Protocol of the Session on February 24, 2005

Hier müssen wir im Sinne der Verbraucher und auch im Sinne des EU-Überwachungsgesetzes ansetzen. Da hat die Landesregierung einen richtigen Schritt getan, nämlich die Zusammenlegung der Lebensmittelüberwachung mit der Futtermittelkontrolle in einem Ministerium zusammengepackt. Das ist der richtige Weg. Da können und müssen Synergieeffekte genutzt werden. Aber, damit komme ich einen Schritt weiter, mit Ihrem Verwaltungsstrukturreformgesetz und der Möglichkeit des kommunalen Landrates, wo der einzelne Landrat die Veterinärbehörde und den Verbraucherschutz nach Gutdünken selber organisieren kann, wünsche ich gutes Verrichten, Herr Minister.

Wir haben in einer Runde gehört, wie sich das einige Landräte vorstellen. Wir werden einen ganz bunten Strauß dessen bekommen, wie das auf Kreisebene in Zukunft organisiert wird. Ich weiß nicht, wie wir dann in einem Krisenfall darauf reagieren können und seitens des Landes die Möglichkeit haben, etwas anzuordnen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Haben Sie mit Herrn Rhein darüber geredet?)

Das Thema der Kommunalisierung ist sicherlich eine Facette, Herr Kollege Frömmrich. Die andere Facette in dieser Diskussion ist das, was sich die GRÜNEN im Zusammenhang mit dieser Verbraucherschutzdiskussion leisten. Sie reiten wie immer Panik. Panikmache, Angstpolitik – das ist die grüne Politik.

(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will es Ihnen auch beweisen, weil uns diese Panikmache kein Stück weiterbringt. Da hat die Frau HölldoblerHeumüller

(Demonstrativer Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

im letzten Sommer eine Rundreise gemacht und hat einen Lebensmittelkontrolleur chauffiert,

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

weil angeblich den Veterinärämtern und den Untersuchungsämtern der Sprit fehle. Was wollte man damit sagen? Man wollte suggerieren: Da ist etwas nicht in Ordnung; das funktioniert nicht; ihr müsst alle Angst haben. – Das ist pure grüne Politik:

(Beifall bei der FDP)

eine Partei, die so etwas macht und selber zugelassen hat, dass die Zahl der Lebensmittelkontrolleure in ihrer Regierungszeit unter 100 gesenkt worden ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir haben derzeit, wenn mein Wissensstand stimmt, 135 Stellen. Eine Partei, die so etwas macht, ist unredlich und

nicht ehrlich. Dann müssen Sie dem Verbraucher gegenüber sagen: Wir konnten es früher nicht besser; die machen es jetzt besser; die haben wesentlich mehr eingestellt; die machen mehr Kontrollen und mehr Untersuchungen. – Das muss man fairerweise hinzufügen.

(Beifall bei der FDP)

Ihre Redezeit ist zu Ende, Herr Kollege.

Zwei Sätze. – Herr Minister, ein Punkt, der aus unserer Sicht auch nicht geht, ist, dass wir im Moment – damit habe ich auch die Kommunalisierung angesprochen – etwas herumdoktern. Unseres Erachtens muss ein Gesamtkonzept her, welche Teile wir weiterhin staatlich und welche Teile wir privat machen wollen, wie wir das vereinen können. Ich glaube, hier ist ein Gesamtkonzept gefordert. Ich denke, wir sollten das für die Zukunft auch im Sinne eines effektiven Verbraucherschutzes angehen. Dort sehen wir im Hinblick auf die Einbeziehung der Privaten noch einen großen Handlungsbedarf. – Schönen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Als nächster Rednerin darf ich Frau Kollegin Hammann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Heidel,

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ui!)

wenn es um Ehrlichkeit geht, dann müssen Sie wirklich bei der Wahrheit bleiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der FDP)

Denn Sie wissen genau, dass Sie damals die Stellen in diesem Bereich reduzieren wollten. Das kann man schwarz auf weiß nachlesen. Wenn die BSE-Krise und MKS nicht dazugekommen wären, dann hätten Sie das auch weiter durchgezogen. Bleiben Sie bitte bei der Wahrheit.

Meine Damen und Herren, ich halte diese Rede zum Verbraucherschutz für meine erkrankte Kollegin, Frau Margaretha Hölldobler-Heumüller. Ich möchte ihr an dieser Stelle herzliche Genesungswünsche zukommen lassen.

(Allgemeiner Beifall)

Kommen wir zur Großen Anfrage. Eines ist ganz offensichtlich: Die FDP-Fraktion hat mit dieser Großen Anfrage versucht, Argumente für die Privatisierung zu sammeln. Das geht aus dem gesamten Fragenkomplex eindeutig hervor. Sie begründet das auch mit Engpässen in der Lebensmittel- und Bedarfsgegenständekontrolle. Meine Damen und Herren, ich verstehe die FDP an dieser Stelle jedoch nicht richtig, denn ich erinnere mich sehr genau, dass Herr Kollege Heidel im Dezember-Plenum noch gesagt hat: Der Verbraucherschutz in Hessen war

immer aktionsfähig. – Das bedeutet, auch im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelkontrolle. Manchmal hat es die FDP schwer mit dem Kuscheln. Sie kann sich nicht entscheiden, ob sie lieber der Hessischen Landesregierung das Wort redet oder ihre potenzielle Klientel mit Privatisierung bedienen will.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Weder bei der Klientel noch beim Kuscheln!)

Frau Kollegin Wagner, manchmal passts halt nicht zusammen. Sie müssen es ja besser wissen. – Trotz aller Kritik an der Vorgehensweise des hessischen Verbraucherschutzministeriums teilen wir an einer Stelle ausnahmsweise einmal das Fazit.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist sehr gefährlich! Herr Dietzel, Sie haben etwas falsch gemacht!)

Erstens können private Labore unter Umständen natürlich zur Hilfestellung herangezogen werden. Aber das ist nichts Neues.Das ist etwas,was die ganze Zeit schon praktiziert wird. – Zweitens sehen wir genauso mit Sorge, dass es bei einer vollständigen Übertragung der Aufgaben der Lebensmittel- und Bedarfsgegenständekontrolle an Private zu Interessenkonflikten kommen kann. Damit sind unabhängige neutrale Verbraucherschutzaspekte diametral entgegenstehend.

(Clemens Reif (CDU):Wo ist denn der Al-Wazir?)

Meine Damen und Herren, dann hört es mit den Annäherungen deutlich auf.Was ich nicht verstehen kann, ist, dass es das Verbraucherschutzministerium bei einem so wichtigen Thema von April bis Oktober nicht hinbekommt, eine vernünftige Antwort zu geben. Es war überhaupt kein neues Datenmaterial aus der Antwort auf die Große Anfrage erkennbar. Es musste wirklich nicht viel eingearbeitet werden. Man kann es nur damit erklären, dass ein Herr Minister eine Geisterfahrt im Verbraucherschutz unternommen hat.

(Volker Hoff (CDU): Ist jetzt die dritte Rede fertig?)

Das hatten wir schon in den Plenardebatten dazu im Einzelnen dargestellt. Kommen wir zu den Antworten. Die Landesregierung legt klar, dass sie aus dem Gutachten von Frau Dr. Hedda von Wedel keinen Handlungsbedarf ableitet.Wir halten das für sehr bedauerlich, denn gerade sie sagt, dass die Probensequenzen deutlich erhöht werden müssten. Meine Damen und Herren, das heißt doch nicht unbedingt, dass im ersten Aspekt damit mehr Personal eingestellt werden müsste.

(Widerspruch bei der CDU)

Doch. Es geht darum, dass man versucht, mit Konzepten zu einem effektiveren Einsatz des vorhandenen Personals zu kommen. Leider sehen Sie allein in der Veränderung der Struktur Ihre Aufgabe als erledigt an. Dass diese Struktur im Bereich der Lebensmittelkontrolle und des Verbraucherschutzes dann mit Sinn und Inhalt zu erfüllen ist, das sehen Sie nicht. Das ist Ihnen offensichtlich nicht gegeben.So ist es ohne Zweifel sinnvoll gewesen,dass sich beispielsweise die Lebensmittel- und Futtermittelkontrolle unter einem Dach befindet. Aber dass man daraus automatisch den Schluss zieht, dass damit eine Sicherheit, eine Kontrolle vom Acker bis zum Teller gewährleistet ist, das ist ein Trugschluss.

(Beifall des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Denn dazu gehört eine effektive und gut ausgestattete Lebensmittelkontrolle.Wie die in Hessen leider aussieht, haben wir schon öfter dargestellt, d. h. mangelndes Personal, mangelnde Mittel. Das, was Herr Heidel angesprochen hatte, mangelndes Geld für Sprit, ist leider im letzten Jahr Thema in Hessen gewesen.

Wenn sich Ministerpräsident Koch im Plenum hinstellt und die gute technische Ausstattung im Lande Hessen lobt, weiß er offenkundig nicht, wie seine Lebensmittelkontrolleure vor Ort arbeiten müssen, welche Zeit sie im Bereich der Lebensmittelkontrolle verbringen, um allein die Erkenntnisse auf Zetteln festzuhalten und diese im Amt in den Computer eingeben zu müssen. Da geht sehr viel Zeit verloren. Sie wissen auch, dass diese Kontrolleure im Krisenfall im wahrsten Sinne des Wortes fast herbeigetrommelt werden müssen, weil sie über keine Diensthandys verfügen. So sieht es in Hessen aus. So ist das Hightech-Land des Roland Koch.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Unglaublich!)

Es ist unglaublich. Die blinden Flecken des Dietzel-Ministeriums sind leider allzu bekannt. Von daher wundert es auch wenig.

(Zuruf von der FDP)

Auch das bescheinigt mir, dass Sie genau wissen, wo die Schwachstellen in diesem Ministerium zu finden sind.Wir haben immer wieder festgestellt, dass hier herummanövriert wird. Dieses Herummanövrieren erkennt man auch an den Antworten auf die Große Anfrage. Ich möchte das an einem Beispiel deutlich machen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Eine große Antwort!)

Es wird gesagt: „Soweit Schwachstellen... bekannt werden sollten, wird diesen durch die erforderlichen Maßnahmen begegnet.“ Ich denke, der Fragesteller, die FDPFraktion, wollte hier hören, ob das Ministerium zurzeit Schwachstellen kennt, die es beheben will. – Wenn im nächsten Satz gesagt wird, Schwachstellen seien sowieso eine Frage der Maßstäbe, dann bringt dies nicht wirklich Licht ins Dunkel der Angelegenheit, denn die Maßstäbe werden überhaupt nicht dargestellt und nicht verraten.

Meine Damen und Herren, klar ist, wenn nicht einmal Benzinmangel eine Schwachstelle darstellt, dann sind die armen Kontrolleure im Lande Hessen von Handys und Laptops um Lichtjahre entfernt. In der Beantwortung der Frage 4, wo es um die aktuelle Situation in der Lebensmittel- und Bedarfsgegenständekontrolle geht, offenbart sich wieder die Ziel- und Planlosigkeit des hessischen Verbraucherministeriums. Sie gehen mit keinem Wort auf die von Ihnen geplante Kommunalisierung des Veterinärwesens und Verbraucherschutzes ein. Sie berichten noch nicht einmal über den Landesbetrieb Hessen-Labor zum 01.05., obwohl bereits jetzt Maßnahmen dafür in Kraft getreten sind.

Was sich an dieser Stelle wieder schmerzlich bemerkbar macht, ist das Fehlen jeglichen Konzeptes in puncto Verbraucherschutz und Lebensmittelkontrolle. Es ist richtig, wenn man auf die Eigenverantwortung und die Sorgfaltspflicht für die Produkte setzt. Aber dass die Hessische Landesregierung im vergangenen Jahr nicht in der Lage war, ein geregeltes Funktionieren der Ämter sicherzustellen, wurde nur allzu deutlich.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)