Natürlich haben wir den Parteitag der CDU verfolgt; denn die Parteitage der CDU besitzen für politisch Interessierte immer einen gewissen Charme. Wir als Konkurrenz schauen ganz genau auf das, was Sie dort beschließen. Herr Boddenberg, weil die Öffentlichkeit genau auf das schaut, was Sie dort beschließen, konfrontieren wir Sie mit diesen Daten.
Bis 2010; ich werde korrigiert. Soll sie bis 2010 eingeführt werden? Stimmt das, Herr Boddenberg? Jetzt darf ich die Frage zurückgeben.
Die Ministerin weiß es, das ist mir klar.Aber ich möchte Herrn Boddenberg fragen. Herr Boddenberg scheint der
Herr Boddenberg, es handelt sich also um das Jahr 2010. Ich muss mich korrigieren, entschuldigen Sie bitte.
Sie haben dieses Jahr für die Kinderbetreuung gerade einmal eine Summe von 3,5 Millionen c zusätzlich eingebaut. Das ist zunächst ein Schritt in die richtige Richtung; das lässt sich nicht bestreiten. Aber, Frau Ministerin, Sie wissen, dass Sie mit diesen 3,5 Millionen c Ihr ehrgeiziges Ziel nicht erreichen können.Deswegen werden wir in dieser Debatte immer wieder die Frage stellen müssen: Woher kommt das Geld? Wie viel Geld wird es sein?
(Beifall bei der FDP und der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))
Wir können uns an dieser Stelle über alles Mögliche streiten. Letzten Endes wird es ganz entscheidend darum gehen, wie viel Geld Sie bereitstellen und ob Sie es schaffen, das Thema Familie in Ihrem Haushalt prioritär zu behandeln. Bis jetzt haben Sie noch keine solche Priorität gesetzt, Herr Boddenberg.
Auf der einen Seite ist die Finanzierung eine zentrale Frage, auf der anderen Seite geht es aber auch um die Modelle, die hinter der Kinderbetreuung stehen. Die Landesregierung hat sich – auch schon zu der Zeit, als die FDP noch an der Regierung beteiligt war – für einen Ausbau der Kinderbetreuung durch den Einsatz von Tagesmüttern und Tagesvätern entschieden. Wir waren damals der Meinung, dass diese Möglichkeit sehr viel Flexibilität bei der Kinderbetreuung erlaubt und dass dieses Modell ein sehr wichtiger Baustein in der Kinderbetreuung ist,der im Vorfeld nicht so gewichtet worden ist, wie wir uns das vorgestellt haben.
Aber ich sage ganz deutlich: Diese Betreuungsform ist nicht der einzige Baustein. Wir werden das Problem der Kinderbetreuung nicht allein durch Tagesmütter und -väter lösen können.Auch das ist die Wahrheit.
Wir werden, wenn es um die Betreuung durch Tagesmütter und -väter geht – ich will das noch einmal erwähnen, weil die Diskussion über dieses Thema einzuschlafen droht –, auch die Frage stellen müssen, wie wir die frühkindliche Erziehung organisieren. Was die frühkindliche Erziehung anbelangt,können wir an Tagesmütter oder Tagesväter andere Anforderungen stellen als an Erzieherinnen, die in einer Einrichtung tätig sind.
Frau Ministerin, deshalb erwarten wir – Sie werden ja einen Vorschlag dazu machen, wenn wir in den nächsten Wochen oder Monaten über den Bildungsrahmenplan diskutieren –, dass Sie konkrete Vorschläge machen, wie wir die Ausbildung von Tagesmüttern und Tagesvätern verpflichtend regeln können. Nur wenn wir die Verpflichtung haben, bei der Kinderbetreuung für eine gewisse Qualität zu sorgen, können wir auch dafür garantieren, dass im Rahmen der Betreuung durch Tagesmütter und Tagesväter Bildungsarbeit geleistet wird.
Wir alle sind uns darüber einig – darüber haben wir oft diskutiert –, dass die Strukturen für den Erwerb von Bil
dung bei jungen Menschen im Alter zwischen drei und sechs Jahren gelegt werden. Deswegen dürfen wir die Tagesmütter und Tagesväter bei dieser Diskussion nicht außen vor lassen. Sie sind ein elementarer Bestandteil.Aber es ist sehr schwierig, das in diesem Rahmen darzustellen.
Ich finde es nicht schön, dass die Kollegen aus Bayern an uns vorbeiziehen.Wir sollten es in Hessen nicht zur Regel machen, zuzulassen, dass uns die Bayern an jeder Stelle überholen. Deshalb hoffe ich, dass wir in den nächsten Wochen oder Monaten über diese Frage diskutieren.
Ich teile die Auffassung der Ministerin, die auch in dem Antrag der Regierungsfraktion zum Ausdruck kommt, dass sich die Situation der Kinder in Deutschland trotz steigender Transferleistungen an die Familien nicht verbessert hat.Deutschland belegt bei den so genannten Barleistungen an Kinder einen Spitzenplatz. Bei der Qualität der Ausbildung und bei der Qualität der Betreuung haben wir aber keinen Spitzenplatz inne.Wir müssen uns fragen, woran das liegt.
Können die Eltern so verantwortlich mit dem Kindergeld umgehen, wie wir uns das wünschen? Es ist ein Problem, dass die Familien diese Finanzmittel häufig zum Stopfen von Löchern, also zur Lösung anderer Finanzprobleme, verwenden. Aber das Ziel des Staates, dass die Familien diese Finanzmittel verwenden, um die Bildungsarbeit bei ihren Kindern fortzusetzen, haben wir damit nicht erreicht. Das zeigt, dass sich der Staat überlegen muss, ob er nicht zusätzlich in andere Institutionen investieren sollte. Ich glaube, dass, wenn es um die Verwendung ihrer finanziellen Mittel geht, viele Familien heutzutage ihre Prioritäten nicht bei den Kindern setzen. Das machen viele nicht, und das ist auch ein Problem, das der Staat zu lösen hat.
Auch die Tatsache, dass wir in Deutschland eine sehr lange Elternzeit haben, führt nicht zu einer höheren Geburtenrate. Das muss uns zum Nachdenken anregen. Dass Frauen dem beruflichen Alltag so lange fernbleiben, ist eher abschreckend als förderlich. Diese Abstinenz von 36 Monaten – im Vergleich der OECD-Länder ein Spitzenplatz – hat leider nicht dazu geführt, dass sich die Frauen entscheiden, Kinder zu bekommen.
Im Gegenteil, sie führt dazu, dass sich die Arbeitgeber heutzutage überlegen, wie sie mit dieser Problematik umgehen sollen, z. B. wenn es um die Einstellung von Frauen geht. 36 Monate Abwesenheit bedeuten in der heutigen, sehr stark beschleunigten Arbeitswelt nämlich einen extrem starken Ausfall an Arbeitskraft. Das hat Auswirkungen auf die Frage, wie man die Arbeitnehmer in einen Betrieb einbettet.Wir müssen die Frage stellen:Wie können wir es erreichen, dass Fort- und Weiterbildung auch während der Elternzeit wahrgenommen werden?
Es gibt in Hessen Unternehmen, die mit gutem Beispiel vorangegangen sind. Ich möchte noch einmal die Firma Braun nennen, die ich bereits in der letzten Debatte erwähnt habe.
Braun Melsungen, vielen Dank, Herr Hahn. Das ist völlig richtig.– Die Firma Braun Melsungen hat frühzeitig er
kannt, dass neben der Kinderbetreuung, bei der sie Prioritäten setzt, auch die Weiterbildung eine elementare Rolle spielt.Sie haben hoch qualifizierte Arbeitnehmerinnen und können es sich nicht leisten, wenn diese für drei Jahre aus dem Beruf ausscheiden. Sie können es sich nicht leisten, weil der Wissensvorsprung, der in dieser Zeit entsteht, einfach nicht mehr aufzuholen ist. Sie schließen mit ihren Arbeitnehmern frühzeitig Vereinbarungen auf freiwilliger Basis, indem sie sagen: Macht in dieser Zeit Weiterbildung, weil es sich für euch und für uns lohnt, wenn ihr dem Beruf eng verbunden bleibt, statt für drei Jahre völlig auszuscheiden.
Der Hessische Landtag würde sich freuen, wenn die Unternehmen in unserem Bundesland etwas mehr Initiative zeigten.Vielleicht kann auch die Frau Ministerin einmal dazu Stellung nehmen, wie man es erreicht, dass die Unternehmen auf diesem Gebiet mehr Initiative zeigen. Es gibt einige Ideen dafür, wie man das auf freiwilliger Basis erreichen kann. Das ist ein Problem, das wir lösen müssen.
Ein zweites Problem ist die Tatsache, dass in Deutschland nur noch 42 % der Akademikerinnen und Akademiker – Männer – Kinder bekommen.
Es ist erstaunlich, dass sich gerade diejenigen, die gut ausgebildet sind und ein sehr hohes Einkommen haben, gegen Kinder entscheiden. Das liegt ganz zentral daran, dass sie es nicht schaffen, ihre Karrierevorstellungen mit der Gründung einer Familie zu vereinbaren.
Ich kann nur das unterstreichen, was die Kolleginnen im Vorfeld dieser Debatte gesagt haben. Die Frage der Kinderbetreuung ist eine ganz zentrale Frage,gerade auch bei den jungen Frauen, die in ihre Ausbildung investiert haben, die in ihr Studium investiert haben – Frau Kollegin Schulz-Asche, bei den jungen Vätern genauso. Dies zum Thema, wir brauchen neue Männer in diesem Land. – In dieser Frage brauchen wir ein Angebot seitens des Staats und der freien Träger, wie man Kinderbetreuung besser organisieren kann.
Ich bin nicht der Auffassung, dass wir diese Thematik nur auf staatlicher Ebene diskutieren müssen. Es gibt genügend private Initiativen, denen der Staat Knüppel zwischen die Beine wirft. Es gibt genügend Initiativen, die aufgrund des Regulierungsdickichts nicht in der Lage sind,eine Kinderbetreuung zu organisieren.Es gibt zu wenig Firmen und Unternehmen in Deutschland, die dieser Verantwortung gerecht werden. Leider haben es zu wenig Unternehmer erkannt, wie man das Ganze organisieren kann.
Weil wir schon einmal bei der Firma Braun waren,möchte ich noch einmal ein Beispiel aus Melsungen nennen.
Die Firma Braun hat nicht einfach, wie man es in vielen Bereichen macht, einen Betriebskindergarten geschaffen. Die Firma Braun hat die Situation vor Ort analysiert
und festgestellt, dass es genügend Kindergärten und Kindertagesstätten freier Träger gibt. Die Firma hat sich für eine Förderung dieser bestehenden Institutionen ausgesprochen.Es ist völlig richtig,eine Situationsbeschreibung vor Ort vorzunehmen und nicht einfach eine Parallelstruktur aufzubauen. Das ist ein sehr erfolgversprechendes Modell.
Weiterhin hat die Firma alle Organisationen und Institutionen an einen Tisch geholt und analysiert, welche Organisationsformen es gibt. Anschließend hat man versucht, über einen Overhead die verschiedenen Bedürfnisse der einzelnen Beteiligten zu koordinieren. Es ist erstaunlich, dass dies wahre Wunder wirkt. Man wusste vorher gar nicht, was der eine oder der andere Träger macht. Diese Kommune hat vorbildlich gezeigt, wie man die Konkurrenz zwischen den Trägern auflösen kann. Es wäre schön, wenn dies auch in anderen Kommunen gelingen würde.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, jetzt lautet die Frage, ob wir uns bei dieser Problembeschreibung noch einig sind, ob der Antrag der CDU-Fraktion weiterhilft. Für die Fraktion der FDP kann ich ein klares Nein an die CDU-Fraktion zurückgeben. Die Beschreibung des Istzustands, die Sie mit Ihrem Antrag durchführen, ist kein Fortschritt.