Protocol of the Session on January 25, 2005

Meine Damen und Herren, der Mittelstand gilt als unerschöpflicher Garant für Stabilität und Zuverlässigkeit auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Er ist Entwickler und Abnehmer innovativer Produkte und Dienstleistun

gen und reagiert flexibel auf die Herausforderungen des Marktes. In Hessen sind über 99 % aller Unternehmen dem Mittelstand zuzurechnen. Er stellt hier 64,5 % der Arbeitsplätze und 70 % aller Ausbildungsplätze. Dafür kann man den beteiligten Unternehmen nur herzlichen Dank sagen.

In Hessen entscheiden erfreulicherweise immer mehr Menschen, sich nicht dem Schicksal des Arbeitsmarktes zu unterwerfen, sondern machen sich selbstständig. Bei Gründungswilligen ist hier in den letzten Jahren viel Beratungs- und Finanzierungsbedarf entstanden. Dieser Bedarf wird weiter wachsen.

Wir vermissen eine Mittelstandspolitik, die unterstützend aus einem Guss die Wertschätzung des Mittelstandes deutlich macht und die sowohl zentral als auch regional verankert ist.

Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen hat es mit der Mittelstandsoffensive „move“ durch die Entwicklung von Servicecentern beim Land und bei den Kommunen vorgemacht. Dazu hat dieses Land ein modernes Mittelstandsgesetz aus dem Jahr 2003. Das sieht einen Mittelstandsbeauftragten sowie ein transparentes Förderprogramm vor, das nach drei Jahren evaluiert wird. So sieht mittelstandsfreundliche Politik aus.

(Beifall bei der SPD)

Hessen braucht dringend eine Neugestaltung der Regionen. Die jetzige Wirtschaftspolitik fokussiert sich jedoch ausschließlich auf das Rhein-Main-Gebiet sowie Einzelmaßnahmen in Nordhessen.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es! – Widerspruch bei der CDU)

Einzelmaßnahmen für Nordhessen dienen der Beruhigung des schlechten Gewissens und haben Alibifunktion.

(Widerspruch des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

Lassen Sie sich das gesagt sein:Kassel-Calden als Konzept für Nordhessen reicht nicht aus.

(Beifall bei der SPD)

Mittelhessen wird trotz seiner Potenziale von dieser Landesregierung stetig ignoriert.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU)

Der Dachmarke Rhön wird die Förderung ersatzlos gestrichen. Meine Damen und Herren, das sind die Schlagzeilen zur Regionalpolitik dieser Landesregierung. Was fehlt,ist eine Analyse der Stärken und Schwächen der Regionen und daraus resultierend ein imageförderndes Entwicklungskonzept. Wir halten an dem Ziel der gleichwertigen Entwicklung der Regionen fest. Es ist Aufgabe der Landespolitik, für gleiche Chancen zu sorgen und die benötigten Instrumente zur Verfügung zu stellen.

Dagegen ist die Landesregierung mit dem Ballungsraumgesetz längst politisch gescheitert. Zuletzt wurde das an dem Beschluss der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung gegen das Ballungsraumgesetz und für das Regionalkreismodell deutlich.

Die SPD-Fraktion sieht im Ausbau und der Förderung von Innovationen und Forscherkraft in Hessen einen wichtigen wirtschaftspolitischen Schwerpunkt, der unsere Überlebens- und Zukunftsfähigkeit bedingt. Hier gibt es kein landespolitisches Konzept, nach dem innovative und nachhaltige Technologien gefördert werden. Zur Intensivierung des Technologietransfers brauchen wir eine ange

messene Ausstattung mit Fördermitteln. Denn gerade die Umsetzung von Forschungsergebnissen in Produkte und Anwendungen durch die Wirtschaft bedarf der Unterstützung der Politik zum Erhalt unserer guten Position.Im nationalen und internationalen Wettbewerb muss Technologiepolitik ganz oben auf der Tagesordnung stehen.

Dazu müssen besondere Anstrengungen unternommen werden, die Ingenieur- und Naturwissenschaften so attraktiv wie möglich zu machen. Der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften ist schon heute sichtbar.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Meine Damen und Herren, wie dilettantisch diese Landesregierung die Verkehrsinfrastruktur – die in Hessen ausgebaut werden muss – behandelt, sehen wir an den Beispielen der A 44 und A 49.

(Beifall bei der SPD – Lebhafter Widerspruch bei der CDU)

Die A 44 wird nicht weitergebaut. Bei der A 49 hat sich noch kein einziger Stein bewegt.

(Zuruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Meine Damen und Herren, auch bei dem großen und wichtigen Projekt für das Land Hessen – dem Ausbau des Frankfurter Flughafens – zeichnet sich die Landesregierung durch Planungsfehler, Fehlentscheidungen und schlechte Öffentlichkeitsarbeit aus.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, der Kollege Frankenberger spricht gerade zu Ihnen. Ich wollte das nur einmal sagen.

(Heiterkeit des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ausschließlich er hat das Wort,und deswegen bitte ich,zuzuhören.

Meine Damen und Herren – –

(Unruhe)

Herr Kollege Frankenberger, es besteht Aufregung. Bitte einen Augenblick. – Danke. Bitte schön.

(Lothar Klemm (SPD): Wie viele Jahre muss die CDU noch regieren, bis sie dort einen Meter baut? – Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Ich komme zum Schluss. Ihre Planungsfehler und Fehlentscheidungen beim Ausbau des Frankfurter Flughafens

fügen dem Wirtschaftsstandort Hessen schweren Schaden zu. Herr Wirtschaftsminister, mit dieser Politik ist diesem Bundesland nicht geholfen. – Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Herr Abg. Boddenberg für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe zu,der Antrag der SPD hat mich zunächst einmal verwundert – und ich glaube, nicht nur mich. Herr Frankenberger, ich bin Ihnen eher dankbar dafür, dass Sie diesen Antrag gestellt haben. Denn wir – die hessische CDU und die Hessische Landesregierung – reden sehr gerne über Wirtschaftspolitik.

Wir reden deswegen gerne über Wirtschaftspolitik, weil wir innerhalb Deutschlands keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Wir reden deshalb gerne über Wirtschaftspolitik,

(Gernot Grumbach (SPD): Immer nur reden reicht nicht!)

weil alle maßgeblichen landespolitischen Möglichkeiten bei der Wirtschaftspolitik von unserer Landesregierung, dem Ministerpräsidenten und dem Wirtschaftsminister so erfolgreich gestaltet werden, dass wir zu teilweise sehr erfreulichen Ergebnissen kommen.

Herr Frankenberger, wer aber wollte bestreiten, dass wir in Hessen auch eine Reihe von Aufgaben zu bewältigen haben, die sehr viel mit der Internationalität des hessischen Standorts zu tun haben?

Meine Damen und Herren, wenn man schon den Vergleich anstellt, muss man zunächst dort anfangen – Herr Frankenberger, ich weiß, dass Sie das nicht mögen –, dass wir an verschiedenen Stellen Abhängigkeiten zwischen Landes- und Bundespolitik haben. Es ist nun einmal nicht zu leugnen und von der Hand zu weisen, dass wir insgesamt in der Bundesrepublik Deutschland leider in den letzten Jahren im Vergleich zu anderen Ländern Schritt für Schritt zurückgefallen sind. Nehmen Sie als einen Parameter nur das Bruttoinlandsprodukt: Dort sind wir von Rang 11 im Jahr 1996 auf Rang 18 im Jahr 2002 abgerutscht. Zuletzt haben uns die Italiener überholt.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich glaube, man braucht diese Statistik, um zunächst einmal die internationalen Standortkriterien beurteilen zu können. Meine Damen und Herren, wenn Sie hier schon Statistiken bemühen, was das Land Hessen anbelangt, dann sollten Sie schon ein bisschen genauer hinschauen. Denn wenn wir uns den Vergleich der letzten fünf Jahre ansehen – also den Vergleichszeitraum, den wir zu verantworten haben –, dann stellen wir fest, wir sind hinter dem Bundesland Bayern beim Wirtschaftswachstum auf Rang 2. Das finde ich sehr erfreulich – gebe aber gerne zu, wir würden gerne Nummer eins werden. Ich denke, wir sind auf gutem Wege, auch die Bayern einzuholen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Als letzten Aspekt zu diesem Vergleich – den Sie, Herr Frankenberger, außen vor gelassen und völlig ignoriert haben – möchte ich daran erinnern, dass das Bundesland Hessen 1997, also zum Ende Ihrer Verantwortung, auf Rang 6 abgerutscht war, was den Ländervergleich anbelangt. Insofern glaube ich, es sprechen viele Zeichen dafür, dass wir eine überdurchschnittliche Entwicklung nehmen, und das ist die Formulierung, die wir zu Recht in unseren Antrag aufgenommen haben.

Meine Damen und Herren, international tätige Unternehmen haben – wie viele kleine und mittelständische Unternehmen – klare Standortkriterien und berücksichtigen bei der Auswahl von Standorten sehr globale,zum Teil aber auch sehr lokale Aspekte.

Zu den globaleren Themen gehören die Steuerpolitik und die Arbeitskosten. Sie sprechen vom Industriestandort. Angesichts der aktuellen Diskussion, die wir gerade hier in der Gegend über die Probleme haben und die das Unternehmen Opel betrifft, wo offensichtlich die Erkenntnis wächst, dass wir bei Arbeitskosten dringend Handlungsbedarf haben – eine erfreuliche Erkenntnis bei der Arbeitnehmerschaft –, wissen wir, dass die wesentlichen monetären Parameter für erfolgreiche Ansiedlungen am Standort Deutschland insgesamt, aber auch in Hessen vorhanden sind. Es gibt darüber hinaus viele weitere.

Ich will nur zwei oder drei wesentliche weitere Standortkriterien nennen. Dazu gehört die Infrastruktur: die Verkehrsinfrastruktur wie die Bildungsinfrastruktur. Meine Damen und Herren, es gehört auch die Infrastruktur bezüglich der behördlichen Rahmenbedingungen dazu. Wenn Sie das Thema Existenzgründung und Mittelstandsförderung ansprechen, möchte ich daran erinnern, dass es diese Landesregierung war, die in den ersten vier Jahren ihrer Amtszeit 30 % des bürokratischen Ballasts in Form von perfidesten Rechtsverordnungen in den Mülleimer geworfen hat. Das ist die erfolgreichste Mittelstandspolitik, die überhaupt gemacht werden kann.

(Beifall bei der CDU)