Protocol of the Session on March 17, 2005

Die Redezeit beträgt 15 Minuten. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Frömmrich das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier vorne ist jetzt die Tür aufgemacht worden, damit sich der Pulverdampf, der sich im Raum befindet, vielleicht etwas verflüchtigt und damit wir uns über die Bediensteten, das Personal in Hessen und die Behandlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Landesregierung unterhalten können. Dann ist, glaube ich, auch die Gefechtslage wieder klar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, über den Umgang mit dem Personal haben wir in diesem Hause schon des Öfteren diskutiert. Im Zusammenhang mit der „Operation düstere Zukunft“ haben wir Ihnen vorgeworfen, dass Sie eine Personalpolitik nach Gutsherrenart betreiben. Sie waren nicht bereit, mit uns, geschweige denn mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, über eine moderne Personalentwicklung und ein zukunftsweisendes Personalmanagement zu diskutieren. Sie waren, meine Damen und Herren, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrifft, auf einem Krawalltrip. Sie wollten die Konfrontation. Der brutalstmögliche Sanierer sollte gegeben werden. Die Profilierung des Ministerpräsidenten für die Bundespolitik stand im Mittelpunkt, aber nicht die 150.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landesdienst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn sich ein Ministerpräsident immer den Anschein des Modernisierers in Hessen gibt, aber eine Personalpolitik betreibt, die genau das Gegenteil von modern ist, muss man darüber auch in diesem Hause diskutieren.

Da wurde die Arbeitszeit der Beamten auf 42 Stunden verlängert, da wurde das Urlaubsgeld gestrichen, und da wurde das Weihnachtsgeld gekürzt, ohne auch nur einmal in diesem Hause mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Gespräch zu suchen.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Das ist keine Personalpolitik, wie wir sie in Hessen wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch die Beschlüsse, die Sie getroffen haben, haben Sie z. B. den Polizeibeamten eine Gehaltseinbuße von bis zu 12 % aufgebrummt. Das Ganze erfolgte – das ist das Scheinheilige –, obwohl der Ministerpräsident vor der Wahl im Wahlkampf durch die Landkreise gezogen ist und den Beamten versprochen hat: Es wird keine Sonderopfer für Beamte geben. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, so viel zur Ehrlichkeit der Landesregierung im Umgang mit den Wählerinnen und Wählern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben das größte Demotivationsprogramm in der Geschichte Hessens in Bezug auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgelegt, und jetzt wollen Sie es auch auf den Bereich der Angestellten und Arbeiter übertragen. Das begründet der Regierungssprecher Metz auch noch damit

jetzt wird es wirklich pikant –, dass man im Tarifbereich und bei den Arbeitern Gerechtigkeit herstellen müsse. Scheinheiliger geht es nicht mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Das ist ein echter Hammer!)

Bei der Meldung an die PVS haben wir Ihnen gesagt, dass Sie die Indianer melden und die Häuptlinge laufen lassen. In der Landespersonalkommission, der ich angehöre, erleben wir etwas ganz anderes: Da wird befördert, was das Zeug hält. Da gibt es eine Sprungbeförderung, eine Beförderung vor Ablauf von zwei Jahren und Verbeamtungen. Da spielt Geld auf einmal keine Rolle.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Das ist hochinteressant!)

Ich möchte eine der Begründungen zitieren, die dort vorgetragen werden. Beim letzten Mal wurde die Beförderung eines Pressesprechers vorgeschlagen. Man kann durchaus darüber diskutieren, was auf der M-Ebene bezahlt wird. Aber man muss sich die Begründung auf der Zunge zergehen lassen. Bei einem Pressesprecher wird der Antrag, dass er befördert werden soll, damit begründet, er pflege einen guten und vertrauensvollen Umgang mit den Medien.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, der Mann ist Pressesprecher. Das ist kein Grund für eine Beförderung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir erkennen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Bei den Getreuen in den Ministerien spielt Geld keine Rolle. Bei dem Rest wird das Gehalt gekürzt, die Arbeitszeit verlängert, das Urlaubsgeld gestrichen. Obendrein sind Sie aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgetreten. Das ist die Politik dieser Landesregierung.

Um bei dem Bild der Indianer zu bleiben, will ich sagen: Die Indianer, nämlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tarifbereich, werden öffentlich an den Marterpfahl gestellt. Mit den Häuptlingen wird die Friedenspfeife geraucht. Das ist die Politik dieser Landesregierung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So sieht moderne Personalpolitik nicht aus. Dabei ist in Deutschland in der Tat etwas auf den Weg gebracht worden. Zwischen Bundesinnenminister Schily, dem Beamtenbund und ver.di ist ein Eckpunktepapier verabschiedet worden. Wer hätte noch vor Jahren gedacht, dass diese drei ein solches Eckpunktepapier verabschieden können? Beim Personal ist also etwas in Bewegung, und das Personal ist auch bereit, sich mit den Arbeitgebern über solche neuen Modelle zu unterhalten. Aber Sie verabschieden sich und stellen sich in die Schmollecke. Das ist keine vernünftige Politik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Oh!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Hessische Landesregierung begibt sich in die Wagenburg und verweigert sich in Bezug auf ein neues und modernes Dienstrecht für die Angestellten und die Arbeiter. Zu ihrem Austritt aus der Tarifgemeinschaft der Länder kann man nur sagen: Wer austritt, kann nicht mitbestimmen. Um es

mit Herbert Wehner zu sagen: Wer rausgeht, muss auch irgendwann mal wieder reinkommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie lassen 60.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Tarifbereich im Regen stehen.

(Roland von Hunnius (FDP): Quatsch!)

Wie unterschiedlich die Bewertung der Vereinbarung ist, kann man sich einmal vergegenwärtigen. Innenminister Bouffier bezeichnet die Übernahme des Abschlusses für Hessen als ausgeschlossen. Der Kämmerer der Stadt Frankfurt, Herr Hemzal, ebenfalls CDU – bitte für das Protokoll: Der Minister hat gesagt: „guter Mann“ –, sagt, der Abschluss sei epochal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Hemzal führt aus, mit der Einführung von Leistungsanreizen in das öffentliche Tarifrecht anstelle von sozialbezogenen Lohnbestandteilen würden alte Zöpfe abgeschnitten. Diese Vereinbarung sei epochal.

Sie müssen sich entscheiden. Aus der gleichen Ecke zwei so verschiedene Kommentare. Da müssen Sie sich entscheiden, was das nun ist. Ist dieser Tarifabschluss epochal, oder ist er nicht bezahlbar? Das Ganze liegt daran, dass Sie sich aus einem politischen Prozess verabschiedet haben, in den Sie jetzt nicht mehr hineinkommen. Das ist Ihr Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Volker Bouffier: Das ist das Neueste!)

Herr Innenminister, Ihre Verweigerungshaltung ist nicht inhaltlich begründet. Sie machen politische Spielchen zulasten von 60.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Tarifbereich. Schauen Sie sich einmal die Vereinbarung an. Bei den Entgelten kann man mit Sicherheit sagen: Okay, in einer angespannten Haushaltslage, in der das Land Hessen sich befindet, sind auch 60 Millionen c ein Problem. – Aber schauen Sie einmal auf die Laufzeit. drei Jahre Laufzeit. Wir haben uns im Jahr 2003 hier im Hause über die Tarifsteigerung unterhalten. Damals betrug sie 150 Millionen c. – Herr Innenminister, also ist auch bei den Entgelten etwas passiert.

Schauen Sie sich die Arbeitszeit an. Man kann sagen: Uns als Arbeitgeber ist das nicht genug.

(Minister Volker Bouffier: 30 Minuten in der Wo- che!)

Schauen Sie sich die Sonderzahlungen an. Bei Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld gibt es eine Staffelung zwischen 60 % und 90 %. Ich erinnere daran, dass wir für die Beamten vorgeschlagen haben, einen Deckel einzuziehen. Es ist also ein fast gleiches Modell. Insofern ist etwas auf dem Weg.

Leistungsbezogene Bezahlung, Lohnfortzahlung – hier werden alte Zöpfe abgeschnitten. Flexibilisierung der Arbeitszeit, strukturelle Veränderungen – meine sehr verehrten Damen und Herren, im Tarifbereich ist etwas auf dem Weg, und Sie arbeiten dort nicht mit. Sie stellen sich außerhalb dieser Verhandlungen. Sie schaden dem Land Hessen und den 60.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie nehmen an diesem Prozess nicht teil. Sie setzen auf Konfrontation.

Das haben Sie schon bei den Beamten gemacht, und im Tarifbereich machen Sie es jetzt ebenfalls. Aber es ist keine sinnvolle Veranstaltung, wenn man sich in einem solch wichtigen und komplexen Bereich außen vor hält und lieber den Platz am Katzentisch einnimmt. Dann ist man nicht in der Lage, Reformen zu gestalten. Dann schaut man nur zu, und irgendwann muss man wieder zurückkehren. Das ist keine vernünftige Personalpolitik. Das ist nicht vorausschauend. Das ist auch nicht das, was der Ministerpräsident immer in Regierungserklärungen sagt. Das ist wirklich von vorgestern.

Wir plädieren für eine moderne Tarifpolitik in Hessen. Kommen Sie aus Ihrer Schmollecke zurück.Gehen Sie zurück in die Tarifgemeinschaft der Länder.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Haselbach das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem Antrag der GRÜNEN ist, wenn ich auf den letzten Absatz verweisen darf, eigentlich eine etwas bessere Vorbereitung erforderlich, Herr Kollege Frömmrich. Sie schreiben hier, das Land Hessen soll einen Tarifabschluss übernehmen.

Es gibt weder einen Tarifabschluss, noch gibt es einen Tarifvertrag. Es gibt überhaupt nichts, das übernehmbar wäre. Das Einzige, was es gibt, ist eine Tarifvereinbarung vom 9. Februar, ein Verhandlungsergebnis, nicht mehr. Nichts, aber auch gar nichts kann übernommen werden. Das wollen wir festhalten. Es ist ein Einigungspapier, und das ist auch noch mit sehr heißer Nadel gestrickt.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was?)

Strukturell sind durchaus gute bis sehr gute Ansätze vorhanden, z. B. die Vereinheitlichung des Tarifrechts für Arbeiter und Angestellte. Das ist eine tolle Sache, das kann ich nicht anders sagen. Das wäre etwas, das man natürlich in künftige Überlegungen einbeziehen müsste. Auch die Flexibilisierung beim Korridor der Wochenarbeitszeit wäre eine gute Sache.

Auf der Kostenseite ist es aber für alle Länder die reinste Katastrophe. Alleine die Übernahme der Einmalzahlungen von dreimal 300 c würde das Land Hessen einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge rund 80 Millionen c kosten – Geld, das wir nicht haben, Herr Kollege Frömmrich.