen Ebene als das, was wir brutto plus Entschädigung verfügbar haben. Zu der Frage, wie weit wir mit dieser Pauschale kommen und was wir aus der Entschädigung, die wir erhalten, noch an mandatsbedingten Dingen mitfinanzieren müssen, will ich mich jetzt gar nicht äußern.

Ich glaube, diese Fakten sind wichtig – hier in Kürze, demnächst noch etwas ausführlicher –, damit man sich ein objektives Bild machen kann. Denn eines ist klar: Die Bürgerinnen und Bürger – zumal in solchen Zeiten – werden ohnehin ein Problem mit dem Nachvollziehen dessen haben, was man für Politik bekommt, wenn man sie ausübt. Aber man muss es zumindest erklären können. Dazu wollte ich einen Beitrag leisten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Herr Präsident. – Mir liegt keine weitere Wortmeldung mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir stimmen nun ab über Tagesordnungspunkt 95:Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP betreffend Zustimmung zur Anpassung von Leistungen nach

dem Hessischen Abgeordnetengesetz zum 1. Juli 2005, Drucks. 16/4207. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit haben die Fraktionen von CDU, SPD und FDP bei Gegenstimmen der GRÜNEN und keinen Enthaltungen dem Antrag zugestimmt.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Zweites Gesetz zur Ausführung des § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung – Drucks. 16/4132 –

Fünf Minuten Redezeit sind vereinbart. Zur Einbringung des Gesetzentwurfs hat Herr Justizminister Wagner das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Hessische Gesetz zur Ausführung des § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung, wie es wörtlich heißt, wird mit Ablauf dieses Jahres außer Kraft treten. Das Gesetz regelt im Kern die Voraussetzungen für die so genannte obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung. Nach einer gründlichen und sehr umfassenden Evaluierung des Gesetzes steht fest, dass es sich im Grundsatz bewährt hat. Die beteiligten Institutionen und Verbände betonen die positiven Wirkungen des Gesetzes. Nicht nur für die Anwaltschaft, sondern auch für die ehrenamtlich tätigen Schiedsleute, deren Engagement besondere Unterstützung und Anerkennung verdient, hat sich ein neues Betätigungsfeld eröffnet. Die Anwaltschaft und die Schiedsleute befürworten ausdrücklich dieses dem Zivilprozess vorgeschaltete Verfahren.

Die obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung trägt darüber hinaus zu einer modernen Streitkultur bei; das will ich wenigstens am Rande erwähnt haben. Der vermittelnde und nicht selten vernünftigere Ausgleich der Interessen tritt bei diesem Verfahren in den Vordergrund. Das Übel der Rechthaberei im sozialen Nahbereich wird gleichzeitig zurückgedrängt.

Die Evaluierung des Gesetzes hat allerdings – das will ich auch sagen – Änderungsbedarf in Einzelfragen ergeben. So ist festzustellen,dass das Schlichtungsverfahren bei der Durchsetzung streitiger Geldforderungen von bis zu 750 c in der Vergangenheit umgangen worden ist. Die Gläubiger betreiben in diesen Fällen erkennbar häufiger als vor Erlass des Gesetzes das Mahnverfahren. Sie umgehen so die außergerichtliche Streitschlichtung. Das führt im Ergebnis zu einer Verlängerung und Verteuerung der Rechtsstreitigkeiten. Denn das Mahnverfahren bleibt in diesen Fällen regelmäßig ergebnislos. Ihm folgt der streitige Zivilprozess, den die Parteien von vornherein anstrebten,aber wegen des obligatorischen Schlichtungsverfahrens nur über den Umweg des Mahnverfahrens erreichen konnten.