Protocol of the Session on June 8, 2005

(Zurufe von der CDU)

Wer so ein bürokratisches Monster wie die Kopfpauschale auflegt, der hat seine bürokratische Unschuld sowieso schon längst verloren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Bürgerversicherung ist durchgerechnet. Sie ist solidarisch, und sie ist volkswirtschaftlich sinnvoll.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Seit drei Jahren weigert sich Schröder beharrlich, das umzusetzen! – Weitere Zurufe von der CDU)

Wir werden ein sehr detailliertes Konzept zur Bürgerversicherung im Wahlkampf vorlegen. Daran werden Sie uns messen können.Wir werden das zur Wahl stellen. Sie dürfen Ihre Kopfpauschale dann auch zur Wahl stellen, und dann werden wir sehen, wie die Wählerinnen und Wähler entscheiden.

(Beifall bei der SPD)

Sie verstehen unter Bürokratieabbau den Abbau von Arbeitnehmerrechten und sonst nichts. Sie wollen den Kündigungsschutz aufweichen. Sie wollen die Mitbestimmung beschneiden, und Sie wollen die Tarifvereinbarung unterlaufen. Das ist für Sie Bürokratieabbau.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wir wollen Arbeitsplätze!)

Sie haben von sozialem Frieden in Deutschland gesprochen. Aber das sind Beiträge zum sozialen Unfrieden in Deutschland, meine Herren von der CDU.

(Beifall bei der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Wissen Sie, was der größte Beitrag dazu ist? 5 Millionen Arbeitslose!)

Wir reden auch noch über Arbeitsplätze. – Sie wollen durch Sozialabbau Arbeitsplätze schaffen. Sie wollen die Arbeitslosenversicherungsbeiträge senken. Was heißt das? Das heißt, der Bundesanstalt für Arbeit Mittel für die Qualifizierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu entziehen. Beim Fördern und Fordern bleibt bei Ihnen nur das Fordern. So werden Sie weniger Menschen in Arbeit bringen und nicht mehr.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Sie ha- ben doch die Förderung gestrichen!)

Wir reden über den Arbeitsmarkt, reden wir einmal über Hartz. Ich gehöre zu denen in der hessischen SPD, die zu Teilen von Hartz Kritik eingewandt haben. Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass es bei Hartz Korrekturen gibt,z.B.bei der Bezugsdauer für ältere Arbeitslose. Das werde ich weiter tun.

(Beifall bei der SPD)

Aber im Gegensatz zu Ihnen haben wir gehandelt. Wir haben die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt. Damit haben wir erreicht,dass den Sozialhilfeempfängern endlich wieder die Förderprogramme für den ersten Arbeitsmarkt zugänglich gemacht worden sind. Sie hatten vorher keinen Anspruch darauf. Wir haben Jugendlichen unter 25 Jahren einen Rechtsanspruch darauf gegeben, dass sie eine Weiterbildung, eine Fortbildung oder ein Jobangebot bekommen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Nennen Sie irgendein vorzeigbares Ergebnis!)

Auch dazu stehe ich nach wie vor: Ich hätte die Ausbildungsplatzmisere gerne mit einer Ausbildungsplatzumlage beendet. Das hätte ich gerne getan. Es ist nicht so gekommen, aber mit dem Ausbildungspakt auf Bundesebene sind im Ausbildungsjahr 2003/04 60.000 neue Ausbildungsplätze geschaffen worden. Hessen ist Schlusslicht bei der Ausbildungsplatzsituation.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Koch hat immer noch keine Antwort darauf,dass wir Schlusslicht sind. Er hat gestern Abend eine probiert: Dienstleister bildeten nicht so sehr aus, wir in Hessen

seien Opfer der Modernisierung. – Das ist eine zu einfache Antwort, die Sie hier gegeben haben, Herr Koch.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr.Andreas Jür- gens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Am 13. Mai haben Sie im Bundestag gegen die Ausweitung des Entsendegesetzes gestimmt. Meine Herren von der CDU, Sie riskieren damit, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kein ausreichendes Einkommen haben werden. Das ist keine Konjunkturpolitik.

(Frank Gotthardt (CDU): 5 Millionen Menschen sind arbeitslos! Das ist das Problem!)

Sie haben in Ihrem Antrag von Armutsentwicklung gesprochen.Aber Sie wollen einen Beitrag dazu leisten, dass Armut trotz Arbeit besteht.

(Beifall bei der SPD)

Das Trauerspiel ist doch,dass einige Unternehmen wie die Deutsche Bank und Freunde – das kritisiere ich, und das werde ich weiterhin kritisieren – trotz enormer Gewinne Arbeitsplätze abbauen. Das ist der Skandal.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr.Andreas Jür- gens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abg. Frank Gotthard (CDU))

Diese Unternehmen nehmen ihre Verantwortung in keiner Weise wahr. Deshalb werden wir auch weiterhin fragen: Was ist die soziale und ethische Verantwortung von Unternehmen, die große Gewinne schreiben und Arbeitsplätze abbauen? Eigentum verpflichtet. Das werden wir den Unternehmen auch weiterhin sagen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Gotthardt (CDU): 5 Millionen Arbeitslose, das ist die Messlatte!)

Ich möchte eine Diskussion führen,bei der es darum geht, dass Menschen, die einen Vollerwerbsarbeitsplatz haben, sich und ihre Familie von den Löhnen auch wieder ernähren können.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer und Frank Gotthardt (CDU))

Sie wollen Lohndumping. Lohndumping ist aber dumm. Deutschland wird nie ein Billiglohnland werden.Wir werden nie mit Billiglohnländern konkurrieren können. Unser Job ist es, in Bildung und Forschung zu investieren. Auch da hat die Bundesregierung eine richtige Entscheidung getroffen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Gotthardt (CDU):Was machen wir mit 5 Millionen Arbeitslosen?)

Die Bundesregierung hat 4 Milliarden c für den Ausbau von Ganztagsschulen eingesetzt. Ich kann auch nichts dafür, wenn das in Hessen nicht umgesetzt wird und nicht ankommt. Aber die Bundesregierung hat 4 Milliarden c bereitgestellt. Sie hat den Job gemacht.

Durch die BAföG-Reform hat sie die Förderung verdoppelt. Sie hat den Studienanfängeranteil von 27,7 % auf 36,5% eines Jahrgangs erweitert.Wenn Sie mit Ihren Studiengebühren so weitermachen, werden Sie genau an dieser Stelle auf die Bremse treten.Das ist das falsche Rezept für Deutschland.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Seit wann ist der Bund zuständig? – Zuruf des Abg. Michael Denzin (FDP))

Wir investieren in Forschung und Bildung. Der Forschungsetat war noch nie so hoch wie unter der rot-grünen Bundesregierung.Was machen Sie in Hessen? Sie lassen die Hochschulen verhungern und schlagen auch noch Bundesgelder aus.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr.Andreas Jür- gens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, zum Thema Wahlkampf. Sie haben diesen Antrag in der vermeintlichen Gewissheit gestellt, dass Sie demnächst die Geschicke dieser Republik leiten werden und leiten wollen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie haben es erkannt!)

Das ist Ihr gutes Recht. Ich bin nicht so vermessen, zu behaupten, dass die aktuellen Meinungsumfragen Ihren Optimismus dämpfen oder widerlegen. Einverstanden, aber – das wissen Sie auch – Stimmungen sind noch längst keine realen Stimmen. Wir haben noch 100 Tage, 2.400 Stunden, um den Wählerinnen und Wählern die Lage klarzumachen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Wählerinnen und Wähler über Ihr Konzept noch wundern und empören werden, wenn Sie es auf den Tisch legen. Dann werden wir diskutieren.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ihre Euphorie ging so weit, dass sich Herr Koch ganz vorne vor das Mikrofon gestellt hat und Frau Merkel als Kanzlerkandidatin ausgerufen hat.

(Zurufe von der SPD)

Es hat gut geklappt.Aber, Herr Koch, Sie waren ungefähr so glaubwürdig wie ich, wenn ich Herrn Ackermann als nächsten DGB-Vorsitzenden vorschlagen würde.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden um unsere Wähler kämpfen.Wir wissen, dass wir es schwer haben.

(Frank Gotthardt (CDU): Sagen Sie noch einmal etwas zu den 5 Millionen Arbeitslosen!)

Aber ich bin fest davon überzeugt, dass Ihr Übermut und Ihre Arroganz uns im Wahlkampf helfen werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)