Das ist das, was uns nach wie vor irritiert. Er hat in dieser Frage kein Unrechtsbewusstsein. Er müsste dies nicht nur als Bürger in Deutschland haben, der Gesetzen unterworfen ist, sondern unter der besonderen Verpflichtung des Gesetzemachers, des Gesetzeshüters und desjenigen, der in besonderer Weise von Amts wegen, als Innenminister, auf die Einhaltung von Gesetzen vereidigt und verpflichtet war.
Meine Damen und Herren,ich sage es ganz persönlich,ich wiederhole es nur, und es muss auch ertragen werden: Ich kann eine solche Persönlichkeit, die offensichtlich so gespalten ist in ihrem Verhalten,nicht verstehen.Ich kann es bis heute nicht verstehen, dass es eine Unterscheidung zwischen politischer Verantwortung und sozusagen auch Gesetzestreue bzw. nicht eingesehene Gesetzestreue von Herrn Kanther gibt.
Ich meine und ich habe das auch immer gegenüber Herrn Kohl so gesagt, dass gerade Menschen, die an so herausragender Position stehen, verpflichtet sind, alles aufzuklären, was in diesem Zusammenhang zu sagen ist. Es müsste beispielsweise auch der Ursprung der Gelder genannt werden, was Herr Kohl bis heute auch verweigert hat.
Insofern ist ein Teil der Aufklärung gelungen, den die hessische FDP im Jahr 2000 verlangt hat. Die FDP, in meiner Person als Landesvorsitzende, als Fraktion und Partei, hat auf einem Sonderparteitag ihre politische Bereitschaft erklärt, die Koalition mit der CDU unter drei Bedingungen fortzusetzen.
Die erste Bedingung lautete, es solle einen Untersuchungsausschuss geben, der Aufklärung verlangt. Damals hat Nicola Beer als junge Landtagsabgeordnete diese Last auf sich genommen und – wie ich glaube – hervorragend der Wahrheitsfindung gedient. Nicola, das war großartig.
(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Norbert Schmitt (SPD): Die FDP hat alle Anträge der CDU mitgetragen! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das einzige Ergebnis des Untersuchungsausschusses ist, dass Grüttner auf der Regierungsbank sitzt!)
Wir haben weiter gesagt: Wir wollen, dass durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss und mit politischen Rechtsmitteln der Partei der Union dargelegt werden kann, dass der damalige und heutige CDU-Landesvorsitzende nicht in die Machenschaften der drei Herren verwickelt ist und dass er von diesen Dingen nichts gewusst hat. Das war für mich – ich sage das sehr persönlich – in der Tat die Voraussetzung, in einer solchen Regierung zu bleiben. Nach heutigem Kenntnisstand sind diese drei Bedingungen erfüllt worden. Deshalb vertreten meine Partei und ich – wir haben das am Wochenende zu Recht gesagt – auch die Meinung, dass wir damals richtig gehandelt haben. Wir haben eine Regierung zu Ende geführt, die für Hessen eine gute Arbeit geleistet hat.
Herr Schmitt, das muss noch geschehen, wir sind mitten im Verfahren. – Herr Boddenberg hat völlig Recht: Das, was jetzt zum Teil in den Medien und zum Teil von Politikern gemacht wird, sind Vorverurteilungen.Was ich, ohne
dass ich irgendeinen Cent unrechtmäßig entgegengenommen habe, an Vorverurteilungen, an Verurteilungen und an bösartiger Medienschelte im persönlichen Bereich hinnehmen musste – ich könnte Ihnen die Namen von vier Journalisten sagen, die sich nie bei mir entschuldigt haben, die über mich und einen Teil meiner Fraktion hergezogen sind, was unter jeder Anstandsgrenze war –, ohne dass ich mir irgendetwas habe zuschulden kommen lassen, das möchte ich heute in diesem Zusammenhang auch einmal sagen dürfen.
Meine Damen und Herren, wir sind in einem rechtsstaatlichen Verfahren.Herr Schmitt,Sie haben zu Recht gesagt – das ist das Einzige, was ich meine, dass Sie zu Recht vorgetragen haben –, wir sind in einer Zwischenbilanz. Man muss als Rechtsstaatspartei jetzt auch von Ihnen verlangen, dass Sie keine abschließenden Urteile fällen. Es ist das Recht – das gehört zu unserem Rechtsstaat –, dafür gibt es Verfahren und Regelungen, die wir 1946 und 1948 in Deutschland erfunden haben, nicht jetzt Parteiausschlüsse von einer Person einer anderen Partei zu verlangen – –
Es ist nicht richtig, jetzt schon zu sagen, man wolle ein höheres Urteil, oder man finde dieses Urteil richtig. – Das hat Al-Wazir gesagt.
Ich bin im Augenblick bei der juristischen Beurteilung. – In einem Rechtsstaat muss es möglich sein, in Revision zu gehen. Erst wenn der BGH sein Urteil gefällt hat, dann kann man sich zu der Frage des Ausmaßes, der Ahndung, der Art der Strafe und anderen Dingen äußern.Für meine Fraktion möchte ich sagen: Das tun wir heute nicht, weil wir eine Rechtsstaatspartei sind und erst einmal die letzte Instanz zu Wort kommen lassen wollen.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Politisch hat die hessische FDP niemals Zweifel daran gelassen, dass sie überhaupt nicht nachvollziehen kann, dass der ehemalige Finanzminister des Landes Hessen, der ehemalige Bundesinnenminister, der ehemalige Generalsekretär und Schatzmeister der hessischen CDU sich solcher Gesetzesverstöße schuldig gemacht hat.
Herr Al-Wazir, wir brauchen aber heute diesen Antrag, der weder vom Zeitpunkt, noch vom Stil, noch vom Inhalt her angemessen ist, nicht zu verabschieden,
Vielen Dank, Frau Wagner. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich komme damit zur Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich habe festzustellen, dass keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. – Das habe ich getan und komme damit zur Abstimmung über den Ent
schließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend fortdauernder Schaden für die demokratische Kultur nach der Verurteilung Manfred Kanthers im Schwarzgeldprozess der Hessen-CDU.
Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen der CDU und der FDP. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Drittes Gesetz zur Verwaltungsstrukturreform – Drucks. 16/3878 –
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich lege dem Haus für die Landesregierung ein Drittes Gesetz zur Verwaltungsstrukturreform vor. Dieses Gesetzgebungsvorhaben fügt sich in ein Gesamtkonzept ein, das sich entlang der Regierungserklärung von einer effizienteren, in den Strukturen schlankeren,von überflüssiger Bürokratie befreiten und insgesamt für den Bürger günstigeren Verwaltungsgestaltung unseres Landes leiten lässt.
Damit Sie es richtig einordnen können, will ich in Erinnerung bringen, dass wir bei dem ersten Verwaltungsstrukturreformgesetz seinerzeit z. B. eine ganze Reihe von Widerspruchsverfahren abgeschafft haben. Wir haben Delegationsmöglichkeiten eingeführt, teilweise auch die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben auf Private zu übertragen. Wir haben dann das zweite Verwaltungsstrukturreformgesetz verabschiedet. In der Zwischenzeit haben wir – weil es in den Gesamtkontext hineingehört – das Gesetz zur Kommunalisierung staatlicher Aufgaben bei den Oberbürgermeistern und den Landräten verabschiedet. Mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf erreichen wir einen vorläufigen Schlusspunkt dieser Bemühungen. Vorläufig sind sie deshalb, weil Verwaltungsmodernisierung eine Daueraufgabe ist. Nach unseren Vorstellungen kann nun ein Regelkreis geschlossen werden,der in der Summe ein gewaltiges Reformwerk darstellt.
Meine Damen und Herren,ich bin mir darüber im Klaren, dass die Faszinationskraft von Verwaltungsreformbemühungen überschaubar ist. Ich will Ihnen trotzdem an einigen Punkten erläutern, welche Schwerpunkte diese neue Gesetzesinitiative hat, die, wie gesagt, in das Gesamtkonzept eingebunden ist. Ich gehe davon aus, dass wir in vielen Einzelfragen in den Ausschussberatungen Gelegenheit zur Diskussion haben werden. Sie werden bei der Lektüre des Gesetzentwurfs festgestellt haben, dass eine ganze Fülle von Teilmaterien vieler anderer Ressorts mit betroffen ist.Im Ergebnis will ich mich bei der Vorstellung deshalb auf einige wenige Schwerpunkte beschränken.
Zunächst geht es darum, dass hier im Vordergrund die Frage der Organisation sowie der Aufgabenerfüllung und Aufgabenwahrnehmung durch die Regierungspräsidien in unserem Land steht. Die Regierungspräsidien haben dazu selbst eine entsprechende Konzeption vorgelegt, die sich im Wesentlichen dadurch auszeichnet, dass wir die Vorgabe gemacht haben, hier eine Aufgabenreduzierung, flachere Strukturen und, wo immer möglich, weniger Bürokratie vorzusehen. Es geht dabei inhaltlich um die Ab
schaffung von Widerspruchsverfahren in einer ganzen Reihe von Bereichen. Dazu komme ich noch. Es geht um die eingeschränkte Aufgabenwahrnehmung durch Reduzierung der Kontrolldichte und der Beratungstätigkeit, um die Privatisierung von Aufgaben, um die Straffung der inneren Strukturen, z. B. der Abteilungen, der Dezernate, um die Konzentration von Standorten, um den verstärkten Einsatz der Informationstechnik und nicht zuletzt auch um die Aufgabenverlagerung auf andere Behörden. Das ist der Bogen. Ich will das an dem Beispiel der Widerspruchsverfahren verdeutlichen.
Wir hatten – deshalb habe ich vorhin darauf hingewiesen – damals beim ersten Verwaltungsstrukturreformgesetz schon eine ganze Reihe von Widerspruchsverfahren abgeschafft. Das hat sich bewährt. Ich kenne keine kritische Diskussion zu dem,was wir seinerzeit gemacht haben.Wir wollen nun weitergehen. Ich verhehle nicht, dass zunächst die Überlegung bestand, ob man nicht sämtliche Widerspruchsverfahren in Wegfall bringen sollte. Die Debatte ist darüber auch in der Öffentlichkeit geführt worden.Wir schlagen dem Hause nun eine Lösung vor, die so aussieht, dass wir die Widerspruchsverfahren dort wegnehmen, wo wir glauben,dass es ohne Qualitätsverlust möglich ist,und wo der Bürger dann auch schneller zu einem Ergebnis kommt, positiv wie negativ. Soweit es rechtlich möglich ist, werden alle Widerspruchsverfahren, bei denen die Regierungspräsidien sowohl Ausgangs- als auch Widerspruchsbehörde sind, abgeschafft.
Die übrigen Fälle, in denen die Regierungspräsidien Widerspruchsbehörde sind, sind praktisch von großer Bedeutung, insbesondere dann, wenn eine Kommune einen Bescheid erlässt und im Widerspruchsverfahren das Regierungspräsidium die Entscheidung zu fällen hat. Zukünftig soll der so genannte Devolutiveffekt entfallen. Das heißt einfacher ausgedrückt: Die Ausgangsbehörde, die den Bescheid erlassen hat, wird auch Widerspruchsbehörde. Sie kennt den Sachverhalt, sie hat die Gelegenheit, sich erneut damit zu beschäftigen, ohne dass die Regierungspräsidien, und damit eine andere Behörde, noch einmal beteiligt werden. Das kostet Zeit, das kostet Geld. Das ist aus meiner Sicht nicht notwendig. Letztlich ist es für den Bürger kostengünstiger.
An einem Punkt wollen wir etwas beibehalten, was mir sehr wichtig erscheint. Bei einer völligen Streichung der Widerspruchsverfahren wäre konsequenterweise auch das Anhörungsverfahren entfallen. Das Anhörungsverfahren, das es insbesondere auf der kommunalen Ebene gibt, hat sich aber – das ist eine hessische Spezialität – als ausgesprochen segensreich erwiesen. Es ist die Möglichkeit, vor Ort sehr schnell, häufig auch zu guten gemeinsamen Ergebnissen zu kommen, auch zu Vergleichen.Wenn man sich das nach den Möglichkeiten, die wir haben, anschaut – dafür gibt es keine Statistik –, stellt man fest, dass die Einigungsquote im Anhörungsverfahren auf der kommunalen Ebene außerordentlich hoch ist. Es wäre aus unserer Sicht nicht sinnvoll, wenn man dieses für die hessische Verwaltungspraxis bewährte Institut des Anhörungsverfahrens abgeschafft hätte. Deshalb schlagen wir die Lösung vor,dass wir dort,wo der RP sowohl Ausgangs- als auch Widerspruchsbehörde ist, soweit es rechtlich überhaupt möglich ist, die Widerspruchsmöglichkeit streichen. Im Übrigen haben wir die Widerspruchsmöglichkeit belassen. Allerdings ist dann die Eingangsbehörde auch die Widerspruchsbehörde.
Davon wiederum haben wir einen Bereich ausgenommen, der in der Praxis nicht ohne Bedeutung ist, nämlich den gesamten Bereich des Ausländerrechts. Wir sind der
Überzeugung, dass das Widerspruchsverfahren im Ausländerrecht zu einer Prozentzahl von weit über 90 weder zur Rechtsbefriedung noch zu neuen Erkenntnissen führt. Wir haben dort in ganz überwiegendem Maße sowieso Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten. Wir glauben, dass hier auf das Widerspruchsverfahren verzichtet werden sollte.Ich persönlich bin auch der Auffassung,dass die längere Dauer des Verfahrens niemandem dient. Auch diejenigen, die eine Entscheidung der Ausländerbehörde für nicht richtig halten,haben am Schluss aus meiner Sicht eine bessere Interessenwahrnehmung, wenn sie relativ rasch erfahren, ob sie ein Aufenthaltsrecht haben. Das Widerspruchsverfahren ist deshalb nachteilig, weil es die Dinge verzögert, weil es die Dinge verteuert und weil es im Ergebnis – das ist eigentlich der Sinn solcher Verfahren – bedauerlicherweise so gut wie nie zu einer Rechtsbefriedung kommt, sondern diese Streitigkeiten schon heute trotz der Widerspruchsmöglichkeit im Regelfall vor den Verwaltungsgerichten landen.
Das ist in groben Zügen die Thematik Widerspruchsverfahren im weitesten Sinne. Wir werden Gelegenheit haben, uns dazu im Ausschuss noch näher zu verhalten.
Es gibt noch einen zweiten Bereich, auf den ich eingehen will, nämlich die Zentralisierung von Aufgabenwahrnehmungen. Ich will beispielhaft die Zentralisierung der Aufgabenwahrnehmung im Medizinalbereich herausnehmen. Wir haben den Medizinalbereich bisher auf drei Präsidien und eine Reihe weiterer Behörden verteilt. Dies hat sich aus Sicht der Landesregierung als nicht klug erwiesen und auch nicht als notwendig. Deshalb ist der gesamte Medizinalbereich nun überführt worden und wird beim Regierungspräsidium in Darmstadt bearbeitet.
Es betrifft auch noch andere Bereiche,die ich hier nur beispielhaft erwähnen will: Aufgaben des Vereinsrechts und vieles andere mehr. Das war ebenfalls auf die Regierungspräsidien zersplittert, teilweise noch auf verschiedene Abteilungen. Das wird in Zukunft beim Landeskriminalamt zusammengeführt. Dort ist das Fachwissen gerade für die Fragen, die für das Vereinsrecht wichtig sind, und wir können die Aufgabe dort an einer Stelle bei gleicher Qualität erfüllen. – Ich nenne diese Bereiche beispielhaft, denn es gibt noch eine Fülle anderer Dinge, die, soweit ich das übersehen kann, aber auch politisch wohl außer Streit stehen.
Ein dritter Schwerpunkt sind die Veränderungen im Naturschutzrecht. Hier ist die große Linie, dass die Landesregierung eine ganze Reihe von Genehmigungspflichten zukünftig für entbehrlich hält.
Das ist nicht unwichtig.Aber wir sind der Auffassung,dass die Frage, ob jemand irgendwo ein Zelt aufstellt oder nicht – ein normales, kein Festzelt –, nicht drei Behörden beschäftigen sollte.Wir haben das Ordnungsrecht.Wir haben viele andere Rechtsbereiche, die sich um diese Dinge kümmern.
Mir ist durchaus bekannt, dass darüber sicherlich eine engagierte Debatte geführt wird. Es gibt viele schöne Beispiele in diesem Zusammenhang.