Protocol of the Session on January 26, 2005

in dem er sich vors Volk stellt – oder damals vors Stadtparlament – und sagt: Ich muss mich hier bewerben, liebe Freunde, ich will aber nicht mehr. – Dann bekam er programmgemäß auch bestätigt, dass sie ihn nicht wieder wählen.

(Norbert Schmitt (SPD):Deswegen ist er ja gewählt worden! – Günter Rudolph (SPD): Er kann auch zurücktreten!)

Wenn Sie die Angelegenheit einmal auf diese Ebene zurückführen, so ist das der Punkt, um den es geht.Wenn Sie diesen Punkt einmal nüchtern betrachten,dann ist es doch ein vernünftiger Gedanke.Man kann darüber auch anders denken. Sich aber hierhin zu stellen und zu sagen, das sei eine Revolution des Systems, das ist in jeder Hinsicht falsch.

(Beifall des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Herr Kollege, weil ich in irgendeiner Zeitung gelesen habe, das sei so bedeutsam, will ich hinzufügen: Mit Versorgungsfragen hat das absolut nichts zu tun.

(Norbert Schmitt (SPD): Natürlich! – Reinhard Kahl (SPD):Selbstverständlich,nur! Es geht um die Versorgungsfrage! – Weitere Zurufe von der SPD)

Nein.

(Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Warum tritt er dann nicht zurück?)

Derjenige, der durchs Volk abgewählt wird, erhält die gleiche Versorgung wie derjenige, der mitteilt: Ich verzichte auf die Volksentscheidung und gehe einfach so heim. – Beide erhalten auf den Cent genau dasselbe Geld. Deshalb ist das alles Unsinn, was hier erzählt wurde.

Es ist eine völlig andere Frage, ob man die Versorgung der Kommunalpolitiker anders regeln will. Darüber kann man immer reden. Dabei wünsche ich Ihnen gute Verrichtung.Aber das hat mit dem Thema hier nichts zu tun.

Wenn ich so engagiert darum werbe, dann deshalb, weil ich weiß, dass vor Ort immer ganz anders geredet wird.

(Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))

Das, was hier aufgegriffen wurde, ist vom Städtetag eingebracht worden. Die FDP hat es vor Weihnachten eingebracht, dann haben es CDU und FDP übernommen. Wie gesagt,ich will ausdrücklich festhalten:Meine Damen und Herren,dieser Zauber,der um das Thema gemacht wurde, ist inhaltlich falsch.

Meine zweite Bemerkung. Sie haben gerügt, dass in dieser Kommunalgesetznovelle nichts zur Wahlbeteiligung oder zur Einführung von Quoren enthalten ist. Ich habe Ihnen das schon einmal vorgetragen. Ich halte davon nichts. Übrigens sind es nicht nur die Landräte.Ich darf vielleicht daran erinnern, auch der Oberbürgermeister der Stadt Offenbach ist nur mit einer Wahlbeteiligung von knapp über 30 % gewählt worden. Es geht also nicht nur um Landräte.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der hat aber 70 % der Stimmen bekommen – das ist immerhin noch mehr!)

Meine Damen und Herren,wenn Sie den ersten Wahlgang mit einem Quorum versehen und dieses Quorum nicht erreicht wird – was machen Sie dann?

(Günter Rudolph (SPD): Dann kommen andere, so ist es doch!)

Dann halten Sie einen zweiten Wahlgang ab, und dabei gehen nur noch 10 % zur Wahl.

Wer das nicht will, der muss konsequenterweise an dieser Stelle die Volkswahl abschaffen. Sonst kommen Sie zu dem Ergebnis, das Sachsen und Brandenburg durchexerziert haben.Die hatten diese Quoren,sie haben sie wieder abgeschafft,weil es nämlich auf breiter Front nicht gelang, Bürgermeister zu wählen. Das ist doch die Wirklichkeit.

Meine letzte Bemerkung. Auch das will ich hier loswerden, dann können Sie zur Mittagspause schreiten: Herr Kollege Rudolph, die hessischen Landkreise sollen die schlechteste Finanzausstattung in Deutschland haben. Meine Damen und Herren, vielleicht ist für Sie Folgendes interessant.

(Unruhe)

Herr Präsident!

Ich darf im Interesse des Redners um mehr Ruhe bitten.

Wir üben noch gemeinsam die neue Lautstärke.

Herr Kollege Rudolph hat bekundet – das kann man gelegentlich auch lesen –, die hessischen Landkreise seien am schlechtesten finanziell ausgestattet. Dazu darf ich diesem Haus das Folgende mitteilen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das sagt der Landrat Wilkes, CDU, aber auch!)

Die hessischen Landkreise sind diejenigen, die pro Kopf ihrer Einwohner die höchsten Steuereinnahmen in ganz Deutschland haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Seit wann haben die Landkreise Einnahmen? Das ist ganz neu!)

Die hessischen Landkreise sind diejenigen, die pro Kopf die höchsten Schlüsselzuweisungen aller Länder in Deutschland bekommen. Das ist Fakt. Sie haben auch hohe Ausgaben – auch das ist Fakt.

Herr Kollege Kahl, das habe ich Ihnen deshalb zugerufen, damit Sie Ihre nächste Rede ein bisschen vorbereiten können. Wenn wir darüber diskutieren, dann will ich es hier nicht einfach stehen lassen, dass sich diese Landesregierung nicht um die Kommunen bemühe. Meine Damen, meine Herren, Kommunalwahlrecht, kommunales Haushaltsrecht und der engere Kern der HGO sind in einem einjährigen Prozess hier im Hause und in den Ausschüssen behandelt worden. Ich bin überzeugt: So, wie es jetzt in dritter Lesung vorliegt, ist diese HGO-Novelle eine angemessene,ausgewogene und kluge Lösung – im Ergebnis eine Lösung, die eine breite Zustimmung verdient. Ich bitte das Haus um Zustimmung.

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD):Ach du liebe Zeit!)

Danke sehr, Herr Staatsminister Bouffier. – Herr Frömmrich hat sich zu Wort gemeldet, bitte sehr. Fünf Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Da der Staatsminister sich hierhin gestellt und im Zusammenhang mit dem, was wir hier vorgetragen haben, von „Unsinn“ geredet hat, möchte ich das schon noch einmal klarstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren und auch Herr Kollege Bouffier, das müssen Sie hier schon einmal erklären:Warum haben Sie den Änderungsantrag der FDP abgelehnt, der dem Innenausschuss zur Vorbereitung der zweiten Lesung vorlag und der das gleiche Begehren hatte – nämlich die Abwahl für Bürgermeister und Landräte zu erleichtern –, dann aber bei der Vorbereitung der nächsten Lesung mit der FDP gemeinsam diesen gleichen Änderungsantrag wieder eingebracht und sind auf einmal

zu der Erkenntnis gekommen, dass man diesem Änderungsantrag zustimmen kann? Das müssen Sie hier schon einmal erklären, oder die Damen und Herren von der CDU müssten das hier einmal verdeutlichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Das haben Sie bisher nicht getan. Es ist doch in der Tat so, dass Sie hier Nebel werfen. Sie vereinfachen für den direkt gewählten Bürgermeister oder Landrat den Zugang zur Versorgung. Das tun Sie hier.

(Reinhard Kahl (SPD): Genau das!)

Das ist der einzige Punkt, der im Grunde genommen hier ins Feld geführt werden kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Bisher ist es nämlich so, dass der Betreffende vom Parlament abgewählt wird und dann vor die Bürgerinnen und Bürger treten muss und der Bürger, die Bürgerin dann in einer Abstimmung über diesen Abgang entscheiden muss. Diesen Schritt schalten Sie jetzt aus und ermöglichen damit direkt gewählten Bürgermeistern und Landräten einen leichteren Zugang zur Versorgung.

Ich erinnere noch einmal an die Fälle Härtel und Diehl – ich habe das bereits getan.Was war denn damals? Damals hat doch der Ministerpräsident des Landes, der Landesvorsitzende der CDU, vorgeschlagen, dass man eine erleichterte Abwahl für die Damen Härtel und Diehl einführen müsste. Denn wenn sie damals auf die Abstimmung durch das Volk verzichtet hätten, hätten sie ihre Versorgungsansprüche verloren. Deshalb finde ich es schon interessant, einmal öffentlich darüber zu diskutieren, warum die Parlamente die Betreffenden abgewählt haben.Die haben sich nämlich etwas zuschulden kommen lassen.Dann muss man doch ganz deutlich sagen:Die sind von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählt – und dann haben sie, verdammt noch mal, auch die Pflicht und Schuldigkeit, wieder vor diesen Bürger, diese Bürgerin zu treten und sich mit ihnen auseinander zu setzen und sich vor ihnen zu rechtfertigen.

(Frank Gotthardt (CDU): Das haben Sie alles schon dreimal erzählt!)

Daher finde ich schon, es ist ein Systembruch, den Sie hier einführen. Damit stellen Sie in der Tat die Direktwahl von Bürgermeistern und Landräten von den Füßen auf den Kopf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben doch alle die Schreiben bekommen. Der Bürgermeister von Schlangenbad ist viel ehrlicher. Er schreibt in seiner Stellungnahme, warum er das begrüßt:

(Frank Gotthardt (CDU): Ich habe seine Stellungnahme!)

Es kann durchaus sein, dass sich die Mehrheitsverhältnisse in der Gemeindevertretung geändert haben oder andere Gründe vorliegen, sodass die Bürgermeisterkollegin bzw. der -kollege gern aus dem Amt scheiden möchte. Das geht jetzt nicht, weil er sonst die Versorgungsbezüge verliert.

Das ist doch der wahre Grund, warum Sie dieses Gesetz ändern. Wenn sich dann der Innenminister hierhin stellt und sagt, es würde sich an der Versorgung nichts ändern, dann irrt er in der Tat.Mit dieser neuen Möglichkeit schaf

fen Sie wirklich den goldenen Handschlag. Sie ermöglichen den Bürgermeistern und Landräten den leichteren Zugang zur Versorgung. Er muss sich dem Bürgervotum nicht mehr stellen. Damit hat das wirklich eine neue Dimension, was Sie hier einführen.

In der Tat tun Sie das kurz vor Toresschluss,damit es in der Öffentlichkeit niemand mehr mitbekommt, welches neue Versorgungsrecht Sie für Bürgermeister und Landräte hier einführen.